Migranten an deutschen Schulen

  • Gestern war es wieder so weit. Eine Referendarin erkundigt sich nach meiner $chule und der Arbeitsatmosphäre dort. Dann kam er wieder. Dieser Satz: "Bestimmt viele Migranten, oder?" Das soll heißen: Bestimmt nicht einfach mit diesen Lernunwilligen. Und ich mußte wiederholen was ich dann immer sage: "Migranten sind unter Umständen die BESTEN Schüler in der Klasse." Ich denke an unseren Inder in der Klasse. Alle Noten im vorderen Bereich.
    Ja es gibt lernunwillige Migranten. Aber dann eher aus dem nordafrikanischen oder ostanatolischen Bereich. Außerdem gibt es an unserer Schule einen riesen Haufen an deutschen Schülern aus der Unterschicht, die fürchterlich schlecht sind in der Schule.
    Wie ist Eure Beobachtung? Was sind Eure Erfahrungen?
    Ich kann dieses Gelaber von Bildungspolitikern im Fernsehen von den Problemen mit den Migranten nicht mehr hören.

  • Das soll heißen: Bestimmt nicht einfach mit diesen Lernunwilligen.

    Das könnte auch heißen: Oh, die haben viele Sprachprobleme oder einfach Schlimmes im Ausland erlebt (Flüchtlinge etc)

    Ja es gibt lernunwillige Migranten. Aber dann eher aus dem nordafrikanischen oder ostanatolischen Bereich. Außerdem gibt es an unserer Schule einen riesen Haufen an deutschen Schülern aus der Unterschicht, die fürchterlich schlecht sind in der Schule.
    Wie ist Eure Beobachtung?

    Meine Beobachtung ist: Es kommt nicht auf das Herkunftsland an, sondern auf die Schicht. Da bei uns nun mal viele Menschen mit Migrationshintergund aus einfacher Schicht kommen, deren Eltern hier nur schwer oder gar keine Arbeit finden, führt das notgedrungen zu Problemen in unserem Schulsystem.
    In meinen Klassen waren die Spitzenreiter bisher aus Bosnien, Deutschland, Polen, der Ukraine, den Philipinen, Indien, dem Kosovo. Also bunt gemischt.
    Gruß
    Anna

  • Ich sehe es ähnlich wie annasun - kommt auf die Schicht an - ich hatte Migranten von absolut spitzenklasse bis absolut lernunwillig - wie halt bei den Deutschen auch. :D Ab und an erwischt man noch welche, die eigentlich nicht auf die Hauptschule gehören, aber aufgrund mangelnder Sprachkenntnisse noch dort sind, bzw. noch nicht lange in D - das sind dann Glücksgriffe, weil sich dann echt was tut - leider sind die dann in der Regel irgendwann doch weg aus der Regelklasse. Leider für die Regelklassenlehrer natürlich. :)


    Wenn ich sage, an welcher Schule ich unterrichte, dann höre ich das auch immer: "Ach Gott, ihr habt ja so viele Ausländer!" - das ist mir im Alltag überhaupt nicht bewusst, weil in den letzten Jahren alle ausreichend Deutsch konnten um dem Unterricht zu folgen. Und ab dem Zeitpunkt finde ich es dann egal.


    Obwohl - bei der Berufsberatung sind das schon die schwierigeren Kandidaten. ?(

  • Und ich mußte wiederholen was ich dann immer sage: "Migranten sind unter Umständen die BESTEN Schüler in der Klasse." Ich denke an unseren Inder in der Klasse. Alle Noten im vorderen Bereich.

    Es kommt nicht auf das Herkunftsland an, sondern auf die Schicht.

    Ich denke es kommt auf beides an! Es gibt auch Schüler aus der Mittel- oder gar Oberschicht die stinkefaul sind. Aber es stimmt schon, es gibt gewisse Trends!
    Einen sehr großen Einfluss hat aber eben imho auch die Ethnizität.
    Schüler aus Indien, aber auch viele mit japanischen oder koreanischen Wurzeln habe ich als sehr diszipliniert und lernwillig wahrgenommen. Asiatische Schüler unterscheiden sich (Ausnahmen gibt es natürlich immer) da durchaus zum Beispiel von russischen oder türkischen Schülern auch bei gleicher Schicht. Ist eben auch eine Frage der kulturellen Erziehung und Werte und so weiter.

