Suche verzweifelt nach einer guten Lektüre für die 10.Klasse Deutsch ...

  • ... ich würde nämlich gerne irgendwas aktuelles mit wirklichem Lebensbezug für die Jugendlichen lesen, bevor wir dann in der 11.Klasse mit Literaturgeschichte und abstrakteren Sachen anfangen .... hab einfach keine Lust auf Dürrenmatt, Max frisch oder Lessing - hätte eben gerne was, was die schüler wirklich anspricht und worüber sie auch sprechen wollen. Für Jugendbücher sind sie ja aber nun zu alt, aber Erwachsenenliteratur, die hier wirklich passt, ist auch schwer zu finden - kurz gesagt: Hat jemand zufällig einen (Geheim-)Tipp?
    Viele Grüße,
    Maika

  • Hallo,


    kein Geheimtipp, aber eine Anmerkung: als ich in der 10. Klasse war, hatte ich eine Deutschlehrerin, die uns genau die Lektüren vorgelegt hat, die du als "abschreckend" nennst. Sie hat es verstanden, selbst scheinbar "alte" Texte so zu "verkaufen", dass es uns Spaß gemacht hat - und ich zähle mich noch nicht zu einer sooo alten Generation, dass das nicht auch heute ginge. Was ist denn ein Text, der "wirklichen Lebensbezug" für Jugendliche hat? Muss das immer etwas mit Gewalt / Beziehungskrise / Drogen / Alkohol / Randgruppen sein? Mir scheint es oft leider so. Und ich erinnere mich noch heute mit großem Bedauern an meinen Französischunterricht, in dem wir ein "aktuelles" Werk nach dem nächsten gelesen haben - die zeitlosen Werke der frz. Literatur sind leider damals ganz an uns vorbei gegangen.


    LG Eugenia

  • Wie wärs mit 'ner Biografie? Zum Beispiel "Erinnerungen fortgeschrieben" von Manfred von Ardenne und oder "Wanderung ins Atomzeitalter" von Carl Friedrich von Weizäcker.
    Oder beide und dann die Aspekte der wissenschaftlich-technischen Entwicklung, der gesellschaftlichen Entwicklung und der persönlichen Lebensgestaltung diskutieren.

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

  • Mir schwärmte neulich eine Kollegin von Tschick vor: Die Schüler waren danach wieder supermotiviert für den Deutschunterricht und hatten viel Spaß an der Lektüre. Selbst hab ich es noch nicht ausprobiert.

  • Andreas Steinhöfel: Die Mitte der Welt

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Ich finde den Schimmelreiter von Theodor Storm ganz gut.


    Den hatten wir damals auch Anfang Kl. 10. Die herbe und rauhe friesische Atmosphäre sowie die bilderreiche Schilderung der Nordsee und ihrer Bewohner, die sich wie ein roter Faden durch die Geschichte ziehen, dürfte die Jugendlichen ansprechen. Aktuell ist das Thema insofern, da die Nordseeküste aufgrund der Klimaerwärmung und des globalen Meeresanstiegs zu versinken droht und daher wieder Pionierarbeit im Deichbau wieder gefragt sein wird. Sozusagen Hauke Haien als Vertreter der vorwärtsgewandten notwendigen modernen Technik versus rückständigem Denken. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    2 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Möglichst aktuelle Vorschläge, die in die 10. Klasse passen könnten:


    - Ronald Schernikau: "Kleinstadtnovelle" (Autor schon tot leider; es geht um Homosexualität und Jugend unter Anpassungsdruck)
    - Jörg Fauser: "Rohstoff" (geht's um Drogen; Autor leider auch schon tot...)
    - Wilhelm Genazino: "Das Glück in glücksfernen Zeiten" (leicht und lakonisch, aber eher eine Erwachsenenproblematik)
    - Daniel Kehlmann: "DIe Vermessung der Welt" (verstehe nicht, wieso das nicht viel öfter im Deutschunterricht verwendet wird)
    - Sven Regner: "Herr Lehmann" (Berliner Kneipenliteratur)
    - Heinz Strunk: "Fleisch ist mein Gemüse" (Jugend auf dem Dorf, sehr komisch - aber Achtung: teils sehr explizite Onanieszenen; also nur für unverkrampfte Lehrkräfte ^^ )

  • Tja, ich fands gut und Effi Briest auch. Ist alle eine Frage, WIE man es macht. Ich persönlich finde ja, man darf 10.Klässler durchaus mit solchen Lektüren behelligen. Man muss eben versuchen, wie man es rüberbringt. Es ist nicht alles per se langweilig, was nicht unmittelbar relevant ist.

  • Da stimme ich Dir voll zu, geehrter Momo74 !


    Ich denke, gerade
    unsere konsum- und sprachverstümmelungsorientierten Schüler sollten die wahren Meister der Literatur kennenlernen. Man muss sie an die etwas anspruchsvollere Sprache motivierend heranführen, wobei ich Theodor Storm für Schüler noch recht magenfreundlich, aber zum Einstieg passend finde.


