was bringt Disziplin wirklich?

  • wunderbares Interview über Disziplin, Jugendliche und Schule, sehr empfehlenswert.


    Aber eben nur die Meinung eines Einzelnen. Im wissenschaftlichen Vergleich hat sich als Schlüssel zum Lernerfolgt als wichtigster Baustein herauskristallisiert:


    strukturierte, klare und störungspräventive Unterrichtsführung


    Und weiter


    Zitat

    Dabei kommt es vor allem auf angeleitete Lernprozesse an, und zwar in Form von gut strukturierten Erklärungen, anschließenden Verdeutlichungen und Lösungsbeispielen sowie Übungen – angepasst an das Vorwissen der Lernenden. Ein solcher Unterricht wird mit „Direkter Instruktion“ umschrieben und ist – [...] offenen Lernmethoden wie einem entdeckenden, problemorientierten, forschenden, experimentierenden und konstruktivistischen Lernen überlegen.


    Ich darf auf die mindestens ebenso lesenswerte Quelle des Zitats verweisen: http://www.hss.de/fileadmin/media/downloads/Berichte/Steffen_Höfner_Artikel__120911__01.pdf

  • Interessant, was einen guten Lehrer auch ausmacht (gleiche Quelle):


    Zitat

    Hattie entwickelt vor dem skizzierten theoretischen Hintergrund sein Bild eines erfolgreichen, das heißt nachweislich wirksamen Lehrers. Dabei fällt auf, dass er mit dieser sehr anspruchs-voll angelegten theoretischen Rahmenkonzeption ein Lehrerbild entwickelt, das den deut-schen Leser durch ungewöhnlich starke Betonung auch emotionaler Qualitäten überrascht. So spricht er beispielsweise nicht nur vom Engagement, sondern auch von der Notwendigkeit eines leidenschaftlichen Handelns in der Pädagogik mit einer ansteckenden Wirkung (S. 23).
    Leidenschaftliches Unterrichten erfordert mehr als inhaltliches Wissen und handwerklich er-folgreiches Handeln. Es bedarf vielmehr einer Liebe zum fachlichen Inhalt, einer Haltung der ethischen Fürsorge und des Wunsches, andere mit der Liebe zum jeweils unterrichteten Fach zu erfüllen (S. 24).

  • Auch wieder klar, dass ER über sowas lacht. :thumbup:
    MICH haben wie oben beschriebene Lehrer in meiner Schulzeit stets am erfolgreichsten zum Lernen motiviert (hatte nur leider sooo viele nicht von der Sorte). Aber klar, bin ja auch ´n Spät68er-Schulkind.
    Aber ruhig mal präventiv wieder ins Lächerliche ziehen.
    Schönen Sonntag noch.

  • "leidenschaftliches Unterrichten", jawoll! Bei all den bekannten Schwierigkeiten und institutionalisierten Behinderungen im Alltag. Und wieder hat die Lehrperson den Schwarzen Peter!

    • Offizieller Beitrag

    Waldkauz, ich stimme dir zu.


    Manche user sprengen mit ihrer immer gleichen Leier jeden Thread.


    Ich möchte doch darum bitten, dass man sich solche Kommentare verkneift, Elternschreck, und vielleicht stattdessen versucht, etwas zur Diskussion beizutragen.

  • Und doch spürt man den unseligen Geist der 68er hinsichtlich Erziehung und pädagogische Utopien, wenn man so einzelne Passagen genauer analysiert !


    Ich habe heute keine große Lust, mich mit Utopisten und ihren Schreibtisch-Utopien zu beschäftigen (Sie haben das große Glück, dass sie im realen Leben ihre Ideen gar nicht umsetzen müssen), die den Lehrern mal wieder den Schwarzen Peter zuschieben wollen.


    Ich werde deswegen nur einen (suspsekten) Satz herausnehmen und ein wenig kommentieren :

    Zitat

    Das liegt nicht daran, dass sie generell das Interesse am Lernen verlieren, sondern an den Schulen selbst, die keinen Raum für die Jugend und ihre Bedürfnisse bieten.

    Soso, mal wieder die Bedürfnisse ! Ich frage mich nur, welche Bedürfnisse unser Verfasser meint und wie er es in der Praxis gedenken würde, die Summe der Bedürfnisse von ca. 32 Kindern/Klasse unter einem Hut zu bringen. Und ich frage mich ernsthaft, was erzieherisch bei rumkommen soll, wenn man Kinder als Menschen betrachtet, die nur aus Bedürfnissen bestehen, denen man als Pädagoge schleunigst nachzukommen hat. Der Lehrer als Bedürfniserfüller ! Und das noch individualisiert !


