Gelten "normale" Arbeitnehmerrechte für Lehrkräfte nicht?

  • Was mich dabei allerdins stört bzw. nervt ist, dass (zumindest in meinem Umfeld, Kollegen ausgenommen) 90% der Überzeugung sind, Lehrer seien faul, überbezahlt und haben in den Ferien komplett frei.

    Glaub mir, anders herum ist es auch nicht so angenehm. Mir glaubt man durchaus, dass der Lehrerberuf sehr anstrengend und zeitraubend ist.
    Es verhält sich etwa so:
    Wohlsituierte Leute mit guten Berufen aus meinem Umfeld (Vater Bänker, Onkel Mediziner, diverse andere) denken schlecht vom Lehrerberuf, weil sie nicht verstehen, wie man für so viel Arbeitszeit, so hohe benötigte Qualifikation und so viel psychischen Stress so wenig Geld verdienen kann.


    Jüngere Sportkollegen, teilweise mit "einfachen" Berufen ohne große Qualifikation, neiden das Gehalt bislang eher nicht und wissen durchaus, dass man als Lehrer auch zeitlich viel arbeitet. Diese versetzen einem dann einen Dämpfer mit Aussagen über die Arbeitsbedingungen wie z.B. sinngemäß: "Nee, Silicium, das würd ich nicht machen wollen heutzutage. Immer der Lärm und der fehlende Respekt der Jugend heute. Und dann die Eltern! Da biste doch nervlich bald nen Wrack. Nene, da bin ich froh, dass ich mit erwachsenen Kunden zutun habe, die sind auch mal nervig, aber wenn ich die berate, dann sind das eins zu eins Gespräche in ruhiger Atmosphäre bei einem Kaffee. Auch verhalten die sich eben anders als pubertierende Blagen. Ausserdem will ich auch mal Feierabend haben!"


    Ich kenne nur genau eine Nichtlehrerin, die den Lehrerberuf von aussen betrachtet richtiggehend toll findet. Sie hätte das auch gerne studiert, wenn sie die Möglichkeit gehabt hätte. Ich glaube bei ihr allerdings, dass sie den Beruf ein wenig verklärt sieht, da sie recht naiv ist.


    Ich selber hätte bei Studienbeginn auch nicht gedacht, dass so viel Arbeit für so wenig Stundenlohn auf einen zukommt und war da also recht naiv.

    a) die Wahrnehmung der allgemeinen Bevölkerung dieser Arbeit ändern möchten und ihren Job endlich als richtige Arbeit anerkannt haben möchten


    b) sich mal Luft machen möchten (fühlen sich Nicht-Lehrer wegen irgend etwas belastet, reden sie ja auch darüber)


    c) solch einen Freizeit-Mangel haben, sodass es nicht mehr viele andere Themen gibt, über die sie sich unterhalten können.

    Ich glaube, dass Du das das sehr gut analysiert hast und glaube, dass alle drei Punkte ins Schwarze treffen!
    Richtige Hobbies haben Lehrer oftmals auch irgendwie nicht. Wie auch, wenn man am WE noch vorbereiten muss. Das Kollegium, das ich besichtigt habe, hat für meinen Eindruck auch überdurchschnittlich viele sehr dicke Menschen und frühzeitig gealterte Menschen ("verlebt aussehend, Augenringe, Haut usw.") enthalten. Zumindest, wenn ich das mit meinen Bosch Kollegen vergleiche. Vielleicht der Streß der Lehrer? Zu wenig Zeit, sich um den Körper zu kümmern, Sport zu treiben?


    Man wird Nicht-Lehrer jedoch wohl nie von der Wahrheit überzeugen können

    Die Frage ist, ob man das wirklich überhaupt möchte. Ich finde es manchmal angenehmer, wenn Leute einen fälschlicherweise beneiden, weil sie falsche Vorstellungen haben (Halbtagsjob etc.), als wenn sie Mitleid haben, weil sie sehen wie die Bedingungen wirklich sind und wie klein das Gehalt in Wirklichkeit ist, wenn man das mal auf Arbeitsstunden umrechnet. (Und Burnoutquote erreicht im Lehrerberuf ja nicht zufällig Spitzenwerte, weil die Arbeitsbedingungen sonst so gechilled sind)
    Der Lehrerberuf wird imho auch in naher Zukunft ein schlechtes Image haben. Die Leute, die fälschlicherweise denken, es sei ein Halbtagsjob denken schlecht über den Beruf, weil man faul und überbezahlt sei. Diejenigen, die den Beruf mit seinem Arbeitsaufwand realistisch sehen denken schlecht über den Job, wegen des schlechten Stundenlohns und der schlechten Arbeitsbedingungen.


    Am schlimmsten finde ich persönlich fast, wie richtige Absolventen der studierten Fächer (Diplom-Chemiker usw.) über Lehrer denken. Das Image, dass Lehrer fachlich nur ganz kleine Brötchen backen macht mir persönlich noch ärger zu schaffen.
    Fachsimpel mal mit richtigen (reinen) Studenten Deiner Fächer. Sobald Du recht hast etc. werden verletzende Ausflüchte gesucht: "Naja, wenn man nur Lehramt studiert, dann würde man das natürlich nach dem Modell beschreiben. Das ist uns ein wenig zu simpel."
    Wenn man dann nachfragt, was die genau meinen merkt man, dass das nur Ausflüchte sind. "Naja, dazu müsstest Du noch Seminar X und Y besuchen, das kann man einem Lehrämtler so auf die Schnelle nicht beibringen".


