Das "didaktische Zentrum" einer Unterrichtsstunde

  • Hallo!


    Für alle, die mich noch nicht kennen kurz zur Erläuterung: ich bin Referendar in Hessen und habe vorher ein Ref in Bayern angefangen.
    In Hessen bekommen wir jetzt eingebläut, dass jede Stunde ein sog. Didaktisches Zentrum braucht, also eine Art Hauptlernziel, um das sich alle anderen Lernziele der Stunde, alle Methoden und alle Unterrichtsschritte drehen müssen; über das wir uns auch jede Stunde im Klaren sein müssen. In einem Unterrichtsentwurf muss das Didaktische Zentrum immer benannt werden.


    In Bayern hingegen ist mir dieser Begriff nie unter gekommen. Es gab auch keinen anderen Begriff, der dasselbe meint und aus dem auch so ein Kult gemacht wird.


    Ist das D.Z. eine hessische Spezialität oder ticken auch hier wieder die Uhren in Bayern anders?


    Welche Erfahrungen habt ihr mit dem D.Z. in euren Bundesländern?

  • HAbe ich noch nie gehört den Begriff. Aber Hauptlernziel, das kenne ich. Hört sich jetzt grundsätzlich nicht so verkehrt an, seinen Unterricht um ein HAuptlernziel herum zu planen.


    Gruß

  • Habe in Hessen studiert und kenne diesen Begriff nicht - nur als Bezeichnung für unsere Bibliothek ;) Aber im Prinzip ist er ja schon selbsterklärend und wird dir bestimmt man in ähnlicher Form in Bayern begegnet sein. Vielleicht als didaktischer Kern?
    Kurzes googlen bringt mich aber auf die Seiten von den Studienseminaren Offenbach und FFM, wo das Ganze so einfach erklärt ist, dass ICH mich jetzt frage, was dein Problem an der Sache ist ...? Es geht schlicht um die Kompetenzvermittlung, also um das neue Kerncurriculum. Und das hat tatsächlich im Studium immer wieder eine Rolle gespielt. Bei euch noch nicht? Aber im Ref doch ganz bestimmt auch schon?


    Zitat

    z.B.: „Dem didaktischen Zentrum der Stunde ... werden folgende Kompetenzen und Lernziele zugeordnet...“
    In einem schülerorientierten Unterricht geht es vorrangig um zu erreichende Kompetenzen, die sich an den Bildungsstandards orientieren und allgemeiner gefasst sind als Lernziele. Lernziele bzw. Teilkompetenzen sind die notwendigen Schritte auf dem Weg zum Erreichen der Kompetenzen. Letztere können häufig nicht in einer Stunde erreicht werden. Formulierungsvorschlag:


    • „Die SuS werden kompetenter im Bereich ...“
    • „Sie trainieren dies in dieser Stunde, indem sie / anhand von...“
    • „Sie zeigen den Kompetenzzuwachs, indem sie ...(Operationalisierung / Indikatoren)“


    (Auszug aus einer Handreichung des Studienseminars Offenbach - Lehramt an Gymnasien)



    Zitat

    Der Darlegung des Stundenvorhabens und seiner Begründungszusammenhänge auf den verschiedenen Ebenen wird ein kurzer Abschnitt vorangestellt, in dem die zentrale Absicht der Stunde, ihr didaktischer „Kern“, benannt wird. Aus der Formulierung des didaktischen Zentrums (z.B. „Im Zentrum der Stunde steht/stehen...“) soll die kompetenzorientierte Anlage der Stunde deutlich werden. Das ausgewiesene didaktische Zentrum soll in der Formulierung des Stundenthemas deutlich werden.
    Folgende Fragen können bei der Formulierung des didaktischen Zentrums hilfreich sein:

    • Auf welche fachliche(n) Teilkompetenz(en) (mindestens eine, i.d.R. ein bis zwei) im Zusammenhang mit welchem Lerngegenstand bezieht sich das Konzept der Stunde?
    • Gibt es eine überfachliche Teilkompetenz, die in der Stunde besonders gefördert wird?


    (aus: Handreichung des Studienseminars FFM - Lehramt an Gymnasien)

  • Also, der Begriff ist mir neu, aber die Bedeutung nicht, hieß bei uns Kompetenz- und Zielorientierung der Stunde, wenn ich immerguts Quellen richtig verstehe. (Augen sind noch was morgenverklebt. ;))
    Dazu zitiere ich mal einen Chemieprof von mir: "Nomenklaturen (für Nicht-Chemiker: Benennungsmethoden) sind wie Zahnbürsten, jeder hat seine eigene." Ähnlich verhält es sich mit pädagogischem Bla. Irgendeinen Namen muss das Kind ja haben.
    Aber mal ehrlich, die Planungsfrage "Was können die SuS am Ende der Stunde besser, bzw. sollten sie besser können?" sollte es doch in irgendeiner Form in Bayern geben????

    Quiet brain, or I'll stab you with a Q-Tip!

  • Was können die SuS am Ende der Stunde besser, bzw. sollten sie besser können?" sollte es doch in irgendeiner Form in Bayern geben????

    Klar gibt es in Bayern Lernziele. Die Stunde wird aber nicht um ein bestimmtes Lernziel herumkonstruiert. Sie wird an einem Inhalt aufgehängt und die Lernziele ergeben sich dann ganz natürlich, indem man sich überlegt, wie man die Kompetenzen im Lehrplan mit dem Stundeninhalt sinnvoll verbinden kann.


