Tipps im Umgang mit verhaltensauffälliger 1. Klasse gesucht!

  • Hallo,
    in diesem Schuljahr unterrichte ich als Fachlehrerin in einer 1. Klasse mit extrem verhaltensauffälligen Kindern. (soz. Brennpunkt mit zahlenreichen V und L-Kindern) Es gibt so viel Streitereien, dass Unterricht eigentlich kaum möglich ist. Durch Gespräche, Belohnungen etc. kommt man an viele Schüler gar nicht ran, da sie total "dicht"machen. Zusammenarbeit mit den Eltern kann man vergessen, da die meisten sich überhaupt nicht für ihre Kinder interessieren. Erschwerend kommt noch dazu, dass die Klassenlehrerin nicht zugibt, dass sie auch Probleme hat (brüllt aber laut durchs ganze Schulhaus) und mich dann immer als totale Niete hinstellt, die die Klasse nicht im Griff hat. Ich wollte mir zusammen mit ihr irgendein Ampel-System o.ä. ausdenken, aber sie sagt sie brauche so etwas nicht. Weiß nun nicht was ich machen soll, aber so kann es auch nicht weiteregehn, da ich nach jeder Stunde schweißgebadet bin...
    Für irgendwelche Tipps wäre ich dankbar!
    Sally79

  • Bevor du ein Ampelsystem oder Belohnungssystem einsetzt, musst du dir erst einmal überlegen, welches Verhalten zuerst verändert werden soll. Du kannst nämlich nicht durch ein System jegliches Verhalten beeinflussen oder verändern. Also, was stört im Unterricht am meisten?

  • Kinder reden wahllos durcheinander, lassen sich vom Stuhl fallen, beschäftigen sich mit anderen Dingen, hören nicht zu, spielen "Affe", trommeln auf den Tisch

  • Ich arbeite an einer Förderschule in der Unterstufe und arbeite schon seit längerer Zeit mit dem Team-Pinboard. Du findest dazu im Netz viele Infos. Dadurch kannst du gewünschtes Verhalten positiv verstärken. Das kommt bei meinen E-Schüler gut an.

    • Offizieller Beitrag

    Du bist in RLP? Hier sind die Ertsklässler seit 1,5 Wochen in der Schule. Wie kann man da schon sagen, dass die Kinder überwiegend verhaltensauffällig sind und eine Zusammenarbeit mit dem Elternhaus nicht möglich ist?
    Und welchen Fachunterricht erteilst du in der Klasse?


    Tut mir leid, aber mir kommt die Geschichte etwas dubios vor, weil ich es so gar nicht kenne, dass in einer neuen 1. Klasse direkt Fachlehrer eingesetzt werden. Außerdem kann man nach so kurzer Zeit noch gar nicht sagen, ob die Kinder besonders auffällig sind.
    Man sollte doch jetzt zuerst Grundregeln, etc. erlernen, bevor man sich daran macht, Fachunterricht zu halten und zu erwarten, dass alle Kinder brav an ihrem Platz sitzen, zuhören und mitarbeiten.
    Die Kinder haben noch keine lange Aufmerksamkeitsspanne. Wenn du in der letzten Stunde Religion hast, wird es sicher schwierig, sie zu fesseln. Aber vielleicht schreibst du noch mal ausführlicher, in welcher Stunde du was unterrichtest und wie du dabei vorgehst. Dann kann man dir evtl. eher was raten.


    Gruß
    Melo

  • Oh, ich kann es mir gut vorstellen, ich erlebe es nämlich seit 2,5 Wochen täglich:
    Das Erarbeiten bzw. Vereinbaren von Regeln ist schwer möglich, da die Kinder bereits auf dem Boden rumtrollen, sie nicht zuhören können, weil sie pausenlos selber reden...
    Bereits seit dem 1. Schultag stehen immer wieder Mütter, teilweise auch Väter, bis 8 Uhr im Klassenraum. Da kam es doch dann tatsächlich auch schon vor, dass eine Mutter eine andere verbal angriff, da sie die schlichtweg erlogenen Geschichte ihres Sohnen glaubte und daraufhin meinte, im Klassenraum die Mutter eines anderen Kindes vor versammelter Mannschaft anpöbeln zumüssen. Diese Mutter ist zufällig die eines Jungen, der täglich mind. 5 Kinder mit Tritten, Schlägen und Spuckereien attackiert. Wie gut da eine Zusammenarbeit ausschaut, kann man sich vorstellen, schließlich kennt man die Spezies "Eltern" ja doch ein bisschen, große individuelle, originelle Abweichungen gibt es sehr selten.


