Dyskalkulie

  • Hallo,


    ich muss bald den Dyskalkulie-Unterricht geben. Wer hat damit bereits Erahrungen gesammelt und Tipps bezüglich Bücher und Materialien für mich? Würde mich sehr darüber freuen, wenn ihr mir weiterhelfen könntet.
    Vielen Dank im Voraus.

  • Hallo,


    die GU Kraft meiner Schule hat viele MAterialien aus dem
    Matobe Verlag und von Persen. Vielleicht schaust du mal,
    ob das Richtige für dich dabei ist.


    LG Nici

  • Nö, ich weiß schon, was ich schreibe. Aber ich verstehe nicht, warum man Lehr-Lernschwierigkeiten (denn meist sind die nicht unwesentlich auch durch didaktisch-methodische Fehlleistungen hervorgerufen) als Krankheitsbild ("Dyskalkulie") klassifizieren und die Schüler damit stigmatisieren muss. Kann man das ganze nicht einfach Mathe-Fördergruppe o.s.ä. nennen ? 8)


    Hatten wir eine solche Diskussion nicht schon vor kurzem hier im Forum um das Thema "Legasthenie"?

  • Dinge verändern sich nicht unbedingt, nur weil man ihnen einen anderen Namen gibt....


    @TE: Wie alt sind denn die Schüler und auf welchem Stand stehen sie?
    Ganz allgemein kann ich aus dem Cornelsen-Verlag "Kalkulie" empfehlen. Das sind quasi drei aufeinander aufbauende Bausteine, mit Möglichkeiten zur Diagnostik, aber auch Fördermaterial und Ideen zur Umsetzung.

  • Hallo,


    Jahrgangsstufe wäre schon wichtig. Je nach Lernstandserhebung: wofür stehen Zahlen, was sagen sie aus? Zahlenpaare zur Zehrn, arbeiten mit Würfelbildern, wenn bekannt...eigentlci gibt es da eine ganze Menge. Habe am Anfang das Förderprgramm :"Mengen, Zahlen, zählen" eingestezt.


    LG
    mamamuh

    Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum!

  • Vielen Dank für eure Antworten!
    Es handelt sich um die Klasse 3 und um die Klasse 4.
    @ Ilse: Also wären die Hinweise zur Diagnose und das Trainingsprogramm notwendig, oder? Hast du damit schonmal selbst gearbeitet?

  • Naja, ich denke, es ist schon wichig, genau zu wissen, wo die Schüler stehen, um effektiv fördern zu können. Ich habe damit schon gearbeitet, ja.
    Handelt es sich bei den Kindern denn um "echte" von Dyskalklie betroffene Kinder oder sind sie "einfach nur" schwach in Mathe? (da müsste ich Plattenspieler dann Recht geben...) In dem Programm, dass ich dir vorgeschlagen habe geht es in Baustein 1 ersteinmal darum, Reihen zu bilden und zu Zählen, um Mengenaspekte und Kardinalität und darum, Zahlen- und Mengenwissen zu integrieren. In Baustein 2 geht es allgemein um Strukturen im Zwanzigerraum und diese geschickt und flexibel zu nutzen. Baustein 3 beschäftigt sich dann mit nicht-zählenden Rechenstrategien (Kraft der 5, Teil-Teil-Ganzes-Beziehungen und Rechenverfahren, alles erstmal im Zwanzigerraum)

  • Nein, es sind schon "echt" von Dyskalklie betroffene Kinder. Da ich die Kinder noch nicht kenne, wäre es schon toll mit Hilfe eines Prätests oder ähnlichem zu sehen, wo genau die Kinder Schwierigkeiten haben. Also benötige ich alle 3 Bausteine? Ich kann mir das irgendwie noch nicht so richtig vorstellen. Ich habe das jetzt so verstanden, dass man mit Hilfe deiner Empfehlung diagnostizieren kann und aufgrund der Diagnose dann entsprechendes Fördermaterial anwenden kann, welches dabei ist.

