Formulierungshilfe für Hinweis an Eltern

  • Bin offensichtlich auch "Spießer".
    Außerdem geht es hier ja nicht nur um das "Tratschen" - es ist eine schriftliche Beleidigung, die - wird sie nicht entdeckt / gelöscht - später auch von anderen Schülern / anderen Klassen wahrgenommen und weitergetragen wird. Das Beispiel sollte doch besser nicht Schule machen.

    • Offizieller Beitrag

    Sorry, dass ich vor das Zitat schreiben muss, irgendwie klappt es gerade nicht, unter das Zitat zu schreiben, ich beziehe mich aber darauf:


    Es geht doch gar nicht darum, dass die Schüler den Lehrer provozieren und auf einen Zettel ein "F..."-Wort schreiben oder was auch immer. Es geht darum, dass ein Schüler einen anderen Schüler extrem vorführt. Und da hätte ich als Schülerin sehr wohl was dagegen gehabt, wenn jemand sowas über mich geschrieben hätte (mit der Wortwahl und im Plural wäre doch ganz klar die Schlampenbeschuldigung gegeben) und ich hätte als Eltern auch was dagegen, wenn jemand sowas über mein Kind schreibt. Welche Beschimpfungen sollen wir denn noch tolerieren? Es geht hier entweder darum, dass die Schüler sich mit den Mitschülern "einen Spaß machen" (es also beide so ansehen), dann ist definitiv der Ton nicht angemessen und sie müssen auch lernen, dass sie sich gerne privat so beschimpfen können, es aber nicht in einen öffentlichen Kontext gehört. Jeder Vorgesetzte fände zum Beispiel ein solches Verhalten im Praktikum mehr als unangemessen.
    Sollte es der andere nicht als Spaß auffassen, dann ist es ein ziemlich mieses Verhalten, gegen das man sich natürlich klar stellen muss.


    Da stimme ich zu. Wenn man auf diesen Satz so scharf reagiert, macht man sich als Lehrkraft schnell lächerlich. Keine Frage, das war als Beleidigug gemeint und sollte als solche verwarnt werden oder meinetwegen mit einer Übungsarbeit vergolten. Aber es ist schließlich keine Klosterschule, Sexualität gehört zum alltäglichen Gedankengut von AchtklässlerInnen, und das nicht weil sie schlechte Schüler wären, sondern weil sie erwachsen werden. Das zu sanktionierten, obwohl man selbst erwachsen ist, ist Doppelmoral und nicht authentisch. Die SuS merken das und machen sich womöglich gerade dann einen Spaß daraus, die LK mit vulgären Sprüchen, Zeichnungen o.ä. zu provozieren, deren man dann kaum noch Herr werden kann.


    Ich bin im letzten Jahr auch auf ähnliche Art von männlichen Achtklässlern 'ausgetestet' worden; natürlich habe ich das verwarnt, aber möglichst gelassen, so dass das Thema in meinem Unterricht danach tatsächlich nicht mehr interessant für sie war.


    Da stimme ich zu. Wenn man auf diesen Satz so scharf reagiert, macht man sich als Lehrkraft schnell lächerlich. Keine Frage, das war als Beleidigug gemeint und sollte als solche verwarnt werden oder meinetwegen mit einer Übungsarbeit vergolten. Aber es ist schließlich keine Klosterschule, Sexualität gehört zum alltäglichen Gedankengut von AchtklässlerInnen, und das nicht weil sie schlechte Schüler wären, sondern weil sie erwachsen werden. Das zu sanktionierten, obwohl man selbst erwachsen ist, ist Doppelmoral und nicht authentisch. Die SuS merken das und machen sich womöglich gerade dann einen Spaß daraus, die LK mit vulgären Sprüchen, Zeichnungen o.ä. zu provozieren, deren man dann kaum noch Herr werden kann.


    Ich bin im letzten Jahr auch auf ähnliche Art von männlichen Achtklässlern 'ausgetestet' worden; natürlich habe ich das verwarnt, aber möglichst gelassen, so dass das Thema in meinem Unterricht danach tatsächlich nicht mehr interessant für sie war.

  • Ich zitiere mich mal selbst, damit ich mich nicht wiederholen muss:

    Keine Frage, das war als Beleidigug gemeint und sollte als solche verwarnt werden oder meinetwegen mit einer Übungsarbeit vergolten.

    Nur weil ich nicht überreagiere und mich stolz zum Kleinbürgertum bekennen möchte, gibt es doch keinerlei hermeneutischen Grund, meinen Beitrag als Entschuldigung des Schülers zu lesen: was ihr da hineinlest - steht nicht drin. Und wenn es denn nicht "erniedrigend" ist, Chili, wieso dann doch einen Brief an die Eltern? Was ist es denn dann? Eine nicht-erniedrigende, aber dennoch mindestens mittelschwere Beleidigung? Solche Unterscheidungen führen doch zu nichts.


    Aber ich will diesen 'Richtungsstreit' entlang erotischer Etikette auch gar nicht weiterführen, meine Meinung ist damit klar.

    • Offizieller Beitrag

    Aha, den Richtungsstreit entlang der erotischen Etikette nicht weiterführen wollen, aber definieren, was eine Überreaktion ist und was nicht... Herzlichen Glückwunsch zu solch moralischer Überlegenheit.

