Gymnasium vs Berufsschule: Arbeitsbelastung mit Deutsch und Englisch als Fächer

  • Hallo alle,


    ich bin grad kurz vorm Ende meines Referendariats, das ich an einem Gymnasium in NRW absolviert habe. Ich habe die Fächer Deu und Engl. Kurz vorweg: Ich hoffe, mir wird hier jetzt gleich nicht mir Ablehnung wegen Faulheit entgegengeschlagen, wenn ich mein Anliegen stelle, denn es hat mit der Arbeitsbelastung zu tun.


    Während meines Refs hat sich mir gezeigt, dass meine Fächerwahl äußerst ungünstig war. Beide Fächer sind sehr arbeitsreich. Denn sie bringen häufige und lange Korrekturen mit sich, sind absolute Kernfächer und werden daher ständig extern (Lernstand) oder vom Chef hinterfragt, kontrolliert, zu Sonderkonferenzen berufen.... Oft müssen die Kollegen Zusatzaufgaben übernehmen. Durch die Fächer ist man meist häufig auch an einer möglcihen Nichtversetzung beteiligt und am Elternsprechtag kommen die Eltern über Stunden zu uns...


    Daher meine Frage. Ist es möglcih, dass man an Berufsschullen mit diesen Fächern nicht so sehr im Fokus steht wie am Gym, da diese dort eher "Nebenfächer" sind? Ich würde mich echt freuen, wenn ich mein Leben mehr auf die Arbeit mit den Schülern konzentrieren könnte und nicht andauernd nur verwalte und korrigiere.


    Hoffe meine Frage kommt nicht doof rüber, danke für eure Rückmeldungen

  • In unserm Kollegium gibt es ca. 5 von 85 Lehrkräften mit der Kombination De + Fremdsprache oder mit 2 Fremdsprachen, die ALLE über die Arbeitsbelastung klagen. Faul sind die alle nicht.


    An der Berufsschule, für die auch ein Freund bei mir auch immer Werbung macht, wirst du sicher weniger mit Eltern zu tun haben; und du wirst weniger vorbereiten müssen, weil der Unterricht teilweise (am Berufskolleg) deutlich weniger anspruchsvoll ist.

  • Nicht böse sein, aber weiß man das nicht, bevor man diese Fächer studiert?


    Ich habe dieselbe Fächerkombination und finde das gar nicht so schlimm. Es kommt einfach darauf an, wie man korrigiert.
    Zwei Hauptfächer zu haben, hat auch Vorteile. So nehmen die SuS meine Fächer automatisch ernster als Nebenfächer.

    • Offizieller Beitrag

    Deutsch trägt in den selteneren Fällen zur Nichtversetzung bei, zumindest kenne ich das so aus meiner bisherigen Schule. Eine 5 scheint dort seltener vorzukommen als in F, M, oder L. Auch von Nachprüfungen in Deutsch habe ich noch nie gehört. Da gibt es ganz andere Spitzenreiter.


    Die Elterngespräche am Elternsprechtag finde ich persönlich eher gut, ich mag das, auch wenn sich damit diese Veranstaltungen ewig lang hinziehen :D


    Ich gebe dir allerdings recht, der Korrekturaufwand in Deutsch ist enorm hoch :( War dir das vor dem Ref nicht klar?
    In E kann man zumindest in den ersten Lernjahren den Korrekturaufwand geringer halten. Das wäre auch noch mal ne Möglichkeit, die Arbeitsbelastung etwas einzuschränken. In der Oberstufe funktioniert das freilich nicht mehr :(


    Wäre denn die Arbeit an einer Berufsschule mit älteren Schülern, die vll deine Fächer weniger ernst nehmen, für dich reizvoll? Es ist ja vermutlich doch ein ganz anderes Arbeiten

  • Klar, diese Fächerkombination ist wirklich recht schwierig.
    Ich kenne auch Pädagogen mit diesen Kombinationen die es sehr schwer haben.


    Allerdings kommt es ja auch oft darauf an was gerade Thema des Tests war. Mit unter lassen sich Themen finden die weniger viel Aufwand in der Korrektur benötigen wenn man sie entsprechend gestaltet.
    Ich denke aber, das es schon schwierig ist. Hast du keine anderen Möglichkeiten evt. in anderen Fächern auszuhelfen?

    • Offizieller Beitrag

    Es wird hier oft gefragt, ob das den betroffenen Kollegen nicht vor Aufnahme ihres Studiums klar gewesen wäre, dass zwei Hauptfächer korrekturintensiv sind.


