Klassenfahrt Realschüler, einige Eltern wollen nicht mitfahren lassen. Bezahlung ?

  • Hallo,
    meine neue Klasse ( 7. RS ) und ich werden im Mai eine Klassenfahrt durchführen .
    Leider ist es nun so, nach dem Halbjahr, dass einige Eltern ihre Kinder nicht mitfahren lassen möchten weil die schulischen Leistungen auf der Strecke geblieben sind ( 16 von 25 Schülern versetzungsgefährdet ) und auch die Disziplin in der Klasse sehr zu wünschen übrig lässt, es herrscht ein rauher Umgangston.
    Die Klasse habe ich nach dem HJ übernommen,weil die alte Klassenlehrerin auf unbestimmte Zeit erkrankt ist.


    Müssen die Eltern die Klassenfahrt bezahlen auch wenn die Kinder nicht mitfahren oder gibt es sowas wie ein Rücktrittsrecht ?
    Wie sollte ich denn jetzt den Eltern entgegnen ?


    Für Antworten wäre ich sehr dankbar.


    Julia

  • Grundsätzlich kannst du dich doch erstmal darüber freuen, dass die Eltern in deiner Klasse noch erzieherische Maßnahmen durchziehen. Ob es eher darum geht Kosten zu sparen, steht auf einem anderen Blatt. Könnt ihr vielleicht gemeinsam vereinbaren, dass die Klassenfahrt auf das kommende Schuljahr verschoben wird, unter der Bedingung, dass die schulischen Leistungen sich entsprechend verbessert haben? Das wäre mal ein Zeichen an die Klasse, das vielleicht auch den Zusammenhalt stärken könnte? (Andererseits könnte es auch noch schlimmer werden, wenn die schwachen/faulen Schüler den anderen die Klassenfahrt vermiesen). An der Förderschule würde ich ein bis zwei Stunden in der Woche freischaufeln, in der die Schüler sich gegenseitig bei ihren schulischen Problemen unterstützen sollen. Selbstverständlich mit Anleitung und Unterstützung meinerseits.
    Es könnte die Chance auf einen Neustart in der Klasse sein...


    Falls das alles für dich nicht in Frage kommt (was völlig ok wäre, ich spinne hier gerade etwas rum): zur rechtlichen Frage kann ich dir leider nix sagen :geschenk:

    Schöne Grüße,
    dzeneriffa



    Am Ende wird alles gut! Wenn´s noch nicht gut ist, dann ist es noch nicht das Ende =)

  • Zitat

    Müssen die Eltern die Klassenfahrt bezahlen auch wenn die Kinder nicht mitfahren oder gibt es sowas wie ein Rücktrittsrecht ?


    <Perfekte Welt>
    Da du natürlich (bzw. deine Vorgängerin) dir das hast schriftlich geben lassen(*), dass sie auch bei Nichtteilnahme zahlen - und die Eltern natürlich schon eine Anzahlung (in Höhe der Unterkunft und des Transports) geleistet haben, kannst du dich beruhigt zurücklehnen (auch wenn es ein wenig unangenehm wird, weil die Eltern zunächst versuchen werden, durch Druck eine Rückzahlung zu erwirken, z.B. indem sie fordern, dass die nun höhreren Kosten auf die umgelegt werden, die tatsächlich fahren. (Da gab es aber Gerichtsurteile, die diese "Umlage" als nicht zulässig angesehen haben. Wer aussteigt & nicht mitfährt, aber angemeldet war, der zahlt...)
    Aber da du die Eltern noch einmal an ihre Unterschrift (und die sowieso entstehenden Kosten) erinnerst, werden sie einsehen, dass eine Klassenfahrt pädagogisch sehr sinnvoll ist...
    Natürlich wirst du auch versuchen, die Rücktrittskosten gering zu halten, indem du die Unterkunft / Transportunternehmen jetzt schon informierst und so geringere Stornogebühren hast (falls sie überhaupt erhoben werden, da die Jugendherberge sicher noch jemanden anderes findet, der die übrig bleibenden Betten "übernimmt").


