Ich betreue mit mehreren unsere Referendare. In letzter Zeit fällt mir auf, dass die Kollegen mehr und mehr die Referendare behandeln als wären sie unmündig bzw. Schüler. Sie schießen zu mir heran, ich solle X doch mal sagen, dass man sich so und so benimmt oder dass man das und das macht, wenn ....
Dies ist insbesondere bei Kollegen so, die selber vor gar nicht so langer Zeit ihr Referendariat beendet haben.
Ich frage mich nun, wie ich den Kollegen freundlich, aber möglichst deutlich klar machen kann, dass es sich bei Referendaren um erwachsene Menschen handelt, die entsprechend zu behandeln sind ... Wie verhaltet ihr euch als Ausbildungsbetrauftrage im Zwischenbereich zwischen Referendaren und Kollegium?
Kollegen behandeln Referendare zunehmend von oben herab
-
-
Ich könnte mir vorstellen, dass das Problem gerade bei den jungen Kollegen das ist, dass es eben noch so nah ist. Sprich der Wechsel vom Referendar zum Ausbildungslehrer ist noch nicht wirklich vollzogen, so dass sie dann so eher unangenehme Themenbereiche eher auslagern, weil sie nicht wissen, welche Beziehungsebene sie einnehmen sollen.
Ich würde einfach nachfragen, ob sie das dem Referendar schon selber gesagt haben und dass ich gerne bereit bin, zu vermitteln, wenn es Probleme gibt, doch bitte erst dann. -
Wenn das zunimmt, würde ich aber auch darüber nachdenken, ob am Verhalten der Referendare etwas nicht stimmt. Ich erlebe zunehmend, dass auch Referendare z.T. eigentlich selbstverständliche Verhaltensregeln nicht beherzigen und könnte, wenn das mehrfach passiert, durchaus verstehen, dass sich Kollegen an den / die Ausbildungsbeauftragte(n) wenden, damit einige Dinge allgemein geklärt werden. Die Art und Weise, wie das passiert, klingt ja deiner Schilderung nach durchaus recht gereizt, ich würde durchaus auch überlegen, woher diese Stimmung rührt.
-
Das sehe ich ähnlich. Wenn es ein vormals respektvoll agierendes Kollegium war - und du sprichst ja von "zunehmend" - dann wird es vermutlich eher eine gegenseitige Dynamik sein. Frag doch die Kollegen mal ganz offen, ob sie da selbst ein Problem sehen - du musst ja nicht sagen, dass du es als "herablassend" empfindest (falls du das tust), sondern du kannst äußern, dass dir "atmosphärische Störungen" aufgefallen sind und ob sie das denn ähnlich sähen und den Grund benennen können? Dann bist du einen Schritt weiter.
Ich bin ja schon ewig und drei Tage Mentorin und immer wieder Prüfungsmitglied - und ich erlebe bei einigen (!) Referendaren - die auch oft richtig, richtig jung in den Job kommen - Verhaltensweisen, die ich von vor - sagen wir mal 5 - Jahren nicht kenne. Oder kaum. Manche sind vom Stamme "Nimm" und fordern relativ unverfroren - zum Teil ohne die geringste Gegenleistung oder irgendein anderes Engagement. Oder auch nur ein simples Danke. Hotel Mama halt: "Gibgibgibgibgib! Weil ich daaaa bin!!"
Andere kommen mit der Haltung "Jetzt zeigen wir's den alten Säcken mal" und haben gleichzeitig aber nicht viel zu bieten außer dieser Haltung. Die treten dann in Konferenzen auf wie Graf Rotz - haben aber nichts Inhaltliches beizutragen. Nur, dass alles Mist ist. Die Schüler finden das auch nicht toll - an unsere Oberstufe sind sie nämlich ganz gut reflektiert und erkennen Luftpumpen relativ schnell. Und dann haben wir noch so ein paar Partytypen: eigentlich am liebsten nur zwischen 10 und 11.30 areiten - man ist noch müde und verkatert vom letzten Abend...Und dann gibt es natürlich auch ganz viele tolle, kooperative, kompetente, talentierte und wunderbare!! Nur da ist es bei Lehrern wie bei den Schülern: im Gedächtnis (oder im Adrenalinspiegel ) bleiben die Vollpfosten, pardon my French... und anhand derer bildet man sich dann das Gesamturteil.