    Fachunterricht ist bei uns üblich. In keiner, auch in keiner 1. Klasse, werden Deutsch und Mathe von der gleichen Lehrkraft unterrichtet. Eines der beiden Fächer abe rin der Regel von der Klassenleitung, so dass mind. ein Fachlehrer für das jeweils andere Fach dazu kommt. In unseren jetzigen vier 1. Klassen sind immer 2-3 Lehrkräfte pro Klasse eingesetzt und ist bei uns der absolute Normalfall.


    Nach 2,5 Schulwochen mit meiner jetzigen 1. Klasse tüfftel ich auch noch an einem passenden System. Bisher erschreckt es mich aber einfach nur, mit welchen Verhaltensweisen Schulanfänger ankommen und weiß noch gar nicht, was wirklich das Schlimmste ist und wo ich konkret und mit Nachdruck für Abhilfe sorgen soll. Somit freue ich mich auch sehr, auf brauchbare Ideen und Erfahrungen der anderen.

    • Offizieller Beitrag

    Fachunterricht ist bei uns üblich. In keiner, auch in keiner 1. Klasse, werden Deutsch und Mathe von der gleichen Lehrkraft unterrichtet. Eines der beiden Fächer abe rin der Regel von der Klassenleitung, so dass mind. ein Fachlehrer für das jeweils andere Fach dazu kommt. In unseren jetzigen vier 1. Klassen sind immer 2-3 Lehrkräfte pro Klasse eingesetzt und ist bei uns der absolute Normalfall.

    Was für ein Blödsinn! Wundert mich nicht, wenn die Kinder dann noch mehr am Rad drehen.


    Aber scheinbar gibt es das ja doch öfter. Ich habs so nur noch nie erlebt und kenne auch einige Schulen.

  • Tut mir leid, aber mir kommt die Geschichte etwas dubios vor, weil ich es so gar nicht kenne, dass in einer neuen 1. Klasse direkt Fachlehrer eingesetzt werden. Außerdem kann man nach so kurzer Zeit noch gar nicht sagen, ob die Kinder besonders auffällig sind.
    Man sollte doch jetzt zuerst Grundregeln, etc. erlernen, bevor man sich daran macht, Fachunterricht zu halten und zu erwarten, dass alle Kinder brav an ihrem Platz sitzen, zuhören und mitarbeiten.


    Also bei "uns" ist das auch völlig normal, dass die Kinder ab dem zweiten Tag Fachunterricht haben (vor allem, weil wir auch Teilzeitkräfte (unter 14 Stunden) mit Klassenleitung haben). Wenn unsere Erstis, die wir heute eingeschult haben, den morgigen Tag hinter sich haben, hatten sie es an ihrem zweiten Tag bereits mit drei verschiedenen Lehrkräften zu tun.

  • Ach, ohlin, du sprichst mir aus der Seele... Bei mir läuft es genauso ab!


    Melosine: Die verhaltensauffälligen Kinder kommen bereits mit entsprechenden Gutachten in die Schule. Nur gibt es mangels freier Plätze keine Möglichkeit sie an entsprechenden Schulen unterzubringen. Leider ist es tatsächlich so!
    Ein Großteil der Eltern schult das 2. oder 3. Kind ein und wir sprechen, was die Zusammenarbeit angeht, aus Erfahrung.
    Ich bin seit Jahren im Anfangsunterricht eingesetzt und erwarte nicht, dass Erstklässler 50 Minuten mucksmäuschenstill an ihrem Platz sitzen.

  • Fachunterricht gab es bei mir letztes Jahr auch ab dem zweiten Schultag, da ich mit meinen Fächern gebraucht wurde in anderen Klassen.
    Gut finde/fand ich es nicht, aber ich kenne auch mehrere Schulen, wo Fachunterricht ab 2. Tag normal ist.
    Pet

    Ich bin Grundschullehrer, ich muss nicht die Welt retten!!!

