Referendariat in Hamburg JA oder NEIN

  • Hallo zusammen! Ich bin neu in diesem Forum und habe (wie die meisten Neulinge vermutlich) direkt ein dringendes Anliegen..


    Meine Situation ist diese: Ich habe in Rheinland-Pfalz (Kaiserslautern) Lehramt an Gymnasien für die Fächer Mathematik und Physik studiert und mich jetzt an diversen Stellen fürs Ref beworben. Mein absoluter Favorit bisher war Hamburg. Ich war zwei mal bisher dort und habe mich seither in diese Stadt verliebt. Letzte Woche kam dann auch der Bescheid, dass mich das Land als Referendar einstellen würde, d.h. ich hab eine Zusage!


    Zur Zeit absolviere ich zur Überbrückung der Zeit zwischen Studium und Referendariat ein freiwilliges Schulpraktikum. Dort hat mir nun ein Kollege, der selbst 6 Jahre lang in Hamburg unterrichtet hat, tunlichst davon abgeraten, dort hin zu gehen... Hier ein paar Gründe:

    • großer Anteil von "Assi-"Schülern, die einem nonstop auf der Nase rumtanzen (sorry für die Ausdrucksweise, das war der O-Ton)
    • Sau teuer, ein Lehrer kann sich dort auf lange Sicht nicht halten, für die Familienplanung untauglich
    • Man wird wohl relativ schnell Studienrat, wird aber danach kaum noch befördert
    • Hamburg lässt einen wohl nicht mehr weg, wenn man später mal in ein anderes Bundesland möchte


    Ich bin frisch von der Uni und in solchen Belangen leider echt noch ziemlich unerfahren und vielleicht auch noch ein bisschen blauäugig. Für mich ist Rheinland-Pfalz, das Land in dem ich aufgewachsen bin und meine bisherige Laufbahn verbracht habe, ein einziges Kaff.. Ich bin gerade an einem Punkt, an dem ich gerne alles hinter mir lassen und neu in einer Großstadt anfangen würde. Der Kollege hat mir aber angeraten, langfristig zu denken und auch im Hinterkopf zu behalten, dass ich zwar jetzt mit 26 Jahren noch in Partylaune bin, aber dass sich das auch ganz schnell ändern kann (wie bei ihm selbst auch).


    Wie sind eure Erfahrungen zu den Aussagen von oben? Könnt ihr mir einen Rat geben, ob es vielleicht doch klüger wäre, die Ref-Stelle wieder abzusagen und in RLP (dem "Paradies"...) zu bleiben? Oder lieber die Erfahrung selbst machen und drauf hoffen, dass ich gehen gelassen werde, wenn mir danach ist? (Bisher dachte ich ja immer, dass es anders rum schwieriger ist, also nach HH zu kommen sei schwierig, nicht anders herum ...)


    DANKE für jeden guten Ratschlag!

  • Hallo,
    ich kann dir nicht alle Fragen beantworten, aber doch zu einigen Punkten kann ich was sagen.


    Die Lebenshaltungskosten sind relativ hoch, allerdings sind die Anbindungen an das Umland gut, so dass man gut vor den Toren Hamburgs leben kann- Ich persönlich lebe im Kreis Pinneberg und brauche ca. 30 Minuten nach Hamburg rein.


    "Assi" Schüler kannst du an jeder Schule haben. Ich denke, gerade in Hamburg kommt es darauf an in welchem Stadtteil du arbeiten wirst. Davon würde ich mich nicht abhalten lassen.


    Und das Wichtigste Hamburg ist die schönste Stadt der Welt!!!! ;)


    Einen schönen Tag!!!!

  • Hallo, danke für deine Antwort.
    Ja ich weiß, die Assi-Kinder gibt's überall. Ich muss aber sagen, dass mich die Ansprache meines Kollegen schon ein bisschen verunsichert hat. Er hat immerhin 6 Jahre dort unterrichtet und sagt, dass der Assianteil dort um einiges höher liegt, als irgendwo sonst und dass man permanent angepöbelt wird. Damit würde ich ja aber auch noch fertig werden, wie sieht es aber mit den Behörden aus, legen die einem wirklich so viele Steine in den Weg, von wegen keine Beförderung und nicht mehr gehen lassen?