    Oder: Leute aus der Praxis!
    "Naja, wir benutzen natürlich ganz andere Methoden zur Synthese. Das kann man als Lehrer natürlich nicht wissen, da man nur Grundlagen lernt. Die XY Synthese wird heute so gar nicht mehr durchgeführt"


    Oder Aussagen veines Professors auf einer Betriebsbesichtung für Lehrämtler und "richtige Chemiestudenten", bei dem eine Synthese erklärt werden sollte durch einen angestellten Chemiker dort:


    "Machen Sie es aber bitte nicht so kompliziert, 3/4 der Leute hier studieren auf Lehramt"
    Großes Gelächter von 1/4 der Leute.

    Ich würde sogar sagen, dass die meisten schon irgendwie 'Lehrerhasser' sind.

    Das ist interessant, ausgesprochene Lehrerhasser im Sinne von Neider kenne ich in meinem Umfeld nicht. Wie verschieden das Umfeld doch sien kann. Bei mir sinds gesagt eher Lehrer Belächler oder Bemitleider. Wobei das ja auch irgendwie Lehrerhasser sein können. Das ist auf jeden Fall auch nicht besser, glaubs mir!

    2 Mal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Deine positive Einstellung zu deiner Arbeit ist nicht überraschend, Sylvana. Am Anfang einer beruflichen Laufbahn wie dieser, wäre es schlimm, wenn es anders wäre. Allerdings ändert sich das bei vielen etwas mit den Jahren, weil der Alltag eben sehr fordernd und sehr oft zermürbend ist. Gerade weil viele Tätigkeiten im Aufwand nicht so messbar und sichtbar sind, wird der Beruf des Lehrers immer wieder unterschätzt. Ich erinnere mich noch sehr gut an meinen Ausbilder am Seminar, der uns Greenhorns sagte: "Es gibt wohl kaum einen Beruf, bei dem Außenwahrnehmung und Bild des Insiders so auseinanderklaffen." Das hat sich auch in Jahrzehnten nicht geändert und ist besonders für die KollegInnen frustrierend, die sich mit "Schmalspur" nicht abfinden können oder wollen. Versucht man nun dieses Bild etwas zu korrigieren, wird das stets als "Jammern" abgetan - aus leicht nachvollziehbaren Gründen.

    • Offizieller Beitrag

    Silicium, studier doch endlich was vernünftiges, geh in die freie Wirtschaft, scheffele Geld (bei wenig Arbeit) und mach deiner elitären Verwandtschaft Ehre!
    Ich versuche ja, darüber hinwegzulesen, aber ich finde es schon wieder so ungeheuerlich, dass du hier in allen Beiträgen das Lehrerdasein erläuterst, über die Arbeitsbelastung jammerst und die fehlende Anerkennung, das magere Gehalt, etc. - ohne auch nur in einem längeren Praktikum gewesen zu sein. Von der einen Schule, die du von innen gesehen hast, weißt du auch, dass Lehrer in der Regel verlebt und / oder übergewichtig sind und keine Hobbys haben. Du weißt auch, dass Gymansiallehrer deswegen ein höheres Gehalt als Grundschullehrer haben, weil sie mehr leisten u.v.m.


    Du bist das ja schon mal gefragt worden, aber warum willst du diesen Horrorberuf ergreifen?

  • Wobei die Frage nach dem Ansehen des Lehrerberufs zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil auch von der Schulform abhängt. Gibt ja genug Studien, wonach Grundschullehrer ein recht hohes Ansehen in der Bevölkerung genießen, wohingegen das Prestige von Gymnasiallehrern tatsächlich stetig sinkt.
    Und wenn ich mir die Beiträge von (angehenden) Gymnasiallehrern hier im Forum und die Praktiken und Meinungen, die an Gymnasien immer noch vorherrschend sind, anschaue, wundert mich das ehrlich gesagt auch nicht besonders ...

  • Silicium, studier doch endlich was vernünftiges, geh in die freie Wirtschaft, scheffele Geld (bei wenig Arbeit) und mach deiner elitären Verwandtschaft Ehre!

    Etwas Vernünftiges zu werden statt Lehrer würde einen enormen Zeitverlust bedeuten. Ich habe keine Lust so kurz vor dem Staatsexamen hinzuwerfen. Das ist unrationell und ich bin niemand, der aufgibt, wenn es mal Gegenwind gibt.


    Ich versuche ja, darüber hinwegzulesen, aber ich finde es schon wieder so ungeheuerlich, dass du hier in allen Beiträgen das Lehrerdasein erläuterst, über die Arbeitsbelastung jammerst und die fehlende Anerkennung, das magere Gehalt, etc. - ohne auch nur in einem längeren Praktikum gewesen zu sein.

    Ja, wirklich ungeheuerlich, wie schnell manch einer spitz bekommt, wie schlecht es vielen (!) Vollzeitkollegen geht, obwohl er selbst nur ein lockeres Praxissemester hatte und damit super entspannt klar kam, weil es eben nicht mit den wirklichen Arbeitsbedingungen zu vergleichen ist. Man musste sich auch nur mal auf den Stundenplänen der einzelnen Lehrern anschauen, wieviele davon kein volles Deputat hatten. Es waren erschreckend viele.
    Ich habe natürlich mal nachgefragt bei manchen, mit denen man näher zutun hatte. Deutlich wurde dabei: Die Leute sind überfordert, gestresst, und haben aus Überlastung reduziert.