    Ich habe nicht den Eindruck, als würde mit dieser Information inflationsartig hausieren gegangen. Dann stellt sich noch die Frage, ob man die spätere Arbeitsbelastung über die Neigung (und ggf. über das Talent) stellen sollte.


    Irgendwie hört sich die Frage, ob man das nicht vorher gewusst hätte bzw. ob man sich da nicht erkundigt hätte, dann doch sehr altklug an, zumal sie die Ausgangsfrage nicht beantworten und zusätzlich Öl ins Feuer gießen.


    Die Doppelkorrekturfachlehrer, die ich kenne, kriechen während der Korrekturphasen alle auf dem Zahnfleisch. Mit denen möchte ich nicht tauschen. Klar, man hat weniger Lerngruppen, wird fachlich ernster genommen, ist maßgeblich an Versetzungen beteiligt etc. Aber Jahr für Jahr diese stupide, völlig unproduktive und unbefriedigende Korrigiererei zu erledigen kann ganz schön frustrieren.


    Zur Ausgangsfrage:


    Liebe(r) TE, Du solltest die Entscheidung über die Schulform, an der Du arbeiten willst, nicht von der Korrekturbelastung abhängig machen.
    Die allgemeine Arbeitszufriedenheit bedingt sich m.E. eher aus der für Dich von Deinen Neigungen her passenden Schulform, sowie der konkreten Schule, an der Du unterrichten wirst. Wenn Du Dich dort wohlfühlst und Du abgesehen von den Korrekturen dort glücklich bist, dann zählt das mehr als die Frage, wie man die Arbeitsbelastung durch zwei Hauptfächer reduzieren kann - zumal selbst dazu die Aussagen bereits hier in diesem Thread ja auseinander gehen.


    Gruß
    Bolzbold

  • Bedenken solltest du bei deinen Überlegungen aber auch, dass du am Beruflichen Gymnasium je nachdem sehr oft Abiturprüfungen hast. Das kommt eben darauf an, in welcher Schulform du eingesetzt bist. Es kann eine Entlastung sein, muss aber nicht. Wenn du das überlegst, solltest du dich sehr genau erkundigen, für welche Schularten du vorgesehen bist.

  • danke erstmal für eure antworten und danke an bolzbold für die moderation.


    darüber zu reden, ob ich nicht vorher gewusst habe, dass man viel korrigieren muss, bringt mir leider nicht viel. ich habe es zwar gewusst, allerdings wirklich unterschätzt.


    Keie: danke für den hinweis. man muss bei den berufsorientierten schulformen wirklich noch einmal sehr genau unterscheiden. ich finde es als außenstehender schwierig, das berufliche schulsystem so im ganzen zu durchschauen.


    gibt es denn jemanden, der konkrete erfahrungen als allgemeinbildener lehrer/in an einer berufsschule gemacht hat?

  • Hallo,
    ich mache gerade einen Zertifizierungskurs für das Fach Religion und habe erstaunlich viele Korrekturfachlehrer im Kurs. Es wäre längerfristig auch eine Alternative einen Zertifizierungskurs zu machen und ein weiteres Fach zu unterrichten. Das wäre für mich persönlich eine Alternative zu Berufsschule.

  • Ich unterrichte diese Kombination an einem Berufskolleg.


    Es gibt hier nicht nur die Berufsschule, sondern auch die Vollzeitklassen. Und diese sind alle Oberstufe - keine netten kleinen Grammatikaufgaben, sondern alle Korrekturen sind Oberstufenkorrekturen und alle meine Klassen sind Korrekturklassen. Beide Fächer sind in den meisten Fällen prüfungsrelevant, englisch auch für die Berufsschüler.


    Ich würde nie mehr zurück ans Gymnasium wollen sondern mag meine Schulform sehr. Aber dass du dort mit D und E weniger korrigieren musst, das wird nicht der Fall sein. Und der "Nebenfachstatus", den zumindest die Berufsschüler (nicht Vollzeitschüler, für die ist das allesamt Prüfungsfach) beim Fach Deutsch sehen, macht das Unterrichten nicht immer leichter (vielleicht vergleichbar mit Religion bei den Pubertierenden zwischen Klasse 7 und 10).


    Es gibt 1000 Gründe, weswegen ich ein Berufskolleg immer einem Gymnasium vorziehen würde. Die Korrekturbelastung gehört definitiv nicht dazu.


    edit: ich sehe gerade, du bist auch in NRW. Du kannst mich gern per PN kontaktieren, wenn du mehr wissen möchtest!

