Faust I in der Elften

  • Hi!Ich lese gerade den Faust in meiner Elften und suche originelle Ideen, um ihn meinen Schülern irgendwie ein bisschen näher zu bringen. Hat jemand vielleicht gute Einfälle? Ich fürchte, ich stehe mir da selber im Weg, weil auch ich (noch) nicht wirklich begeistert, sondern nur interessiert bin.
    LG Flavia

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,
    was für Ideen hattest du denn bereits? Hast du den Faust in deiner Laufbahn nicht bereits gelesen? Du wirst dich ja wohl schon mal im Vorfeld mit dem Thema auseinandergesetzt haben? Einfach mal so ins Blaue hineinfragen, ist wenig effizient.
    Liebe Grüße,
    Hermine

  • ...du hast doch germanistik studiert. lies dich ein bisschen in die gängige einführungsliteratur ein, dann sollte sich die frage von alleine beantworten. oder schau mal ins schulbuch. oder lies den text nochmal - zitate ohne ende, die man sowieso kennt und prima als einstieg nutzen kann. was hast du denn bisher für ideen?

  • Auch ich weiß nicht recht, wie ich dir helfen soll. Um deine Frage zu beantworten, müsste man ja hier schon seine ganze Reihenplanung darstellen - dafür bin ich zu faul. Ich finde nicht, dass ein Germanistikstudium einen automatisch befähigt, Schülern "Faust" gut zu vermitteln, ein Schulbuch enthält meist viele Themen und keines in der Tiefe, die Materialien zum "Faust" sind sehr langweilig...Trotzdem wäre es gut, wenn du mal sagen würdest, an welcher Szene du hängst, was du schon gemacht hast und was noch kommt...Ansonsten ist die Fragestellung leider so offen, dass sich hier kaum sinnvolle Antworten wiederfinden werden.

  • Worum geht es in Faust I?
    Es geht um die Erkenntnis der Welt ("...was die Welt im Innersten zusammenhält") und damit auch um ein Stück Weltanschauung und es geht um das, was wir heute im weitesten Sinne mit Technikfolgenabschätzung beschreiben ("Die Geister, die ich rief...").
    Da werden sich wohl einige interessante Ansätze finden lassen.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • "Die Geister, die ich rief..." - das ist aber Goethes "Zauberlehrling" und nicht der Faust, die Folge von Technik ist nun auch nicht gerade der Kern der Fausttragödie, die Erkenntnisproblematik gibt viel her, aber wer glaubt, dass man damit nun mal eben einfach eine motivierende Faust-Einheit gestaltet, hat Faust noch nie unterrichtet. Das Werk hat es gerade für schwächere Schüler in sich, sie müssen ja erst einmal den Text verstehen, bevor man zu tollen Gegenwartbezügen kommen kann, und je jünger die Schüler (Stichwort: Klasse 11), desto schwerer wird das. Das Problem des Textverständnisses stellt sich in jeder Szene aufs neue (bei Gretchen wird es dann aber besser), weswegen man immer wieder überlegen muss, wie man es anstellt, dass die Schüler gerne am Ball bleiben. Gerade in einem schwächeren Grundkurs kann das schwierig sein. Trotzdem unterrichte ich ihn gerne, auch wegen seiner Aktualität, das ist aber auch das Ergebnis von 10 Jahren Faust-non-stop. Wenn Flavia also mal sagen könnte, an welcher Stelle sie konkret ist, könnte man ihr auch helfen.

  • Ja, ich sehe ein, dass meine Frage vielleicht etwas zu allgemein formuliert war! Klar habe ich Germanistik studiert und natürlich habe ich auch den Faust schon mal mit einem Kurs gelesen, ich verwende auch Sekundärliteratur zu Interpretation, und Schulbücher besitze ich auch, die ich schon durchkämmt habe.
    Mein Problem ist, dass ich einen sehr braven, aber nicht besonders leistungsstarken, eher durchschnittlich guten Kurs unterrichte, in dem die Schüler/innen willig alles mitschreiben, aber mir gelingt es nur schwer, einen persönlichen Bezug herzustellen zwischen den Schülern und dieser Lektüre. Mir fehlt (noch) ihre "innere Beteiligung", die ich bei "Maria Stuart" teilweise erreicht hatte.
    Ich bin noch am Anfang der Besprechung, gerade mal beim Prolog, und will mit dem Kurs nur ein paar Szenen lesen und interpretieren, nachdem sie das Ganze in den Ferien alleine lesen sollten. Ausgewählt habe ich "Nacht" (z.T.), "Studierzimmer II", "Garten", "Wald und Höhle", evtl. "Trüber Tag" und natürlich "Kerker".
    Es stimmt, President, die Materialien zum "Faust" sind oft langweilig, enthalten wenige kreative Vorschläge. Deshalb suche ich Anregungen, wie ich einen Einstieg in die Themen der verschiedenen Szenen finden kann, sodass die Schüler einen direkten Bezug zwischen sich selber und dem Inhalt herstellen können, um dann vor diesem Hintergrund den jeweiligen Faust-Ausschnitt zu interpretieren und zu verstehen.
    Ich finde auch, dass es schwierig ist, den Schülern den Gedanken der Welterkenntnis näher zu bringen, wenn ihnen im Leben solche Inhalte wie facebook oder das neue Handy oder vielleicht auch die Suche nach Möglichkeiten der eigenen Zukunftsgestaltung wichtiger und näher sind. Ist ja auch verständlich. Oder denke ich da zu kompliziert und solllt mich lieber damit begnügen, dass die meisten den Faust gelesen haben und so grob im Ansatz nachvollziehen können, dass es ein wesentliches Werk der deutschen Literatur ist?