    Welchen unreglementierten Bedürfnissen gehen denn Kinder/Jugendliche eigentlich sehr oft nach, wenn sie nicht von Erwachsenen/Lehrern ab und zu reglementiert und geleitet werden ? Z.B. Morgens lange schlafen statt früh aufstehen, faulenzen/konsumieren statt sich anzustrengen, Bevorzugung der Erlebnisgeschwindigkeit statt Erlebnistiefe, Fernseh- und Computerkonsum statt Lesen und Bilden, Playstation statt Naturerlebnisse, Bevorzugung von Cola, Chips und Fast-Food statt gesunder Ernährung, Party/Komasaufen statt Hausaufgabenerledigung, Cybermobbing statt soziales Verhalten und Engagement für die Gesellschaft...


    Diese Liste könnte man beliebig erweitern. Ich glaube, unser Verfasser würde sich da sehr erschrecken, welche realen (!) Bedürfnisse unsere Kinder/Jugendliche in Wirklichkeit haben. Hat er selbst Kinder ? Entspricht seine Vorstellung von Bedürfnissen der o.g. Auflistung oder geht er bei der Begrifflichkeit von seinen eigenen Bedürfnissen aus ?


    Es finden sich im Text noch weitere zahlreiche utopistische Ungereimtheiten, auf die ich jetzt nicht eingehen möchte. Aber es ist immer mal wieder schön, sich von Menschen belehren zu lassen, die nicht an unserer (!) täglichen Schulfront stehen !


    Auch ansonten kann ich mich mit den Grundthesen von Jesper Juul nicht identifizieren. Auch der Psychiater Dr. Winterhoff würde ihn ganz schön abmeiern.8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    2 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Welchen unreglementierten Bedürfnissen geht ein Lehrer nach, der einfach seine Meinung in ein Forum postet und jeden als Alt-68er einstampft, der nicht derselben Meinung ist?


    Vielleicht brauchst du mal ein bisschen frische Luft, Elternschreck. Du hast doch Ferien. Wie wäre es mal mit ein paar Naturbegegnungen?

  • Die Frage lautet eher: Geht es überhaupt ohne Diszplin in einer Klasse mit 30, vielleicht noch teilweise behinderten Kindern?

  • Bueb und Winterhoff sind für mich sowieso Top-Adressen hinsichtlich Pädagogik und Erziehung. Da lasse mich auch nicht beirren. Ich denke, dieser frische konservative Wind
    kann unserer Schule und Gesellschaft nur gut tun.


    Zitat aus Wikepedia zu Jesper Juul :

    Zitat

    Juul geht davon aus, dass ein Kind von Geburt an sozial und emotional ebenso kompetent ist wie ein Erwachsener

    Ab da finde ich die Sichtweise schon problematisch ! Hört sich so ähnlich an wie "Kinder an die Macht !" Was die Erziehung der Kinder auf Augenhöhe mit den Erwachsenen einbringt, dürfen wir jeden Tag in der Schulstube erleben.


    Winterhoffs Position : http://www.dradio.de/dlf/sendungen/interview_dlf/793369/


    @Pieksieben


    Ich war heute schon den ganzen Tag auf dem Hundeplatz und dabei in frischer Luft und Natur ! Gehorsamsübungen für die Schutzhundeprüfung. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    Einmal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

    • Offizieller Beitrag

    mich hat dieses Interview ziemlich aufgeregt: theorielastig kommt mir der Befragte vor.
    Ob er wohl eigene Kinder hat oder täglich vor einer Schulklasse steht?
    An einer gewissen Disziplin kann ich nichts Schlechtes erkennen.

  • Vielen Dank an Piksieben und Elternschreck für für die beiden Links.


    Dr. Bueb und Winterhoff sind ja wirklich hervorragend! Warum nur werden einem solche Experten in den Seminaren nicht näher gebracht? Das sind doch endlich mal Leute mit Sachverstand!
    Die haben die Probleme, die auch Elternschreck immer wieder beobachtet und differenziert anspricht glasklar erkannt.


    Zitat von Winterhoff


    Die Fehler liegen auf der Erwachsenenseite. Das heißt, immer mehr
    Erwachsene sehen in Kindern Partner. Es gibt auch immer mehr Erwachsene,
    die wollen von Kindern geliebt werden. Es kommt dadurch zu einer
    Macht-Umkehr und das Kind hat keine Chance auf Entwicklung.