  • Ich unterrichte Deutsch am Beruflichen Gymnasium. Ich habe jetzt keinen Vergleich zum Allgemeinbildenden, aber der Korrekturaufwand ist schon auch sehr hoch. Allerdings unterrichte ich gerne dort, ich finde die unterschiedlichen Schulformen durchaus abwechslungsreich. Auch der Kontakt zu den Eltern ist mit Sicherheit nicht mehr ganz so intensiv wie bei den jüngeren Schülern. WIe gesagt, ich habe keinen direkten Vergleich, aber ich habe auch keine Ambitionen, zu tauschen.

  • Tauschen würde ich auch nicht wollen.
    Mir gefällt an meinem Job auch die große Vielfalt am besten. Man hat so viele Schüler aus den einzelnen Bereichen :) .
    Allerdings ist Wirtschaft auch nicht immer nur Rechnen. Da gibt es durchaus Themen die man im Detail nachrechnen muss und Aufgaben wo die Schüler wirklich ellenlange Texte schreiben :rolleyes:

  • Ich unterrichte auch D und E an der BS. An der Berufschule sind aber nicht nur Berufsschüler, sondern auch sehr viele Vollzeitschüler, bei denen E und D Hauptfächer und meistens auch Prüfungsfächer sind. Am Gym hat man "nur" die Abiturprüfungen, an der BS noch BEJ/VAB, BF, BK und BS. Ich habe jedes Jahr ungefähr 80 Abschlussprüfungen zu korrigieren, nur aus meinen Klassen, dazu kommen noch die Zweit- und Drittkorrekturen und die mündlichen Prüfungen (hatte ich dieses Jahr 30). In BW gehen die Prüfungszeiträume z. B. insgesamt von Anfang März bis Mitte Juli, man ist im 2. Hj. also gut beschäftigt und ständig am Korrigieren, weil die "normalen" Klasusuren ja auch noch laufen. Weil es in den Hauptfächern kein Kurssystem gibt, haben die Klassen meistens um die 30 Schüler, die ja auch alle Abitur schreiben... Ob das wirklich weniger Arbeit ist, wage ich zu bezweifeln. Was aber definitiv stimmt, ist, dass man viel weniger mit den Eltern zu tun hat. Außerdem empfinde ich das Alter der Schüler als sehr angenehm, die jüngsten entsprechen ungefähr der 9. Klasse Gym, da ist das Gröbste vorbei, finde ich. Ich würde es als höhere Belastung empfinden, mich ständig vor Eltern rechtfertigen zu müssen, da korrigiere ich lieber ein paar Klausuren mehr. ;)

  • Ich finde diese Diskussion sehr interessant, da ich mich mit ähnlichen Gedanken beschäftige.


    Ich bin auch Gym LA Ref. und bin froh, dass ich nicht nur ein Haupt- sondern zusätzlich zwei Nebenfächer habe (wobei ich nur in einem eingesetzt bin). Der KOrrekturaufwand für Deutsch ist enorm, zumal man bei Hauptfächern eine viel größere Verantwortung trägt.
    Ich glaube aber, dass man es - was den Korrekturaufwand betrifft - an beruflichen Schulen nicht leichter hat, da die Schüler ja älter sind und daher längere Klausuren schreiben udn zB keine Diktate oder Grammatiktests mehr.


    Dennoch hätte ich auch große Lust an einer beruflichen Schule zu arbeiten, gerade weil man mit älteren Schülern arbeitet, die (mehr oder weniger) freiwillig zur Schule gehen und weil man wahrscheinlich weniger mit Eltern(beschwerden) zu "kämpfen" hat...


    Oder liege ich da falsch?

  • Ich verstehe diese unsinnigen Aussagen nicht, ob man das nicht vorher wusste. Ja, selbst wenn man es vorher wusste, was nun? Soll ich stattdessen Erdkunde studieren, was mir überhaupt nicht liegt? Ich denke viele vergessen hier, dass man als Lehrer das unterrichten soll was einem liegt, und nicht nach Korrekturaufwand Fächer vor dem Studium rauspicken... wer das macht, ist in diesem Beruf fehl am Platze.

  • Merkwürdigerweise wird einem bei der Argumentation immer vorgehalten:


    Warum hast du denn die Fächer gewählt? Du wusstest doch, was dir blüht!


    oder:


    Alle Fächer sind gleich!