    (*) so etwa:

    Zitat

    Ich/wir verpflichte(n) mich/uns, die Kosten für diese Schulfahrt von voraussichtlich (unter Einschluss der Reiserücktrittsversicherung/der anteiligen Kontogebühren) von ____________________zu bezahlen
    Ich/wir verpflichte(n) mich/uns, entstehende Ausfallkosten bei Nichtteilnahme meiner/unserer Tochter/meines/unseres Sohnes zu tragen, sofern die Kosten nicht durch eine Reiserücktrittsversicherung gedeckt sind.


    </Perfekte Welt>


    Falls deine Vorgängerin die Unterschriften unter obiger Erklärung (so oder so ähnlich) nicht hat leisten lassen (oder sie dir nicht vorliegen und/oder du davon nichts weißt), dann ist es dringend an der Zeit, die Buchung zu prüfen / anzupassen (falls überhaupt machbar, manche Verträge entpuppen sich da als "unflexibel"...)
    Wie ist denn das in Sachsen: In manchen Bundesländern ist die Teilnahme an mehrtägigen Klassenfahrten Pflicht für SuS und Lehrkräfte. Auch bei euch?
    Und noch eine Frage zum BL Sachsen: In manchen Bundesländern werden Verträge für Klassenfahrten durch die Schulleitung unterschrieben (und man ist als Lehrkraft aus der Sache finanziell mehr oder weniger "raus" - es kümmert sich im Zweifelsfall evtl. die Rechtsabteilung...). Wird das in Sachsen auch so gehandhabt - und hat es deine Kollegin auch tatsächlich so durchgeführt?

  • Zitat laco :

    Zitat

    Leider ist es nun so, nach dem Halbjahr, dass einige Eltern ihre Kinder nicht mitfahren lassen möchten weil die schulischen Leistungen auf der Strecke geblieben sind ( 16 von 25 Schülern versetzungsgefährdet ) und auch die Disziplin in der Klasse sehr zu wünschen übrig lässt, es herrscht ein rauher Umgangston.

    Vernünftige Eltern, kann ich nur sagen !
    Ich persönlich würde so eine Klasse auch nicht mit einer Klassenfahrt belohnen und die Planung zunächst mal hinklatschen. Ein Kollege von uns hat neulich wegen o.g. Mängelpunkte vor den Augen seiner Klasse den Buchungsvertrag zerrissen und sie tüchtig auf den Pott gesetzt.


    Nun werden mal wieder die Kuschelpädagogen und Sozialträumer einwenden, dass gerade eine Klassenfahrt o.g. soziale Defizite beseitigen könnte. Als älterer Kollege, der kurz vor der Pension steht und jahrzehntelang Klassenfahrten unternommen hat, kann ich nur mitteilen, dass die Verbesserung der Sozialgemeinschaft durch eine Klassenfahrt überschätzt wird. Oft habe ich im Gegenteil erlebt, dass sich ungute soziale Strukturen in der Klasse weiter verfestigt haben und auch sehr oft die Leistungsbereitschaft danach eher nachgelassen hat.


    Kurzum : Ich fahre nur noch mit Klassen, die sich eine Klassenfahrt redlich verdient haben.


    Apropos Bezahlung : Bei uns wären etliche Klassenlehrer froh, wenn sie die Gelegenheit hätten, mit ihrer Klasse einzspringen und die Klassenfahrt kostenmäßig übernehmen zu dürfen. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    • Offizieller Beitrag

    Nun werden mal wieder die Kuschelpädagogen und Sozialträumer einwenden, dass gerade eine Klassenfahrt o.g. soziale Defizite beseitigen könnte.


    Ich muss sagen, dass ich auch von Jahr zu Jahr weniger von Sinn&Zweck dieser Veranstaltungen überzeugt bin. Ich erlebe den Nutzen (im Verhältnis zu den Kosten/der Arbeit/ dem Stress) einfach nicht so.