    Ein Mann hatte nur noch eine Fistelstimme, ich dachte schon der arme Mann hätte Kehlkopfkrebs oder so, denn er sah dazu auch noch grauenhaft fertig aus. Es stelle sich heraus, der Mann war "nur" psychisch angeschlagen durch den Beruf.

    Von der einen Schule, die du von innen gesehen hast, weißt du auch, dass Lehrer in der Regel verlebt und / oder übergewichtig sind und keine Hobbys haben.

    *wuff* *wuff* Oder wie war das mit getroffenen Hunden?
    Ich kann auch nichts für meine Beobachtungen. Ich habe meine Stichprobengröße für jeden ersichtlich angegeben, wo ist das Problem? Wenn Du meinst, dass die Beobachtungen falsch sind, oder ich vielleicht einfach eine Ausnahmeschule erwischt habe, dann kannst Du das gerne tun. Ich kann nur beschreiben, was ich sehe und beobachte. Und diese Schule (aber auch die Schule, an der ich selbst als Schüler war) verleitet mich eben zu dem Eindruck, dass sich der Stress unter dem Lehrer wohl stehen müssen, bei vielen auch optisch zeigt. Sei es Übergewicht, Augenringe, schlechte Haut und andere Zeichen stressbedingter vorzeitiger Alterung usw.


    Gibt es in anderen, Berufen auch, keine Frage! Es gibt andere Berufe, in denen der Streß und die psychischen und (teilweise gar körperlichen Belastungen) sehr hoch sind und dementsprechend Gesichter zeichnen.
    Wer 30 Jahre auf einer Bohrinsel malocht wird ebenso entsprechende Spuren tragen, wie jemand, der schädlichen Bedingungen (Tabakrauch, jahrelang Nachtschicht usw.) ausgesetzt ist.
    Und selbst da mag der Einzelfall auch ganz anders aussehen, schon klar!
    Aber es gibt eben typische Erscheinungsbilder, die im Einzelfall nicht zutreffen mögen, aber doch aus Abstand betrachtet einen gewissen Trend für die Berufe und Lebensumstände erkennen lassen.


    Frauen, die in einer Modeboutique arbeiten, oder als Kosmetikerin, oder im Hotelgewerbe haben haben in der Regel ein anderes Erscheinungsbild, weil sie (allein von Berufswegen) auf ihren Körper achten müssen und anscheinend auch können. Genauso gehört es zur Glaubwürdigkeit eines personal Trainers, dass er jung (geblieben), dynamisch und sportlich aussieht.


    Einem Menschen sieht man einfach an, was er mit seinem Körper macht oder machen muss. Streß hinterlässt dabei genauso deutliche Spuren, wie Rauchen, zu wenig Sport, falscher Ernährung usw.
    Schau Dir mal den durchschnittlichen Kneipenwirt an, der täglich nachts im Passivrauch steht.
    Genauso kannst Du an Gesichern ablesen, ob jemand 20 Jahre seines Lebens als Yoga-Lehrerin mit gut verdienendem Mann an der Seite gearbeitet hat, viel Zeit für sich, Ausflüge, lesen etc. hatte, oder als sehr engagierte Lehrerin mit unzähligen Nachtschichten für Korrekturen, chronischem Schlafmangel und vielen anstrengenden, nervenzehrenden Konflikten und einfach sehr wenig Zeit für sich.
    Das ist einfach so, da kann man nichts schön reden.


    Ja, es gibt auch Lehrer, die es bei all dem Streß schaffen regelmässig Sport zu treiben, zum Ausgleich zu meditieren, sich gesund zu ernähren, nicht zur Beruhigung zum Glimmstengel greifen usw.
    Aber mein Eindruck ist einfach, dass bei einem Großteil der Lehrer sich diese gesunde Lebensweise anscheinend nicht so anbietet / nicht so möglich ist!
    Meine Erklärung ist einfach, dass es einem Korrekturfachlehrer am Gymnasium, der gerade Abiturklausuren neben seinem normalen Unterricht korrigieren muss, schwerer fällt abends danach noch gesund zu kochen, joggen zu gehen als dem Beamten auf dem Bürgerbüro, der um 17.00 Uhr zusperrt, am Wochenende nichts vorbeiten muss und dem nicht die Drohung auf Klage eines Vaters durch den Kopf geistert und ihn vom Seelenfrieden abhält.
    Und ja, es gibt auch andere Berufe, die ähnlich nachteilhaft sind wie der Lehrerberuf.



    Du bist das ja schon mal gefragt worden, aber warum willst du diesen Horrorberuf ergreifen?

    Ich dachte zwar Du hättest mich längst auf der Ignore Liste (hattest Du das nicht mal versprochen oder "angedroht"?), aber wenn Du meine Beiträge lesen kannst, kannst Du auch ein bisschen fleißig werden und die Antworten von mir lesen, denn die Fragen habe ich eigentlich regelmässig beantwortet.
    Es kommen noch zwei neue Aspekte hinzu, extra für Dich:


    1) Ich glaube, dass ich im Lehrerberuf sehr gut weiß, wann ich Zeit für mich brauche und dann entsprechend Schluss mache oder Schmalspur fahre, wenn es zu viel wird. Auch habe ich wenig Skrupel meine eigene Gesundheit in den Vordergrund zu stellen, auch, wenn dies auf Kosten der Qualität geht. So tappe ich nicht in typische Fallen derjeniger Lehrer, die das Lehrersein zu ihrem Lebensinhalt und Selbstbild auserkoren haben und nicht nur einen Job drin sehen.