  • Zum zielgerichteten Fördern würdest du nicht zwangsläufig alle drei Bausteine brauchen, je nachdem, wo die Kinder so stehen. Wobei ich fast vermute, dass bei 3.- und 4.- Klässlern Baustein 1 vielleicht nicht mehr so dringend nötig ist bzw. es schwer sein könnte, die Kinder von der Notwendigkeit für solchen "Babykram" zu überzeugen...Die Diagnose ist allerdings nochmal extra, da gibt es so Diagnosebögen mit Lehrerhandreichung. Vielleicht macht es in Sachen Diagnose auch eher Sinn, sich mit dem Dyskalkulietherapeuten, den die Kinder hoffentlich haben, auszutauschen und gemeinsam zu überlegen, wie die Kinder in der Schule gefördert werden können?(wir haben das alles durch die Schule bestellt, ist ja leider nicht sooo billig, lohnt sich aber schon, wie ich finde!)
    Du findest in den Bausteinen dann zu den einzelnen Themen Erarbeitungs- und Übungsaufgaben, die du dann individuell an die Kinder anpassen kannst. Die Aufgaben sind so, dass sie von handelnden Aufgaben mit Material, anschaulich mit verschiedenen Strukturierungshilfen, abstrakt mit Ziffern und in Form von Sachaufgaben angeboten werden, Sachaufgaben spielen insgesamt eine relativ große Rolle, um eben hier auch das mathematische Verständnis in sachsituationen zu üben.
    Außerdem eben zu jedem Thema ausführliche theoretische Grundlagen für den Lehrer, "Lerntagebuch" für die Schüler, Checklisten für den Lehrer usw..

  • Ich denke, dass ein Programm gut ist, bei dem eine Analyse vorgeschlagen wird und du passend dazu Material findest. Von daher sind die kostenlosen Materialien, die man beim EÖDL herunterladen kann höchstens eine Ergänzung. Allerdings fürchte ich, dass es sehr, seh schwierig wird, mit mehreren Kindern sinnvoll zu arbeiten. Gute Informationen über Dyskalkulie findest du bei: http://www.mlz-dortmund.de/


    flip

  • Ich habe mit den Materialien sehr gute Erfahrungen gemacht. Hier kann man auch die CD bestellen:


    http://www.arbeitsblaetter.org/lud4.php


    Hier gibt es einen Onlinediagnosetest:


    http://www.lerntherapie-kuehlm…de/onlinetest-2/index.php



    Sehr gute Onlieübungen:
    http://www.tintenklex.eu/game/einmaleins.htm


    Dieses Programm kann man kaufen. Erstellt Statistiken, Fehlerhäufigkeiten usw.

  • Anerkannte hirnorganisch bedingte Krankheitsbilder wie Legasthenie, Dyskalkulie, Arithmasthenie werden nicht dadurch geheilt, dass man die Kinder als dumm bezeichnet. Das sind Teilleistungsstörungen, die nur diesen einen Bereich betreffen.


    Links zu Material und Literatur findet mann/frau hier:
    http://autenrieths.de/links/linksmat.htm
    Dort gibt es weiter unten einen Bereich "Dyskalkulie"

    Vorurteilsfrei zu sein bedeutet nicht "urteilsfrei" zu sein.
    Heinrich Böll

  • Das sind keine "anerkannten" Krankheitsbilder, sondern seltsame Konstrukte der Medizin in einem Bereich, der nicht zu ihrem Fokus gehört und originär in anderen Disziplinen angesiedelt ist.


    Gibt ja auch berechtigerweise genug Kritik daran, denn die Begriffe schaden mehr als sie nutzen. Erschreckend, wie viele Pädagogen trotzdem daran hängen.


    Was unterscheidet denn ein Kind mit "echter Dyskalkulie" von einem "nur rechenschwachen" Kind?

  • Für mich ganz persönlich gibt es durchaus einen Unterschied zwischen einem Kind/ Menschen, der einfach nicht so gut in Mathe ist und einer Dyskalkulie. Dyskalkulie ist eine Entwicklungsverzögerung des mathematischen Denkens. Da reicht es nicht, verschiedene Aufgaben zu üben, es muss erst ein grundlegendes Verständnis aufgebaut werden. Mit "nur schwachen" Kindern reicht es vielleicht auch, den aktuellen Stoff nochmal neu, vielleicht anders zu erklären, handelnd heran zu gehen, bei Kindern mit Dyskalkulie müssen erst die Grundlagen geschaffen werden (Mengenbegriff, Kardinalität, Mengen vergleichen etc. Ich sehe da schon einen Unterschied. Und ich finde es auch für di Kinder und deren Familien hilfreich, einen Grund, eine Ursache für das Problem gefunden zu haben, denn oft genug fühlen sich Betroffene dumm und das kratzt am Selbstbewusstsein! Da kann eine solche Diagnose tatsächlich hilfreich sein. Ich bin mir bewusst darüber, dass es immer zwei Seiten einer Medaille gibt und dass es eben auch andere Sichtweisen zu dieser Thematik gibt. Dies ist aber meine Sichtweise.
    Wie man das jetzt nennt, spielt doch eigentlich keine große Rolle, wenn ein Kind eben genau dieses Problem hat. Aber ehrlich gesagt, diese Wortklauberei hat mich schon an der Uni genervt und ich versteh immer nicht, was es an der eigentlichen Problematik ändert, wenn man das jetzt einfach anders nennt.