  • Ist das auch nicht üblich, dass man bereits Vorab-Informationen aus dem KiGa und von der Schulleitung aus den Einschulungsgesprächen bekommt? Wir führen auch ein sog. Schulspiel durch, so dass wir uns schon etwa ein halbes Jahr vorher mal alle Gesichter anschauen können und in zwei Stunden erste Eindrücke zum Verhalten in einer Gruppe sammeln können.
    Die Kinder, die bereits im KiGa Förder-, Präventions-, Integrationsmaßnahmen und sonstiges genossen haben und als wenig sozialverträglich im KiGa auftraten, sind diejengien, die den vielen anderen, wohlerzogenen, lernwilligen, eifrigen Kindern in meiner Klasse gerade das Leben schwer machen.
    Bisher hatten wir noch keinen Elternabend. Der findet erst im Zusammenhng mit der Elternvertreterwahl 4 Wochen nach der Einschulung statt. Somit hatten wir auch noch keine Möglichkeit, mit der Elternrunde über so grundlegende Dinge wie "Bitte verabschieden Sie Ihre Kinder rechtzeitig vor Unterrichtsbeginn am Schultor und nicht 5-10 Minuten nach Unterrichtsbeginn in der Klasse" oder "Gespräche zwischen Eltern werden bitte nicht laut im Klassenraum vor allen Kindern geführt" mitteilen. Darum läuft in diesem Bereich auch alles noch nicht so, wie es den Kindern und uns die Arbeit angenehmer macht.
    Unsere Erstklässler haben 22,5 Wochenstunden. Das alles mit einer einzgien Lehrkraft abzudecken, wäre ja nur möglich, wenn alle mit so hoher Stundenzahl arbeiten würden. Tun bei uns aber nur sehr wenige. Außerdem bin ich auch froh, mich mit Kollegen über Eindrücke austauschen zu können, die die Schüler ebenfalls aus dem Unterricht kennen. So etwas wie Doppelbesetzungen, Teamstunden oder was es auch immer an anderen Schulen geben mag, gibt es bei uns nicht. Man ist immer in allen Stunden allein in der Klasse.
    Es gibt bei uns keine Vorschule, keinen Schulkindergarten o.ä. Wir sind gezwungen, alle schulpflichtigen Kinder einzuschulen, auch wenn klar ist, dass es dem Kind nicht gut tut. Es gibt keine andere Institution. Das bedeutet, dass man im 1. Schuljahr Kinder "mitschleifen" muss bis sie nach einem Jahr ein weiteres Mal in einer 1. Klasse starten können. Auch dies erschwert die Arbeit in vielen Fällen. Die Möglichkeit, Kinder in kleinen Lerngruppen in Förderschulen lernen zu lassen, gibt es nicht (mehr). Diese eigene Schulform ist zugunsten der Förderzentren abgeschafft. Kinder mit sonderpädagogischem Förderbedarf werden nur noch integrativ geschult. Sie sitzen also neben den "normalen" und den "besonders fitten" Kindern in der gleichen Kalsse und müssen jeden Tag erleben, wie schnell die anderen lernen und stellen fest, dass sie nach 3 Schulbesuchjahren immer noch nciht alle Buchstaben schreiben können. Ihr I-Status spricht ihnen etwa 2 Stunden/ Woche Förderung durch eine Sonderpädagogin zu, die sie im Klassenunterricht unterstützt. Dies aber auch ert ab Klassenstufe 3. Bis dahin gibt es für sie praktisch nichts. Wie sich das auf die Arbeit und das Lernen in den ersten beiden Schuljahren dieser Kinder und der übrigen Kalssenkameraden auswirkt, versteht sich von selbst.

  • Man möge mir bitte im Voraus die Polemik nachsehen......


    Sally79, du hast also eine äußerst heterogene Klasse mit einigen Kindern, die quasi einen I-Status und entsprechende Gutachten haben.


    Auf dem Papier müsste das also die absolute Traumklasse sein. Ergo: deine Frage sollte in erster Linie an die "Inklusionspäpste" hier im Forum gerichtet werden. Vielleicht kommen ja wirklich mal konkrete Hinweise....

