Nun, was wäre wenn ich das Grundgesetz abfällig als mythologischen Literaturkanon bezeichnen würde? Es würde sicherlich Entrüstung hervorrufen, oder?
Wenn du das Grundgesetz als Mythologie bezeichnen würdest, würde mich das nicht sonderlich echauffieren, denn es wäre schlicht und ergreifend sachlich falsch. Das Grundgesetz ist eine gesetzte Rechtsordnung, die die Funktionsweise eines Staates definiert. Die Bibel ist eine Literatursammlung, in der Erzählungen zusammenfasst sind, mit denen eine vorrationale Gesellschaft den Kosmos um sich herum als Wirkungsstätte übernatürlicher Mächte beschreibt. Letzteres ist ein Mythensystem, ersteres nicht. Die biblischen Erzählungen sind mit der Begrifflichkeit beschreibbar, wie z.B. die ägyptischen Totenbücher, das Gilgameschepos, die Theogonie Hesiods oder der Seherin Gesicht in der Edda. Wie man darüber beleidigt sein kann, verstehe ich nicht ganz.
ZitatAuch bei ihnen nehme ich eine latente Aggressivität bezüglich des Themas "Bibelglaube" wahr. Warum denn? Ich bin in keinster Weise politisch motiviert und habe nicht vor, irgendwelche Gesetze durchzuringen, welche die Freiheit von anderen Menschen einschränken, selbst wenn ich diese Freiheiten z.T. als gefährlich oder falsch betrachte. Wieso also diese Ablehnung? Sie reden auch von grundlegenden Menschenrechten, wie Gleichberechtigung von Mann und Frau usw...Die Frage hier wäre zu klären, was etwas zu einem Grundrecht macht? Warum glauben sie, dass die Gleichberechtigung von Mann und Frau, oder die Gleichstellung von Homosexuellen ein Grundrecht ist? Weil es im Grundgesetz steht? War es kein Grundrecht bevor es dort drin stand? Wer definiert eigentlich was Grundrechte sind? Die Deutschen? Die Uno?
Grundrechte sind rational definierbar, das Konzept und seine Umsetzung sind seit der Aufklärung bekannt. Unveräußerliche Grundrechte sind z.B. das Grundrecht auf Leben und körperliche und geistige Unversehrtheit und geistige Freiheit; es handelt sich um all die Rechte, die keinem Menschen genommen werden dürfen. Im weiteren Sinne definieren sich Grundrechte darüber, dass das Individuum sich in Freihheit entfalten kann, soweit nicht die Rechte anderer berührt werden. Daraus leiten sich alle weiteren, näher definierten Grundrechte ab, wie z.B. die Gleichheit von Männern und Frauen oder die Gleichstellung von Homosexuellen. Die Verfassung eines freiheitlich demokratischen Staates tut nichts weiter, als sich diese Grundsätze zu eigen zu machen und in eine verbindliche Gesetzgebung zu gießen.
Es wundert mich allerdings, wieso du das nicht weißt. Das sollte doch eigentlich Grundwissen der Allgemeinbildung sein, das man in der Schule beigebracht bekommt.
ZitatUnd wenn jemand aus einem Land kommt, wo diese Grundrechte nicht verankert sind und der andere Sichtweisen hat? Ist der Mensch dann zurückgeblieben oder abfällig zu behandeln? Was ich dazu sagen möchte ist: Nur weil man zum Teil andere Ansichten hat, als das Grundgesetz es definiert, heißt das noch lange nicht, dass man das Grundgesetz missachtet oder ihm prinzipiell feindselig gegenübersteht.
Wo hast du denn noch im einzelnen andere Ansichten als das Grundgesetz? Dass du die Gleichberechtigung von Mann und Frau aufgrund biblischer Aussagen negierst und offenbar Homosexualität nicht als gleichberechtigte Lebensform anerkennst, hast du ja schon gesagt. Welche Grundrechte stellst du denn noch in Frage?
Aber abgesehen davon sehe ich natürlich eine rational-säkulare Werteordnung einem Moralsystem gegenüber als überlegen an, dass sich darin erschöpft, das überlieferte Schrifttum einer archaischen Hirtengesellschaft als sakrale Autorität anzuerkennen. Und natürlich ist für mich eine Werteordnung, die Freiheit und Gleichheit ausschließt, nicht tolerabel. Ich sehe keinen Grund, dergleichen zu respektieren - wenn du eine solche Einstellung vertrittst, warum sollte ich mich dir gegenüber mit Kritik zurückhalten, bloß weil du dich dadurch verletzt fühlst? Das ist nicht mein Problem.
ZitatDas deutsche, verschärfte Gesetz des Schulzwangs stammt noch aus der Nazizeit, und dieser Fakt allein sollte einem schon zu denken geben.
Das ist sachlich falsch, die Schulpflicht in einzelnen deutschen Landesherrschaften wurde im 17. und 18. Jh. festgeschrieben, für ganz Deutschland verbindlich gilt sie seit 1919.
ZitatAndererseits möchte ich anmerken: In deutschen Schulen wird auch eine Ideologie vermittelt.
Ja, das ist richtig. Diese Ideologie nennt man säkularen Rationalismus.
ZitatBeispielsweise zu behaupten Homosexualität sei etwas Normales und darüber hinaus auch ein Grundrecht, ist eine ideologische Überzeugung. Die Idee der Gleichstellung von Mann und Frau kommt aus einer Ideologie namens Feminismus. Zu behaupten die Welt sei von selbst entstanden, ist ebenso eine ideologische Überzeugung (Evolutionismus), die den Kindern aber als unbedingte Wahrheit verkauft wird...usw. usf... und ja, auch der Bibelglaube ist so gesehen eine Ideologie. Ohne die einzelnen Punkte ausdiskutieren zu wollen (was keinen Sinn hat, wenn jeder fest von der eigenen Meinung überzeugt ist)
Ich finde es immer wieder spannend, wie schnell die religiöse Maske fällt, wenn man ein bisschen an der Oberfläche kratzt, und darunter dann der archaische Fundamentalist zu Tage kommt.
Zitat[...]Auf kurz oder lang ist sowieso der Plan da, mit der Familie Deutschland zu verlassen, denn das Bildung in der Staatshand liegt, sieht nicht jeder so positiv wie sie.
Also verstehe ich das jetzt richtig? Du lehnst die allerwesentlichsten und allergrundsätzlichsten Überzeugungen unserer Freiheitsordnung ab, willst aber gleichzeitig die großen Vorteile unserer Gesellschaft, in diesem speziellen Fall eine staatlich garantierte und subventionierte Bildung, für die du im Referendariat zusätzlich bezahlt wirst, zu deiner persönlichen Qualifikation als Vorteil absahnen. Und nachdem unsere Gesellschaft dir gegenüber so in Vorleistung getreten ist, hast du den festen Plan, woanders hinzugehen um eine primitive theokratische Weltüberzeugung zu verbreiten, die die Grundwerte unserer Gesellschaft mit Füßen tritt. Und damit du mit diesem Plan nicht auffällst, suchst du nach besonders geschickten Strategien, um der Öffentlichkeit gegenüber über deine Grundüberzeugungen zu lügen.
Ganz schön gerissen, aber menschlich wirklich überzeugend finde ich dich da nicht...
Nele