  • Sorry, dass ich mir hier einmische: Aber ich finde die Bezeichnung "Assi-Kinder" absolut unmöglich. Mit manchen Kindern hat man mehr Schwierigkeiten oder sogar große oder riesige Schwierigkeiten, aber "Assi" als Bezeichnung finde ich absolut daneben!

  • Mangels eigener Hamburg-Erfahrung kann ich dir nicht viel zum Thema sagen, aber: Es ist ja offensichtlich NICHT unmöglich, Hamburg den Rücken zu kehren. Sonst würde dein Kollege jetzt kaum dein Kollege in RLP sein, nech?

  • Zitat Sanne1983 :

    Zitat

    Sorry, dass ich mir hier einmische: Aber ich finde die Bezeichnung "Assi-Kinder" absolut unmöglich. Mit manchen Kindern hat man mehr Schwierigkeiten oder sogar große oder riesige Schwierigkeiten, aber "Assi" als Bezeichnung finde ich absolut daneben!

    Dass das hier nicht nochmal passiert, dass jemand so einen ungeheuerlichen Begriff verwendet ! Gut, dass die Gedankenpolizei hier eingeschritten hat ! Auch das Wort Schwierigkeiten ist im Sinne des pädagogischen Zwiedenkens immer noch daneben ! Heutzutage werden Lehrer hier gemäß der orwellschen pädagogischen Neusprache dazu angehalten, den Begriff Herausforderung zu benutzen oder äußerst schwierige Schüler als spannende Herausforderung zu betrachten. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • hi. :)


    ich bin nur gerade am überlegen, wie viel weiter als bis zum studienrat man gehen kann? (ein bißchen off topic, ich weiß, sorry ^^)


    wenn du dich in rlp nicht mehr wohl fühlst, einen tapetenwechsel brauchst, warum nicht hh? einen tipp fürs wohnen hast du ja schon bekommen. :) (aber ich bin eher für berlin als für hh......hat sich aber auch irgendwie so ergeben. ;) )


    ich würde nur zu bedenken geben, dass das ref doch meist eher anstrengend und zeitraubend ist, also du solltest schon auch damit rechnen, nicht jedes we nach hause fahren zu können (freunde/familie). allerdings ist es auch eine super chance, ganz woanders anzufangen mit diesem neuen lebensabschnitt (kann man aber auch nach dem ref noch ;) ) und viele neue leute kennen zu lernen (seminar und so...). bei mir war es genau umgekehrt : studium: große stadt, ref plattes land, jetzt dann wieder stadt zum leben aber plattes land zum arbeiten als guter kompromiss. :) und sowohl mit schülern als auch kollegen kannst du überall glück und pech haben. ich würde da ganz nach dem bauchgefühl gehen. :)

    • großer Anteil von "Assi-"Schülern, die einem nonstop auf der Nase rumtanzen
    • Sau teuer, ein Lehrer kann sich dort auf lange Sicht nicht halten, für die Familienplanung untauglich
    • Man wird wohl relativ schnell Studienrat, wird aber danach kaum noch befördert
    • Hamburg lässt einen wohl nicht mehr weg, wenn man später mal in ein anderes Bundesland möchte

    1. Im Schnitt sind die Schüler einer Großstadt wohl schon etwas "anstrengender" als die "Landeier". Aber das hängt wiederum seeehr vom Einzugsgebiet als auch von dir selbst ab (Was empfindest du als anstrengend?).
    2. Jaa, HH ist super teuer zum Wohnen. Aber es ist eine tolle und aufregende Stadt. Ich würde gerne in HH wohnen :)
    3. keine Ahnung... Was kann man denn sonst noch werden?
    4. Das halte ich für ein Gerücht.

  • Ich unterrichte seit 13 Jahren in Hamburg. Hier ist es sehr schön, ich persönlich möchte nicht auf dem Land wohnen.


