1. Klasse Hänseleien

  • Liebe Kollegen,


    ich habe zum ersten Mal eine 1. Klasse (bin frisch aus dem Ref und eigentlich Gymnasiallehrerin) und bin mit folgender Situation etwas überfordert: Es häufen sich Aussagen der Eltern, dass ihre Kinder gehänselt werden und sie nicht mehr gern zur Schule gehen. Es sind wohl vor allem leistungsstarke Kinder, die die anderen als "blöd" usw. hinstellen. Ich selbst habe es aber noch nie gehört und bin zumindest in der Schulzeit sehr viel in der Klasse.
    Wir haben in der Klassenkonferenz schon darüber gesprochen und einen Vertrag geschlossen. Ich habe aber das Gefühl, dass es nicht zu einer Verhaltensänderung führt. Nun suche ich ein Buch, wo sich zum Beispiel Tiere in einer solchen Situation befinden. Oder habt ihr andere Ideen? Elternabend, um die Eltern zu sensibilisieren? Was kann ich noch tun?
    Danke für eure Ratschläge!

  • Nun suche ich ein Buch, wo sich zum Beispiel Tiere in einer solchen Situation befinden.


    Warum? Wenn ihr schon relativ offen darüber gesprochen habt ("einen Vertrag geschlossen"), glaubst du dann, dass es Sinn macht, noch einmal auf diese symbolisch-metaphorische Ebene zurückzukehren?


    Wie sieht denn der Vertrag konkret aus? Was wurde darin beschlossen? Waren alle einverstanden? Was passiert bei Nichteinhaltung?


    Und wie sehen die betroffenen Schüler das selbst? Ist es wirklich so ein vehementes Problem für sie? Oder kommt das fast nur von den Eltern?


    Und: Warum unterrichtest du als Gymnasiallehrerin eine erste Klasse?

  • Also, ich würde das Thema nochmal generell mit der Klasse besprechen. Der Schwerpunkt sollte dann darauf liegen, dass jeder etwas anderes gut kann, dass jeder Fehler machen darf und dass die Kinder sich gegenseitig helfen können. Falls ich das kleinste Anzeichen sehen oder hören würde, würde ich sofort intervenieren. Wenn Zeit ist, würde ich mir die Kinder, die angeblich beleidigt wurden heranziehen und sie befragen. Aber auch stark machen und ihnen sagen, was sie gut können, damit sie wieder Selbstbewusstsein bekommen. Ich würde ihnen deutlich machen, dass sie sofort zu mir kommen sollen, wenn sie noch einmal beschimpft werden.


    Ein Buch als Ausgangspunkt für ein Gespräch mit der Klasse zu nehmen, finde ich sinnvoll. Leider kann ich dir gerade keinen guten Tipp geben. Im Unterricht würde ich auch mal eine Partner- oder Gruppenarbeit einschieben, damit die Kinder gezwungen sind, miteinander zu arbeiten. Als Lehrerin müsstest du auch die schwächeren Kinder loben. Bei mir gibt es "Königskinder". Das werden Kinder, die anderen Schülern geholfen haben oder die freundlich miteinander umgegangen sind. Die "Königskinder" dürfen an diesem Tag beliebte Aufgaben übernehmen. Blätter verteilen, den Kakaokasten holen, wegbringen und die Kakaos verteilen, etc.


    Es ist wichtig, im Unterricht zu differenzieren. Jeder Schüler sollte ein Erfolgserlebnis haben und etwas leisten können. Die Schüler sollten daran gewöhnt werden, dass jeder an etwas unterschiedlichem arbeitet. Zwischendurch würde ich ein kooperatives Spiel einfließen lassen. Die Kinder bekommen eine Aufgabe, die sie nur bewältigen können, wenn alle zusammen arbeiten. Z.B. ein abgewandeltes "Reise nach Jerusalem", wo zwar immer ein Stuhl weggestellt wird, aber alle Kinder zusammenrücken müssen und einen Platz finden müssen.

  • Hallo!
    "Irgendwie anders" kann ich auch nur empfehlen, das hab ich auch schon mal mit einer 1. Klasse gemacht. Oder "Elmar", da geht es auch um das anders sein und ausgeschlossen werden und auch um hänseln und auslachen. Ist perfekt für eine 1. Klasse und es gibt viel Material dazu.
    LG und viel Erfolg!
    PAJ

  • In dem Buch "Bei Stopp ist Schluss" ist die Geschichte von "Elo, der Elefant" drin. Diese Geschichte zielt auch in die Richtung, sich nicht hänseln zu lassen und sich dahingehend "ein dickes Fell" zuzulegen. Wäre auch gut nach Irgendwie anders einsetzbar.