    2) Ich habe den Glauben, dass ich als leistungsorientierter Lehrer ein wichtiges Gegengewicht zu all den Lehrern darstellen werde, die am liebsten die Noten entweder ganz abschaffen oder eine individuelle Benotung einführen würden und auch im jetzigen System dementsprechenden Unterrichtsstil haben.

  • Wobei die Frage nach dem Ansehen des Lehrerberufs zu einem nicht unbeträchtlichen Anteil auch von der Schulform abhängt. Gibt ja genug Studien, wonach Grundschullehrer ein recht hohes Ansehen in der Bevölkerung genießen, wohingegen das Prestige von Gymnasiallehrern tatsächlich stetig sinkt.

    Du magst recht haben, ich glaube solche Studien gibt es tatsächlich. Ich glaube die beziehen sich vor allem darauf, dass man von Grunschullehrerinnen denkt, sie seien pädagogisch kompetenter oder?
    Das mag ich ihnen auch zugestehen und gönne es ihnen. Wird wohl auch so sein, denn mein Studium enthält fast nichts in der Richtung.



    Würde mich mal interessieren, was genau da alles gefragt wurde in der
    Studie. Also war es eine Frage a la "Wie zufrieden sind Sie mit der
    Arbeit ihrer Grundschullehrerin / Gymnasiallehrerin" oder war es eine Frage a la "Wen halten sie für kompetenter?".


    Solang es nicht heißt, die Bevölkerung glaubt, dass die Primarlehrkräfte die besseren Fachwissenschaftler, also die besseren Physiker und Chemiker sind verglichen mit den Gymnasiallehrern, stört mich dieses Ergebnis nicht. Solange ich weiterhin besser bezahlt werde, kann mein "Prestige" durchaus schlechter sein.


    Das fachwissenschaftliche Ansehen (ja ich weiß, ein Lehrer ist in erster Linie Pädagoge) ist mir halt für meine Zufriedenheit am wichtigsten!
    Mit naturwissenschaftlichen Fächern am Gymnasium läuft man, durch Studien schlechtes Ansehen der Gymnasiallehrer gegenüber den Primarlehrer hin oder her, nicht Gefahr, dass jemand dieses stark in Frage stellt (von "richtigen" Studierten dieser Fächer abgesehen).


    "Das bisschen Physik Abiturwissen und das bisschen Chemie, das kann doch jeder" hört man von Bankangestelltem Franz nicht, wohingegen eine Bekannte mit Grundschullehramt sich öfter beschwert, dass man sie damit aufzieht: "Das bisschen Basteln mit den Kindern, was studiert man das überhaupt?". Mit anderen Worten, dem durchschnittlichen Bürger ist es klarer, dass man zur Vermittlung des Abiturwissens studieren muss, als für das Primarlehramt.


    Jede Lehrerform hat sein Päckchen zu tragen, wenn man mit negativ eingestellter Bevölkerung zutun hat. Die Form der Schmähung ist nur eine andere:
    Als Gymnasiallehrer ist man in den Augen der motzenden Bevölkerung ein "Fachidiot", der nur in seinen Fächern eine Kanone ist, aber mit Kindern gar nicht umgehen kann, als Primarlehrer ist man in deren Augen ein pädagogisches As und kann ganz toll mit Kindern und geht auf sie ein, unterrichtet aber nur Pillepalle und basteln.


    Beides ist natürlich nicht schön, wenn man so gesehen wird, aber ich gelte lieber als der unpädagogische Fachidiot als anders herum.



    Kann also schon sein, dass die Eltern denken, dass die Primarlehrer ihre Arbeit besser machen als die Gymnasiallehrer (vllt. ist das mit Ansehen gemeint?) ihre Arbeit.
    Ich selber werde da bestimmt auch besonders in die Schusslinie mancher Eltern geraten, wenn ihre Susi, die an der Grundschule doch immer nur Einser mit Fleißsternchen bekommen hat, nun auf einmal eine 5 nach hause schleppt, weil sie Physik nicht verstanden hat. Dann hab ich natürlich meine Arbeit schlecht gemacht ;)

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  • In der bekanntesten, aber zugegebenermaßen methodisch umstrittenen dieser Studien sollten die Befragten aus einer Auswahl von einigen Berufen die fünf heraussuchen, vor denen sie am meisten Achtung haben. Der Grundschullehrer wurde hierbei von 33 % gewählt, der Gymnasiallehrer von 14 %. Nach Gründen wurde da nicht gefragt.
    Vgl.: http://www.ifd-allensbach.de/u…reportsndocs/prd_0802.pdf


    Es gibt aber auch differenziertere Studien, die zeigen, dass heute zunehmend die Bedeutung der Primar- und auch Elementarstufe für den Bildungsprozess erkannt wird. Dies stimmt auch mit meiner Erfahrung überein. Dass ich gefragt worden wäre, wofür ich überhaupt studieren müsse, ist in meinem Freundes- und Bekanntenkreis bisher nur in bewusst ironischer Form geschehen. Im Gegenteil: Die meisten, mit denen ich über mein Studium rede, finden es vor allem recht interessant und respektabel, wie breit unser Studium aufgebaut ist.
    Dieses Klischee mit dem Basteln und Malen mag vielleicht vor 40 Jahren wirklich eine Berechtigung gehabt haben; ich glaube jedoch nicht, dass heute (in Zeiten, wo jetzt Gott sei Dank auch die Erzieherausbildung zunehmend akademisch wird) noch viele Leute ernsthaft des Sinn eines wissenschaftlichen Studiums für Grundschullehrer in Frage stellen.


