Sozialformen u. Methoden für unruhige Klassen

  • Ich nehme an, es geht euch auch so, dass ihr den Unterricht teilweise nach Maßgabe der Klassenlautstärke organisiert? Ich habe da z. B. die Erfahrung gemacht, dass es Klassen gibt, die man nicht in Gruppen arbeiten lassen kann - weil sie dann nämlich nicht arbeiten und man nie alle Gruppe kontrollieren kann. In schlimmeren Klassen ist nicht einmal mehr Partnerarbeit möglich, da sie auch die als Lizenz zum Quatschen über themenfremde Dinge verstehen. Für solche Klassen habe ich mir folgende Methoden zurecht gelegt:


    - nur Frontalunterricht oder Einzelarbeit
    - eigene Aufgabenstellungen oder Merksätze usw. diktiere ich
    - die Bearbeitung der Aufgaben steht unter einem genauem Zeitlimit
    - schriftliche Einzelarbeiten werden auf Blätter geschrieben, die ich einsammele und für die mündliche Note verwende
    - Lernaufgaben kontrolliere ich, indem ich einzelne SuS vor die Klasse rufe und dort befrage (eine sehr unbeliebte Methode)
    - die Stunden sind möglichst genau durchstrukturiert (muss ich mir leider immer notieren), und zwar so, dass in kurzen Abständen solche Phasen folgen, in denen die Klasse vollkommen still sein muss (also EA, Diktieren, Hörverstehen etc.)


    Alle diese Maßnahmen zielen natürlich nur darauf, den Haufen besser kontrollierbar und Störung sofort erkennbar und sanktionierbar zu machen. Außerdem geht es mir, salopp gesagt, darum, nie den Druck aus dem Kessel zu lassen, damit die Aufmerksamkeit und das Gefühl, beobachtet und kontrolliert zu werden, nicht nachlassen...


    Jetzt meldet sich aber mein Gewissen und sagt mir, das seien mittelalterliche Methoden und die Atmosphäre in meinen Stunden damit freudlos und kalt - wobei ich in leichteren Klassen wirklich einen ganz anderen und offeneren Unterricht mache.


    Was antworten die erfahrenen LK unter euch nun meinem albernen Gewissen?

  • auch wenn ich in einer anderen altersklasse unterrichte (in der die gleichen probleme auftauchen):
    lernen die schüler in deinem unterricht etwas oder lernen sie nicht?


    wir sind keine weltenretter und wenn du ab und an mal den leisen, kleinschrittigen, gut durchstrukturierten versuch einer öffnung machst und es geht in die hose
    und wenn du darüber hinaus in anderen klassen erfolgreich andere sozialformen und offene methoden praktizierst,
    dann liegt es wohl anscheinend nicht an dir.


    versuche es ab und an mit kleinen öffnungen, dann reflektierst du mit den kids, warum es geklappt hat oder warum nicht - dann kannst du das gewissen beruhigt tätscheln und sagen "ich tue, was ich kann".

    • Offizieller Beitrag

    ich kann da nichts Mittelalterliches erkennen!
    Im Mittelalter waren stures und alleiniges Auswendiglernen und der Rohrstock üblich :D


    Viele deiner Überelgungen sind für mich in jeder Klasse selbstverständlich, so wie genaue Zeitvorgaben für EA, PA, GA,
    auch das Abfragen vor der ganzen Klasse ist in Bayern ein absolut alltägliches Mittel zur mündlichen Notenfindung und keine Disziplinierungsmaßnahme.


    In unruhigeren Klassen bleibt einem oft nichts als ein kleinschrittiges Vorgehen.Such is life.
    Das sollte man den Schülern, falls Beschwerden kommen, auch deutlich machen. Aber meist sind sie eh ganz froh über solche Arbeitsweise.

  • Ich möchte meinen beiden Vorrednerinnen zustimmen. Ergänzen möchte ich, dass du dir sehr richtige und viele Gedanken machst, um den bestmöglichen Lernerfolg aus diesen Klassen/Kursen herauszuholen. Das ist aller Ehren wert und ganz sicher kein Grund für ein schlechtes Gewissen!


    Wenn sich die SuS dann weiterentwickeln, kannst du es - wie Linna richtig sagt - mit behutsamer Öffnung versuchen, schauen, reflektieren und ggf. deinen Unterricht wieder ein Stück weit anpassen. Es ist ja nichts ist in Stein gemeißelt.

    Die Wahrheit liegt im Blickwinkel des Betrachters.

  • Es kommt wohl auch darauf an, was mit den verschiedenen Unterrichtselementen bewirkt wird. Also vor der ganzen Klasse abzufragen kann OK sein, wenn niemand dabei bloß gestellt wird. Und wenn die Methode so unbeliebt ist, dann hat das wohl auch seinen Grund. Ich fand es als Schülerin immer grauenhaft vor allen abgefragt zu werden. Das hat mehr Angst und Druck erzeugt als einen Lerneffekt...auch wenn man es sich nicht anmerken lassen hat. Solche Methoden finde ich kritisch. Ansonsten muss man eben versuchen der Situation entsprechend zu unterrichten und einen Weg finden, mit dem alle zurechtkommen. Das eine Stunde sehr gut strukturiert sein sollte hat nichts mit veralterten Unterrichtsformen zu tun sondern ist die Voraussetzung für ein gelingendes Klassenmanagement...v.a. wenn man eine etwas "schwierigere" Klasse hat. Hat die Klasse vielleicht selbst Ideen, wie Sie (erstmal kurze) Teile des Unterrichts gestalten möchte? Gibt es vielleicht Konzepte, die man mit der Klasse gemeinsam erarbeiten könnte?

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