    So weise Worte! Ich zucke immer instinktiv zusammen, wenn man hier im Forum Dinge liest wie "ob die Kinder mich noch mögen, wenn ich gleich mit Grammatik beginne?" und ähnliche Formulierungen.
    Dieser Wunsch geliebt zu werden ist bei so vielen Lehrern (vor allem aber bei Lehrerinnen hier im Forum) ganz stark im Vordergrund und verhindert, dass die Dinge getan werden, die eigentlich getan werden müssten.
    Da wird man selber (vllt zurecht) getadelt, wenn man sich unprofessionell mit einer keifenden Mutter anlegen möchte, aber selbst sind die Kritiker nicht einmal in der Lage dazu, die professionelle Distanzierung vom Wunsch von den Kindern gemocht zu werden, zu leisten um denen eine ordentliche Entwicklung zu ermöglichen.


    Und uns im Seminar propagiert man uns etwas von Augenhöhe und Patnerschaftlichkeit mit den SuS und mindestens die Hälfte glaubt auch das auch tatsächlich noch. :rolleyes:
    Es müssten auch endlich mal kompetente Seminarausbilder her!




    Alles in allem ein wahnsinnig interessanter Thread, der vieles zum Guten bewegen kann!

  • Zitat

    Man hat die Vorstellung, sie hätten so etwas wie eine Persönlichkeit.



    Haben sie nicht? Jaa nee, is klar. Wenn man in Extremen denkt, kann man gut pauschalisieren.

    "A lack of planing on your side does not constitute an emergency on my side."

  • Zitat

    Ich zucke immer instinktiv zusammen, wenn man hier im Forum Dinge liest
    wie "ob die Kinder mich noch mögen, wenn ich gleich mit Grammatik
    beginne?" und ähnliche Formulierungen.

    Wenn man schon zu Beginn darauf pfeift, was die Interessen der Schüler sind, macht man es sich aber auch nicht gerade leicht. Ständiger Gegenwind ist nicht gerade angenehm.

  • Zitat Ummon :

    Zitat

    Wenn man schon zu Beginn darauf pfeift, was die Interessen der Schüler
    sind, macht man es sich aber auch nicht gerade leicht.

    Was die Interessen unserer heutigen Schüler angeht, habe ich nicht die allergrößten und edelsten Erwartungen, zumindest auf den Schulstubenunterricht bezogen. Man kann ja auch nicht von den Interessen reden, da unsere Klassen sehr heterogen strukturiert sind und die Interessen weit auseinandergehen können. Zwei Schüler aus einer Klasse interessieren sich vielleicht für Beethoven, drei andere für die alten Römer im Geschichtsunterricht, ein großer Teil ist vielleicht gar nicht in der Lage dem Unterricht zu folgen, weil die psychischen Fähigkeiten dafür fehlen (s. Winterhoff)...Aber für mich ist es nicht entscheidend, was Schüler aus ihrem Lustprinzip oder augenblicklicher Laune heraus alles so wollen oder nicht wollen.

    Zitat

    Ständiger
    Gegenwind ist nicht gerade angenehm.

    Das ist nun mal unsere Rolle, dem Zeitgeist der Konsumorientierung, Lustprinziporientierung, Leistungsunwillen und Dekadenz entgegenzuwirken. Schüler brauchen starke und sich abgrenzende Lehrer an denen sie sich reiben können und müssen!


    Zitat Silicium :

    Zitat

    Dieser Wunsch geliebt zu werden ist bei so vielen Lehrern (vor allem
    aber bei Lehrerinnen hier im Forum) ganz stark im Vordergrund und
    verhindert, dass die Dinge getan werden, die eigentlich getan werden
    müssten.

    Zitat

    Und uns im Seminar propagiert man uns etwas von Augenhöhe und
    Patnerschaftlichkeit mit den SuS und mindestens die Hälfte glaubt auch
    das auch tatsächlich noch.

    U.a. sind ja auch deswegen die Zustände in Deutschlands Schulstuben sehr oft alles andere als genügend diszipliniert und leistungsorientiert ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    3 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Zitat

    Aber für mich ist es nicht entscheidend, was Schüler aus ihrem
    Lustprinzip oder augenblicklicher Laune heraus alles so wollen oder
    nicht wollen.

    Wenn ich im Vorfeld mein Schuljahr plane, weiß ich bei einigen Themen, dass sie erfahrungsgemäß "gut ankommen", während andere Themen (u.a. eben Grammatik) eher unbeliebter sind.
    Behandelt werden müssen sie alle.


    Was spricht bitte dagegen, bei einer neuen Klasse mit einem beliebteren Thema anzufangen?

Werbung