lehrer werden ohne abitur?

  • hallo,
    ich hatte mich schon mal kurz vorgestellt, aber gehe davon aus, dass viele meinen eintrag noch nicht gelesen haben, deshalb hier mein hintergrund (den ich teilweise auch noch nicht erwaehnt hatte):
    ich habe in deutschland waehrend der 11. klasse die schule aus familiaeren gruenden abgebrochen. ich habe dann ca 2-3 jahre spaeter in australien ein 'university preparation programme' abgeliefert, um ein studium anfangen zu koennen. nach einem jahr soziologie & anthropologie in australien habe ich dann zu geographie in england gewechselt (dort interessierte es auch niemand, dass ich kein abi habe).
    ich ueberlege nun, mich fuer ein PGCE (englische lehrerausbildung) zu bewerben, wofuer ich auch kein abitur brauche. meine frage ist jetzt, falls ich irgendwann mal wieder nach deutschland kommen sollte (das waere dann als qualifizierter grundschullehrer mit berufserfahrung), wuerde es da noch jmd interessieren, dass ich kein abitur habe? stattdessen habe ich einen guten bis sehr guten bachelor (stellt sich in den naechsten monaten raus) plus eben das PGCE.


    es wuerde mich sehr interessieren, ob euer abitur noch eine rolle gespielt hat, wenn es um vorstellungsgespraeche etc ging?


    vielen lieben dank!

    • Offizieller Beitrag

    Für Einstellungen in Deutschland gibt es den Einstellungserlass der jeweiligen Bundesländer. Da steht genau drin, wer unter welchen Umständen eingestellt werden kann. In Hessen zumindes ist es so, dass Menschen ohne deutsches Lehramt nur eingestellt werden könnnen, wenn absoluter Lehrermangel in dem gesuchten Fach herrscht und auf der Rangliste niemand zu finden ist und sich auch auf die schulbezogenen Ausschreibungen keiner bewirbt.


    In diesem Fall können, so der hessische Einstellungserlass, dann auch Menschen mit "Magister/Diplom oder vergleichbarem Hochschulabschluss" als Angestellte befristet eingestellt werden. Planstellen gibt es in manchen Schulformen über Quereinsteigerverfahren, die jeweils wieder extra geregelt sind.


    Du musst dann deine Bewerbungsmappen und Lebenslauf abgeben, und ja, da kommt die schul- und akademische Laufbahn zur Sprache. Ob das fehlende Abitur dann ein Ausschlusskriterium ist oder der ausländische Abschluss anerkannt wird, hängt von den Regeungen des jeweiligen Bundeslandes ab. Ausländische Lehramtsprüfungen bedürfen vor einer Einstellung der Anerkennung im Rahmen der entsprechenden Vereinbarungen der Kultusministerkonferenz, in manchen BL muss man dann eine Zusatzprüfung machen, in manchen einen sogenannten Anpassungslehrgang über ein Jahr oder mehr.


    Einfach so nach Vorstellungsgespräch auf einer Planstelle eingestellt wird man jedenfalls nicht. Die Vorgaben sind komplex.


    Du kannst dich hier einlesen: http://www.kmk.org/bildung-sch…nung-der-abschluesse.html und dann brauchst du noch die Einstellungserlasse der jeweiligen Länder.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Ich stimme Callum zu. Nachdem im GS-Bereich in Deutschland eher ein Überangebot an Absolventen vorhanden ist, sehe ich die Chancen als sehr gering an.
    Du könntest eine Montessori- oder Waldorf-Ausbildung draufsatteln und es dann in einer Privatschule versuchen. Vielleicht sind auch die Chancen in der Schweiz besser - dort entscheiden die Kommunen über die Einstellung.

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • In der Schweiz entscheiden nicht die Kommunen über die Einstellung, sondern die Schule selbst.


    @Spoke: Falls die Schweiz für Dich in Frage käme gibt es hier sogar ein Programm für berufserfahrene Personen (ohne Abitur/Matura!) auf Sekundarstufe I. Konkret heisst das, dass an den Sekundarschulen ein derartiger Lehermangel herrscht, dass praktisch jeder genommen wird, der gewillt ist und ein bisschen was kann. Hast Du ausser Geographie noch irgendeine fachwissenschaftliche Ausbildung? Könntest Du z. B. Mathe unterrichten? Dann wärst Du hier der King ;)

  • In der Schweiz entscheiden nicht die Kommunen über die Einstellung, sondern die Schule selbst.