Langer Rede kurzer Sinn: ich tippe auf Gegenseitigkeit und der einzige Weg das rauszukriegen ist mit den Kollegen ein offenes Gespräch zu führen.
-
Wollte gerade sagen: "eigentlich selbstverständliche Verhaltensregeln" kann man doch bei Berufsanfängern gerade nicht voraussetzen.
-
Mit "eigentlich selbstverständlichen Verhaltensregeln" meine ich nichts, was Berufserfahrung voraussetzt, sondern Verhaltensweisen, wie Meike sie oben beschreibt - einen gewissen Respekt und Sensibilität gegenüber den Kollegen, nicht immer sofort Hilfe "verlangen", sich bedanken, wenn man unterstützt wurde, und durchaus auch eine gewisse Selbstständigkeit, die man als erwachsener Mensch haben sollte. Es gibt Referendare, die sich von sich aus auch unmündig verhalten.
-
Mir fällt seit einiger Zeit jedenfalls auf, dass immer mehr Referendaren ein gewisses Grundbenehmen fehlt. Haben die das in ihrer Kindheit nicht gelernt ?
-
Es gibt auch Lehrer, die aufgrund ihrer Jahrzehnte an Berufserfahrung übersehen, dass das ständige Infragestellen und Beobachtetwerden des Vierfrontenkrieges (SuS, Eltern, Seminar, SL+Kollegen) "Referendariat" nicht dazu geeignet ist, mündiges Verhalten zu fördern, sondern im Gegenteil verunsichern kann bis hinunter zur Selbstverleugnung. Irgendwann werden selbst so banale Dinge wie Tasche auf das Lehrerpult stellen drei- bis viermal überdacht, bevor man eine Entscheidung treffen kann, ob man das heute mal machen sollte oder besser nicht. Wie viel mehr unterliegt dann das Verhalten in Gegenwart von wertungsrelevanten Kollegen der Selbstverurteilung, auch wenn sie einem gerade nur eine Tasse Kaffee anbieten?
-
Naja, ich weiß nicht. Da die meisten Referendare das zwischenmenschliche Minimalprogramm trotz Belastung gut hinbekommen, weiß ich nicht, ob man diesen Freibrief "alles voll stressig an allen Fronten, deshalb darf ich mich benehmen wie Rumpelstilzchen" so wirklich ausstellen kann. Das ist schon eher ein personen/perönlichkeitsgebundenes Problem, üblicherweise.
-
Das ist kein Freibrief, es ist eine mögliche Erklärung. Und das man hier nicht pauschalisieren kann, versteht sich von selbst. Das ändert nur nichts an der möglichen Ursache, das die Betreffenden unter "entspannteren" Umständen auch ganz normale Charaktere sind.
-
Thamiel, als relativ frischer Ex-Referendar muss ich sagen: Ich kann zwar Kollegen vielleicht ohne Ende damit abnerven, wie ich meine Tasche am Besten auf dem Tisch platziere, aber dies dennoch höflich tun. (Sollte das überhaupt das Problem sein. Ist sehr wahrscheinlich, dass der Konflikt zustande kommt, weil sich manche wie die Axt im Walde verhalten, aber wenn ich nichts überlesen habe, ist es nicht sicher.)
Oh Mann. Tasche auf den Tisch stellen, eine der wenigen Sachen, über die ich mir nicht unsicher war.
-
Ich habe nicht geschrieben, dass Refs für solche Dinge Kollegen "abnerven". Ganz im Gegenteil: Sie nerven sich selbst ab. Sie stellen sich selbst in Frage. Das kann Ausmaße annehmen, das man über die eigene Nabelschau hinaus kaum mehr Dinge wahrnimmt. Es freut mich, dass du da Grenzen ziehen konntest. Ich kenne ehemalige Kollegen, die es nicht konnten. Woraus man ableiten kann, dass verallgemeinern wohl kaum hilft.