  • Das sind keine "anerkannten" Krankheitsbilder, sondern seltsame Konstrukte der Medizin in einem Bereich, der nicht zu ihrem Fokus gehört und originär in anderen Disziplinen angesiedelt ist.

    Die Psychologen diagnostizieren auf jeden Fall auch Dyskalkulie. Und der Fokus der Psychologie liegt nun einmal auf dem menschlichen Verhalten und der Funktionsweise des Gehirns.
    Die Erforschung des letzteren Bereichs ist sehr groß im Kommen, heißt Biopsychologie und ist eng vernetzt mit Forschungsrichtungen wie Neurobiologie und Neurologie.
    Die Erkenntnisse dieser Disziplinen sind es, die die Zukunft der Lernforschung tiefgreifend verändern werden und die ideologisch basierte Pädagogik nach und nach ablösen werden.


    Besonders gelungen finde ich übrigens das deutsche Synonym für Dyskalkulie: Zahlenblindheit :D






    Auch ich bin ein großer Freund der richtigen Diagnose und entsprechender Klassifikation mit eindeutigen Fachbegriffen. Das gilt für die Psychologie, wie für die Medizin. Diagnostik ist zum Teil deutlich wichtiger als die richtige Wahl Therapie selbst! Das kam tatsächlich in Studien (ging allerdings um Medizin) heraus und ist auf den ersten Blick erstaunlich. Nur, wenn die Diagnostik sauber funktioniert ist die erfolgreiche Behandlungsrate hoch.
    Wenn man einen Knochenbruch aus Tumorfolge als stinknormalen Knochenbruch diagnostiziert, sind alle Behandlungsweisen eines normalen Knochenbruchs schon von vornherein falsch. Ist aber die Diagnose richtig, dann gibt es verschiedenste erfolgsversprechende Behandlungsmethoden von Bestrahlung über Chemo bis zur Chirurgie, sprich, der Heilungserfolg hängt vor allem von der Diagnose ab!
    Das gilt sowohl in der Medizin, als auch in der Psychologie und wird auch bei Lernschwächen nicht anders sein. Ist vielleicht kontraintuitiv, aber wenn man mal darüber nachdenkt, macht es schon Sinn. Nur, wenn man weiß, was die Ursache ist, kann man zielgerichtet agieren.


    Nur nach erfolgreicher Diagnose und Klassifizierung kann dann auch bei Dyskalkulie entsprechend professionell gehandelt werden.
    Das anscheinend recht verbreitete Hobby der Pädagogen Dinge blumig zu umschreiben macht eine wissenschaftliche, professionelle Herangehensweise nicht gerade einfacher.

    3 Mal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Eine solche Unterscheidung zu treffen, wie du es nennst, Ilse, halte ich durchaus für sinnvoll und natürlich kann jeder dafür seine eigenen Termini verwenden. Dennoch halte ich es nicht für Wortklauberei, denn "Dyskalkulie" und "Legasthenie" stehen im Allgemeinen eben für den medizinischen Ansatz, der weitgehend als überholt und wenig sinnvoll gilt, und deutet insofern schon auf ein bestimmtes Verständnis von Lernschwierigkeiten hin. Der Ansatz stigmatisiert und pathologisiert Kinder und eine "Ursache" ist damit leider trotzdem nicht gefunden. Und zuletzt entlastet er auch Lehrer und hält sie davon ab, die didaktisch-methodische Unterrichtspraxis zu überdenken - konkrete Hilfen für die Therapie bietet er im Gegensatz zur pädagogischen Diagnostik auch nicht. Eine schöne, knappe, aber auf den Punkt gebrachte Einführung zur Kritik am medizinischen "Legasthenie"-Ansatz von Valtin findet man unter http://www.rsb-borken.de/fileadmin/Downloads/LRS/Valtin.pdf ; die meisten Punkte lassen sich relativ analog auf das Thema "Dyskalkulie" übertragen.