    Für das schlechtere Abschneiden von Gymnasiallehrern habe ich jetzt keine empirischen Belege, aber nach meiner Meinung hängt das durchaus mit der mangelnden pädagogisch-didaktischen Innovation am Gymnasium zusammen, wie sie sowohl in Gesprächen mit Lehrern und Schülern an Gymnasien als auch in Beiträgen hier im Forum immer wieder durchschimmert.


    Für diese Ergebnisse spricht ja auch, dass es zum Beispiel in diesem Thread, wenn ich das richtig sehe, nur Gymnasiallehrer sind, die sich über mangelndes Ansehen ihres Berufs beklagen.


    Und bei der Susi muss natürlich geschaut werden, woran das liegt - höchstwahrscheinlich an einer mangelnden Passung des Lehr-Lern-Angebots an den Entwicklungsstand des Kindes. Und das ist natürlich etwas, das der Lehrer zu ändern hat. Das meine ich mit fehlender päd.-did. Innovation: Es wird einfach nur der Stoff durchgezogen und wer ihn nicht kapiert, der ist halt zu blöd. Aber das Fass müssen wir hier nicht wieder einmal aufmachen ...

  • Es gibt aber auch differenziertere Studien, die zeigen, dass heute zunehmend die Bedeutung der Primar- und auch Elementarstufe für den Bildungsprozess erkannt wird.

    Ich stimme damit überein, dass die Möglichkeit das Gehirn zu entwickeln und Intelligenz zu entfalten vor allem in den frühen Lebensjahren gegeben ist. Das betrifft also in erster Linie die Eltern und dann die Primarlehrer.
    Was an Grundstein nicht gelegt wurde lässt sich später schwer aufholen. Ich erkenne die überproportional wichtige Bedeutung der ersten Schuljahre (und auch der ersten Lebensjahre) bei der Entstehung von Bildungserfolg an. Man denke allein daran, wie leicht man als Kind Sprachen lernt und wie viel schwerer dies in höherem Alter ist.


    Nichts anderes sagen Elternschreck und ich eigentlich auch immer, nämlich, dass die Grundschule eine riesige Verantwortung hat, weil dort die Schüler für ihr ganzes Schulleben geprägt werden.
    Unterschiedlich war immer nur die Ansicht, worauf der Fokus liegen sollte.
    Ich war eben dafür die Kindern möglichst frühzeitig an Leistungsdruck zu gewöhnen und an diszipliniertes Arbeiten heranzuführen.


    Dieses Klischee mit dem Basteln und Malen mag vielleicht vor 40 Jahren wirklich eine Berechtigung gehabt haben; ich glaube jedoch nicht, dass heute (in Zeiten, wo jetzt Gott sei Dank auch die Erzieherausbildung zunehmend akademisch wird) noch viele Leute ernsthaft des Sinn eines wissenschaftlichen Studiums für Grundschullehrer in Frage stellen.

    Erzähl das mal meiner Bekannten, die leidet da schon drunter.

    Für das schlechtere Abschneiden von Gymnasiallehrern habe ich jetzt keine empirischen Belege, aber nach meiner Meinung hängt das durchaus mit der mangelnden pädagogisch-didaktischen Innovation am Gymnasium zusammen, wie sie sowohl in Gesprächen mit Lehrern und Schülern an Gymnasien als auch in Beiträgen hier im Forum immer wieder durchschimmert.

    Das kann durchaus sein.
    Einen anderen Grund sehe ich aber auch einfach darin, dass es an der Grundschule so lange Zeit keine Noten gibt (über die man sich beschweren könnte) und bei den meisten Schülern noch alles Friede, Freude, Eierkuchen ist.
    Am Gymnasium ist es dann schon eher mal so, dass ein Schüler schlechte Noten nach hause bringt oder nicht versetzt wird. Eltern wollen vor allem, dass das Kind gute Noten hat und in einer Schulform, wo eben nur die besten Schüler hingehen sollen und man die Möglichkeit hat zu schwache Schüler auf die Real- oder Gesamtschule umzuleiten, ist der Leistungsdruck eben schon ein wenig höher.

    Und bei der Susi muss natürlich geschaut werden, woran das liegt - höchstwahrscheinlich an einer mangelnden Passung des Lehr-Lern-Angebots an den Entwicklungsstand des Kindes. Und das ist natürlich etwas, das der Lehrer zu ändern hat. Das meine ich mit fehlender päd.-did. Innovation: Es wird einfach nur der Stoff durchgezogen und wer ihn nicht kapiert, der ist halt zu blöd. Aber das Fass müssen wir hier nicht wieder einmal aufmachen ...

