Hallo an alle.
Aus aktuellem Anlass würde ich gerne mit Euch einmal über Anspruch und (befürchtete) Wirklichkeit der in NRW derzeit in der Planung befindlichen Primus-Schule diskutieren. Primus steht hier für "Primar- und Sekundarschule" und soll eine Schule sein, die die Klassen 1-10 umfasst und dort auch alle innerhalb dieser Zeit üblichen Abschlüsse gewährleisten. Derzeit verschicken die Kommunen, die eine solche Schule gerne genehmigt haben wollen (maximal 15 Versuchsschulen), Briefe an die Eltern, deren Kinder zum Zeitpuntk des avisierten Beginns dieser Schulen eingeschult werden.
Wer sich unabhängig darüber informieren möchte, kann das hier tun.
Kernpunkte dieser Primus-Schule sollen sein, dass im Extremfall Kinder von Förderschul- bis Hochbegabtenniveau (sic!) nebeneinander in Klassen von maximal 25 Schülern unterrichtet werden sollen. Bis Klasse 8 sollen keine Ziffernnoten gegeben werden, der Übergang in andere Schulformen soll aber angeblich jederzeit möglich sein.
Es werden zusätzliche Mittel für Fortbildungen etc. zur Verfügung gestellt, es unterrichten aber letztlich Primar- und Sek I-Lehrer, sowie im Idealfall auch Gymnasiallehrer an dieser Schule. Fairerweise wird die Pflichtstundenzahl immerhin für alle Lehrer dort auf 25,5 Stunden reduziert.
Meine Meinung dazu:
- Es ist ein weiterer Schulversuch, bei dem kleine Menschen als Versuchsobjekte für die Grundsatzdiskussion herhalten müssen, die seit Jahren in dieser Republik toben. Dies gibt das Ministerium auch relativ offen zu. Aufgrund meiner Erfahrungen mit dem Beginn von G8 stehe ich solchen Versuchen mehr als skeptisch gegenüber. Es gab zu Beginn der G8-Reform von den gängigen Verlagen noch keine Lehrwerke, die diesen Bildungsgang unterstützt hätten. Das ist alles erst mit ein- bis zweijähriger Verspätung eingeführt worden.
Und gibt es überhaupt EIN Lehrwerk, das die ganze Bandbreite an Leistungsniveaus abdecken kann?
- Gerade in kleineren Kommunen führt die Einführung einer solchen Schule jedoch dazu, dass ggf. etablierte Grundschulen und Hauptschulen geschlossen werden und man indirekt in seiner Schulwahl deutlich von außen gesteuert wird.
- Ich habe bisher kein schlüssiges Konzept gesehen, in dem diese Bandbreite an unterschiedlichen Leistungs- und Begabungsniveaus glaubwürdig und nachweislich gelungen ist oder zumindest auf dem Papier gelingen kann.
Wenn es dem Unterricht an den jetzigen Schulformen in den bereits vorselektierten Klassen nicht möglich ist, die ganze Bandbreite an Leistungsniveaus zu berücksichtigen und alle Schüler entsprechend zu fördern, wie soll das dann gelingen, wenn man beide Extremwerte abdecken möchte? Ich habe derzeit 27 Schüler in meiner Klasse. Die angebliche maximale Klaseengröße der Primus-Schule von 25 ist davon nicht so weit entfernt. Und gleichzeitig ist dieser Wert auch der Minimalwert, so werden für drei Züge 75 Interessenten, für zwei Züge 50 Interessenten benötigt.
Wie seht Ihr das?
Gruß
Bolzbold