    Silicium, ich habe überhaupt nichts gegen die Psychologie (übrigens auch nicht per se gegen die Medizin) und halte sie für eine sehr wichtige Bezugswissenschaft für die Pädagogik. Bei den hier erörterten Fragen grenzt man meist auch eine pädagogisch-psychologische Perspektive von einer medizinischen ab (vgl. den verlinkten Artikel von oben). Und, wie gesagt, wie sie das schlussendlich nennen, hat nicht unbedingt etwas mit dem dahinterstehenden Konzept zu tun - trotzdem und gerade deshalb plädiere ich aber gegen eine originär medizinische Terminologie in diesen Bereichen, die auch die Psychologie, soweit ich den aktuellen Forschungsstand überblicke, weitgehend abgelegt hat. Die meisten neueren Aufsätze oder Bücher, in deren Titel noch "Dyskalkulie" oder "Legasthenie" vorkommt, sind von Medizinern verfasst.
    Neurowissenschaften halte ich für durchaus nicht uninteressant, aber für die konkrete pädagogisch-didaktische Praxis weitgehend irrelevant. Schulisch relevante psychologische Gebiete sind im Allgemeinen die Entwicklungspsychologie, die Lern- und Motivationspsychologie und die Verhaltens- und Sozialpsychologie (in denen natürlich auch verstärkt naturwissenschaftlich-biologische Aspekte eine Rolle spielen). Ich glaube da aber auch nicht an einen Paradigmenwechsel in der pädagogischen Psychologie zugunsten der Biopsychologie und Neurowissenschaften. Aber wir werden sehen, was kommt; wir stehen ja beide erst zu Beginn unserer Berufslaufbahn.
    Mein Lieblingswort für Rechenschwierigkeiten ist übrigens "Zahlendyssymbolismus". (Also nicht, dass ich es verwenden würde, aber im Sinne eines amüsanten Wortes - so war es ja wohl auch von dir gemeint.) :)

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe ein "echtes" Dyskalkulie-Kind in der Klasse und glaube mir, Plattenspieler, das ist ein Unterschied! Ich denke allerdings auch, dass diese Störung nicht so oft auftritt, wie es angeblich der Fall ist - das Gleiche gilt für LRS.
    Jedenfall bin ich zwei Jahre an diesem Kind verzweifelt. Nun wurde es im letzten Schuljahr aufwändig getestet und dabei wurde eine hochgradige Dyskalkulie festgestellt (was ich im Übrigen schon länger vermutet hatte). Wirkliche Erfolge im Rechnen stellen sich selten ein. Was hilft, Erfolgserlebnisse für das Kind zu schaffen, sind sehr schematisierte Aufgaben und Rechenverfahren, die immer reproduziert werden, wie z. B. schriftliches Addieren. Ich weiß, dass das nichts mit einem tiefergehenden Mathematikverständnis zu tun hat, aber das anzubahnen ist in diesem Fall äußerst schwierig und langwierig, sodass diese kleinen Highlights, wenn dann mal Aufgaben richtig gerechnet sind, doch wichtig sind.


    Das andere Standbein, dass sich in einem Schuljahr gut anließ, waren Förderstunden bei der Montessorilehrerin, die es jetzt leider nicht mehr gibt. Da war so etwas wie Aufblitzen von Verständnis zu spüren. Wenn du also einen Draht in diese Richtung hast, wäre das vielleicht auch etwas für die Förderstunde. Es gibt dazu auch verschieden Bücher und Arbeitshefte, einfach bei amazon mal "Montessori" und "Mathematik" eingeben.


    Was für mich auch wichtig war zu verstehen, dass es nichts bringt zu versuchen, dieses Kind irgendwie auf den Stand der Klasse bringen zu wollen. In der Förderstunde hat sie im Zahlenraum bis 10 und 20 gearbeitet (in Klasse 3). Sie ist eigentlich maximal auf den Stand eines Erstklässlers, was das Verständnis für Zahlen und Rechenoperationen angeht.


    VG
    Melo

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