Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Was würdet ihr mir raten?
Seit zwei Jahren bin ich Grundschullehrerin und bald muss ich mein erstes Übertrittszeugnis schreiben.Ich habe ein Dilemma.Bei mir in der Klasse gibt es ein Schüler,der zur Zeit in Mathematik und Deutsch einen Schnitt von 2,5 hat und in HSU auf 2,7 steht.Letztes Jahr in der dritten Klasse hatte er in diesen drei Hauptfächern jeweils eine drei gehabt.
Letzte Woche habe ich mit seinen Eltern bezüglich des Übertritts geredet.Natürlich wollen seine Eltern,dass er ins Gymnasium kommt und er selbst will das natürlich auch. Seine Mutter hat erwänt,dass das Kind regelmäßig zur Schülerhilfe geht.
Einerseits würde ich ihm aufgrund seiner Bemühungen belohnen und dem Jungen in Deutsch und Mathematik jeweils eine zwei geben und somit für ihn den Übertrittins Gymnasium ermöglichen.Andwrwrseits heißt das auch für mich,dass er für das Gymnasium noch nicht so weit ist,wenn das Kind schon in der Grundschule zur Schülerhilfe geht. Was meint ihr?
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Was sagt Eure Verordnung?
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In den Notenverordnung en steht ,dass der Gesammteindruck auch eine Rolle spielt und es nicht um reinrechnerisch,sondern um pädagogisches Runden gehe
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Manchmal steht ja in den Verordnungen auch, dass die vorherigen Noten mit einbezogen werden sollen.
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Als Referendar bekomme ich mit, was der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung alles anrichtet. Meine persönliche Meinung ist, dass die Noten des Schülers massiv zu schlecht sind für das Gymnasium. An das Gymnasium sollten die Einserschüler kommen. Wenn mal eine zwei dazwischen ist, okay. Aber massive Nachhilfe und dann solch ein schlechtes Grundschulzeugnis?
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wie ist denn dein Eindruck insgesamt vom Arbeitsverhalten des Jungen?
Du müsstest ja auch im Unterricht merken, ob er selbstständig arbeitet, denkt, ob er Transferleistungen erbringen kann.Knappe Zweien nur mit Nachhilfe in zwei Hauptfächern, da sind Probleme am Gymnasium vorprogrammiert, wenn die Fremdsprache und ein Jahr drauf die zweite Fremdsprache dazukommen.
Andererseits muss am Gymnasium (BY) bei Komma 5 die bessere Note gegeben werden.
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Bei Noten zwischen 2 und 3 in allen drei Hauptfächern schwankt das Kind ja sogar zwischen Gymnasium und Mittelschule. So aus der Ferne betrachtet, spricht da doch einiges für den Mittelweg... Aber schreibt ihr in den Wochen zwischen Osterferien und Übertrittszeugnis
keine Proben mehr, die zu einem klareren Ergebnis führen könnten?Bzgl. Schülerhilfe: Diese Information würde ich nicht in die Entscheidungsfindung einbeziehen. Es gibt etliche Eltern in Übertrittspanik, die ihrem Kind im großen Umfang selbst helfen oder Nachhilfe in Anspruch nehmen und das dem Lehrer niemals sagen würden, weil sie genau den Analogieschluss ("Oh, der hat das nicht alleine geschafft, also ist die Leistung schlechter zu werten!") befürchten. Insofern wissen wir bei keinem Kind sicher, wieviel Hilfe es denn nun wirklich hatte...
Außerdem gilt ja auch für Nachhilfe, dass das Kind eine gewisse Leistungsbereitschaft mitbringen muss, um davon profitieren zu können. Ansonsten nützt ja alles nichts. -
Bei mir in der Klasse gibt es ein Schüler
Seine Mutter hat erwänt
Einerseits würde ich ihm aufgrund seiner Bemühungen belohnen
In den Notenverordnung en steht
dass der Gesammteindruck
es nicht um reinrechnerisch
Komisches Deutsch für jemanden, der im Profil "Deutsch" als Unterrichtsfach angibt.
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Zumal ich als Lehrerin in Bayern nicht wüsste, wo und wie beim Übertritt pädagogische Noten gegeben werden sollten- das wäre für mich eine vollkommen neue Vorgehensweise (würde aber einiges, über das ich mir zur Zeit Fragen stelle, erklären...)