    Kommt drauf an, wo man sucht 8_o_) .
    In den grösseren Städten ist das zwar so, wie Du beschreibst, aber im ländlichen Bereich vielerorts anders. Selbst dort, wo es die "geleitete Schule" gibt (und der Schulleiter somit über die Neueinstellungen entscheiden könnte), existieren z.T. noch Schulpflegen bzw. ist die Entscheidung über Ausschreibungen/Neueinstellungen in die Schul-/Bildungskommission der Gemeinde ausgelagert und man muss sich dort "vorstellen" (in meinem Wohnort - Nordwestschweiz - bsp.weise ist das so).


    Aber auch in der Schweiz ist es nicht so, dass es einen einheitlichen Bedarf an Seiteneinstiegs-Lehrpersonal gibt. Und eigentlich braucht man immer noch die Anerkennung der EDK, wenn man bzgl. Bezahlung mit den ausgebildeten Schweizer Lehrern gleichgestellt sein will.
    Nicht vernachlässigt werden sollte ausserdem, dass die Schweiz mehrsprachig ist und da es für die meisten deutschen Lehrer/innen ungewohnt ist, ihre Fächer in französischer oder italienischer Sprache zu unterrichten, fünf Kantone komplett und vier Kantone (grössten)teils herausfallen. Andere (Halb)Kantone sind so winzig, dass sie nur ca. 10 Sekundarschulen (7. - 9. Klasse), ein Gymnasium und eine Berufsschule haben (Appenzell-Ausserrhoden z.B.) - also auch nicht so das Stellen-Eldorado. In den Berg-Kantonen unterrichtet man z.T. in Mini-Schulen, die ausschliesslich im Mehrklassen-System unterrichten (z.B. 1. - 6. Primarschulklasse zusammen) und in denen eine Lehrperson alle Fächer unterrichtet - nicht jedermanns Sache. Und es ist oft üblich, dort im Dorf zu wohnen (schon aus praktischen Gründen, weil die Wege besonders im Winter doch länger sind), was für jemanden, der sich nach der Schule gern abgrenzen möchte, auch schwierig ist (dafür "gilt der Lehrer" dort noch was :thumbup:


    EDIT: Ausgangsposting nochmals genau gelesen: Es geht ja um Primarschulen und für diese Schulform ist es "leider" in den meisten Regionen der Schweiz so, dass sie gut mit Lehrpersonen ausgestattet sind. Ich arbeite an einer PH am Institut, das Vor- und Primarschullehrpersonen ausbildet und kriege daher gut mit, wie viele Bewerbungen die Studierenden/Absolventen schreiben müssen, damit sie eine Stelle bekommen; vielerorts wird inzwischen auch eine heilpädagogische Zusatzqualifikation verlangt. Die EDK ist aber die richtige Anlaufstelle, was vor allem die Fächerkombi der Threadstarterin betrifft - als Minimum gilt, dass man in fünf Unterrichtsfächern ausgebildet sein muss. Da Geografie nur ein Spektrum des natur/geistes/sozialwissenschaftlichen Unterrichts in der Primarstufe ist (Mensch&Umwelt, Natur-Mensch-Mitwelt und wie das deutsche Fach Sachunterricht noch so heisst), wird es eng.


    LG, das_kaddl.

  • Bei educajob sind derzeit über 500 Stellen im Primarbereich ausgeschrieben, die meisten davon im deutschsprachigen Raum. Ich sag mal so ... die Ballungsgebiete sind ja nun mal Zürich, Basel, Bern und da gibt es viele Schulen mit vielen Möglichkeiten. Man muss eigentlich immer nur ein bisschen flexibel sein. In der Romandie und im Ticino darf man doch eh nur Unterricht geben, wenn man ein Sprachzeugnis auf mind. C1-Niveau beibrigen kann. Aber andererseits habe ich den Primarbereich tatsächlich nicht so im Blick, da ich ja selber Sek II studiere. Im Sek I Bereich bekommt man's aber wirklich hinterher geschmissen. Ich kenne Leute, die haben eigentlich mal Biologie studiert und werden an der Sekundarschule geradezu dazu genötigt, auch noch Handarbeiten zu unterrichten, weil sie vielleicht ein bisschen stricken können. Deswegen frag ich ja, ob Spoeke möglicherweise noch weitere fachwissenschaftliche Qualifikationen als Geographie zu bieten hat. Ein grosser Pluspunkt ist ganz sicher, dass sie (so nehme ich an) sehr gut Englisch spricht und somit z. B. Immersionsunterricht geben könnte.