  • Es kommt immer auf das Individuum an. Es gibt genug "deutsche" Mittelschichts-Kids die lernunwillig sind und nur Parties, Sport und ihren Nebenjob im Kopf haben. Und das auf dem Gymnasium. Aber wir haben halt auch genug "Kuschelpädagogen und -innen", die das kompensieren...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Bei unserer Abizeugnisverleihung im Juni wurden 8 Schülerinnen und Schüler für besondere Leistungen in einem Fach geehrt. Als wir mit dem Aufrufen und Blumen&Gutschein-Übergeben fertig waren, standen da 8 'Migranten' auf der Bühne, überwiegend junge Frauen, mit und ohne Kopftuch, eine im schicken Sari ... ich hätte das Foto gern dem Sarrazin geschickt. Zum Thema "dämliche Kopftuchmädchen". Und noch so ein paar Leuten. Jetzt hängt's an meiner Pinnwand :)

  • Unter unseren drei Besten unseres letzten Abijahrgangs hatten wir ebenfalls zwei Migrantinnen. In meiner 10ten, die ich diesen Sommer abgab, hatte ich ebenfalls einen türkischstämmigen Jungen, der über alle Fächer hinweg (auch Deutsch!) zu den Besten gehörte.


    Dennoch stelle ich schon fest, dass gerade in der Sek. I besonders Migranten zumindest mit den Grundkompetenzen, insb. Rechtschreibung, Zeichensetzung, aber auch (verbale) Ausdrucksfähigeit, große Probleme haben. Ich führe das jedoch weniger auf die nationale Herkunft zurück, sondern vielmehr auf den sozialen Hintergrund. Deutschland ist eben recht stark durch Migranten unterschichtet.

  • Mal überspitzt angedacht: Laut Forschung ergreifen überproportional viele Personen den Lehrberuf, welche ein eher schlechtes Abitur haben. Wahrscheinlich sind diese Personen dann auch generell anfälliger für Stereotype und Vorurteile.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Laut Forschung ergreifen überproportional viele Personen den Lehrberuf, welche ein eher schlechtes Abitur haben. Wahrscheinlich sind diese Personen dann auch generell anfälliger für Stereotype und Vorurteile.

    Das wiederum halte ich für ein Vorurteil... Um aber auf das Ausgangsthema zurück zu kommen: In unserer Schule ist alles bunt gemischt: Schüler mit Migrationshintergrund, die ein super Abi hinlegen, dann sind es doch auch mal die deutschen Schüler, genauso gibt es in der fünften deutsche Schüler, bei denen man bei jeder Grundlage nacharbeiten muss und die gibt es bei den Schüler mit Migrationshintergrund auch. Was ich eher problematisch fand/finde, sind die kulturellen Unterschiede. Wenn mir beispielsweise ein Schüler aus Serbien erzählt: "Von Ihnen lass ich mir nix sagen, Sie sind ja eine Frau!", dann wird es schwierig.

    • Offizieller Beitrag

    Mal überspitzt angedacht: Laut Forschung ergreifen überproportional viele Personen den Lehrberuf, welche ein eher schlechtes Abitur haben. Wahrscheinlich sind diese Personen dann auch generell anfälliger für Stereotype und Vorurteile.


    Hättest du bitte einen Link oder eine Quelle?
    Ich arbeite gerade am Thema und eigentlich ergreifen überproportional LehrerInnenkinder den Lehrerberuf ;) Der LehrerInnenberuf ist knapp hinter dem Medizinerberuf der zweite Beruf mit Reproduktion. Ca, 25 % der LehrerInnenkinder werden LehrerInnen (Zahlen aus dem Kopf, ich korrigiere vll später, Größenordnung stimmt)


    Chili

    • Offizieller Beitrag

    Mal überspitzt angedacht: Laut Forschung ergreifen überproportional viele Personen den Lehrberuf, welche ein eher schlechtes Abitur haben. Wahrscheinlich sind diese Personen dann auch generell anfälliger für Stereotype und Vorurteile.


    Wäre dem so, gehörtest Du sicherlich auch dazu. Es wäre zumindest eine brauchbare Erklärung für diesen Unsinn.
    Wo ist denn bitteschön der Zusammenhang zwischen kognitiv-intellektueller Leistung und Lernbereitschaft auf der einen Seite und Anfälligkeit für Stereotype und Vorurteile auf der anderen Seite?