    @immergut: Danke für deine Mühen aber ich bekomme in meiner Ausbildung genug vom DZ mit. Ich wollte lediglich wissen, wie weit dieses ganze Konzept verbreitet und üblich ist.

  • Muahaha, die Realtität sieht auch anders aus, aber offiziell soll man von den Kompetenzen her denken. *würg*

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  • Klar gibt es in Bayern Lernziele. Die Stunde wird aber nicht um ein bestimmtes Lernziel herumkonstruiert. Sie wird an einem Inhalt aufgehängt und die Lernziele ergeben sich dann ganz natürlich, indem man sich überlegt, wie man die Kompetenzen im Lehrplan mit dem Stundeninhalt sinnvoll verbinden kann.


    Wenn du nicht vom Lernziel der Stunde ausgehst um die Stunde zu planen, wie behaelst du denn dann den Ueberblick darueber, was Schueler bei dir eigentlich lernen sollen? Man kann doch ne Stunde nicht angehen mit "Och, jetzt mach ich mal ne schoene Stunde ueber Blumentoepfe,...hm,...was koennt ich mir denn aus den Fingern saugen, was die Kinder nun dabei lernen koennten?"
    Erster Gedanke muesste doch eigentlich sein "Was sollen die Schueler am Ende der Stunde besser koennen als vorher?". Wenn das klar ist, dann kann man auch ne Stunde drum rum planen. Das ist ja nun nix Neues,...


  • Wenn du nicht vom Lernziel der Stunde ausgehst um die Stunde zu planen, wie behaelst du denn dann den Ueberblick darueber, was Schueler bei dir eigentlich lernen sollen?

    Indem du vom Thema her denkst. Du wirst dich wundern, wie viele Zielkompetenzen sich automatisch ergeben, die lehrplankonform sind, wenn du die Stunde am Blumentopf aufhängst.
    Außerdem geht es bei dem d. Zentrum nicht um Inhalt vs. Kompetenz, sondern vielmehr um ein übergeordnetes Lernziel dem alle anderen Lernziele der Stunde untergeordnet sind.


    meike: Ich stimme dir weitgehend zu. Ich hoffe nur, meine Ausbilder lesen hier nicht mit und erkennen mich.

  • Zitat gmg :

    Zitat

    Ich hoffe nur, meine Ausbilder lesen hier nicht mit und erkennen mich.

    Ganz schön angstbesetzt !
    Liegt es nur an Dir, oder werdet Ihr Refs alle überwacht ? Ist unser Schulsystem mittlerweile schon so DDRisiert, dass Referendare so etwas ähnliches wie eine Schulstasi fürchten müssen ? 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Ganz schön angstbesetzt !
    Liegt es nur an Dir, oder werdet Ihr Refs alle überwacht ? Ist unser Schulsystem mittlerweile schon so DDRisiert, dass Referendare so etwas ähnliches wie eine Schulstasi fürchten müssen ? 8_o_)


    Ich würde sagen, es ist die natürliche Paranoia, die einen als Referendar irgendwann überfällt. Mauern im Kopf sind doch so viel wirkungsvoller als echte Mauern...

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  • Ganz schön angstbesetzt !
    Liegt es nur an Dir, oder werdet Ihr Refs alle überwacht ? Ist unser Schulsystem mittlerweile schon so DDRisiert, dass Referendare so etwas ähnliches wie eine Schulstasi fürchten müssen ? 8_o_)

    Wieso? Das ist ein öffentlich einsehbares Forum, in dem ich zustimmend reagiere, wenn das heilige didaktische Zentrum meines Studienseminars als Begriff zum Bullshitbingo vorgeschlagen wird. Die wären bestimmt nicht begeistert.

  • ...wenn das heilige didaktische Zentrum meines Studienseminars als Begriff zum Bullshitbingo vorgeschlagen wird.


    Frag doch einfach mal nach 'ner Begriffsdefinition und einer belastbaren Quelle dazu.
    Wenn man übrigens "Didaktisches Zentrum" googled findet man erst an zehnter Stelle diesen Begriff im Zusammenhang mit Unterrichtszielen. Alle neun Suchtreffer davor verweisen auf Orte/Institutionen, die der Lehreraus-, fort- und -weiterbildung im weitesten Sinne dienen.
    Vielleicht haben die "Erfinder" dieses Begriffes einfach nur das falsche Zeug geraucht.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

    • Offizieller Beitrag

    Vielleicht haben die "Erfinder" dieses Begriffes einfach nur das falsche Zeug geraucht.


    Neiheiiiin, das macht es ja nun auch nicht besser - inzwischen wird dieser thread bestimmt schon an die obersten Behörden weitergemeldet.... 8)

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Neiheiiiin, das macht es ja nun auch nicht besser - inzwischen wird dieser thread bestimmt schon an die obersten Behörden weitergemeldet....


    Och komm... in den Seminaren sitzen die Alt-68er und in den obersten Behörden sollten die doch bei ihrem Marsch durch die Behörden auch schon angekommen sein. Insofern sehe ich nicht so das Problem. 8)

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.


  • Och komm... in den Seminaren sitzen die Alt-68er und in den obersten Behörden sollten die doch bei ihrem Marsch durch die Behörden auch schon angekommen sein. Insofern sehe ich nicht so das Problem. 8)


    Ich schon. Die übelsten Autokraten und intolerantesten Backstabber denen ich bislang begegnet bin, waren ganz regelmäßig Alt-68er. Und das ist ja auch kein Wunder - wenn man im Besitz der seligmachenden Wahrheit ist, müssen renitente Dissidenten rücksichtslos liquidiert werden.


    Nele

    Einmal editiert, zuletzt von neleabels ()

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