    Meine Beobachtung nach gehen auf einer Klassenfahrt genau so viele zwischenmenschliche Beziehungen kaputt, wie aufgebaut werden. Es gibt unsichere / schüchterne / introvertierte oder komplexbeladene Schüler, für die das enge Aufeinander die Hölle ist. Es gibt welche, die im Rahmen des schulischen Alltags ganz gut unter Kontrolle zu kriegen sind, die bei solchen Gelegenheiten aber völlig austicken und sich in eine ungünstigere Position begeben als sie vorher jemals innehatten. Es gibt Klassen, die hinterher gespaltener sind as vorher...


    Für die Kollegen ist es eine unglaublich, unfassbar anstrengende Angelegenheit, ich kenne überhaupt kaum Berufe, wo man 5 bis 8 Tage lang 24 Stunden im Dienst ist. Für Kollegen mit Kindern, pflegebedürftigen Eltern, Krankheiten usw ist es z.T .eine organisatorische Katastrophe.


    Wenn man wiederkommt, ist man so fertig, wie es sich nicht in Worte fassen lässt. Während man weg war, ist aber massenhaft Arbeit liegen geblieben. Die einem jetzt, wo man wirkich auf dem Zahnfleisch geht, um die Ohren fliegt!! Und zwar satt!


    Nä, ich bin kein Freund von Klassenfahrten. Und den wundersamen Nutzen, der die Monsterbackengruppe in eine Ansammlung akademisch begeisterter Lernfans verwandelt, habe ich noch nie, bei keinem Kollegen, in keiner Schule, gesehen....

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Meikes Ausführungen kann ich kaum noch etwas hinzufügen.
    Ich sehe es genau so!


    Nun fahre ich seit ein paar Jahren nicht mehr mit auf Fahrten, organisiere sie aber noch mit oder ganz durch - zumal, wenn
    es meine eigene Klasse ist.
    So habe ich dann gerade den Blick von außen auf das Geschehen, vor allem auf das Geschehen während der Fahrt, die
    ich nicht mit erlebt habe. ... --> 25 Jugendliche / Kinder kommen anders wieder, und selten ALLE positiv anders.
    Und da sehe ich es wie Meike: Für die Introvertierten ist das ständige Zusammensein, das Teilen von Raum und Zeit über
    Tage nur Anstrengung und Überforderung. ... Das merkt man ihnen an, wenn sie wieder zurück sind. Sie geben ihr Unwohlsein unumwunden zu und
    können diesen Fahrten kein positives Erleben abringen.
    Auch die Extrovertierten haben nicht immer ihren Spaß: neue "Freundschaften" werden geknüpft, wobei sich manchmal
    herausstellt, dass das Zusammensein auf der Fahrt eher eine Freundschaft im Sinne einer Zweckgemeinschaft
    produziert hat.


    Daher ist meiner Meinung nach gerade dieser Satz Meikes hervorzuheben:
    "Meine Beobachtung nach gehen auf einer Klassenfahrt genau so viele
    zwischenmenschliche Beziehungen kaputt, wie aufgebaut werden. Es gibt
    unsichere / schüchterne / introvertierte oder komplexbeladene Schüler,
    für die das enge Aufeinander die Hölle ist."

  • Und noch eine Frage zum BL Sachsen: In manchen Bundesländern werden Verträge für Klassenfahrten durch die Schulleitung unterschrieben (und man ist als Lehrkraft aus der Sache finanziell mehr oder weniger "raus" - es kümmert sich im Zweifelsfall evtl. die Rechtsabteilung...). Wird das in Sachsen auch so gehandhabt - und hat es deine Kollegin auch tatsächlich so durchgeführt?


    Welche "Rechtsabteilung" meinst du? Die der Landesschulbehörde? Und du glaubst, dass die anfängt bei säumigen Zahlern bei einer Klassenreise das Geld einzutreiben? Als ob die nicht besseres(?) zu tun hätten...