    Es kann am Gymnasium (Elternschreck hat von 420 Schülern geschrieben) nicht direkt das Lehr-Lern-Angebot individuell an ein einzelnes Kind angepasst werden. Es können höchstens ein paar verschieden leistungsstarke Gruppen innerhalb der Klasse angesprochen werden.
    (Falls Du weiterhin meinst jeder der 420 einzelnen Schüler müsste einen individuell angepassten Plan bekommen, diskutiere das bitte mit erfahrenen Gymnasiallehrern und nicht mit mir)


    Es kann durchaus sein, dass man nicht den optimalen Zugang zur Förderung der Untergruppe der Leistungsschwächsten innerhalb seines Physikkurses gefunden hat. Ist eine Möglichkeit.
    Es kann auch durchaus sein, dass die Gründe bei Susi zu suchen sind. Vor allem, wenn andere Schüler mit den angebotenen Erklärungen und bereitgestellten Arbeitsmaterialien zu einem besseren Ergebnis kommen.


    Ich halte es für sehr schwierig zu entscheiden, ob die Schüler, die die Formel verstanden haben und anwenden können, dies deshalb können, weil sie einfach klug, interessiert, fleissig sind obwohl der Lehrer didaktisch z.B. Mist macht, oder, ob sie es erst durch die tolle didaktische Leistung des Lehrers schaffen, oder durch eine Mischung aus beidem zu unterschiedlichen Anteilen. Ebenso bei denjenigen, die es nicht verstehen.
    Woran willst Du festmachen, ob Susi falsch gefördert wurde (wenn Egon, der auch nicht viel klüger ist es z.B. durch dasselbe Lehrmaterial verstanden hat), oder einfach nichts von Physik versteht (sei es weil sie sich dafür nicht interessiert, kein räumliches
    Vorstellungsvermögen hat um sich die Bewegung vorzustellen oder was auch
    immer) und die Ansätze des Lehrers didaktisch einwandfrei waren.


    Zitat


    "Es wird einfach nur der Stoff durchgezogen und wer ihn nicht kapiert,
    der ist halt zu blöd."

    Das ist wieder Dein schwarz / weiß Denken. Es ist ja nicht so, dass ein Gymnasiallehrer nicht auch Dinge nochmal erklärt oder anderes Anschauungsmaterial bereitstellen würde, wenn er merkt, dass es auf eine Art bei manchen nicht zur Erkenntnis kommt. Es ist nur eben so, dass das Gymnasium als höchste Form der Schule sehr strikte Zeitpläne einhalten muss und eine gewisse Menge an Stoff bis zu den Prüfungen durchnehmen muss. Da hat man nur begrenzte Zeit und Ressourcen zur Verfügung ein Thema zu lehren und muss dann, selbst wenn es vereinzelt Leute gibt die es nicht zu verstehen geschafft haben, weiter ziehen.


    Das System zu ändern dahingehend, dass man solange bei einem Thema individuell verweilt würde zwangsläufig dazu führen, dass der Zeitplan nicht eingehalten werden kann. Man müsste dann für jeden Schüler ein individuelles Abitur, je nach dem wie weit er individuelle gekommen ist schreiben. Ich fürchte zwar, dass Du genau so etwas willst, aber das wäre mal wieder Unfug.
    Sollte dann die Uni wohl auch aufgreifen, wo jeder steht? Wenn sich jemand zur Chemie ins Studium einschreibt aber nicht weiß, wie die Atomhülle aufgebaut ist trotz Abitur, dann muss dem das an der Uni halt individuell beigebracht werden und da weiter gemacht werden, wo derjenige Schüler aufhörte?
    Nein nein, die Vermittlung eines vergleichbaren, einheitlichen Standards (der allgemeinen Hochschulreife) ist schon wichtig. Es ist jetzt schon ein Problem, dass ein Abitur in Bremen kein Abitur in Bayern ist. Würde man das individuell festlegen nach Schüler, würde alles zusammenbrechen.
    Wir brauchen verbindliche Standards. Darüber kann man nicht ernsthaft diskutieren. (Sieht das jemand ausser Plattenspieler anders?)


    Wenn Schüler, die ja trotz verschiedener Herangehensweisen an ein Thema, einfach nicht mit kommt und das in Regelmässigkeit, dann muss er auf eine andere Schule gehen, in der das Lerntempo langsamer ist.
    Also eine Schule, in der man inhaltlich als Schüler nicht so tief zu lernen hat wie das Gymnasium und wo mehr Zeit zur Verfügung steht für diejenigen, die langsam lernen.
    Genau dafür gibt es die verschiedenen Schulen. Wenn es am Gymnasium zu schwierig ist (und glaub mir, im Rahmen der Möglichkeiten von teilweise 420 Schülern wird schon versucht auch die langsamen mitzunehmen, mehr noch als die Besten zu fördern wie mir scheint) oder zu schnell geht, dann ist man eben nicht für das Gymnasium geeignet.

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  • Stimme ich in allen Punkten zu!!!
    Und die Sache mit dem Heranführen an Leistungsdruck besonders. So ist eben unsere Gesellschaft! Soll ich das in der GS leugnen oder die Kinder darauf vorbereiten????

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Und die Sache mit dem Heranführen an Leistungsdruck besonders. So ist eben unsere Gesellschaft! Soll ich das in der GS leugnen oder die Kinder darauf vorbereiten????

    Meiner Meinung nach natürlich die Kinder darauf vorbereiten.