Und nein, ich will nicht zum xxxten Mal über den Sinn oder nicht Sinn von rechnerischen Noten diskutieren- es ist in Bayern so. -
Komisches Deutsch für jemanden, der im Profil "Deutsch" als Unterrichtsfach angibt.
Ich habe hier (auch?) eher den Verdacht, dass hier eine Mutter fragt ...
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Superwichtig ist eine schnelle Auffassungsgabe. Dass der Schüler mit herausfordernden Aufgaben halbwegs zurecht kommt, Sachverhalte begründen kann. Wer erst stundenlang Dinge auswendig lernen muss, ist auf dem Gymnasium falsch. Es geht ums Verstehen.
Ich würde trotzdem von einer Gymnasialempfehlung und dem "mal ein Auge zudrücken" absehen. Aus diesen Gründen:
1. Die Note 2 ist nicht stabil. Es ist eine wackelige 2 und vorher sogar "nur" eine 3. Das reicht nicht. Es müsste zumindest eine durchgängig gute Leistung für eine Gymmasialempfehlung vorhanden sein.
2. Die Anforderungen auf dem Gymnasium sind sehr hoch. Den Lehrern dort kann es egal sein, ob die Schüler mitkommen oder nicht. Wer versagt, bekommt eine 5 und muss die Schule verlassen. Da gibt es keine Extrawürste mehr. Wer es nicht rafft, hat Pech gehabt. (Sorry liebe Kollegen vom Gymnasium...)
3. Wenn ein Schulwechsel ansteht, gibt es keine Garantie auf eine Gesamt- oder Realschule zu kommen. Die sind meist ziemlich voll. Es gab schon Fälle, bei denen die Schüler dann auf eine Hauptschule mussten. (Weiß nicht, wie es in Bayern ist.)
4. Das Selbstvertrauen und das Vertrauen in ihre Leistungsfähigkeit wird enorm angegriffen, wenn die Schüler auf dem Gymnasium "scheitern" und dort durchweg bescheidene Noten bekommen. Das müssen sie sich später mühsam wieder erkämpfen.
5. (Für NRW:) Auf einer Gesamtschule (keine Ahnung wie es in der Mittelschule ist...) kann man auch ein Abitur machen - allerdings nach 13 Jahren. Es bleibt also ein Schuljahr mehr Zeit.
Außerdem kommt dazu diese Erfahrung:
Vor kurzem gab es einen Lehrersprechtag. Da wurde besprochen, wie sich meine Schüler aus dem letzten Durchgang, in der weiterführenden Schule schlagen. 2 Schülerinnen hatten eine reine Realschulempfehlung - auch keine Einschränkung für das Gymnasium. Die Eltern haben alle Argumente ignoriert, die Schülerinnen nicht am Gymnasium anzumelden. Es musste unbedingt diese Schule sein. Ich würde den Schülerinnen keine Chance geben, die Schüler entwickeln sich noch, bla bla. Letztendlich habe ich nicht mehr machen können als zu sagen: "Bitte - wenn es denn so sein soll, machen sie es. Ich würde es nicht tun. Eine Gymnasialempfehlung gebe ich dennoch nicht. Vielleicht werden sie ja angenommen. Sie übernehmen nachher die Verantwortung, wenn es nicht klappen sollte."Die beiden gingen dort hin und nach einem halben Jahr hatten sie in allen Hauptfächern eine 5. Der Kollege aus dem Gymnasium verwies noch - zurecht - auf die Lehrpläne. Alles läuft nach dem Vogel-friss-oder-stirb-Prinzip. Kleinere Lücken können mit Sicherheit gestopft werden, mehr geht nicht.
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Ich meine, es kommt auf mehr als auf die Noten an. Hat das Kind Spaß am Lernen-beschäftigt es sich gerne mit Dingen nur deswegen, weil man denn Kopf dabei braucht? Ich meine das Gymnasium vermittelt halt viel abstraktes Wissen, weniger konkretes. Da ist es schon wichtig, dass man sich gerne mit Dingen hintergründig beschäftigt, Fragen stellt, neugierig ist, liest. Viele Kinder entwickeln das ja auch erst ein wenig später...