    Zu 1: HH hat 1,8 Mio Einwohner und sehr unterschiedliche Stadtteile. Ich unterrichte in einem sehr wohlhabenden Viertel mit sehr netter Schülerschaft und manchmal anstrengenden Eltern. In anderen Stadtteilen sieht es ganz anders aus. Im Referendariat bist du entweder ein halbes Jahr an einer Stadtteilschule und ein Jahr an einem Gymnasium oder umgekehrt. Aussuchen kann man sich das als Referendar nicht. Man wird auf jeden Fall mit Schülern der Stadtteilschule konfrontiert und muss im Zweifel dort auch Examne machen. Es kommt ganz darauf an, in welchem Stadtteil man landet. (Bemerkung nebenbei: Meine Erfahrung ist, dass die Schüler merken, wenn man sie innerlich als "Assi-Kinder" bezeichnet, dann spiegeln sie einem das gern zurück!)


    Zu 2: Ja, HH ist teuer, vor allen Dingen die hohen Mieten belasten das Budget, wobei es natürlich auch hier gewaltige Unterschiede unter den Stadtteilen gibt. Willst du in den Szenevierteln wohnen, reicht dein Referendarsgehalt nur für ein WG-Zimmer. Gehst du in die Außenbezirke, wird es besser. Auch was mein Vorschreiber zu den Vororten gesagt hat, kann ich unterstreichen.


    Zu 3: Es gibt in HH keine Regelbeförderung mehr! Du kannst nur über sogenannte Beförderungsstellen (A14) und Funktionsstellen (A 15/16) aufsteigen. Das bedeutet, dass du Mehrarbeit in Kauf nehmen musst, indem du bestimmte Aufgaben in der Schule übernimmst. Keiner wird mehr nur wegen seines zunehmenden Alters befördert.


    Zu 4: Halte ich für ein Gerücht! Wir haben eine ständige Abwanderung von Kollegen nach Berlin und Nordrhein-Westfalen, die in HH ihren Berufseinstieg gemacht haben und nun zurück in die Heimat wollen.

    • Offizieller Beitrag

    Ich konnte mir vor dem Ref auch nicht vorstellen, wieder in RLP zu wohnen. Jetzt fühle ich mich nach dem Ref in der Toscana der Pfalz ganz wohl, auch wenn das Leben hier teurer ist als in Kaiserslautern ;)


    Regelbeförderung gibt es hier aber auch nicht. Es verhält sich so, wie oben für HH erklärt.

  • Wow, vielen Dank für die vielen nützlichen Beiträge!!


    inixx, erlaubst du mir die frage, wie du in HH wohnst? Auch in einem Vorort? Wie kann man sich denn dann mit einem lächerlichen Referendarsgehalt von knapp 1200 Euro durchschlagen? WG Pflicht?


    Das mit der Zusatzarbeit zur Beförderung habe ich auch mal gelesen, dass das jetzt in vielen Bundesländern so ist, war mir nicht sicher, ob mein Kollege das gemeint hat. Welche Art von Zusatzarbeit kann das denn sein?


    Ja der Kollege hat auch gemeint, dass sie ihn mit seinen jungen Jahren gehen lassen haben, aber ab einem bestimmten Zeitpunkt kann es dann auch gut sein, dass der Abwanderung einfach nicht zugestimmt wird, so seine Aussage...?

  • Kann man eigentlich irgendwie beeinflussen, an welche Schule man zum Referendariat kommt? Welche Viertel in Hamburg würdet ihr denn empfehlen?

  • Ob es dir an einer Schule gefällt, hängt doch von soo vielen Faktoren ab. Wenn du eine super Kollegium, eine Schule mit guten pädagogischen Konzepten, eine kompetente Schulleitung hast, dann kann die Arbeit an einer Brennpunktschule bestimmt eine tolle Erfahrung sein.Ich würde mir da an deiner Stelle jetzt nicht so viele Gedanken machen...

  • Ich wohne nicht in einem Vorort und habe entsprechend hohe Kosten fürs Wohnen. Dafür braucht man aber in der Innenstadt kein Auto. Viele Kollegen haben gar keines mehr. Wie gesagt: Als Referendar kann man keine großen Sprünge machen. Vor ein paar Tagen habe ich einen Zeitungsartikel zu einer 40qm-Wohnung für 170 € gelesen. Diese Wohnung befand sich aber in einem hardcore-Hochhausviertel. Wenn man "in weniger hohen Häusern" mit anderer Nachbarschaft wohnen will, muss man mehr investieren. Viele Referendare wohnen in WGs.