    Ich möchte da einmal zwei Kategorien unterscheiden bei Lehrern, die das anders sehen:


    1) Da haben wir einmal den Lehrer, der es durchaus wichig findet die Schüler auf Leistungsdruck zu trainieren aber der Meinung ist, dass das behutsam sein muss. Also die Noten erst in späteren Klassen einführen, aber prinzipiell den Sinn hinter Leistungsdruck, sich Durchsetzen lernen usw. sieht.
    Ich würde zwar behaupten man könne gleich mit dem ersten Schuljahr damit beginnen, weil für die Kinder Schule eh was Neues ist, wo es eben von Anfang an Noten gibt (Schule eben), was die dann von Anfang an so mitbekommen und was für Kinder dann auch absolut normal sein würde, aber ich würde diesen Lehrertypus noch nicht als bedenklich sehen, denn an sich hat der Lehrer schon verstanden, dass diese Vorbereitung sein muss und ist nur über den Zeitpunkt unterschiedlicher Meinung.


    2) Die zweite Kategorie, zu der ich einige User hier im Forum zählen würde, nenne ich mal die "Sozialphantasten". Diese möchten die Schüler prinzipiell nicht an Leistungsdruck heranführen, zu keinem Zeitpunkt am besten bis zum Abschluss hin, aus dem Grund, dass sie sich selbst eine Gesellschaft wünschen würden, in der auch nach der Schule, in jedem Bereich der Gesellschaft, keinerlei Leistungsdruck, Konkurrenz, Oben und Unten herrscht.


    Es ist sozusagen das Leugnen der Welt, wie sie wirklich ist, bzw. das Wunschdenken einer utopischen Welt ohne Leistungsdruck, Konkurrenz, sich Durchsetzen, Gewinner und Verlierer, das diesen Lehrertypus dazu bringt die kleine Schulwelt so zu gestalten, als sei diese Utopie die Realität.
    Da hinein fallen auch alle Ansichten man müsste individuell Benoten, die Noten ganz abschaffen und so weiter.
    Diesen Lehrertypus halte ich für sehr gefährlich, denn wenn jemand die Schule gezielt aus utopistischen Gründen zu einem leistungsdruckfreien Ort macht (vielleicht in der unbewussten Hoffnung die Wirtschaftswelt würde sich dadurch auch von marktwirtschaftlichen Prinzipien, Druck, Konkurrenz, Leistung etc. verabschieden) bereitet den Schüler nicht auf das vor, was die Welt wirklich an Fähigkeiten verlangt.
    Es schwingt bei Plattenspieler zum Beispiel immer mit, die Uni müsste auch moderner werden und jeden Abiturienten da abholen wo er steht, denn man sollte ja jeden individuell fördern und jeder landet dann eben am Ende auf seinem individuellen Level.
    Weitergesponnen müsste auch jeder Arbeitgeber später jedem Arbeitnehmer dessen eigenes Arbeitstempo zugestehen und so weiter.


    Deshalb von mir die ganz große Warnung, macht doch bitte aus der Schule keine von idealisierten Utopien geprägte Schonwelt gegenüber dem wahren Leben, in dem es nun einmal Druck und Konkurrenz gibt, schön und hässlich, gut und schlecht. Damit wird so viel Schaden angerichtet, da sich die Welt nie so verändern wird, wie Sozialphantasten es sich insgeheim wünschen. Nur, wenn die Welt tatsächlich so wäre (ein soziales Phantasialand), wie sich das manch einer vielleicht träumt, DANN wäre diese Art von Schule die angemessene Vorbereitung auf eben diese Gesellschaft.
    Solange die Welt ist, wie sie ist, sollte man die Kinder auf genau diese Welt vorbereiten mit allem, was diese ausmacht!


    Darf ich mal fragen, ob bei den angesprochenen Lehrern dieses Typs die Hoffnung mitschwingt, dass die Welt vielleicht in der Realtität genauso wird wie die angesprochene Utopie, wenn man in der Schule bereits den Leistungsdruck usw. wegnimmt? Ist da irgendwie die Hoffnung die Gesellschaft langsam in diese Richtung zu verändern, indem man in der Schule mit der "Umkremplung" beginnt?


    Fände ich sehr gefährlich, wenn man solche Phantasien auf dem Rücken der Kinder austrägt, die eigentlich vorbereitet werden müssten sich Durchzusetzen auf dem Markt.

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  • Zitat Melosine :

    Zitat

    Silicium, studier doch endlich was vernünftiges, geh in die freie
    Wirtschaft, scheffele Geld (bei wenig Arbeit) und mach deiner elitären
    Verwandtschaft Ehre!

    Warum sollte er das, geehrte Melosine ? Nur, weil er ein realistisch denkender Idealist ist ?
    Ich finde es vollkommen richtig, dass unser geehrter Silicium unsere mageren Verdienstmöglichlichkeiten anprangert ! Die Verdienstmöglichkeiten sind (!) nun mal mit anderen Berufsgruppen verglichen, mager ! Ist man in der Schule deswegen fehl am Platz, wenn man unseren mageren Verdienst kritisiert ? Sind nicht letztendlich auch die Lehrer, die sich immer genügsam gegeben und bei der Obrigkeit niemals deswegen aufgemuckt haben, selbst Schuld ? Im GEW-Thread kam ja in diese Richtung die Kritik von einer Funktionärin, die nüchtern angemerkt hat, dass die GEW für die Interessen der Lehrer kaum etwas ausrichten könne, wenn sie nicht einmal zu den Demos kämen.


    Daher denke ich, dass unsere Kollegien mit zahlreichen kritisch denkenden Kollegen vom Schlage eines Siliciums dringend aufgefrischt werden müssten.


