Täuschungsversuch Englisch Oberstufe NRW

  • Hallo zusammen,


    zu meiner großen Freude wurde in einer Klausur zu Shakespeares sonnet 18 die Analyseaufgabe komplett aus dem Internet abgeschrieben (zwar Einzelnes etwas verändert, aber es stammt alles aus einem Internetartikel).


    Klar ist mir, dass es für diese Aufgabe schon mal auf gar keinen Fall Punkte gibt.


    Aufgabe 1 und 3 scheinen eigenständig bearbeitet worden zu sein, auch wenn in Aufgabe 3 ein, zwei Formulierungen auftauchen, die ich so ähnlich in thematisch verwandten Webseiten gefunden habe, aber nicht genug, um das wirklich zu belegen.


    Die Frage, die ich mir zum einen stelle, ist ab wann man von einem "umfangreichen Täuschungsversuch" sprechen kann (APO-GOSt für G8, §13, Absatz 6 b), wonach ich dann ja die gesamte Arbeit mit ungenügend bewerten dürfte.
    Anschlussfrage, wenn ich das nicht darf, wie verfahre ich mit der Bewertung der Sprache für Aufgabe 1 und 3? Wie gewichte ich das anteilig?


    Ich werde das Ganze natürlich mit Kollegen und Beratungslehrern besprechen (evtl auch Schulleiter, da es hier wohl auch um die Zulassung zum Abi geht), aber ein paar Erfahrungswerte, Tipps und Ideen fände ich ganz hilfreich für mich.


    Danke schon mal!


    Lieben Gruß
    Katta


    nachtrag: Vielleicht ist es für Fachfremde/NRW-Fremde hilfreich zu wissen, dass die Aufgabe 2 normalerweise die meisten Punkte kriegt (Verhältnis: 16 - 24 - 20)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Wir (NRW) hatten letztes Jahr den Fall, dass in einer Deutschklausur 1:1 aus dem Netz kopiert wurde, ich weiß aber leider nicht, ob die Arbeit aus einer Aufgabe oder mehreren bestand. Der Kolelge hat alles markiert, was nicht von der Schülerin stammte, das war nach Rücksprache mit der SL eine 6, die Zulassung zum Abi war damit erledigt.


    Ich würde bei solchen Angelegenheiten immer alle wichtigen Personen der Schule einbinden, denn das birgt ja ziemlichen Konfliktstoff.

  • Ich habe dazu mal eine (vielleicht etwas naive Frage): Wie kann es sein, dass Klausuren, die doch unter Aufsicht in der Schule geschrieben werden, aus dem Internet "abgeschrieben" werden können? Das erschließt sich mir gerade überhaupt nicht. Die SuS wissen doch vorher nicht, welche Textstelle sie zur Analyse vorgelegt bekommen. Haben sie dann "auf gut Glück" irgendwelche Texte aus dem Internet auswendig gelernt?

  • Sicherheit gegen Täuschungsversuche kann man schon durch eine geeignete Fragestellung gewinnen, die jenseits der üblichen (aus den Hilfen bekannten) Aufgaben liegt - wenn man das so strickt, dass kopierte oder auswändig gelernte Texte aus den verfügbaren Materialien nicht helfen, hat man schon viel Täuschungspotential im Vorfeld ausgehebelt.


    Vielleicht könntest du den Wortlaut deiner Analyseaufgabe hier mal posten? So könnte man vielleicht für zukünftige Klausuraufgaben über eine bessere Strategie nachdenken?


    Nele

  • Bei diesem Täuschungsumfang würde ich auch eine 6 für angemessen und durchsetzbar halten.


    Viel interessanter finde ich allerdings die Frage, wie es bei einer beaufsichtigten Arbeit überhaupt möglich sein kann, einen seitenlangen Text 1 zu 1 aus dem Netz zu übernehmen, selbst wenn der Schüler ein Internethandy dabei hatte, muss er ja das Ding immer noch eine halbe Stunde lang in der Hand gehabt oder im Sichtbereich liegen lassen haben.


    Edit: Finchen war schneller, ich lasse meine Frage aber trotzdem mal stehen.

  • Ich habe dazu mal eine (vielleicht etwas naive Frage): Wie kann es sein, dass Klausuren, die doch unter Aufsicht in der Schule geschrieben werden, aus dem Internet "abgeschrieben" werden können? Das erschließt sich mir gerade überhaupt nicht. Die SuS wissen doch vorher nicht, welche Textstelle sie zur Analyse vorgelegt bekommen. Haben sie dann "auf gut Glück" irgendwelche Texte aus dem Internet auswendig gelernt?