Betrachten wir mal den Einzelfall: Wenns zwischenmenschlich knarzt (oder auch gut läuft (!!)), dann gehören dazu immer zwei Gruppen. Wem erzähl ich das hier? Sätze, die die Ursache für einen Konflikt nur einer Partei zuschieben, finde ich auf einem Auge blind.
-
Zitat Meike :
Zitat...deshalb darf ich mich benehmen wie Rumpelstilzchen" so wirklich ausstellen kann. Das ist schon eher ein personen/perönlichkeitsgebundenes Problem, üblicherweise.
Und ich sehe das nicht nur als ein direktes personen- und persönlichkeitsgebundenes Problem, sondern das Ganze in einem größeren gesellschaftlichen Zusammenhang. Höflichkeit und allgemeines Benehmen sind bei Kindern und jungen Menschen in Deutschland immer weniger angesagt. Während es für meine Generation, als wir Kinder waren, noch selbstverständlich war, z.B. die erwachsenen Nachbarn draußen höflich zu grüßen, der Oma nebenan die Einkaufstasche ins Haus zu tragen wenn sie vom Kaufmannsladen kam, im Bus/Straßenbahn älteren Menschen den Sitzplatz anzubieten, die Mütze innerhalb geschlossener Räume abzusetzen, nehme ich heute eher wahr, dass selbstverständliche höfliche und freundliche Verhaltensweisen bei der nachwachsenden Generation immer mehr den Bach herunterzugehen drohen, wer immer auch Schuld für die Erziehungsversäumnisse tragen mag.
Nun haben wir die (junge) Generation der Referendare vor uns, die nicht in einem vergleichbaren Erziehungsumfeld aufgewachsen ist wie wir früher, sondern in Jahren, in denen man gesamtgesellschaftlich in Deutschland die Erziehung ordentlich hat schleifen lassen.-Die Symptome und Nachwehen des antiautoritären 68er Geistes hinsichtlich Erziehung lassen da herzlich grüßen.
Wie nehmen wir altgediente Kollegen unsere jungen Referendare wahr ? Erst einmal darf man sie nicht über einen Kamm scheren und muss sorgsam differenzieren. Jedoch beobachte ich heutzutage häufiger die o.g. (verbesserungswürdigen) Verhaltensweisen, die hier andere Foristen auch schon geäußert haben.
Ich nehme aber noch ein anderes Problem zunehmend wahr : Das Abflachen des fachlichen Niveaus, das ich zumindest im Sek1-Bereich beobachte, insbesondere im Fach Deutsch (Das Niveau in den anderen Hauptfächern, wie z.B. in Mathematik, kann ich weniger beurteilen) und gesellschaftswissenschaftlichen Fächern, wie z.B. in Geschichte und Erdkunde. Ich bin immer öfter darüber erschrocken, wie unsicher manche künftige DeutschlehrerInnen sogar hinsichtlich Rechtschreibung und Grammatik sind. Dass ich neulich höchst entsetzt darüber war, dass eine Deutsch-Referendarin mit Goethes Faust nur wenig anfangen konnte oder ein anderer Referendar sich in der Deutschen Geschichte des 19. Jh. kaum auskannte, nur am Rande. Sicherlich ist Faust für den Unterricht der Realschule nicht so relevant, aber sollte der Lehrer, egal ob Grundschule oder Gymnasium, nicht ein vorbildlicher Meister seines Faches sein und schon allein aufgrund seines großen Horizonts, Tiefgangs und Könnens Schüler beeindruckend und motivierend sein ? Ich denke, auch bildungsferne Schüler spüren, ob ihr Schulmeister was draufhat oder nicht.
