Formulierungshilfe für Hinweis an Eltern

  • Ein Schüler (8. Klasse) legt im IT-Unterricht einen Ordner an "(Name des Nachbarn) lutscht Schwänze". Ich denke, es ist ein schriftlicher Hinweis an die Eltern fällig, dass sein Verhalten absolut unangemessen ist, aber ich weiß nicht recht, wie ich es formulieren soll. Kann ja schlecht schreiben: Das macht man nicht...
    ? respektlos, beleidigend, niveaulos, vulgär...? ?(
    oder meint ihr, das ich überreagiere?
    Für ein paar Formulierungsbruchstücke wäre ich sehr dankbar.

  • Hallo,

    Zitat

    oder meint ihr, das ich überreagiere?


    ja, wenn der Schüler so zum ersten Mal auffällt. Da genügt zunächst eine scharfe Verwarnung.
    Ich unterrichte seit Jahren ITG, und die 8. Klasse ist nun mal Testosteron-geschwängert.
    Caio

  • Wenn der Schüler ansonsten nicht auffällig ist, würde ich es wahrscheinlich bei einer scharfen Ermahnung belassen.
    Wenn er aber öfter beleidigend wird, dann nicht.


    Formulierung: Bitte thematisieren Sie die Regeln des höflichen und respektvollen Umgangs mit ihrem Sohn, damit er sie künftig befolgen kann und sich seinen Mitchülern gegenüber nicht mehr unangemessen äußert.

  • Falls du den Brief trotzdem aufsetzen willst, biete ich dir folgende Vorschläge an:


    Die Benennung des Ordners ist äußerst unangebracht (unangemessen, unpassend, schockierend, unakzeptabel), da diese (provokant, absichtlich) den Mitschüler erniedrigt (herabwürdigt, treffen soll).
    Hiermit informiere ich Sie über den Vorfall und bitte Sie mir Ihre Kenntnisnahme schriftlich zu bestätigen.

    • Offizieller Beitrag

    Also ich täte mich schwer damit, es nur bei eine Ermahnung zu belassen.


    Ein Brief an die Eltern mit der Bitte um Kenntnisnahme ist zwar disziplinarisch auch eine stumpfe Waffe, jedoch dürfte das dem Schüler hinreichend peinlich sein, so dass die Wirkung dann doch nachhaltig sein könnte.


    Gruß
    Bolzbold

  • 2 seitiger Besinnungsaufsatz mit einem "netten" Thema, das zum Vorgang passt
    Unterschrift der Erziehungsberechtigten darunter einfordern


    Viele Grüße
    Super-Lion

    • Offizieller Beitrag

    Würdet ihr dann das Ganze auch als "erniedrigend" / "herabwürdigend" einstufen, wenn es sich um eine Nachbarin handeln würde?
    Ich meine, keine Frage, das Verhalten ist nicht zu dulden und hat nichts in einem Klassenzimmer zu suchen, aber ich habe mich gefragt, ob da nicht gleichzeitig eine latente Homophobie (Homoangst) ist, die vom Schüler ausgeht und man als Lehrkraft dann übernimmt.


    Chili

    • Offizieller Beitrag

    Würdet ihr dann das Ganze auch als "erniedrigend" / "herabwürdigend" einstufen, wenn es sich um eine Nachbarin handeln würde?


    Hä? Ganz ehrlich, wo siehst du denn da einen Unterschied? Für beides gäbe es einen hinter die Löffel (metaphorisch gesprochen, meine natürlich die Mitteilung an die Eltern).

  • Also nach meinen bisherigen Erfahrungen würde ich auch sofort die Eltern informieren.
    Ich habe inzwischen die Erfahrung gemacht, dass es langfristig nichts bringt, so lange wie möglich Dinge nur mit den Schülern zu klären, da bauschen sich die Sachen nur weiter auf.
    Und bitte denkt auch an den Schüler, der beleidigt wurde (denn es wird von diesem definitiv als Beleidigung empfunden werden).


    Ob man jetzt 'nur' eine oder einen Aufsatz mit Unterschrift der Eltern sei mal dahin gestellt.


    (Letzteres habe ich übrigens mal erfolgreich in einer 7. Klasse getan, als zwei Jungs einen Penis in die Hefte zweier Mitschüler gemalt haben, Thema: "Warum ich keinen Penis in das Heft meines Mitschülers zeichnen soll", samt Unterschrift der Eltern. Es war ihnen definitiv peinlich, der Rest der Klasse freute sich diebisch und das Problem trat zumindest in meinem Unterricht nicht mehr auf. ;) )

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

    • Offizieller Beitrag

    was ist an dem Satz, ausser der Sprache, erniedrigend?


    Ich steh vielleicht auf dem Schlauch, und verstehe deine Frage nicht, aber keiner meiner Schüler hat das Recht, über einen Mitschüler oder eine Mitschülerin zu verbreiten (womöglich noch auf dem Schulserver?), welche sexuellen Praktiken er bei ihm oder ihr vermutet.


    Frau Chilipaprika mag die Missionarsstellung... ist auch total harmlos und überhaupt nicht herabwürdigend? So mal als ins Blaue geratene Beispiel?