  • Ich danke für eure Anregungen und werde mir die Bücher besorgen.
    Ich unterrichte an der GS, weil Sachsen nicht genügend GS- Lehrer hat. Um überhaupt eine Anstellung zu bekommen, habe ich mich darauf eingelassen und komme auch gut zurecht. (Bis auf solche Sachen... Aber das ist in größeren Klassen ja auch ein Thema. )
    Ja, ich habe deutlich gemacht, dass jeder andere Stärken hat, alle anders aussehen usw. Alle haben eingesehen, dass es nicht schön ist, geärgert zu werden und dem Vertrag zugestimmt. "Vertragsstrafe" ist nach einer gelben die rote Karte und die bedeutet einen Ausschluss von einem Klassenfest.
    Habt ihr Erfahrungen damit, dass einige Kinder so was zu Hause erzählen ("Alle ärgern mich..."), aber bei direkter NAchfrage niemanden nennen können oder wollen, die hänseln. Zumindest bei einer Schülerin hab ich das Gefühl, dass sie sich da eine Schutzbehauptung aufstellt, weil sie nicht so richtig mitkommt. Sie hat arge Konzentrationsprobleme. Klar, ich differenziere wie ein Weltmeister, habe offene Formen, PA und GA, Freiarbeit...Wenn ich Aufgaben wählen lasse, beschäftigt sie sich dann nur mit Malen oder einem Spiel, aber auch nur kurze Zeit. Dann flattert sie zur nächsten Blume oder steht nur rum und tut nichts. Schwierig.

  • Es sind wohl vor allem leistungsstarke Kinder, die die anderen als "blöd" usw. hinstellen.


    In dem Buch "Bei Stopp ist Schluss" ist die Geschichte von "Elo, der Elefant" drin. Diese Geschichte zielt auch in die Richtung, sich nicht hänseln zu lassen und sich dahingehend "ein dickes Fell" zuzulegen.


    Ist es, neben dem Unterbinden der Hänseleien, Ziel, sich ein dickes Fell zuzulegen, oder so gut bzw. ähnlich gut wie die leistungsstarken Schüler zu werden?

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Ziel ist es vor allem. die Hänseleien zu unterbinden. Darüber hinaus ist es n.m.E. schon notwendig, auch die gehänselten Kinder zu stärken. (dickes Fell?, Selbstbewusstsein! Die leistungsschwachen sollen, natürlich im Rahmen ihrer Möglichkeiten, auch etwas schaffen. Oder verstehe ich deine Frage falsch? Das sie dadurch nicht gleich leistungsstark werden ist mir schon klar. Aber ich kann es nur schwer aushalten, wenn jemand gar nichts tut...

  • Ist es, neben dem Unterbinden der Hänseleien, Ziel, sich ein dickes Fell zuzulegen, oder so gut bzw. ähnlich gut wie die leistungsstarken Schüler zu werden?

    Ja, eindeutig auch! Kinder (auch andere Erwachsene!) müssen auch lernen, sich nicht alles zu Herzen zu nehmen. Natürlich ist das nur zweitrangig - erstrangig müssen die Kinder die hänseln sehen, dass das so nicht geht. Aber dafür hatte die Threadstarterin ja schon gute Beispiele!

  • Oder verstehe ich deine Frage falsch?


    Ich hatte den Eindruck, dass es neben der Unterbindung der Hänseleien eher um ein dickes Fell ging. Meiner Meinung nach sollte es darum gehen, die schwächeren Schüler möglichst leistungsstark zu machen.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • es gibt immer Unterschiede.


    Sicher, es ist aber ein Unterschied, ob sich diese Unterschiede innerhalb der oberen 20% oder 30% ausdifferenzieren, oder über die gesamten 100% verteilt sind.
    Schule ist m.E. dafür da, dafür zu sorgen dass letzteres nicht der Fall ist.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Ähm, es geht doch um ein 1. Schuljahr einer Grundschule, oder? Da sind die Unterschiede im Leistungsvermögen zum Teil gewaltig und reichen vom Kind, das schon fließend lesen und eigene Geschichten schreiben kann, bishin zum Kind, das im Leben noch keinen Stift in der Hand hatte und die Zahlenbilder eines Würfels nicht benennen kann...

  • Ich empfehle das Buch "Wenn die Ziege schwimmen lernt" - da geht es um die Stärken und Schwächen einzelner Kinder. Sehr empfehlenswert!

  • Ja, das klingt auch gut. Nur leider fordert der Lehrplan und das Leben das alle Ziegen schwimmen lernen... Wenn auch jeder unterschiedlich viel Zeit dafür hat.

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