    Ist schon klar, dass man langfristig die EDK-Anerkennung braucht. Aber die Möglichkeiten sind sehr gut, sich schon mal eine Stelle, beispielsweise in Vertretung, zu suchen, quasi mit dem Versprechen, dass man sich um die Anerkennung kümmern wird. Sobald die dann da ist, oder man ggf. in der Schweiz noch berufsbegleitend eine entsprechende Ausbildung gemacht hat, spricht einer Festanstellung bei vollem Gehalt nichts mehr entgegen. Das Gehalt ist im Übrigen eh so gut, dass ein bisschen Abzug am Anfang gar nicht weh tut.


    Übrigens finde ich 10 Sekschulen in Ausserrohden schon ziemlich viel, wenn man mal bedenkt, dass der Kanton eh nur 53000 Einwohner hat ;) Man muss doch immer im Blick behalten, dass die ganze Schweiz ja kleiner ist, als das Bundesland Bayern z. B. und trotzdem stehen die Chancen für uns Lehrer sehr viel besser.


    Es ist ja auch nur ein Vorschlag an Spoeke. Nicht jeder will in die Schweiz (zum Glück!), aber trotzdem darf gesagt werden, dass hier in den Lehrberufen einiges sehr viel unkomplizierter zugeht, als in Deutschland.

  • Wo du sehr gute Chancen haben könntest, sind bilinguale Schulen in Deutschland, die oftmals Privatschulen sind.
    Eine Freundin arbeitet in Köln an solch einer Grundschule. Dort kommen 50% der Kollegen aus dem Ausland und sind native Speaker.


    An den staatlichen Grundschulen wird es eher schwierig werden eine Stelle zu bekommen, wie die Anderen schon geschrieben haben.

  • Bei educajob sind derzeit über 500 Stellen im Primarbereich ausgeschrieben, die meisten davon im deutschsprachigen Raum.

    ... davon nur 180 Vollzeitstellen 8_o_) . Es sind mehrheitlich Stellen für das neue Schuljahr und wenn ich die Absolventenzahlen der Primarlehrerausbildung anschaue (Gesamtschweiz 2011: ca. 2.000), dann sieht es selbst nach Abzug von ca. 500 Personen (Absolventen der anderen Sprachregionen, Aufbaustudiengänge/andere Berufsorientierung etc.) nicht sehr rosig aus. Wie oben geschrieben: ich bekomme die Stellensituation im Bereich Vorschul/Primarstufe über unsere Studierenden gut mit und im Vergleich mit 2005 (seitdem arbeite ich an der PH) ist es wirklich GANZ anders (damals waren die Absolventenzahlen in der Gesamtschweiz auch um fast 40% niedriger). Werbezüge durch Deutschland für Primarlehrer gibt es schon lange nicht mehr.


    Mit Englisch als Unterrichtsfach sehen die Chancen ggf. auch im Primarschulbereich besser aus; z.B. im Kanton Aargau ist die 1. Fremdsprache seit einigen Jahren Englisch und der Bedarf an Englisch-Lehrern mit Ausbildung auf Primarstufe ist hoch. Alle Studierenden, die bei uns an der PH Englisch als Unterrichtsfach gewählt haben und den Schritt in den Aargau oder nach Zürich nicht scheuten 8_o_) , haben dort eine Stelle bekommen.


    Ist schon klar, dass man langfristig die EDK-Anerkennung braucht. Aber die Möglichkeiten sind sehr gut, sich schon mal eine Stelle, beispielsweise in Vertretung, zu suchen, quasi mit dem Versprechen, dass man sich um die Anerkennung kümmern wird.

    Ich kenne Schulen, in denen das für eine Festeinstellung langte und die Anerkennung in Vergessenheit geriet :whistling: .

    dass hier in den Lehrberufen einiges sehr viel unkomplizierter zugeht, als in Deutschland.

    Da stimme ich Dir voll und ganz zu! Und auch Deine Einschätzung vom Sek1-Bedarf teile ich vollkommen; in meinem Wohnort fiel gestern für die gesamte Sek1 (7. - 9., jeweils doppelzügig) der Unterricht aus, weil alle Lehrer erkrankt und keine Stellvertretungen zu bekommen waren... :rolleyes:

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