    Dass der überwiegende Teil der KollegInnen und Kollegen (Akademiker!) und im Gefolge die PolitikerInnen die ganz erhebliche Mehrarbeit durch Korrekturen nicht anerkennt, ist immer noch ein Skandal!


    LG Vaila

    • Offizieller Beitrag

    I

    Und was genau ist daran falsch?

    Ich antworte mal, auch wenn ich nicht Vaila bin. Allerdings sehe ich diesen Punkt ("selber schuld") genauso: Ich glaube, fast niemand kann sich vorher vorstellen, wie extrem hoch die Arbeitsbelastung mit 2 Korrekturfächern ist.
    Ich arbeite "nur" in der Sek I und habe deshalb bei Weitem nicht den Korrekturaufwand wie jemand, der mit diesen Fächern auch noch Oberstufenkurse hat. Und ich weiß, wie wahnsinnig hoch die Korrekturbelastung mit sprachlichen Fächern in der Sek I schon ist und dass es am Gymnasium noch mal deutlich mehr ist.


    Das kann man sich nicht vorstellen, wenn man diese Fächer nicht unterrichtet und es ist in meinen Augen auch nicht vergleichbar mit den anderen Zusatzbelastungen anderer Fächer oder einer Klassenleitung (die man mit Korrekturfächern ja meist eh hat).


    Natürlich können Kollegen, die andere Fächer unterrichten, nichts dafür, dass wir uns für diese arbeitsaufwändigen Fächer entschieden haben. Allerdings dienen solche sinnfreien Kommentare, dass man das doch alles vorher wusste, nicht dazu, dem Fragesteller wirklich weiterzuhelfen.


    Wenn man nicht gerade aus einer Lehrerfamilie kommt und täglich die Korrekturbelastung sieht, kann man sich das vorher nicht vorstellen. Deshalb ist dieses Argument ein Schlag ins Gesicht, gerade dann, wenn man wieder eine dieser grausligen Korrekturphasen hat und alles andere im Leben tage- oder wochenlang brach liegt.

    • Offizieller Beitrag

    Ich weiß immer nicht, wieso Leute überhaupt denken können, dass man das vorher wissen kann, was einem da blüht?


    Als frisch gebackener Abiturient gehst duins Studium und studierst - zumndest fürs Gymnsium - überwiegend reine Fachwissenschaften mit den Magisteraspiranten (heute halt andere Bezeichnungen). Du hast ein bisschen Fachdidaktik, wo du über Therorien, wie das Lernen in hypothetischen Schulen in völlig hypothetischen Rahmenbedingungen mit sehr hypothetischen Schülern funktionieren könnte. Über Korrekturen wird nicht gesprochen. Mit der Alltagspraxis hast du im Praktikum mal kurz zu tun: ein/e gehetzte/r Mentor/in redet zwischen Tür und Angel mit dir darüber, wie du ein paar Stunden gestalten kannt und dann kommt der Mensch von der Uni und guckt sich an, wie du die Vostellungen, die ER von Unterricht hast, umsetzt.


    Wenn du Glück hast, hast du Mentoren, die sich immerhin die Zeit nehmen, recht gründlich über deine Stunden mit dir zu reden. Über den gesamten Arbeitsalltag inclusive der tausend administrativen Arbeiten, die man "nebenher" erledigen muss, hat mir mir und den anderen niemand geredet, dazu fehlte die Zeit. Und von alleine kommt man nur schwerlich auf den Umfang, denn der übersteigt alles, was die meisten sich vorstellen können, auch nicht die nicht-Lehrer-Miterwachsenen, wie die meisten von uns wissen, die sich noch mit Nichtlehrern unterhalten. Wenn man sich hier im Forum umhört übersteigt er ja auch noch das, was sich viele Kollegen selbst vorstellen können: man kann es einfach nicht fassen, wie viel Zeit das verschlingt und wie wenig für das Kerngeschäft bleibt... und Studenten können es sich auch nicht vorstellen und fragen also auch nicht danach, sondern gehen erstmal davon aus, dass das eigentliche Tätigkeitsfeld der Unterricht sei.


    Das Kultusministerium gab vor ein paar Jahren zur Einschätzung der Lehrerarbeitszeit eine Durchschnitts-Korrekturzeit von 14 Minuten pro Oberstufenklausur an. Das war so dermaßen lächerlich, dass die Kollegen erst dachten, es sei Satire. Selbst wenn man die Positivkorrekturen und Randbemerkungen wegließe, wäre es eher das doppelte. Aber wenn das die offiziellen Schätzungen der "Experten" sind - wie zum Teufel soll das ein Student wissen?

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

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