    • Offizieller Beitrag

    Ich würde fernab der Frage, ob das Ganze homophob, erniedrigend o.ä. ist, nüchtern feststellen, dass der Name des Ordners obszön ist und das Verhalten des Schülers, der diesen erstellt hat, äußerst ungebührlich ist. Das hat m.E. auch nichts mit Verklemmtheit oder sexueller Freizügigkeit zu tun. Unser aller Grenzen sind dort, wo sie an die des anderen stoßen.


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag

    IUnd wenn es denn nicht "erniedrigend" ist, Chili, wieso dann doch einen Brief an die Eltern? Was ist es denn dann? Eine nicht-erniedrigende, aber dennoch mindestens mittelschwere Beleidigung? Solche Unterscheidungen führen doch zu nichts.


    Aber ich will diesen 'Richtungsstreit' entlang erotischer Etikette auch gar nicht weiterführen, meine Meinung ist damit klar.


    SchülerInnen bekommen von mir auch Klassenbucheinträge und Briefe an die Eltern, wenn sie "nur" Quatsch, Störungen, unpassendes Verhalten, usw... veranstalten. Nicht nur für erniedrigend.


    Ich bin übrigens die ganze Zeit davon ausgegangen, dass es irrelevant ist, ob es einen Wahrheitsgehalt hat oder nicht. Es ist unpassend, vulgär und ich dulde es nicht. Punkt.
    Wenn er geschrieben hätte "Nachbar ist schwul" würde ich den Eltern auch einen Brief senden, dass der Junge den Unterricht stört und versucht, andere Schüler zu beleidigen. Von "erniedrigend" würde ich aber die Finger lassen, weil ich sonst die bei putertierenden Jugendlichen existierende latente Homophobie übernehmen und unterstützen würde.
    und vulgäre Sexualität hat nichts im Klassenzimmer zu suchen, egal ob es Realität, Tratsch oder Lüge ist.


    Chili

    • Offizieller Beitrag

    Kein Widerspruch, nur ziemliche Überheblichkeit, die Deutungshoheit für sich zu beanspruchen und damit alle, die nicht der Meinung sind, abzukanzeln.

  • Im Gegensatz zu dir kanzele ich hier niemanden ab. Onlinebashing ist doch eine typische Achtklässerbeschäftigung, oder nicht? :)

    • Offizieller Beitrag

    Wenn du meinst.

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • Ich bleibe dabei, neben der gesamtgesellschaftlichen RTLisierung trägt auch die zu lockere Unterrichtsatmosphäre in Deutschlands Schulstuben dazu bei, dass sich Schüler so etwas obszönes herausnehmen.


    Auch ich bekenne mich zum Spießertum und versuche mit Schneid im täglichen Unterrichtskampf die Werte des rechtschaffenden Bildungsbürgertums und des Abendlandes zu retten. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Ich finde es durchaus interessant, wie hier die Emotionen hochkochen und Ratschläge erteilt werden - obwohl der eigentliche Sachverhalt nur annäherungsweise bekannt ist.


    Es stellt IMHO einen gravierenden Unterschied dar - auch in der daraus abzuleitenden Erziehungs- und Ordnungsmaßnahme - ob


    - der Schüler auf dem Pausenhof herumbrüllt: "XXX lutscht Schwänze"
    - im Internet den Satz veröffentlicht: "XXX lutscht Schwänze"
    - einen für alle einsehbaren Ordner im Computernetzwerk mit dem Titel "XXX lutscht Schwänze" anlegt
    - in seinem eigenen - nur für ihn sichtbaren - Schülerverzeichnis einen Ordner mit dem Titel "XXX lutscht Schwänze" anlegt - dabei der Lehrer zufällig auf den Schirm sieht und das registriert oder von Schülern darauf aufmerksam gemacht wird


    Die ersten beiden Varianten sind zur Verdeutlichung genannt - Variante 3 und 4 sind möglich - aber nicht geklärt.
    Variante 4 wäre eine - zwar ungebührliche - aber trotzdem nichtöffentliche Äußerung des Schülers gewesen, die nur durch Zufall registriert wurde. Wenn man als Lehrer diese Äußerung dann in die Öffentlichkeit zerrt, schadet man letztlich dem Schüler XXX , indem man ihn der Lächerlichkeit preisgibt.

    Falls der Ordner öffentlich einsehbar ist, muss man mit dem Ersteller des Ordners ein ernstes Wort über Internetmobbing / Cybermobbing reden und ihm die strafrechtliche Seite seines Tuns verdeutlichen. (Paragraphen 180-206 StGB)
    In diesem Fall sind die normalen Erziehungs- und Ordnungsmaßnahmen anwendbar, die bei schweren Beleidigungen von Mitschülern zum Einsatz kommen.


    Die wohl auch (präventiv gegen Nachahmer) wirksamste Konsequenz dürfte ein mehrwöchiges Verbot der Nutzung der Schulcomputer sein. Da arbeitet der Schüler dann mit Stift und Papier, wenn andere die Tastatur benutzen.


    Links zu Maßnahmen gegen Cybermobbing sind hier zu finden: http://autenrieths.de/links/linkpsy.htm#internet

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

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