Es gibt-auch in Bayern den Elternwille- dann darf das Kind trotzdem auf Probe auf s Gymnasium. Ich würde das nicht am Schnitt festmachen, sondern am Lernverhalten des Kindes. Wenn ein Kind schon in der Grundschule Nachhilfe braucht, oder eine ständige Überwachung, weil es von alleine nichts macht, wenn ein Kind in der Grundschule schon keinen Spaß an schulischen Themen hat und "lernen" muss, damit es in den Sachfächern mitkommt, tut man ihm meines Erachtens keinen Gefallen mit einer Schulform, die wirklich viel Arbeitswillen und geistiges Engagment von den Kindern abverlangt.
Umso mehr Wissen einen sichtbaren Alltagsbezug hat, desto leichter lernen die Kinder, weil sie da mehr Vorwissen haben. Sich mit Bodenbeschaffenheiten von Island zu beschäftigen, Antigones Lebensgeschichte zu übersetzen oder ähnliche ferne Dinge-das ist einfach echt nur was für Kinder, die dem Anstrengen der Gehirnzellen was abgewinnen können, ohne ein direktes Ergebnis zu haben.
Es gibt viele Wege zum Abitur-
Lupa
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Komisches Deutsch für jemanden, der im Profil "Deutsch" als Unterrichtsfach angibt.
... und Mahte ...
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Andererseits muss am Gymnasium (BY) bei Komma 5 die bessere Note gegeben werden.
Hm, also in Bayern am Gymnasium ist das nicht so. Das mag eine hausinterne Regelung sein; bindend wäre sie nicht. Die Zeugnisnote legt die Klassenkonferenz fest, auf Basis der Noten der Lehrkraft und deren Vorschlags.
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In den Notenverordnung en steht ,dass der Gesammteindruck auch eine Rolle spielt und es nicht um reinrechnerisch,sondern um pädagogisches Runden gehe
Klingt vernünftig. Aber den Gesamteindruck wirst du wohl eher haben, als wir hier.
Pausi
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Was bitte sind "Notenverordnungen"? Da hätte ich dann doch mal gerne ein Zitat draus...
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Was bitte sind "Notenverordnungen"? Da hätte ich dann doch mal gerne ein Zitat draus...
Korrekt nennt sich das in Ba-Wü:
Verordnung des Kultusministeriums über die Notenbildung (Notenbildungsverordnung , NVO)Zentrale Sätze daraus
Zitat
Vormemerkungen
...Dem tragen die nachfolgenden Regelungen zur Notenbildung dadurch Rechnung, daß sie sich auf ein Mindestmaß beschränken und insbesondere regeln, worauf im Interesse der Chancengerechtigkeit der Schüler nicht verzichtet werden kann. Dies erfordert andererseits, daß der Lehrer seinen pädagogischen Beurteilungsspielraum, den er im Interesse des Schülers hat, verantwortungsvoll nutzt.....
undZitat
&7(2)
(2) Die Bildung der Note in einem Unterrichtsfach ist eine pädagogisch-fachliche Gesamtwertung der vom Schüler im Beurteilungszeitraum erbrachten Leistungen.Daraus - und besonders aus dem zentralen Gleichbehandlungsgrundsatz - ergibt sich, dass das ein Wissen um den Besuch eines Schülers in der Schülerhilfe niemals in die Bewertung einfließen darf. Vom einem Schüler erfährt man das per Zufall, vom anderen nicht.
Zudem implizieren diese (vernünftigen) Sätze, dass die Note nicht durch eine eine Nachkommarundung entsteht.
BTW: Den Besuch der Schülerhilfe könnte man auch als postitives Argument für den Übertritt ans Gymnasium werten: Immerhin zeigt dies, dass die Eltern dieses Kind nach Kräften unterstützen - und er/sie es durch diese Unterstützung zum Abitur schaffen könnte. Die pädagogische Glaskugel ist sowieso noch nicht entwickelt - und dies ist mit ein Grund, weshalb in Ba-Wü die Grundschulempfehlung abgeschafft wurde.Welchen Effekt letztlich die Schülerhilfe an den Leistungen des Schülers hat, wäre empirisch wohl nur sauber feststellbar, falls man ihn (und weitere) davon abkoppelt, bzw. andere Schüler in einer 'Placebo'-Gruppe 'behandelt' und die Entwicklung beobachtet.
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