    Mit meinem Verhältnis zur Realität ist alles in Ordnung. Ich lasse es alle 14 Tage vorschriftsgemäß warten.

  • Ihr I-Status spricht ihnen etwa 2 Stunden/ Woche Förderung durch eine Sonderpädagogin zu, die sie im Klassenunterricht unterstützt. Dies aber auch erst ab Klassenstufe 3.


    Warum denn das? Im Anfangsunterricht (und natürlich im Elementarbereich) ist sonderpädagogische Förderung doch umso wichtiger.


    Können sie denn den I-Status erst ab der dritten Klasse haben oder nur die Förderung?

  • Sally,
    wie viele Kinder sind denn in der Klasse?


    Wie viele Stunden bist du insgesamt und mit welchen Fächern?
    (Also eher Deutsch oder Mathe, oder auch Religion ...)


    Ich frag so genau, weil man einfach bessere Tipps geben kann, wenn man die Situation kennt.
    Ist eben ein Unterschied ob das 18 Kinder sind oder 28,
    oder ob du da 2 Stunden drin bist oder 10.



    Übrigens würde ich ein Belohnungssystem auch unabhängig von der Klassenleitung einsetzen, wenn sie garnicht mitzieht.
    Die Kinder können da normalerweise sehr gut unterscheiden: Bei Frau Sally kann man Sternchen sammeln (oder sonst was), bei Frau Hintertupfinger ......


    Und ganz viel Zeit auf die Regeln (erst 1-2 der wichtigsten: Ich sitze auf meinem Platz. Ich bin leise.) verwenden und mit Spielchen trainieren.
    Und sich nicht entmutigen lassen, wenn es nicht gleich klappt.
    z.B.
    meine lieben "1,2 und die letzte Zahl heißt...3"---bei 3 sitzen alle auf ihrem Stuhl und sind bewegungslos (=Steine)
    oder
    ich flüstere etwas "Du darfst nach vorne kommen und die ein Gummibärchen/Belohnungspunkt....... abholen"


    und-auch wenn es schwer fällt-gaanz viel loben.
    Damit dir die wenigen die es richtig machen nicht auch noch abspringen.

  • Hallo Indidi,
    in der Klasse sind 25 Kinder und ich unterrichte 5 Stunden in der Woche (BTW, Mus, SU). Zu meinem großen Erstaunen war es heute gar nicht soo schlimm. Es kristallisiert sich aber langsam raus, dass 2-3 Schüler extrem verhaltensauffällig sind. Die anderen finden ihr Verhalten lustig und kopieren es nun teilweise. Denke auch an ein Belohnungssystem, weiß aber noch nicht welches und wie die Belohnung aussehen könnte. Möchte eigentlich nicht mit Süßigkeiten oder 1€Krimskram belohnen...

  • Ich möchte dich nur ermutigen, dass DU für DICH und DEINEN Unterricht ein System findest, dass DU klar udn deutlich und sehr konsequent den Kindern in ruhiger Art beibringst.
    Was di eKlassenlehrerin macht, ist dann ihr Problem! :)
    Ich drücke dir die Daumen!

  • Denke auch an ein Belohnungssystem, weiß aber noch nicht welches und wie die Belohnung aussehen könnte. Möchte eigentlich nicht mit Süßigkeiten oder 1€Krimskram belohnen...

    In meiner letzten ersten haben die Kinder zu Beginn der Stunde (später: zu Beginn des Tages) fünf Sterne an der Tafel gehabt. Jeder Stern stand für eine Minute Spielen am Ende (meist ein Klassengemeinschaftsspiel, also alle zusammen, gern auch was Ruhiges... :) ). Für jede Minute, die wegen Störungen verloren ging, habe ich einen Stern von der Tafel abgenommen. Am Ende der Stunde / des Tages waren manchmal gar keine Sterne über, manchmal zwei, am Ende häufiger auch mal alle. Das hat ganz gut geklappt und ich würde es wieder so machen.


    Edit: Dieses Belohnungssystem war den Kindern auch einleuchtend: Frau erdbeerchen möchte mit uns fünf Minuten spielen. Wenn wir aber zwischendurch warten müssen, weil es so laut ist, reicht die Zeit am Ende dafür nicht mehr aus.

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