    Da gibt es immer Möglichkeiten - selbst bei einer erzwungenen Handy-Abgabe können z.B. Zweithandys eingeschmuggelt werden etc.


    Nele

  • Hallo und danke schon mal für die Anregungen!


    Wie genau der Schüler seitenweise abschreiben konnte ist mir auch nicht ganz klar, es war ein Nachschreiber, ich habe die Aufsicht nicht geführt. Die mitunter eigenartigen Lücken im Text lassen evtl darauf schließen, dass er es evtl doch hin und wieder kurz in die Hosentasche steckte oder ähnliches, keine Ahnung.


    Ich gestehe, dass ich ab dem Zeitpunkt, ab dem mir klar war, dass es abgeschrieben ist, nicht mehr genau auf den Inhalt geachtet (nur noch auf Textgleichheit), aber vom groben Überblick war schon ersichtlich, dass vieles nicht zur Fragestellung passte bzw. hat er wohl im Versuch, dass die Täuschung nicht auffliegt, einiges ausgelassen - meistens genau das, was die Analyse gewesen wäre bzw. hat er teilweise sinnentstellend umgeschrieben/gekürzt.


    Was die Aufgabenstellung angeht, es war halt ein Sonett von Shakespeare, das zu analysieren war (Form, Inhalt und rhetorische Mittel in Verbindung setzen und Bezug zu typischen Elisabethanischen Konzepten herstellen) - wie man das groß anders formulieren kann, wüsste ich jetzt nicht. Vermutlich hätte ich ein deutlich abwegigeres Sonett nehmen müssen (wobei - ich habe noch nicht gesucht, aber ich gehe mal davon aus, dass inzwischen vermutlich jedes Sonett analysiert worden ist), aber da der Schüler so viel gefehlt hat und vieles im Unterricht nicht mitgekriegt hat, wollte ich jetzt auch kein zu schweres Gedicht aussuchen, er sollte ja eigentlich schon eine faire Chance haben...schön blöd...

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Aufgabenstellung:
    Analyse the form and stylistic devices employed by the author with regard to their function also taking typical Elizabethan/ Shakespearean ideas or concept into consideration.


    Wie formuliert ihr denn Analyseaufgaben bei Gedichten?
    Ich versuche ja, so weit möglich/ bekannt, auf mögliche Schwerpunkte des Abiturs vorzubereiten.

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Viel interessanter finde ich allerdings die Frage, wie es bei einer beaufsichtigten Arbeit überhaupt möglich sein kann, einen seitenlangen Text 1 zu 1 aus dem Netz zu übernehmen


    Das geht, weil Kollegen unterschiedlich streng bzw. sorgfältig Aufsicht führen, ihre Augen auch bei Sorgalt nicht immer überall haben können und weil Klausuren zum Teil mit einer knapp dreistelligen Teilnehmerzahl in der Aula geschrieben werden, wo dann nur 1 Person Aufsicht führt. Jedenfalls ist das bei uns leider so.

  • Da gibt's viele Möglichkeiten. Meist haben sie Vorbereitetes zwischen ihr Konzeptpapier gelegt. (Denn nur im Abitur bekommen sie schuleigenes Konzeptpapier ausgeteilt.) / Das abgegebene Handy ist nicht ihr aktuelles / Sie haben einen Textlieferer auf die Toilette bestellt. Und und und.


    Da Klausuren inhaltliche UND sprachliche Eigenleistung sein müssen, muss man für die plagiierten Teile alle sprachlichen Punkte abziehen.
    Und vor allem: immer vor Klausuren das Thema ansprechen. Vergisst man leider oft ...
    Gruß,
    putzi

    "I think it would be a great idea." (Mohandas Karamchand Gandhi when asked what he thought of western civilization)

  • Zitat

    Meist haben sie Vorbereitetes zwischen ihr Konzeptpapier gelegt.

    Aus dem Grund lasse ich mir von Klassen am Jahresanfang leere Hefte abgeben (eins pro zwei Schüler reicht für das ganze Jahr), die ich auftrenne und für zusammen mit den Aufgabenblättern der Klassenarbeiten verteile.
    Somit entfällt auch das nervige "Hat jemand noch ein Blatt für mich?" während der Klausur.


    Zum Thema: Ich würde eine 6 geben. Das ist ja nicht einfach eine Kleinigkeit, sondern ein erheblicher (und klar nachweisbarer) Verstoß.

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