    Das Sinnvollste ist: Eine Anzahlung in Höhe der Stornogebühren des Reiseveranstalters verlangen. Wer die nicht leistet, fährt einfach nicht mit. Dem Geld "hinterherlaufen" ist erstens nicht die Aufgabe von Lehrkräften und zweitens: Woher weißt du, dass bei den säumigen Zahlern überhaupt etwas zu holen ist? Darauf sollte man sich gar nicht erst einlassen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Zitat Meike :

    Zitat

    Es gibt unsichere / schüchterne / introvertierte oder komplexbeladene Schüler, für die das enge Aufeinander die Hölle ist.

    Und meine Wahrnehmung in den letzten Jahren ist die, dass der Anteil der Schüler, für die das enge Aufeinanderhocken die Hölle darstellt, immer größer wird. Selbst etlichen halbwegs "normalen" Schülern fällt das "Kollektivleben" immer schwerer.-Wahrscheinlich der Preis dafür, dass die Kinder individualistischer erzogen werden als früher. Nur, wir kriegen das mit den Klassenfahrten nicht mehr hingebogen, was über das Sozialgemeinschaftsgekrampfe hinausgeht. Und, wir müssen auch anerkennen, dass die Schulklassen nur Zwangsgemeinschaften sind, in denen sich Individuen befinden, die an immer weniger Berührungspunkten menschlich und sozial anknüpfen könnten. 8_o_)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Ganz im Ernst? Ich rufe "Troll". Das ist eine Frage, die mir mein Direktor beantworten kann (und sich darum kümmert). Wenn ich allerdings ein Elternteil bin, das nicht bezahlen möchte, frage ich hier nach Rat und suche rechtliche Argumente gegen die lehrerin...

  • Zitat von Mikael

    Welche "Rechtsabteilung" meinst du? Die der Landesschulbehörde? Und du glaubst, dass die anfängt bei säumigen Zahlern bei einer Klassenreise das Geld einzutreiben?


    Nein, sicher nicht (habe ich das irgendwo geschrieben?).
    Aber wenn es einen rechtskräftigen Vertrag gibt, wird sich (z.B. bei Nichterfüllung desselbigen) ein Reiseanbieter an den Vertragspartner wenden. Und das ist besser nicht die Lehrkraft selbst...


    *Jazzy*: Hab ich auch schon gedacht... aber es gibt genug Kollegen, die die Antwort nicht kennen (auch hier im Fred...). Und nicht jeder spricht sofort seinen Direktor an.

    • Offizieller Beitrag

    Müssen die Eltern die Klassenfahrt bezahlen auch wenn die Kinder nicht mitfahren oder gibt es sowas wie ein Rücktrittsrecht ?
    Wie sollte ich denn jetzt den Eltern entgegnen ?


    Ich kenne das so, dass man - wenn man schon gebucht hat - den Eltern klar macht, dass sie die Stornokosten zu tagen haben.


    Wenn noch nicht gebucht war, würde ich mir wirklich das backup des Chefs holen, denn meist gibt es schulinterne Regelungen, wie mit Kindern, die bleiben, zu verfahren ist. Wenn viele nicht mitfahren, würde ich das Ding absagen.

  • Hallo, wenn ich eine Klassenfahrt buche, dann verlange ich vor der Buchung von allen Eltern eine verbindliche Zusage, in der sie versichern, die Kosten zu übernehmen. Für Krankheitsfälle gibt es eine Reiserücktrittsversicherung, für diese Fälle wie du sie schilderst gilt: Die Eltern müssen zahlen.
    Die Frage ist aber, ob du eine solche schriftliche Zusage von den Eltern hast. Falls nicht, wird es schwierig.
    Ich empfehle dir das Kapitel Klassenfahrt im Buch "Schulrecht"von Dr. Hoegg. Da findet man noch mehr nützliche Tipps.

  • Ich möchte noch erwähnen, dass ich beim Thema Klassenfahrt ganz andere Erfahrungen gemacht habe wie die hier geschilderten. Ich unterrichte an einer Hauptschule und beide Klassenfahrten waren für alle Beteiligten schöne Erlebnisse, von denen wir noch lange erzählt haben. Also, es ist nicht immer so, dass es eine "unglaublich, unfassbar anstrengende Angelegenheit" ist oder Kinder anders wiederkommen und "selten ALLE positiv anders".