Kurzum : Wir (altgedienten) Kollegen kritisieren immer häufiger das abgesunkene Leistungsniveau der Schüler. Liege ich völlig falsch, wenn ich spüre, dass es immer häufiger
die kommende und neue Lehrergeneration erreicht ? Und wie sieht es mit der umfassenden Allgemeinbildung unserer Referendare aus ?8_o_) -
Dass ich neulich höchst entsetzt darüber war, dass eine Deutsch-Referendarin mit Goethes Faust nur wenig anfangen konnte, ließ bei mir einiges an unguten Gefühlen hochkommen. Sicherlich ist Faust für den Unterricht der Realschule nicht so relevant, aber sollte der Lehrer, egal ob Grundschule oder Gymnasium, nicht ein vorbildlicher Meister seines Faches sein und schon allein aufgrund seines großen Horizonts und Könnens Schüler beeindruckend und motivierend sein ? Ich denke, auch bildungsferne Schüler spüren, ob ihr Schulmeister was draufhat oder nicht.
Dass ich einmal mit dem Elternschreck von vorne bis hinten d'accord bin, verblüfft mich jetzt aber doch einigermaßen!
Nele
-
Naja, den Untergang des Abendlandes seh' ich jetzt noch nicht wirklich in Form der neuen Referendare kommen - und auch unter den altgedienten Kollegen kenn' ich einige fachliche Vollpfosten. Auch manchmal die, die meinetwegen fachlich ganz gut angefangen haben, sich aber nie weitergebildet haben - und deren Englisch nach 20 Jahren ohne "Körperkontakt"mit der Sprache mindestens mal etwas ...nennen wir es unrund ...klingt. Oder die sich weigern, Romane oder Stücke zu unterrichten, zu denen es keine Kopiervorlagen gibt... usw.
Was ich mit meinem Beitrag ausdrücken wollte war keinesfalls eine generelle Referendarenschimpfe, sondern die Anregung, nachzuforschen, ob in diesem speziellen Fall die Reaktionen der Kollegen ein Echo sind - oder doch die Ursache?
Die fachlich und charakterlich verwahrloste Frischreferendarengeneration erlebe ich so nicht. Ich erlebe, dass sie teilweise jünger und teilweise etwas unerfahrener aus dem inzwischen leider sehr verschulten System zu uns kommen und dass ein paar mehr von ihnen selsames Verhalten an den Tag legen, als ich früher so den Eindruck hatte. Keinesfalls alle oder auch nur viele/der überwiegene Teil.
-
Zitat Meike :
ZitatIch erlebe, dass sie teilweise jünger und teilweise etwas unerfahrener aus dem inzwischen leider sehr verschulten System zu uns kommen und dass ein paar mehr von ihnen selsames Verhalten an den Tag legen, als ich früher so den Eindruck hatte.
Naja, unser System damals war auch nicht weniger verschult, und ich denke noch weniger praxisbezogen als heute. Deshalb eignet es sich nicht zur Rechtfertigung o.g. Verhaltensattitüden etlicher Referendare.
Zitat- und auch unter den altgedienten Kollegen kenn' ich einige fachliche Vollpfosten. Auch manchmal die, die meinetwegen fachlich ganz gut angefangen haben, sich aber nie weitergebildet haben -
Naja, Vollpfosten gibt es in allen Bereichen und Ebenen. Ob das z.Zt. besonders auch für die führenden Repräsentanten der einflussreichen Elfenbeinturmpädagogen und Bildungspolitk, der wir auch noch marionettenartig gehorchen müssen, zutrifft, mag hier jeder selbst darüber nachdenken und für sich entscheiden.
Geehrte Meike, den generellen Unterschied zu früher sehe ich z.B. darin, dass es damals niemals möglich gewesen wäre, dass vor den Schülern ein junger Deutschlehrer (Referendar) steht, der selbst die Deutsche Rechtschreibung und Grammatik nicht ausreichend sicher beherrscht (Hatte da kürzlich so ein Erlebnis), von der Beherrschung der Werke von Goethe und Konsorten mal ganz abgesehen. Genauso, wie ich es von einem künftigen Musiklehrer erwarte, dass er fit im Notenlesen, Musikgeschichte, Werkanalyse, Chorleitung und Instrumentalspiel ist, am besten früher Preisträger bei Jugend Musiziert, möchte ich das Anspruchsniveau z.B. auch bei künftigen Deutschlehrern gewährleistet wissen.
