Dyskalkulie bei 17jähriger

  • Eine entfernte Bekannte hat mich um Rat gebeten. Ihre Tochter ist mit 17 auf Dyskalkulie getestet worden. Sie rechnet auf dem Niveau einer Drittklässlerin. Deswegen hat sich die Mutter an mich gewandt. Leider habe ich nicht sehr viel Erfahrungen mit Dyskalkulie. Könnt ihr Literatur oder Übungsmaterialien empehlen?
    LG Ines

  • Wenn sie sicher auf dem Niveau einer Drittklässlerin rechnet, glaube ich nicht, dass sie eine dyskalkulie hat. Das klingt eher nach einem enormen mathedefizit oder sind bei ihr die typischen rechenschwäche Fehler aufgetreten?

  • Hallo Ines,


    ich finde auch, dass es schon ein sehr heftiges Defizit ist.
    Weisst Du, was sie kann? Also welcher Zahlenraum, welche Rechenoperationen sicher undundund? Ich habe ganz gute Literatur zu diesem Thema. Selbst habe ich sie noch nicht ganz durchgelesen, aber die Grunddinger schon verstanden. WEnn Du etwas über ihre Kopetenzen erzählst, könnte ich Dir evtl ein paar Tipps geben.

  • In diesem hohen Alter darf man keine Zeit verlieren - von daher würde ich mich dringend an ein Institut mit Erfahrung wenden.
    Es gibt eines, das heißt "mathematisch lerntherapeutisches Zentrum" - damit wurden gute Erfahrungen gemacht.
    Vielleicht können sie dir dort Empfehlungen geben, falls es zu weit von deinem Wohnort entfernt ist.


    http://www.mlz-dortmund.de/page16/page16.html


    http://www.rechenschwaeche.org/



    Es ist kaum zu glauben, dass es erst in diesem hohen Alter festgestellt wurde, doch habe ich schon häufiger davon gehört....
    flip

  • An der Rütli-Schule ging man doch bei den 6. und 7.-Klässlern konsequent in den Zahlenraum bis 20 zurück... holte die Kinder dort ab, wo sie standen, statt mit dem "Lehrplan" weiterzumachen und plötzlich lief es. Bei einer 17-jährigen kann man natürlich keine Grundschulmaterialien mit Clowns, Zauberern und Marienkäfern verwenden, aber inhaltlich knüpfe man dort an. Und kleine überschaubare Ziele setzen! Nicht von Wurzelziehen und Binomischen Formeln sprechen.


    Quereinsteigende Schüler frage ich immer, was sie schon können. Meist wissen sie es selbst nicht so genau und ich gehe den Lehrplan durch: Ziffern schreiben? Kannst du. (Meist wird hier gelacht und die Augen verdreht, weils ja so einfach sei... aber ich bleibe völlig neutral, wertfrei.) Ok, bis 20 zählen? Wie weit kannst du zählen? Rückwärts? Kannst du + Rechnen?... Schreib mal eine Aufgabe, die du rechnen kannst. Denke dir selbst eine aus. ...Hey, ich kann nicht in dein Gehirn reingucken, ich versuche herauszufinden, was du schon kannst, damit wir da weitermachen können. Und sie merken dann, dass sie doch schon so einiges können. "Ja, aber die anderen können das und das..." Dann frage ich nach Hobbys. Irgendwas kann jeder gut. Ist mit Sicherheit ein Hobby dabei, von dem ich keine Ahnung habe...


    Und den Schüler nicht aufgeben!! Sonst geht in seinem Gehirn die Gießkanne der Begeisterung an über das erwartete "Sag ich doch, ich bin zu blöd!" Und sich über kleinste Erfolge freuen!!! Riesig freuen!!

  • Hallo Ines,


    ich habe im Sek I / II Bereich gelegentlich mit Eltern zu tun, die mir sagen, ihre Kinder hätten Dyskalkulie.
    Nur in sehr wenigen Fällen waren die Eltern auch bereit, ihr Kind auf Dyskalkulie testen zu lassen.
    Nur bei einem der Kinder (bisher 5 getestete in 10 Dienstjahren) wurde die Diagnose Dyskalkulie bisher bestätigt. (Der Test wurde hier http://www.fit4school.de durchgeführt).


    Mich würde interessieren, wer / welche Institution den Test mit welchem / welchen Testverfahren durchgeführt hat.
    'Übliche' Mathematik-Leistungstests der Schulpsychologen (DEMAT, Eggenberger Rechentest, Heidelberger Rechentest,...) sind fast ausschließlich auf Grundschulniveau abgestimmt und auch nur für diesen Normiert. (Soll heißen:Mit einem solchen Test kann ich nicht feststellen, ob eine 17jährige auf Drittklässler-Niveau rechnet).
    Außerdem können diese Tests zwar Leistungsdefizite im Bereich Mathematik aufzeigen, die Diagnose "Dyskalkulie" ist damit aber nicht möglich.


    Dyskalkulietest wie der OTZ (Osnabrücker Test zur Zahlbegriffsentwicklung), ZAREKI, BADYS (Bamberger Dyskalkuliediagnostik)... sind auch nur bis Klasse 6 einsetzbar.


    (Mein Wissen dazu stammt überwiegende aus Landerl/Kaufmann, Dyskalkulie, UTB-Verlag, München 2008. Vielleicht hat sich da in den letzten Jahren was getan?)


    Ich denke, die testende Institution sollte auch bezüglich einer Therapie und geeigneter Übungsmaterialien befragt werden.


    Gruß
    Trambolubi

    • Offizieller Beitrag

    Falls sich wer wundert, wo die restlichen Beiträge aus diesem Thread hin verschwunden sind: Sie wurden auf Wunsch der Schreiberin in einen Extrathread ausgelagert.
    Worin unterscheiden sich Förderschullehrer von Regelschullehrern?

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

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