Hallo zusammen!
Ich hab mal ein bisschen hier im Forum nach dem Thema gesucht aber leider nur Beiträge zu irgendwelchen Spezialfällen gefunden, aus denen ich keine konstruktiven Vorschläge herauslesen konnte. Deshalb mal hier allgemein in die Runde gefragt ... wie macht ihr das, wenn ihr SuS in den Klassen sitzen habt, die einfach SEHR viel schneller sind als alle anderen?
Ich habe aktuell eine 1. Klasse Gymnasium im Kanton Aargau/Schweiz (das ist also 10. Schuljahr) die in den ersten beiden Jahren am Gymnasium vertiefenden Unterricht in angewandter Mathematik bzw. allgemeinen Naturwissenschaften hat. Ich habe die Klasse in Chemie und es ist jetzt nach 7 Wochen schon ganz eindeutig so, dass 3 Schüler dem Rest der Klasse mit riesen Schritten davonziehen. Es gibt insgesamt einige gute bis überdurchschnittlich gute SuS in der Klasse und die ganze Klasse ist im Schnitt auch sehr jung im Vergleich zu meinen anderen 1. Klassen. Von den dreien ist aber einer noch nicht mal 14, ein zweiter ist im Februar 14 geworden, der dritte und im Moment leistungsstärkste ist immerhin schon 15. Es ist einfach unglaublich, mit welchen Fragen und Antworten die drei in den Unterricht kommen ... bei der Korrektur der ersten Prüfung dachte ich bei einem auch, das könnte glatt ein Erwachsener geschrieben haben, so gewandt und präzise wie der seine Sätze formuliert.
Gerade beim ältesten des Trios mache ich mir aber so ein bisschen meine Gedanken. Wir behandeln im Unterricht gerade das Thema "Stöchiometrie" (das ist "chemisches Rechnen" - für die Nicht-Chemiker), was einfach sehr viel mit Logik und vor allem mit Rechnen zu tun hat. Wie gesagt ist eigentlich die ganze Klasse sehr fit, aber da Thema bereitet zu Beginn den meisten SuS etwas Mühe und so ist es eben auch in dieser Klasse. Für meine drei Spezialisten ist das aber nicht das geringste Problem, die haben bereits in der ersten Doppellektion zum Thema das komplette Aufgabenblatt durchgerechnet, der Rest der Klasse hängt jetzt irgendwo bei Aufgabe 2 von 8 rum. Von den 8 Aufgaben waren übrigens auch nur 6 obligatorisch, die letzten 2 Aufgaben waren schon für die "Spezialisten" gedacht ... Da es die letzte Stunde vor den Ferien war und wir Chemie sowieso am Freitagnachmittag in den zwei allerletzten Schulstunden haben, habe ich der Klasse in weiser Voraussicht gesagt, wer das Blatt fertig hat, kann dann einfach nach Hause gehen.
Ich habe speziell den drei sehr guten Schülern gesagt, sie können auch bleiben und den anderen noch beim Lösen der Aufgaben helfen. Nun ist es so, dass eben der, der mir etwas Kopfschmerzen bereitet, sich seine Intelligenz ziemlich raushängen lässt und dann tatsächlich auch nach Hause geht mit dem Kommentar, er habe es jetzt auch nicht so recht verstanden und könne das deswegen auch nicht wirklich erklären. Er hatte im ersten Anlauf in den Aufgaben 7 + 8 tatsächlich einen Fehler drin, über den ich mit ihm dann recht ausführlich diskutiert habe. Dabei habe ich gemerkt, dass er die Aufgaben wirklich rein mathematisch gelöst hat, also ohne sich Gedanken über die Chemie zu machen. Nachdem ich ihm dann eindringlich mitgeteilt hatte, dass wir hier eben nicht im Matheunterricht sind sondern in der Chemie und ich ihm garantieren könne, dass ihm in der nächsten Prüfung die Hälfte der Punkte fehlt, wenn er keine Lust hat, eine Reaktionsgleichung zu den Aufgaben zu schreiben, hat er dann mal eben innerhalb von 2 min das richtige Ergebnis aus dem Ärmel geschüttelt und ist nach Hause gegangen.
Also Fakt ist, er versteht sehr wohl, was er da tut, es fehlt im nur meiner Ansicht nach ein bisschen an "sozialer Intelligenz". Da ist jetzt eben meine Frage an euch, wie man mit sowas am besten umgehen könnte? Klar werde ich ihm nach den Ferien ein weiteres Aufgabenblatt zum Üben in die Hand drücken, damit er in der nächsten Prüfung auch sicher seinen 6er schreibt. Der Aufgabentypus ist aber im Grunde genommen immer der gleiche und da er den nun mal durchschaut hat, werden die nächsten 2 Wochen Unterricht nach den Ferien für ihn nicht besonders spannend werden. Wenn ich ihm freistelle, ob er in den Unterricht kommt oder nicht, dann wird er mit hoher Wahrscheinlichkeit wegbleiben. Hat vielleicht jemand von euch Vorschläge, wie ich ihn dazu bringen könnte, sich besser in die Klasse einzubringen ohne dass ich ihn zu irgendetwas zwingen muss und ohne, dass es in eine für mich allzu aufwendige Sonderbespassung ausartet? Letzteres würde ich gerne vermeiden weil bei uns an der Schule wirklich gute Möglichkeiten bestehen, sich mit Freifächern und Instrumentalunterricht den Stundenplan so voll zu laden, wie man es nur gerne hätte. Wir haben darüberhinaus auch ein gutes Hochbegabtenförderprogramm. Ich weiss speziell von diesem Schüler auch, dass er Einzelunterricht auf der Trompete gewählt hat, also er beschäftigt sich schon durchaus auch selbst noch mit anderen Dingen.
Bei den anderen beiden Schülern des Trios ist es übrigens so, dass einer davon sehr sehr still ist und ich im Moment noch gar nicht so recht sagen kann, wie der sich wohl machen wird. Erstaunlicherweise verhält sich der Jüngste der drei noch am "normalsten", wenn man sich so ausdrücken möchte. Er hat jetzt sein Aufgabenblatt genau so schnell gerechnet wie seine beiden Kollegen, ist aber bei der Klasse sitzen geblieben und hat anderen SuS noch was erklärt. Zwischendurch tratscht er dann mal oder döst ein bisschen vor sich hin, halt das, was alle anderen SuS auch so machen.
Bevor jemand fragt: ich habe keine Ahnung, ob die drei jetzt wirklich als hochbegabt "diagnostiziert" sind und das interessiert mich im Grunde genommen auch nicht, ich sehe ja so schon, was sie können und wissen.
Vielen Dank schon mal vorab für hoffentlich zahlreiche konstruktive Vorschläge!