Zitatdie meinetwegen fachlich ganz gut angefangen haben, sich aber nie weitergebildet haben
Wobei ich die Fortbildungen, die ich erlebt habe, im Nachhinein schlichtweg als kindischen, nervigen, zeitraubenden und ineffektiven Kokolores betrachte. Die fingen meistens mit dem Schaumstoffballwerfen (Kennenlernspiel) im Stuhlkreis an, in der Mitte fortgeführt mit dem Abspulen von Feiertagsdidaktiken und endeten am Schluss mit dem unvermeidlichen Wie-fühlst-Du-Dich-Gelaber. Und alle haben immer lieb gelächelt. Im Nachhinein habe ich mich auch immer gefragt, wer da wen fortgebildet hat.
-
Zitat
dass vor den Schülern ein junger Deutschlehrer (Referendar) steht, der selbst die Deutsche Rechtschreibung und Grammatik nicht ausreichend sicher beherrscht (Hatte da kürzlich so ein Erlebnis)
Wenn man davon ausgeht, dass hier nur Lehrer schreiben, sieht man die Probleme doch schon im Forum selbst. Gerade mit Blick auf Kulturtechniken im Deutschen werden Dinge gerne relativiert oder schlicht für unwichtig erklärt. Bei Problemen wird auch gerne gesagt, sie existierten überhaupt nicht. Hinzu kommen generelle biographische Erfolgslegenden, die meistens auf die Formel hinauslaufen, gerade fachliche Defizite qualifizierten erst zum Lehrerberuf.
Was Verhaltensprobleme angeht, hat das imho viel damit zu tun, dass Referendare jung sind. Wenn ich an das Alter zurückdenke, weiß ich noch, dass ich auch kräftig Böcke geschossen habe. Rückblickend kommt mir vieles, was ich so getrieben habe, ganz unverständlich vor. Problematisch scheint mir allerdings, dass Vorgesetzte gerade bei Referendaren und jungen Kollegen manchmal nicht rechtzeitig freundlich (!) eingreifen. Natürlich ist das bei Verhaltensfragen immer heikel, weil es sofort die ganze Person berührt. Aber ich habe viele Fälle (auch in der Berufseinstiegsphase) miterlebt, wo ein freundlicher Hinweis auf dies oder das zur rechten Zeit viel Frust auf allen Seiten verhindert hätte. Insofern würde ich auch zur Ausgangsfrage sagen: Ein Hinweis einer Bezugsperson (Ausbildungsleiter etc.) kann hilfreich sein, gerade wenn es um identische Eindrücke an verschiedenen Stellen geht.
Ansonsten ist eine gewisse Großzügigkeit des Alters sicher nicht verkehrt - ich bin selber erschrocken, wie sensibel (dünnhäutig!) ich inzwischen manchmal auf vermeintliches Fehlverhalten reagiere, obwohl ich mich früher auch nicht besser verhalten habe.
-
Zitat unter uns :
ZitatWenn ich an das Alter zurückdenke, weiß ich noch, dass ich auch kräftig Böcke geschossen habe.
Das denke ich, haben wir zumindest in der Kindheit und Jugend alle. Früher haben wir dafür, nicht nur in der Schule, von allen (!) Seiten der Erwachsenen ordentlich einen auf den Dassel bekommen. Als Studenten und Referendare wussten wir dann, wie man sich als Mensch auf dem Globus gutbenehmend zu bewegen hat. In der Gesellschaft gab es zu der Zeit einen breiten Erziehungskonsens, der in der Folgezeit leider immer mehr aufgeweicht und aufgelöst wurde.-Und die gegenwärtigen Referendare sind im erziehungskonsenslosen Zeitalter großgeworden.
ZitatWenn man davon ausgeht, dass hier nur Lehrer schreiben, sieht man die Probleme doch schon im Forum selbst. Gerade mit Blick auf Kulturtechniken im Deutschen werden Dinge gerne relativiert oder schlicht für unwichtig erklärt. Bei Problemen wird auch gerne gesagt, sie existierten überhaupt nicht.
