Deutsche Lehrkräfte im internationalen Vergleich: Mieses Image, kaum Respekt von Seiten der Schülerschaft, kein Vertrauen in die Lehrer-Leistungen

  • Zitat

    Die wichtigsten Ergebnisse für Deutschland im Überblick:


    Respekt: Weniger als 20 Prozent der Befragten glauben, dass Schüler Respekt vor ihren Lehrern haben. Besonders die Grundschullehrer kommen schlecht weg: Während Lehrer an weiterführenden Schulen sowie Schulleiter noch mittelmäßiges Ansehen genießen, landet Deutschland bei der Frage des Respekts gegenüber Grundschullehrern nur auf dem fünftletzten Platz von 21 befragten Ländern.
    Vertrauen: Vertrauen Sie darauf, dass Lehrer eine gute Bildung für die Schüler gewährleisten? Deutschlands Lehrer landen bei dieser Frage im unteren Bereich und hinter allen anderen befragten europäischen Ländern. Allerdings gaben die Befragten an, ein moderates Vertrauen in das gesamte Bildungssystem ihres Landes zu haben und stuften Deutschland hier im mittleren Bereich ein.
    Image: Weniger als 20 Prozent der Befragten würden ihre Kinder dazu ermutigen, Lehrer zu werden - in fast allen anderen Ländern ist auch diese Zahl höher. Der Lehrerberuf wird in Deutschland am ehesten mit dem Status eines Sozialarbeiters gleichgesetzt - das wiederum ist in zwei Dritteln der teilnehmenden Länder der Fall.

    http://www.spiegel.de/schulspi…respektiert-a-925826.html


    Auch interessant: Die Tatsache, dass Deutschland bei PISA mittlerweile in den vorderen Rängen mitspielt, hat auf die Ergebnisse der Studie keinen Einfluss. Vielleicht sollten wir unsere Leistungen (PISA) endlich einmal unserem Image anpassen...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Statistik hin oder her: Ich ziehe mir den Schuh nicht an, er passt mir nämlich nicht. Ich fühle mich respektiert von Schülern und Eltern. Mein Ansehen in meinem Umfeld erlebe ich als angemessen. Vertrauen in meine Leistung als Lehrerin empfinde ich als gegeben. Solche Studien können mich von meinem Empfinden nicht abbringen.

  • Bestätigt, wie ich seit Jahrzehnten zunehmend wahrnehme : Für unsere (dekadente) Gesellschaft sind wir die Fußabtreter und DvD`s (Deppen vom Dienst). Es gehört schon eine Portion Helfersyndrom, Selbstaufgabe und Masochismus dazu, in der heutigen Zeit noch Lehrer zu werden. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Für mich hat die Statistik ebenfalls keine Relevanz und ich kann mich Wuenschelroute nur anschließen - ich erlebe es genauso, empfinde so viel Glück und Zufriedenheit bei meiner Arbeit, die SuS und Eltern nicht verborgen bleibt und häufig auch so an mich zurück gemeldet wird.
    Vielleicht hat meine Arbeitseinstellung aber auch damit zu tun, dass ich als Seiteneinsteiger aus der freien Wirtschaft gekommen bin (zwar als sehr junger Seiteneinsteiger, aber immerhin) und auf Grund der Kenntnis der Arbeitswelt "dort draußen", den Arbeitsplatz Schule so sehr schätze und man mir dieses auch anmerkt. :wink_1:

  • Alte Statistiker-Weisheit:
    "Du bekommst die Antwort, die in deiner Frage intendiert ist."
    Da die Fragestellung - bedingt durch die Sprache - in jedem Land der Umfrage wohl etwas anders geartet war, wundern die Ergebnisse nicht.


    Zudem befindet sich in dem Artikel ein entlarvender Satz:

    Zitat

    Finanziert wurde die großangelegte Umfrage von Sunny Varkey, indischer Philantrop, Gründer der Varkey GEMS Foundation und Eigentümer einer Privatschulkette, die auch den europäischen Markt erschließen möchte.


    Ein Schelm, der Absicht unterstellt...


    Wolan, lass mich ein Schelm sein! ;)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Vielleicht hat meine Arbeitseinstellung aber auch damit zu tun, dass ich als Seiteneinsteiger aus der freien Wirtschaft gekommen bin (zwar als sehr junger Seiteneinsteiger, aber immerhin) und auf Grund der Kenntnis der Arbeitswelt "dort draußen", den Arbeitsplatz Schule so sehr schätze und man mir dieses auch anmerkt. :wink_1:


    So, damit wäre der Stammtisch ja vollends eröffnet. Wer bietet mehr?