  • Zitat Jazzy82 :

    Zitat

    Ganz im Ernst? Ich rufe "Troll". Das ist eine Frage, die mir mein Direktor beantworten kann (und sich darum kümmert). Wenn ich allerdings ein Elternteil bin, das nicht bezahlen möchte, frage ich hier nach Rat und suche rechtliche Argumente gegen die lehrerin...

    Das wäre ja ganz schön link und hinterlistig ! 8_o_)

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  • Ich finde, Maikes Beitrag bringt es sehr genau auf den Punkt.
    Vor allem das Argument, dass Klassenfahrten gerade für introvertierte Schüler und Außenseiter absolut traumatisch ist, kann ich nur unterstützen.

  • Zitat Mr.Griffin :

    Zitat

    Vor allem das Argument, dass Klassenfahrten gerade für introvertierte Schüler und Außenseiter absolut traumatisch ist, kann ich nur unterstützen.

    Ich finde es gut, dass auch diese negative Seite der Klassenfahrten hier Erwähnung findet. Ansonsten werden Klassenfahrten per se glorifiziert und die o.g. Probleme gerne unter dem Teppich gekehrt.-Und sowieso bin ich der Meinung, dass unsere gesamte Pädagogik und Schulsystem die o.g. introvertierten Schüler und Außenseiter zu wenig berücksichtigt. Würde man das tun, würden die Klassenfahrten viel kritischer betrachtet werden.


    Wenn ich mich an die eigene Schulzeit erinnere, ich war weder extrem introvertiert noch ein Außenseiter, kann ich rückblickend resümmieren, dass ich immer froh war, wenn die Klassenfahrten zu Ende waren. Ich empfand es auch eher als sozialen Stress und fand es nicht bereichernd, mit einer Zwangsgemeinschaft irgendwo hinfahren zu müssen.
    Anders und wesentlich positiver habe ich die Fahrten mit dem Sportverein oder Jugendorchester empfunden, weil man mit diesen (selbstgewählten) Sozialgruppen auf einer Wellenlänge war.


    Klassen sind Zwangsgemeinschaften ! Als Klassenlehrer haben wir schon viel erreicht, wenn die Schüler im Unterricht sich gegenseitig respektvoll und höflich behandeln. Mehr brauchen sie für die Arbeitswelt und Leben nicht. Später fahren unsere Schüler auch nicht mit jedem Arbeitskollegen für mehrere Tage irgendwo hin oder in den Urlaub. Und bei spätereren Fortbildungen hat jeder sein eigenes Zimmer und verbringt die Freizeit dann mit wem und wo man will. 8_o_)

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    Einmal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Ich verlange bei Klassenfahrten schon Monate zuvor einen unterschriebenen Vertrag und eine Anzahlung, die auf dem Klassenkonto gebunkert wird. Da stellt sich dann schnell heraus, wer nicht mitfahren will (oder kann). Bei den Schülern, die sich verweigern, kam dann nach mehrfachem Nachfragen im Einzelgespräch heraus, dass finanzielle Nöte in der Familie die Ursache sind - Alleinerziehende, Arbeitslose etc - teilweise von Eltern, die ich zuvor als wohl situiert kennen gelernt hatte.


    Nachdem ich die Eltern über die Fördermittel informiert und auch das Formular organisiert hatte, trudelten die Überweisungen von der Arbeitsverwaltung ein - und es gab ein paar glückliche Gesichter mehr im Klassenzimmer.


    Infos zum Bildungspaket:


    Basisinfo vom Familienministerium
    Anlaufstellen der einzelnen Bundesländer
    Weitere Infos und Links zu Formularen
    Autenrieths "Ferientipps"


    Da hier Stimmung gegen Klassenfahrten gemacht wird und die Sinnhaftigkeit in Frage gestellt wird, meine Gegenfrage:
    Woran erinnert ihr euch aus eurer Schulzeit? Welche Bilder werden bei Abschlussfeiern und Klassentreffen gezeigt?