    Ich könnte mir später auch Passagen aus Thomas Manns Werken gut vorstellen. Ich denke, auch mit Zehntklässlern könnte man sich an einige Stellen herantrauen. Und ich meine sowieso, dass die Ansprüche in puncto Literatur in Deutschlands Schulstuben wieder höhergeschraubt werden müssten. Anspruchsvolle Literatur muss man als Schulstubenmeister natürlich selbst leben, um die Schüler dafür zu begeistern. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Ich habe sogar selbst in der 10. Klasse die Buddenbrooks gelesen, und ich war nicht mal auf einem "elitären" Gymnasium. Heute undenkbar, oder? Ich fands toll, einige andere literarisch interessierte Schüler auch, manche fanden es nicht toll, manche wahrscheinlich auch sterbenslangweilig. So ist das nun einmal, ich denke in fast jedem Fach. In Deutsch- habe ich das Gefühl- meint man sich immer den Schülern anbiedern zu müssen, während man in anderen Fächern den Stoff durchzieht, der eben auf dem Lehrplan steht.
    Warum überhaupt die Abgrenzung zur 11, nach dem Motto, da muss man noch genug langweilige Klassiker lesen (hat die TE sicher nicht so gemeint).

  • Vor etwa 4 Jahren besuchte mich ein OG-Schüler an unserer Sek-I - Schule und erzählte, der hiesige OG-Lehrer habe die Schüler gefragt, was man denn in Deutsch bisher so gelesen habe.
    Als er aufgezählt hatte - Keller, Kleider machen Leute, Kleist, Zerbrochener Krug, Mann, Mario und der Zauberer - sei der Kommentar gewesen: Ach? Endlich die Rückkehr zu den Klassikern ...und mein EX-Schüler profitierte von Textanalysen an den "alten Schinken". Sicherlich erreicht man nicht jeden, aber ...


    Mein Sohn - inzwischen Anfänger-Student - packte seine Bücher für das neue Uni-Leben zusammen. Da entdeckte ich Schillers Maria Stuart. Als ich ihn fragte, warum gerade dieses Werk (nebenbei er war nie begeisterter Deutsch-Schüler, eher der Mathematiker und Lateiner), sagte er: "Das fand ich so toll, das muss ich noch mal lesen ...glaubst du ich pack den Mist ein, den wir in SEk-I gelesen haben ?? du und ich und meine Drogen ? Ich schlage dich, wer wen ? und den Blödsinn ...allein diese gewollte Jugendsprache *kotz* .... achja, und Faust ist natürlich auch spitze... alles zeitlos ! .... Das einzige erträgliche Buch war noch "Blueprint".
    "Blueprint" ist SEIN Tipp für eine 10...


    Meine Erfahrung mit Kleist "Krug" : Erst Gejammer wegen der korksigen, ungewöhnlichen Sprache, aber wenn sich die Schüler eingelesen haben, dann rätselt jeder in TAtort-Manier mit: Wer war der Täter ? Warum wurde er zum Täter? Wie lügt er sich raus? etc.


    Gruß Lyna

  • Blueprint ist wirklich ein guter Tipp. Ebenso wie Der Vorleser.


    Aus dem eher klassischen Bereich fiele mir spontan Der Richter und sein Henker ein.


    Ich kann diese Jugenbücher, die scheinbar extra für die Schule geschrieben wurden, so a la " Timo und die Drogen", "Ich schieß euch ab" und "Engel essen nicht" überhaupt nicht leiden... und meine Klassen sind immer dankbar, wenn wir so einen Mist nicht lesen. "Frau Nananele, aber nicht wieder sowas mit Gewalt und so bitte!"

    They'll never know the lovely dance,
    Can never feel the touch of night,
    For tame birds sing a song
    Of freedom while the wild birds fly.

  • glaubst du ich pack den Mist ein, den wir in SEk-I gelesen haben ?? du und ich und meine Drogen ? Ich schlage dich, wer wen ? und den Blödsinn ...allein diese gewollte Jugendsprache *kotz* ....


    Mit diesen "Pseudo-problematischen Büchern" (Drogen Gewalt, Alkohol...) konntest du meine eigenen Kinder auch jagen.

  • Wie wäre es, wenn du die Schüler selber Vorschläge machen lässt?
    Dann das Buch vorstellen lassen und abstimmen - dann kannst du dir auf jeden Fall sicher sein, dass es für deine Schüler interessant sein wird und vielleicht lernst du noch neue Literatur kennen?

  • Ich kann diese Jugenbücher, die scheinbar extra für die Schule geschrieben wurden, so a la " Timo und die Drogen", "Ich schieß euch ab" und "Engel essen nicht" überhaupt nicht leiden... und meine Klassen sind immer dankbar, wenn wir so einen Mist nicht lesen. "Frau Nananele, aber nicht wieder sowas mit Gewalt und so bitte!"

    Genau aus dem Grund kann ich übrigens Andreas Steinhöfel empfehlen (er hat selber u.a. deswegen angefangen, Kinderbücher zu schreiben, weil er das, was auf dem Markt war, so blöd fand, eben diese problemorientierte, moralinsaure "Literatur"...)

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

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