• Hallo liebe Kollegen,


    ich schreibe hier, weil ich momentan ziemlich ratlos bin und hoffe, dass ihr mir helfen könnt oder zumindest mal eure Einschätzung der Lage darlegen könnt.
    Ich habe 2012 mein Referendariat in Berlin beendet und habe mit zwei Nebenfächern (Ethik (= Werte und Normen/Praktische Philosophie/LER/...) und Sozialkunde (= Politik/Gemeinschaftskunde/...) sofort eine unbefristete Stelle als angestellte Lehrerin bekommen. Schon immer wollte ich gern Englisch oder Deutsch unterrichten, aber der NC war zu hoch, darum habe ich gedacht, ich studier erstmal zuende, um dann eines der beiden Fächer evtl. noch nachzuholen. Momentan unterrichte ich beide Fächer fachfremd, will aber ab Februar einen einjährigen Kurs zur Vorbereitung aufs Cambridge Exam und daran anschließend ein dreijähriges berufsbegleitendes Studium in Englisch besuchen, um auch die Fakultas für das Fach zu erlangen. Damit hätte ich dann in vier Jahren, so alles gut geht, drei Fächer, von denen eines, zumindest nach heutigen Maßstäben, Mangelfach ist. Das berufsbegleitende Studium ist zwar in Planung, nur wenn man an BER denkt, weiß man auch, dass in der Berliner Politik vieles versprochen und vieles nicht gehalten wird. Und am Ende dauert es noch 5 Jahre, bis es diesen Weiterbildungsstudiengang gibt... :-/


    Eigentlich war der Plan, das so durchzuziehen, um dann 2017 etwa zurück in heimische Gefilde und aufs Land zu ziehen. Nun sind ja in Berlin bekanntlich die Bedingungen für Lehrer nicht so bombig. Keine Verbeamtung von Berliner Lehrern, das ohnehin schon (langfristig) niedrigere Gehalt angestellter Lehrer soll gekürzt werden (diese Woche wird gestreikt), die AZK werden gestrichen, schwierige Schülerklientel (ich arbeite an einer sehr anstrengenden Brennpunkt-HS), etc. Der Plan, dass wir (mein Freund und ich) in einigen Jahren zurück wollen, steht eigentlich. Meine Frage ist nun, angesichts der Berliner Bildungspolitik und meinen nicht so gefragten Fächern und der unsicheren Englisch-Planung: Sollte ich mich zum Sommer schon versuchen wegzubewerben und wenn ich eine Verbeamtungsstelle in Nds. oder NRW bekomme, nehme ich an? Momentan ist ja noch Lehrermangel in Nds. Ich hatte zum August 2012 mehrere Angebote von dort, weil aufs Land einfach keiner will. In NRW kann man sich ja mit der Bedingung bewerben, an einem Zertifikatskurs für ein Mangelfach (z.B. Englicsh) teilzunehmen und erhält dann höhere Chancen. Und Englisch wollte ich ja sowieso gern nachholen!


    Ich bin zum August noch nicht gegangen, weil mein Freund erst dieses Jahr fertig wird mit seinem Studium, zum August könnten wir Berlin verlassen. Wir wollen nur eigentlich gern noch hierbleiben. Wenn wir noch 4 Jahre warteten, ist das dann fahrlässig? Werden die freien Lehrerstellen in Nds und NRW bis dahin mit Lehrern aufgefüllt sein? Es handelt sich um die Sekundarstufe 1, also Haupt-/Realschule. Bei Gym und Grundeschule ist es ja nochmal schwerer, aber ist es auch bei Sek 1 so, dass ich bald kaum noch Chancen in den genannten Bundesländern habe?


    Danke fürs Lesen :)

  • Also ich würde mich so schnell wie möglich auf eine Stelle bewerben und zwar dort, wo ich hin will. Warum man freiwillig noch ein weiteres Fach studiert, wenn man wo anders eine gut bezahlte Beamtenstelle haben kann verstehe ich nur begrenzt.
    Ich würde sagen: Wenn du unbedingt aus Interesse noch ein neues Fach studieren möchtest, dann tu' das. Wenn dir das wichtiger ist als eine Beamtenstelle, dann warte noch ein paar Jahre, bevor du dich weg bewirbst.


    Wenn es euch aber wichtig ist, mit Sicherheit in ein paar Jahren am Wunschort feste Stellen zu haben, dann würde ich mich jetzt darauf bewerben.


    Kurzum: Du musst erstmal Prioritäten setzen, was du eigentlich willst: Noch vier Jahre Berlin? Anderes Fach? Beamtenstelle in der Heimat? Was dir davon am wichtigsten ist, kannst nur du wissen...

  • Danke für deine Antwort.


    Zu "Warum man freiwillig noch ein weiteres Fach studiert, wenn man wo anders eine gut bezahlte Beamtenstelle haben kann verstehe ich nur begrenzt. "
    Naja zunächst mal, weil es mir Spaß macht, Englisch zu unterrichten. Mehr als Sozialkunde. Wichtiger als eine Beamtenstelle - schwierig.


    Dann möchte ich langfristig wieder zurück aufs Land, aber momentan fühle ich mich hier im Großstadtdschungel noch sehr wohl. Ich sammle halt hier an der Schule auch viele Erfahrungen und werde ob der anstrengenden Schülerschaft auch immer besser und ich denke, dass mir das langfristig zugute kommen wird. Dann habe ich hier die Fachbereichsleitung Ethik, was mir Riesenspaß macht und noch eine weitere Position inne, die ich sehr spannend finde.


    Es wird wohl trotzdem kein Weg an einer Bewerbung zum Sommer vorbei führen und wenn ich eine Stelle bekomme, muss ich zusagen. Denn ob in vier Jahren in Nds. und NRW die Chancen noch genauso stehen, kann mir ja niemand sagen leider...

  • Dann hast du es dir ja schon selbst beantwortet.


    Meistens kommt man an Schulen schneller an neue Positionen, als einem lieb ist, auch wenn ich dich verstehen kann, dass du ungern gehst, da du interessante Aufgaben hast. Wie gesagt, wenn du aus Spaß an der Freude noch ein Fach machen willst, dann verstehe ich das, habe ja selbst drei Fächer, momentan könnte ich mir den Weg zurück an die Uni nicht mehr vorstellen, aber wenn man seine Traumfächer am Anfang nicht gleich nehmen konnte, ist das bestimmt was anderes...

  • Vielleicht schreibe ich hier auch einfach nur, um nochmal von Außenstehenden die Bestätigung zu bekommen, dass es die cleverere Entscheidung ist. Ich wohne seit 5 Jahren in Berlin und fühle mich hier in meinem "Kiez" sehr wohl. Und zuhause ist halt eher spießig-konservativ, aber da sind halt Familie, Freunde... Daher war es für mich immer ein Kompromiss zu sagen, ein paar Jährchen noch hier auskosten und dann evtl zurück. Jetzt passiert irgendwie alles im Zeitraffer und das ist zuviel für mich :-/

Werbung