    Auch wenn ich selbst danach in der Regel platt bin - und die Termine daher zwecks persönlicher Rekonvaleszenz gerne vor Ferienabschnitte lege: Ich finde, der Stress ist's wert.
    In dieser Zeit lernen die Schüler unheimlich viel. Das beginnt mit dem Zurechtfinden in einer U-Bahn und endet lange nicht damit, dass sie das erste Mal in ihrem Leben alte und neue Meister im Kunstmuseum oder die Produktion eines Autos in der Fabrik sehen.


    Ich pflege während der Klassenfahrt die Programmpunkte so eng zu setzen, dass die Schüler abends müde und geplättet sind. Das ist die erste Versicherung für ein paar Stunden Schlaf. Da geht es quer durchs Museum zur Fabrik und dann raus in den Wald zur nächsten Burg. Besonders am vorletzten Tag empfiehlt es sich, viel Bewegung, ein schmackhaftes, sättigendes Abendessen und viel Frischluft einzuplanen - ein Stadtspiel oder Freigang durch die Einkaufsmeile sind dabei nicht schlecht. Da bewegen sich die Schüler und man kann sich selbst als "Anlaufstelle für Notfälle" in einem Cafe postieren. Das gibt Kraft für den Lehrer, die letzte Nacht durchzustehen und müde Beine für die Schüler, die sich das vorgenommene letzte Aufbäumen wegen Mattigkeit dann nicht mehr zumuten. Dass ich aus Kostengründen öffentliche Verkehrsmittel verwende, habe ich abgestellt. Der erste Erholungsschritt ist für mich das Nickerchen im Bus nach Hause. 8)

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Zitat alias :

    Zitat

    Welche Bilder werden bei Abschlussfeiern und Klassentreffen gezeigt?

    Propagandabilder ala DDR, die die o.g. Probleme verschweigen und darüber hinwegbügeln. 8_o_)

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    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Da hier Stimmung gegen Klassenfahrten gemacht wird und die Sinnhaftigkeit in Frage gestellt wird, meine Gegenfrage:
    Woran erinnert ihr euch aus eurer Schulzeit? Welche Bilder werden bei Abschlussfeiern und Klassentreffen gezeigt?


    Du fragst, woran ich mich erinnere, wenn ich an meine Schulzeit denke? Grundschulzeit wenig, Mittelstufe ging mir auf den Keks (und ich den Lehrern/Eltern), Oberstufe: da war ich gern und gut - meine liebste Erinnerung ist der SV-Raum, in dem ich mir mit anderen die Köppe heiß diskutiert (und auch viel rumgelungert) habe und ein paar großartige Lehrer. Eine Konzertreihe, die wir selbst organisiert hatten, für krebskranke Kinder. Die hunderte Abende auf unserem "Hügel" (eine Kneipe mit kleinem, hügeligen Garten).


    Klassenfahrten? Eher nicht. In der 8., so erinnere ich mich dumpf, wurden einige beim Klauen erwischt und andere seilten sich nachts aus dem Fenster ab, es ging dann wochenlang darum, wer die zerstörte Bettwäsche und das Streichen der durch Fußspuren verunstalteten Hauswand übernimmt. Klassengemenschaft hatten wir keine - weder vorher noch hinterher.
    In der Oberstufe waren wir am Arsch der Welt in Schottland, ich erinnere mich an wenig Kultur (obwohl wir ein straffes Programm hatten), an einige ziemlich heftige Abende in der JuHe (Alk, Zoff und Strafen durch die Lehrer) und daran, dass ich mich mit meiner besten Freundin gestritten habe. Und dass es schweinekalt war.