Wobei ich z.B. beim Sport-, Physik- oder Werklehrer noch Fünfe gerade sein lassen würde, wenn er die Kulturtechniken nicht immer zur vollsten Zufriedenheit beherrscht oder mit Goethe nicht so viel im Sinn hat. Der Deutschlehrer sollte sie aber mit Meisterschaft beherrschen, genauso wie der Physiklehrer sein (!) Fachgebiet.
Aber im Allgemeinen hast Du bezüglich der Relativierungs- und Unwichtigkeitserklärungsstrategie hinsichtlich der Kulturtechniken im Deutschen natürlich Recht, geehrter unter uns ! Inwieweit diese Strategien im Bewusstsein vieler (junger) Grundschullehrerinnen schon verankert sind, wäre ein Thema für sich.
Abgesehen davon, dass wir in einem (pseudo) pädagogischen Zeitalter leben, in der real existierende pädagogische Probleme gerne unter dem Teppich gekehrt werden, wird der Begriff Problem bald als politisch unkorrekt gebrandmarkt und aus dem Wortschatz der künftigen Lehrer getilgt werden, genauso wie vorher schon die Begriffe dumm, faul, frech oder dick. Bei jüngeren KollegInnen fällt mir auf, dass sie den Begriff Problem häufig durch das Wort Herausforderung ersetzen. Bei heftigen, fast unlösbaren Problemen spricht man schon gerne von spannender Herausforderung.-Klare Sachverhalte werden immer mehr sprachlich vernebelt, entstellt und bagatellisiert. Die Neusprache aus Orwells 1984 lässt herzlich grüßen !
Zur Schulsozialisation künftiger Lehrergenerationen : Etliche der jetzigen Referendare haben in ihrer Schulzeit bereits die leistungsherunternivellierende Kuschel-, Beschwichtigungs- und Bagatellisierungspädagogik durchlaufen, in der es im offiziellen pädagogischen Sprachgebrauch keine schwachen und leistungsverweigernden Schüler mehr mit Leistungsdefiziten geben durfte, sondern nur noch Persönlichkeiten mit Stärken. Hat das wirklich die objektive Selbstwahrnehmung gefördert ?
-
Hinzu kommen generelle biographische Erfolgslegenden, die meistens auf die Formel hinauslaufen, gerade fachliche Defizite qualifizierten erst zum Lehrerberuf.
Also, das ist jetzt wirklich interessant, wie unterschiedlich man doch im Forum liest - ohne jetzt sagen zu wollen, wer recht hat, kann ich mich ehrlich nicht erinnern, dass ich sehr viele Beiträge mit dem Unterton "Fachliches wird überbewertet" gelesen habe. Eher hab ich die Erinnerung, dass solche Beiträge selten sind und wenn, dann mit einer überwiegenden Mehrheit an Gegenstimmen beantwortet werden.
Ich hab jetzt nicht die Zeit nachzuforschen, wie viele Beiträge dem Methoden-ohne-Inhalt-Unfug oder dem der-Lehrer-braucht-keine-Fachkenntnisse-Blödsinn das Wort reden, aber ich bin relativ überzeugt, es sind nicht viele.Vielleicht jat ja einer Zeit eine empirische Datenlage zu schaffen
-
Wobei ich die Fortbildungen, die ich erlebt habe, im Nachhinein schlichtweg als kindischen, nervigen, zeitraubenden und ineffektiven Kokolores betrachte. Die fingen meistens mit dem Schaumstoffballwerfen (Kennenlernspiel) im Stuhlkreis an, in der Mitte fortgeführt mit dem Abspulen von Feiertagsdidaktiken und endeten am Schluss mit dem unvermeidlichen Wie-fühlst-Du-Dich-Gelaber. Und alle haben immer lieb gelächelt. Im Nachhinein habe ich mich auch immer gefragt, wer da wen fortgebildet hat.
Oh ja.... So ist es.
Werbung