    Schwieriger ist die Frage zu beantworten, ob man es sich als Referendar aussuchen kann, wohin man kommt. Theoretisch nicht. Die Schulen melden Bedarfe und dann wird geschaut, welche Referendare mit welchen Fächern man wo hinsteckt. Praktisch hatten wir Referendare, die bei uns mit einem Lehrauftrag angefangen hatten und dann auch bei uns als Referendare eingestiegen sind. Wie das genau funktioniert hat, weiß ich aber nicht. Für einen Auswärtigen halte ich diese Chance für ziemlich klein.


    Was Sofie gesagt hat, ist ein ganz wichtiger Gedanke. Das Wohlfühlen hängt nicht unbedingt in erster Linie von den intellektuellen Fähigkeiten der Schüler ab.


    Wenn du unbedingt wissen willst, wo die "bürgerlichen" Stadtviertel liegen, dann hier ein paar Stichworte: Eppendorf, tw. Eimsbüttel, Elbvororte im Westen, ganz im Norden und Nordosten, jenseits der Elbe Eißendorf und Heimfeld. Bestimmt habe ich viele vergessen! Ich gebe zu Bedenken, dass es durchaus einen Zusammenhang zwischen bildungsnahem Elternhaus und ausgesprochen ambitionierten und "helikopterhaften" Eltern gibt. Je bürgerlicher desto mehr hast du es mit einer tw. komplizierten Elternarbeit zu tun!


    Es gibt aber auch ganz tolle Schulen, die sich vorbildhaft um die "andere" Schülerschaft kümmern.


    Zu der Zusatzarbeit bei Beförderungsstellen gibt es diesen Link (der hoffentlich funktioniert):


    https://gateway.hamburg.de/ham…che.aspx?sid=70&StAKat=3#


    Dort kannst du einmal schauen, was Gymnasien und Stadtteilschulen an Beförderungsstellen ausschreiben.


    Viele Grüße und Erfolg bei der Entscheidung!

  • Hallo,


    zum Referandariat kann ich leider nichts sagen, ich bin gerade im Sommer als Beamtin nach Hamburg gewechselt. Ich habe vorher 8 Jahre in Pinneberg und 4 Jahre in Ahrensburg gearbeitet (Gemeinschaftsschulen). Ich muss sagen, in beiden Orten waren mehr schwieirgere Schüler als in meiner jetzigen Schule (Stadtteilschule mit Gymnasium). Nun hat meine Schule aber auch ein sehr angemehm gemischtes Einzugsgebiet.


    Ich selbst wohne in den Walddörfern, das sind eher sehr bürgeliche Stadtteile. Ich kann mir aber nicht vorstellen, dass das Arbeiten in den Walddörfern (Volksdorf, Ohlstedt, Duvenstedt, Lehmsahl) unbedingt einfacher ist, als in anderen Stadtteilen.


    LG Sonja

  • danke euch allen für die zahlreichen tipps und vorschläge!


    ich will an der stelle nochmal klarstellen, dass es mir nicht darum geht, es besonders einfach zu haben oder in eine gegend zu kommen, wo lauter snops rumlaufen (hab mich mit "bürgerlich" an der stelle da vielleicht etwas falsch ausgedrückt). ich will eigentlich nur, dass es im ref dort nicht zum allerschlimmsten kommt, wie mir von meinem kollegen prophezeit wurde :D ich sehe das auch ganz ähnlich wie Sofie, solange das Kollegium und die Teamarbeit stimmt, macht die Arbeit überall Spaß! So etwas muss aber auch erst mal gegeben sein, es soll laut Kollegen durchaus Schulen geben, die kurz vor dem inneren und äußeren Zerfall stehen...


    Mal eine andere Frage, ich habe mich in den letzten Tagen ein wenig nach möglichen Schulen für das Referendariat umgeschaut, aber lohnt sich das überhaupt? Man wird ja sowieso irgendwie von dem Ministerium irgendwo hingesteckt, wo es gerade passt. Wie schätzt ihr die Chancen ein, dass man im Hintergrund mit einer Schule eine Absprache treffen kann und dann dort auch als Referendar aufgenommen wird, wenn das dann im Nachhinein mit dem Ministerium abgeklärt wird?


    Danke!! :)

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