    • Offizieller Beitrag

    Mal ein paar Ideen in den Raum geworfen, die meinen Schülern recht gut gefallen haben- aber sich nicht für jede Szene gleichgut eignen:
    -Filmszenen angucken und überlegen, welche aktuellen Schauspieler für welche Rollen geeignet wären und warum.
    - Szenen in moderne (Umgangs-)sprache oder Dialekt umschreiben lassen
    - Bühnenbilder zu den Szenen entwerfen lassen und die Wahl begründen lassen. -
    - eine Figur (Mephisto, Faust, Gretchen usw) wird um ein Interview in einer Schülerzeitung gebeten.
    - Gerade bei den für den Schüler so langweiligen Gedicht bzw. Liedszenen:
    Die Texte mit verschiedenem Rhythmus und verschiedenem Tonfall lesen lassen- evtl. auch mit Bewegungen.
    Im Übrigen behandle ich auch gerade den Faust und fand vor allem als Einstieg den Fragenbogen in "EinFachDeutsch" sehr interessant.
    Im Moment sind wir bei "Marthes Garten" und inzwischen finden meine Schüler schon einige Parallelen zu ihrer Lebenswelt wie z.B. "Wie haltet ihr es mit der Religion?"
    "Gibt es noch andere "Gretchenfragen" in eurem Leben?"


    Liebe Grüße,
    Hermine

    • Offizieller Beitrag

    Hermine hat recht: oft kann man, wenn es keinen konkreten Gegenwartsbezug gibt oder dieser (noch) nicht für die Schüler erkennbar ist, über die Methoden der Erarbeitung gute Bezugspunkte zu ihnen/ihrer Gedankenwelt setzen.


    Grundsätzlich kann man bei Literatur immer


    - die Frage stellen, ob und wie die Gefühlslage/die Zwickmühle, in der sich ein Charakter befindet, einem bekannt ist (durch Briefe, Monologe vorm Spiegel, Rollenspiele bei denen die Figur beim Psychologen auf die Couch gelegt wird, Filmadaptionen (fiktiv (selbst gescriptet) oder tatsächlich) usw


    - einen Kommentar zum Verhalten einer Figur abgeben (indem sich die Nachbarn auf der Treppe über ihn unterhalten, indem man ein psychiatrisches Gutachten verfasst, indem man die ersten Eindrücke, die er/sie hinterlässt auf einem "Opinionometer" bewerten lässt, indem man Interviews zu/über/mit ihm führen lässt oder indem man eine facebook-page zu/über/von ihm/ihr kreieren lässt - uvm.


    - die Verhältnisse, in denen eine Figur agiert, analysieren, indem man Touristen einer Pauschalzeitreise der Firma LiteraTOURS durch kompetente Reiseführer des Kurses durch die Gegend (Zeit/Ort/politiische und soziale Umstände) führen lässt, oder einen kleinen guide für Touristen und Zeitreisende entwirft, online oder offline oder ein Werbeprospekt für diese Epoche oder einen Filmbeitrag dazu im Stile des Auslanfsjournals oder ...oder...oder.


    Bisher hat sich bei mir auch der lahmste Kurs in die schwerste Lektüre gefunden, wenn es einen Analyseauftrag gibt, der nicht in drei Leitfragen besteht, sondern am Ende ein etwas komplexeres Produkt stand, das man mit diversen Hilfsmitteln und einigem an Gehirnschmalz anzufertigen hatte.



  • Das klingt alles sehr interessant - aber ich hätte gar nicht die Zeit dafür, das mit den Schülern zu machen, glaube ich. Das Programm ist mit den Vorgaben immer so dicht ...

  • Aktenklammer: So geht es mir auch, zumindest bei größeren Unterfangen in dieser Art, leider.
    Flavia: Gerade in der Gelehrtentragödie eignen sich die filmischen Versionen sehr gut, lass die Schüler ein eigenes Bühnebild kreieren, das zum Inhalt passen soll und mit den Verfilmungen vergleichen, analysiere mit ihnen Fausts "Krankheitsbild", erarbeite mit ihnen seinen Selbstmordwunsch und die Gründe dafür im Vergleich zu anderen Selbstmödern, lass sie den Pakt aufsetzen, Wald und Höhle eignet sich für eine klassische Analyse, arbeite mit Sekundärtexten und lass sie mit dieser Szene vergleichen, betrachte die Szene Kerker vor dem Hintergrund der Kindsmordthematik, lass die Schüler Kontaktantzeigen von Faust und Gretchen schreiben und sie im Vergleich feststellen, ob die beiden zueinander passen. So viel ganz spontan...

  • Ich bin begeistert von euren Vorschlägen! Vielen, vielen Dank - so etwas hatte ich mir gewünscht! Mal sehen, womit ich beginne :-)!

  • Heute habe ich meinen Kurs zum Prolog ein Bühnenbild entwerfen lassen, eher auf die Schnelle, weil nicht so viel Zeit war - aber es hat sich gelohnt! Es kamen tolle Ideen, vor allem auch von Schülern, die sonst eher Probleme mit dem Text haben!
    Nächste Woche werde ich mal die Idee mit den Kontaktanzeigen und vor allem die facebook-Seite in Angriff nehmen! Ich freu ich schon darauf! Aber auch die Pauschalreise-Idee und das Treppengesüpräch faszinieren mich besonders!
    LG!

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