Was ist schiefgelaufen, habe ich mich heute gefragt, wenn man von SuS in einer Klasse (8) verarscht wird? Ist überhaupt etwas schiefgelaufen, also von Lehrerseite?
Ich denke, es gibt vor allem zwei mögliche Ursachen. Entweder die SuS kennen einen noch nicht richtig und wollen einen 'austesten' (das legt sich also); oder sie sind so leistungsschwach, dass sie das mit ihrer Coolness kompensieren wollen, d. h. das demonstrative Unmotiviertsein ist das einzige Mittel, in der völligen Unwissenheit halbwegs ihr Ego zu behaupten: "Ok, ich kann es nicht, aber ich WILL es doch auch gar nicht können" etc.
Dritte Möglichkeit: der Lehrkraft ist etwas entglitten. Aber was?
In jedem der drei Fälle muss man natürlich gegensteuern, da sonst der eigene Unterricht zum Coolness-Wettbewerb zwischen Pubertierenden mißbraucht und man selbst zum Zuschauer degradiert wird.
Ich habe z. B. einen Achtklässler, der nur noch im entnervtesten Ton mit mir spricht, sich nicht hinsetzt, sondern eher hinhängt und jede Arbeitsanweisung mit "eh, Mann, ich hab echt keine Ahnung" o. ä. abwehren will. Rufe ich ihn an die Tafel, nimmt er (in Frz.) sein Grammatikbuch mit. "OHNE nachzuschlagen!" Mit minimalem Tempo schlurft er zu seinem Platz, packt umständlich das Buch weg, schlurft an die Tafel zurück: "Und jetzt?" Und so immer weiter. Wenn ich ihn frage, ob er mich verarschen will, sagt er mit deutlicher Ironie: "Ich doch nicht" usw. Und natürlich will ich darüber nicht mit ihm diskutieren, kann ihn für eine ironische Antwort nicht sanktionieren und muss mich weiter verarschen lassen. Erst am Ende der Stunde ist mir die Geste eines anderen klar geworden, der in der 1. Reihe aufgestanden ist, sich zu einem anderen Hormonknirps gewandt und sich dabei in den Schritt gegriffen hat. Durch diese lächerlichen Dinge verliere ich völlig den Respekt vor den Schülern und die Lust, ihnen irgendetwas beizubringen...
Klar, er steht im Mittelpunkt, wenn ich ihn drannehme; nehme ich ihn aber nicht dran, quasselt er und kommentiert. Übungsaufgaben bekommt er quasi jede Stunde - macht er aber sowieso nicht. Drohungen mit Klassenbucheinträgen? Na ja, halt einer mehr, passiert ja auch nicht wirklich was. Briefe an die Eltern? Keine Wirkung. Nachsitzen muss ich noch ausprobieren. Aus der Klasse schicken steht auch auf meiner Agenda...
Das ist keine Ausnahme; von dieser Sorte gibt es etwa 7 SuS in dieser Klasse.
Ich musste schon häufiger an meinen früheren Mathelehrer denken, der ein autoritärer Spießer war, den alles gehasst haben: null Humor, null Mitgefühl, null Sympathie für seine SuS. Aber niemand, nicht einmal der Häuptling der Coolness-Elite der Klasse, wäre je auf die Idee gekommen, Dinge wie "Zeit ist um, mein Freund" in die Klasse zu rufen. Wir wussten nicht, WAS dann passiert wäre - wahrscheinlich auch nicht mehr als ein Klassenbucheintrag - aber schon die Vorstellung, sich offen so gegen den Lehrer zu stellen, hätte uns abgeschreckt.
Wie geht ihr also mit andauernder Respektlosigkeit bei völliger (man muss es sagen) stofflicher Unvorbereitetheit um? Ist es wirklich der einzige Ausweg, so autoritär wie möglich zu sein und quasi nur als Kontrolleur, Sanktionsverteiler und Disziplinator vor der Klasse zu stehen?