    • Offizieller Beitrag

    hm, es mag eine sprachliche Sache sein, aber selbst nach Durchblick im Wörterbuch ( bin nicht Muttersprachlerin), finde ich es nicht erniedrigend.
    Unpassend, ja. Fehl am Platz und Verletzung der Privatsphäre oder Ähnliches, aber erniedrigend wäre es für mich, wenn ich etwas peinliches erzählen würde, was man nicht machen darf.


    Chili

  • Ein Schüler (8. Klasse) legt im IT-Unterricht einen Ordner an "(Name des Nachbarn) lutscht Schwänze".


    Zur Abschätzung:
    War der Ordner in seinem privaten Verzeichnis oder war dieser Ordner für andere sichtbar?

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • (...) finde ich es nicht erniedrigend.
    Unpassend, ja. Fehl am Platz und Verletzung der Privatsphäre oder Ähnliches(...)


    "Frau chilipaprika lutscht Schwänze"
    wäre für dich nicht erniedrigend?
    ?(


    Ich finde diesen Ausdruck schon erniedrigend.

  • Ich denke, dass unsere Gesellschaft mittlerweile so RTlisiert ist, dass so eine Bemerkung außerhalb der Schule nicht mehr auffällt. Neben dem Pubertätsgehabe spiegelt diese Bemerkung unseren momentanen gesellschaftlichen Zustand wieder, den wir leider nicht ändern können. Meine Wahrnehmnung ist die, dass immer weniger Schüler heutzutage in der Lage sind sich zu schämen.


    Ich glaube nicht, dass eine schriftliche Verwarnung heutzutage bei den meisten Eltern moralisch wirklich (!) ankommen würde (Es kommt ja so vieles bei den heutigen Eltern nicht mehr an). Trotz vorgespielter Einsicht würden sie sich die betreffenden Eltern bestätigt fühlen, dass sie es immer schon gewusst haben, dass die Lehrer verklemmte Spießer seien.


    Als Lehrer können wir dem im Unterricht nur entgegenwirken, wenn an den Schulen und in den Schulstuben insgesamt wieder eine strengere Atmosphäre herrscht, in der jeder Schüler sich nur (!) auf den Unterricht und Leistungserbringung konzentrieren kann. Eine kuschelpädagogische Atmosphäre provoziert die Schüler nur zum Quatschmachen. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • was ist an dem Satz, ausser der Sprache, erniedrigend?


    Da stimme ich zu. Wenn man auf diesen Satz so scharf reagiert, macht man sich als Lehrkraft schnell lächerlich. Keine Frage, das war als Beleidigug gemeint und sollte als solche verwarnt werden oder meinetwegen mit einer Übungsarbeit vergolten. Aber es ist schließlich keine Klosterschule, Sexualität gehört zum alltäglichen Gedankengut von AchtklässlerInnen, und das nicht weil sie schlechte Schüler wären, sondern weil sie erwachsen werden. Das zu sanktionierten, obwohl man selbst erwachsen ist, ist Doppelmoral und nicht authentisch. Die SuS merken das und machen sich womöglich gerade dann einen Spaß daraus, die LK mit vulgären Sprüchen, Zeichnungen o.ä. zu provozieren, deren man dann kaum noch Herr werden kann.


    Ich bin im letzten Jahr auch auf ähnliche Art von männlichen Achtklässlern 'ausgetestet' worden; natürlich habe ich das verwarnt, aber möglichst gelassen, so dass das Thema in meinem Unterricht danach tatsächlich nicht mehr interessant für sie war.

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!


    Nein, so sehe ich das nicht. Ich versuche es klar zu erklären, auch wenn ich es scheinbar schwer verständlich mache.


    Der Sachverhalt "Ordner anlegen, unsachliche Beschriftung, vulgäre Sprache" ist einfach gar nicht in Ordnung und ich würde es auch mit einem Brief an die Eltern mit Besinnungsaufsatz mit genauem Wortlaut versehen.
    Sexuelle Sprache / Geschichten über sexuellen Praktiken haben nichts in meinem Unterricht zu tun, und noch weniger in einer vulgären Sprache.


    Wenn man die sexuellen Sachen umformuliert "X macht eine Fellatio", frage ich mich, wo das "erniedrigende" (einzig und alleine um dieses Wort geht es mir hier. Mit dem ganzen Rest gehe ich konform) ist.


    1) es ist erniedrigend, weil es ein Junge ist.
    -> dann übernehmen wir die homophobe Handlung des Schülers


    2) es ist erniedrigend, weil es ein Mädchen ist (nach dem Motto, "es ist eine Schlampe")



    Ist eine Fellatio erniedrigend? für wen?


    Wie schon gesagt: ich würde es in meinem Unterricht nicht dulden. Aber erniedrigend ist es für mich nicht. Sonst übernehme ich damit die beleidigende unreflektierte Absicht des Täters.


    Chili

    • Offizieller Beitrag

    Achtklässler. So um die 14. Ich war beileibe keine Klosterschülerin, aber ich hätte ganz entschieden darauf bestanden, dass solche Details nicht in der Schule herumgetratscht werden. Und dann auch noch in der Mehrzahl! Schwänze.
    Tja, vielleicht lebe ich ja im Wolkenkuckucksheim, aber in diesem Alter würde ich eine solche Bemerkung als erniedrigend einstufen.
    Aber das geht ja offenbar nicht allen so. Ich jedenfalls bin gerne Spießer und steh dazu.

Werbung