    Was ist denn ein "eher schlechtes" Abitur?
    Hier fängt die Wahrheitsverzerrung nämlich an. Ein "eher schlechtes" Abitur kann alles sein, was kein 1er Abitur ist. Es kann auch alles sein, was kein 2er oder 3er Abitur ist.


    Weniger pejorativ kann man auch schreiben: Wieso ergreifen die Spitzenabiturienten und -studenten tendenziell andere Berufe als den Lehrerberuf?


    Je nach Aussage- und Manipulationsabsicht lege ich den Fokus bei Aussagen wie Deiner auf die Unfähigkeit der angehenden oder aktiven Lehrkräfte oder wie bei letzterer Aussage auf systembedingte Schwächen, die zur Unattraktivität des Berufs führen. Spätestens da dürften Argumente wie "sicherer Job", "12 Wochen bezahlter Urlaub", "Halbtagsjob" nicht mehr greifen.


    Da die Stammtische dieser Nation aber ohne Lehrerbashing nicht auskommen und sich differenzierendere Sichtweisen boulevardjournalistisch nicht verkaufen lassen, werden jedoch Millionen von Menschen dankbar sein, dass es Leute wie Dich gibt, die sie mit entsprechendem Material füttern könnten.


    Könnten wir nicht bei JEDEM Beruf fragen, wieso zu wenig Menschen mit super Schulabschlüssen diese nicht ergreifen? Wäre es nicht in JEDEM Beruf wünschenswert, nur Spitzenleute zu haben?
    Und liegt es tatsächlich an den "Nicht-Spitzenleuten", wenn diese Spitzenleute fehlen?


    Ein Blick über den Tellerrand hinaus ist hier zwingend erforderlich.


    Gruß
    Bolzbold

  • Zitat


    Wo ist denn bitteschön der Zusammenhang zwischen kognitiv-intellektueller Leistung und Lernbereitschaft auf der einen Seite und Anfälligkeit für Stereotype und Vorurteile auf der anderen Seite?


    Der Zusammenhang von Bildung und dem Zuspruch einer Person zu komplexitätsreduzierenden Weltbildern kennt man aus der (quantitavien) Forschung zu extremistischen Einstellungen (z.B. Heitmeyer). Rauin spricht für den Raum Ba-Wü und für ihn umfasst ein "schlechtes Abitur" m. W. ein Notenspektrum ab 3. Für Rauin bilden Personen in dieser Zuordnungsgruppe häufig gemeinsame Merkmale ab - z.B. die Einstellung zur Leistungsbereitschaft, die dürfte bei einem 1,4 Abiturienten
    sicherlich
    deutlicher ausgeprägt sein als bei einem 3,7er Abiturienten.


    Zitat

    Da die Stammtische dieser Nation aber ohne Lehrerbashing nicht auskommen und sich differenzierendere Sichtweisen boulevardjournalistisch nicht verkaufen lassen, werden jedoch Millionen von Menschen dankbar sein, dass es Leute wie Dich gibt, die sie mit entsprechendem Material füttern könnten.


    Man sollte sich von den Stammtischen der Nation auch nicht kränken lassen ;-). Rauin ist eine Meinung unter vielen, klar, die Meinung von ihm gefällt den meisten in unserem Berufsstand nicht. Seine Erkenntnisse sind letztlich jedoch interessant, gerade was die Motivation bei Lehramtsstudenten noch vor der Konfrontation mit dem Berufsalltag betrifft. Und hier ist es doch erschreckend, welche Motivationen laut Studie nicht selten dahinter stecken. Aber sollte man es der Stammtische wegen deshalb lieber verschweigen?

  • Was im Grunde ja eine wünschenswerte Messlatte wäre. In Baden-Württemberg reichte es in den letzten Jahren noch aus, für das Lehramt an Grundschulen ein Abitur von ~3,5 zu haben. Es verwunderte daher nicht, wenn man von manchen Professoren hörte, die Qualität der meisten Hausarbeiten ließen sehr zu wünschen übrig.