    Das hat mein schulisches Leben echt nicht verändert.
    Es mag ja sein, dass andere andere Erlebnisse haten und noch ein Leben lang davon zehren. Ich kenne halt niemanden. Und es ermangelt mir nicht an Lehrerbekannten ;)


    Ehrlich alias, ich versuche hier nicht "Stimmung zu machen", ich schilderte meine Beobachtungen und mein Empfinden, und das der Kollegen, mit denen ich im Gespräch bin. Ich bin bestimmt nicht empirisch abschließend im Beseitz der ultimativen Wahrheit und beanspruche das auch nicht. Ich gebe zur zum Besten, was ich - nach einigen Jahren im Gesamtpersonalrat und somit im Gespräch mit einigen KollegInnen - als Muster wahrnehme. Und zunehmend als Problem für viele Kollegen.
    Und da ich nunmal derzeit personalrätlich intensiv tätig bin, ÖPR und GPR, komme ich eben häufig in Kontakt mit den stark Belasteten und denen, denen solche Aktionen zu viel werden, weil sie eben auch noch an anderen Ecken belastet sind, und da erschließt sich mir eben auch, was das bedeutet, wenn du nicht fit / nicht mehr jung und flexibel, nicht gesund, nicht im glücklichen Besitz einer reibungslos funktionierenden Familie oder nicht im Besitz einer perfekten Betreuungssituation bist. Und manche dieser Kollegen arbeiten in Kollegien, in denen Klassenfahrten als heilig betrachtet werden und die Belastung von allen verlangt wird, ganz gleich ob das bedeutet, dass zT absurde Situationen bezüglich Kinderbetreuung, Elternpflege, Gesundheit etc in Kauf genommen werden müssen. Ich finde, dass diese Belastungen im Vergleich zum Nutzen schon ein Problem darstellen, über das es sich zu sprechen lohnt.


    Dazu kommen die finanziellen Belastungen für die Eltern, die zB kurz über der Zuschussgrenze verdienen. Oder nicht so gern ihr Einkommen offen legen möchten.


    Und die Belastungen für die Kinder, die eben nicht klassenfahrtskompatibel sind. Die gibt es. Nicht wenig.


    Und ich persönlich - die das ja viele Jahre selbst immer im Glauben an das höhere pädagogische Gut schön mit Enthusiasmus durchgeführt hat, mache halt jetzt bei Kollegen immer häufiger Beobachtungen, die mich zweifeln lassen.


    Und einige persönliche Erfahrungen, die mich Kollegen, die dem sehr skeptisch gegenüber stehen, besser verstehen lassen. Meine Eltern sind alt und nicht (!) gesund. Ich bin nicht gerne eine Woche lang so weg, dass nicht den nächsten Flieger/Zug heim nehmen kann. Seit ich chronischen Rücken habe, weiß ich, was eine Woche JuHe - Bett und ohne Physio bedeuten kann. Ich zahle jede Studienfahrt mit drei - sechs Wochen Schmerzen und verstärkter Physio & Schmerzmitteln. Alles nicht lebensbedrohlich, alles noch in einem Rahmen, der mich bisher keine Fahrt absagen lassen hat, aber alles ewas, was mich zunehmend die Frage stellen lässt: ist es das wert?


    Dieses Jahr werde ich mal meine Abiturienten nachfragen, am allerletzten Tag, wie wichtig ihnen die Fahrt ist/war. So im Vergleich zum Rest. Bin gespannt.

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    Einmal editiert, zuletzt von Meike. ()

  • Nun - es hängt wohl von Schulart und Klassenstufe ab. Wir (Hauptschule) fahren in Klasse 7 und 9. In Klasse 6 war die Klasse heillos zerstritten, nach der Fahrt in Klasse 7 war es erträglich. Die Effekte waren spürbar und ich würde die Fahrt jederzeit wiederholen. Die Kollegen aus der Grundschule berichten von ihren Aktionen Ähnliches.
    Die Anspruchshaltung der höheren Klassen ist durchaus schwer zu ertragen. Da wird die Fahrt als Pflichtbespaßung und Orgapflicht des Lehrers gesehen. Falls meine 9er den Hintern jedoch nicht hochbekommen, lasse ich sie auflaufen. Ich kann die Bedenken von Meike etc. schon nachvollziehen - bleibe aber optimistisch.
    Die Kids sind es - trotz verschärfter Kotzbrockigkeit in diesem Alter -wert.
    Wir werden alle etwas lernen.Und so geht Schule.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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