    • Offizieller Beitrag

    Ich: ich komme aus dem selbstständigen-Dasein und habe in der freien Wirtschaft nicht annähernd so viel arbeiten müssen - und zu angenehmeren Zeiten - als im Bereich Schule.


    Prost! :prost: Wer setzt noch einen drauf?

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

    • Offizieller Beitrag

    Kann man das mit dem Respekt nicht auch positiv sehen? Ich persönlich sage meinen Schülern immer, dass ich Respekt vor dem Amt "Lehrer" wie vor allen anderen Ämtern für falsch halte. Respekt muss erworben werden, solange der mit einer Einstellungsurkunde automatisch kommen soll, dann läuft da was falsch. Von daher wäre es positiv, dass die Schüler die Autorität Lehrer kritisch hinterfragen, negativ, dass viele Lehrkräfte es leider nicht schaffen, sich den Respekt zu verdienen.

  • Hallo Trantor,
    das Problem sehe ich eher darin, dass den SuS (stellenweise) vermittelt wird, das Lehrer gar nicht erst Respekt verdienen. Wenn ich einem anderem Menschen begegne, dann zeige ich ihr/ihm generell den Respekt, mit dem man einem Menschen begegnen sollte. Alles weitere entwickelt sich dann. Und sei es nur höflich abzulehnen, wenn einem der Umfrager eine Mitgliedschaft für obskuren Tierschutz andrehen will.
    Wenn ich aber automatisch ohne Respekt interagiere... Das stellt zumindest in meinen Augen einen großen Unterschied dar. Jetzt könnte man über die Jugend von heute und Respekt im Allgemeinen diskutieren, aber das ist meiner Meinung nach an dieser Stelle ohne Belang.

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!

  • Don Vito Corleone: Ich verlange doch nichts als ein wenig Respekt!


    Ich finde, der hier diskutierte Begriff enthält Nebenbedeutungen (siehe z.B. obiges Zitat), um die es uns gar nicht geht. Wir Lehrer wären doch schon mit zivilisiertem und höflichem Benehmen zufrieden.

  • Hallo zusammen,


    ich nehme mal ein Stück aus dem von Mikael bereits zitierten Abschnitt heraus:

    Zitat


    Respekt: Weniger als 20 Prozent der Befragten glauben, dass Schüler Respekt vor ihren Lehrern haben. Besonders die Grundschullehrer kommen schlecht weg: Während Lehrer an weiterführenden Schulen sowie Schulleiter noch mittelmäßiges Ansehen genießen, landet Deutschland bei der Frage des Respekts gegenüber Grundschullehrern nur auf dem fünftletzten Platz von 21 befragten Ländern.


    ... und dann werfe ich einen Blick in die 2013 Global Teacher Status Index Studie.
    Der Text aus dem Spiegel scheint mir "Ansehen" und "Respekt" durcheinanderzuwerfen. Die Begriffe sind in der Studie keineswegs synonym verwendet.


    Das "Ansehen" wurde erfragt, indem ein eine Reihenfolge in eine Liste von 14 Berufen gebracht wurde: "Primary school teacher, Secondary school teacher, Head teacher, Doctor, Nurse, Librarian, Local government manager, Social worker, Website designer, Policeman, Engineer, Lawyer, Accountant Management consultant" (-> Studie Seite 16). Dies ist also der Bezugsrahmen für "mittelmäßiges Ansehen genießen". Damit kann dann das gute Ansehen von Grundschullehrern in China vielleicht einfach an einem geringen Ansehen von local government managern und website designern ... in China liegen.


    Das wird dann vermengt mit der Frage, ob die befragten glauben, das Schüler ihrer Lehrer respektieren (-> Studie Seite 20). Hier wird aber nicht nach einzelnen Schularten gefragt. Die Auf die Frage nach dem "Respekt gegenüber Grundschullehrern" liefert die Studie also nicht die im "Spiegel" gegebene Antwort "fünftletzter Platz von 21 befragten Ländern".


    So könnte man weiter machen...
    Man kann aber auch auf den lesen des "Spiegel" verzichten, und gleich die Studie lesen.


    Hat irgendjemand eine Idee, wozu die Varkey Gems Foundation eine solche Studie anfertigen lässt? Gibt es irgend etwas, wozu die darin erfassten Daten "gut" sind?


    Gruß
    Nitram


  • Hat irgendjemand eine Idee, wozu die Varkey Gems Foundation eine solche Studie anfertigen lässt? Gibt es irgend etwas, wozu die darin erfassten Daten "gut" sind?


    s.



    Zudem befindet sich in dem Artikel ein entlarvender Satz:


    Ein Schelm, der Absicht unterstellt...