    • Offizieller Beitrag

    das heißt, du meinst, in den Schulen werden (nur / hauptsächlich??) Leute gebraucht, die einen Einser-Abi haben? Vermutlich haben auch genau diese Leute richtig viel Verständnis für Kinder mit Schulprobleme.


    Chili



    (PS: die Politik hat auch zum Beispiel entdeckt, dass LehrerInnen mit Migrationshintergrund gebraucht werden. Scheinbar spielen andere Kriterien eine Rolle als NUR Noten. (Es wird nicht argumentiert, dass man LehrerInnen mit Dreier-Abi und Migrationshintergrund nehmen soll)

  • In manch anderen Ländern haben Grundschullehrkräfte das gleiche ansehen wie Ärzte. 'Ein Grund dafür ist, dass dort nur die besten Absolventen in den 'Primarbereich kommen.


    Klar, Noten im Abitur sagen nicht gleich aus, wie gut man mit Schülern umgehen kann. Ein Einserkandidat kann natürlich später im Lehrerberuf auch nur ein Fachidiot sein.


    Dennoch geben die Noten zumindest eine Orientierung, wie Zugänge zu Studiengänge und Beruf verteilt werden können (Primat der Bestenauslese). Richtigerweise müsse im Lehrberuf entscheidend sein, dass möglichst nur Personen mit gutem und sehr gutem Staatsexamen in den Dienst gelangen. Hier wäre es im Übrigen interessant zu wissen, wie viele der Personen mit sehr gutem Staatsexamen im Abitur zu den "schlechteren Abiturienten" gehörten.


    Wir führen das eigentliche Thema langsam off-topic. Vielleicht findet sich zu fieser Thematik ja ein passenderer Thread.

    • Offizieller Beitrag


    Der Zusammenhang von Bildung und dem Zuspruch einer Person zu komplexitätsreduzierenden Weltbildern kennt man aus der (quantitavien) Forschung zu extremistischen Einstellungen (z.B. Heitmeyer). Rauin spricht für den Raum Ba-Wü und für ihn umfasst ein "schlechtes Abitur" m. W. ein Notenspektrum ab 3. Für Rauin bilden Personen in dieser Zuordnungsgruppe häufig gemeinsame Merkmale ab - z.B. die Einstellung zur Leistungsbereitschaft, die dürfte bei einem 1,4 Abiturienten sicherlich deutlicher ausgeprägt sein als bei einem 3,7er Abiturienten.


    Wenn ich diese beiden Extremwerte gegeneinander stelle, mag das sicherlich zutreffen.
    Einem Abiturienten aufgrund zunächst einmal lediglich unterstellten fehlenden Leistungsbereitschaft auch noch komplexitätsreduzierende Weltbilder zu unterstellen mag wissenschaftlich ja erklärbar sein, jedoch dürfte sich da jeder Abiturient mit diesen Durchschnittsnoten zu Recht gekränkt fühlen.
    "Wer stiehlt, lügt auch" - wollen wir wirklich so altklug und selbstgerecht über Menschen urteilen?


    Zitat


    Man sollte sich von den Stammtischen der Nation auch nicht kränken lassen ;-). Rauin ist eine Meinung unter vielen, klar, die Meinung von ihm gefällt den meisten in unserem Berufsstand nicht. Seine Erkenntnisse sind letztlich jedoch interessant, gerade was die Motivation bei Lehramtsstudenten noch vor der Konfrontation mit dem Berufsalltag betrifft. Und hier ist es doch erschreckend, welche Motivationen laut Studie nicht selten dahinter stecken. Aber sollte man es der Stammtische wegen deshalb lieber verschweigen?


    Die Stammtische interessieren mich herzlich wenig. Es geht darum, wie ich statistische Auffälligkeiten verkaufe.
    a) Warum werden nur schlechte Schüler / Studenten später Lehrer?
    oder
    b) Wieso ist der Lehrerberuf möglicherweise für Topschüler und -studenten unattraktiv.


    Würden Letztere nämlich diese Studiengänge stürmen bzw. später Lehrer werden, würde sich Frage a) gar nicht stellen.


    Es geht mir hier mehr um Fairness und Ausgeglichenheit in der Auswertung bzw. Bewertung von statistischen Erhebungen.


    Gruß
    Bolzbold


    P.S. Und ja, wir sollten bei Bedarf an anderer Stelle darüber diskutieren.

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