  • Ich kann dazu nur schreiben, dass sich die Studie auch nicht mit meiner gefühlten Realität in der Schweiz vereinbaren lässt. Ich fühle mich angemessen respektiert und auch angemessen bezahlt :D

  • Habe es durchaus des öfteren erlebt, dass es einige Lehrer gibt, die wirklich nichts gutes vermitteln können, dass es Lehrer gibt, die ihren Schülern sogar sagen, dass der Lehrberuf keine gute Wahl ist und dass es ganze Schulen mit viel Respektlosigkeit gibt, aber dass man das so pauschalisiert ist falsch und in der Praxis sagt die Statistik recht wenig über den Einzelnen aus.


    Ich fühle mich von den Eltern und Schülern respektiert, denke, dass ich ihnen etwas vermitteln kann und würde auch keinen anderen Beruf machen wollen.

  • Das Hauptproblem ist wohl, dass dem Lehrerberuf ein Jammerimage anhängt, was leider durch einige Kollegen äußerst gepflegt wird. Etwas mehr Vertrauen ins eigene Können sollte allgemein zu den hier auch genannten positiven Erfahrungen führen. Ich erlebe das Ansehen des Lehrerberufs in meinem Umfeld sehr differenziert. Respekt ist in unserem Berufsstand ähnlich wie bei Politikern ein Verdienst, das nicht allein durch Amt verliehen wird.Zumindest die meisten Kollegen von mir haben sich ein positives Bild in der Außenwahrnehmung erarbeitet was mich glauben lässt, dass es wie immer auf den Einzelfall ankommt.

  • Meine Erfahrung hat gezeigt, nicht immer. :( Klar erarbeitet man sich den Respekt der SuS, aber ich hatte zumindest einen Fall der unreflektiert die Meinung seines Vaters übernommen hatte und einem dadurch das Leben schwerer machte als seine Klassenkameraden. Sein Vater war nämlich ein klassischer Anhänger der "Faulen Säcke"-Theorie. Das verhältnis wurde erst etwas entspannter, als ich den Beruf seines Vaters würdigte (Altenpfleger in NAchtschicht). Ist ein harter Job, aber jeder der nicht das gleiche leistete, war direkt faul und bequem.
    Und auf genau so etwas bezog ich mich! Es ist nicht so, dass man sich den Respekt nicht auch verdienen kann, aber man muss eine viel weitere Strecke zurücklegen, die vielleicht kürzer sein könnte, mit der "richtigen" Einstellung.

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!

  • Ich werde eigentlich nur von deutschen Freunden und Bekannten gelegentlich mit einer hochgezogenen Augenbraue bedacht, so nach dem Motto "aha ... sonst nichts gefunden und jetzt also Lehrer geworden". Das nervt ziemlich. Bin erst neulich im Urlaub mal wieder von Deutschen auf das "Problem" Seiteneinsteiger im Lehramt angesprochen worden. Sobald man durchklingen lässt, man habe nicht "regulär" auf Lehramt studiert sondern sogar noch eine Doktorarbeit gemacht und mehrere Jahre in der Forschung gearbeitet, wird einem direkt unterstellt, man sei dann eben gescheitert und deshalb in den Lehrerberuf geflüchtet. Ich hatte schon kurzfristig darüber nachgedacht mir ein Schild umzuhängen mit der Aufschrift "Ich habe ein Eidgenössisches Lehrdiplom für Maturitätsschulen und bin KEIN Seiteneinsteiger!" Hier in der Schweiz habe ich das Problem nicht. Im Gegenteil, viele Schulleiter legen sogar noch wert darauf, dass die Leute nicht direkt ins Lehramt einsteigen und vielleicht sogar ein Doktorat mitbringen.


    Ich bin noch nicht lange dabei aber ich finde es trotzdem auffällig, dass die Kollegen viel viel weniger als in Deutschland von sogenannten "Hubschraubereltern" oder Müttern und Vätern berichten, die grundsätzlich alles besser wissen als der Lehrer. Ich bin auch am Tag der offenen Tür von keinem der in meinen Klassen anwesenden ca. 60 Eltern auf meinen Unterricht angesprochen worden. Dabei hätte ich fast wetten wollen, dass mich irgendjemand wegen Experimentieren ohne Schutzkittel anmacht. Die Leute denken aber offenbar "die wird schon wissen, was sie da tut". Das ist ja auch eine Art von Respekt, nicht wahr? :) Wie es an den Sekundarschulen aussieht, weiss ich natürlich nicht. Aber mit dem Beruf des Gymnasiallehrers braucht man sich hier wirklich nicht zu verstecken oder gar schämen.

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