    Aber jetzt mal andere Beispiele aus der richtigen Arbeitswelt, abseits der Manageretagen : In meinem Bekanntenkreis kenne ich neben erfolgreichen und spitzenmäßig verdienenden Führungskräften der Freien Wirtschaft auch ein paar Zeitgenossen, die "nur" Facharbeiter geworden sind. So verdient ein ca. 40 Jahre alter Junggeselle und Tischler in einem mittelständischen Unternehmen im Monat so an die 2000 Euro netto, was ja nicht viel , aber auch nicht so ganz weit entfernt ist vom A12 Nettogehalt bei gleichem Status.


    Sicher, der junge Mann, muss in wechselnden Schichten 8 Stunden durcharbeiten, auf der anderen Seite ist die Arbeit wegen des großen Maschineneinsatzes auch körperlich nicht schwer.-Und nach den 8 Stunden hat er wirklich (!) Feierabend und muss sich keinen Kopf mehr machen.


    Die finanzielle Bilanz : In Arbeit und Brot seit dem 16. Lebensjahr. Nach der Lehrzeit Gesellenverdienst, der sich stetig gesteigert hat. In der Zeit bis zum vierzigsten Lebensjahr ein komplettes Reihenhaus abbezahlt sowie diverse schicke Autos gefahren, die selbstverständlich alle bar bezahlt wurden und werden. Heutzutage mehrere Kreuzfahrten im Jahr, natürlich nicht auf Prominentenlinern, sowie zahlreiche Events und kostpielige Städtetouren...


    Wenn man das hochrechnet, so sind wir Akademiker gegenüber normalen Arbeitnehmern zeitlich im Nachteil. Und irgendwie sehe ich für die Zeit des Studiums und der mageren Referendariatsjahre mit meinem A12- Gehalt keinen finanziellen Ausgleich.


    Abbezahltes Haus, regelmäßiger kostpieliger Urlaub, bar bezahlte Autos, obwohl über 15 Jahre älter als o.g. Tischler ? Dinge, von denen ich nur träumen könnte !
    Und diese Bilanz schon bei einem Vergleich mit einem "nur" Facharbeiter. Noch Fragen ? 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • "Daher denke ich, dass unsere Kollegien mit zahlreichen kritisch denkenden Kollegen vom Schlage eines Siliciums dringend aufgefrischt werden müssten."


    Siehst Du? Das meinte ich mit unpolitisch. Kritisch denkende Kollegen gibt es kaum im Lehrerzimmer.

  • Silicium ist heutzutage halt eines der seltensten Elemente in deutschen Lehrerzimmern (im Gegensatz zur wirklichen Welt...)


    Wie sieht denn die typische Verteilung der Kollegen und -innen im gymnasialen Lehrerzimmer aus?
    Vorsicht: Sarkasmus! Wer damit ein Problem hat, bitte nicht weiterlesen, sonst entdeckt er oder sie sich noch selbst in einer der Beschreibungen.


    1/3 Kolleginnen auf Teilzeit mit gut verdienendem Ehemann (Industrie / Finanzwirtschaft), die den "Lehrerinnenjob" als Selbstverwirklichung neben der Kindererziehung ansieht, man hat ja schließlich "studiert". Diese Gruppe lässt sich übrigens gerne vorzeitig pensionieren (im Zweifel aus "gesundheitlichen" Gründen), sobald der Ehemann in (die per Abfindung versüßte und vorgezogene) Rente geht. Auf die paar Euro Pensionsverlust kommt es bei der betrieblichen Zusatzversorgung des Ehemannes dann auch nicht mehr drauf an. Und diese Gruppe ist auch die erste, die immer wieder fragt, ob man bei den ganzen außerunterrichtlichen Veranstaltungen (die sie ja prinzipiell aus "pädagogischen Gründen" (Mutterinstinkt?) sinnvoll findet) wirklich teilnehmen muss, und wenn, ob man dann nach der Hälfte der Zeit gehen kann. Reagieren prinzipiell allergisch auf Überstunden.


    1/3 "Weltverbesserer/-innen und Sozialutopisten/-innen" mit abbezahlten (Reihen-)haus in einem "günstigen" Vorort, in welchem nur noch andere Lehrer, der Pfarrer und ältere Leute wohnen, vor allem aber nicht die eigene Schülerklientel! Dazu ein 10-15 Jahre alter Wagen, mit dem man wegen jeder Kleinigkeit unterwegs ist (so gar nicht "öko", aber geht ja nicht anders, weil es am Wohnort weder Lebensmittelgeschäfte noch Ärzte gibt). Oft in der GEW organisiert, finden das meiste "gut", was von dort kommt, und sind "immer auf Seiten des Schülers". Lehrer/-innen, die für alles Verständnis haben und öfters einmal die "Er/Sie hat sich doch so angestrengt"-Zwei im Zeugnis vergeben. Oft mit einem anderen Lehrer oder einer anderen Lehrerin verheiratet. Ein geschlossenes Ökosystem sozusagen.


    1/3 Vollzeit-Kollegen und -innen, die doch wirklich noch meinen, das Gymnasium müsse die "allgemeine Hochschulreife" vermitteln und die Schüler/-innen auf das "wirkliche Leben" vorbereiten. Die achten dann auch darauf, dass die Kerncurricula erfüllt werden, so ganz unindividualisiert. Diese Spezies von Lehrkräften hat dann auch noch tatsächlich den Anspruch, dass man einen Vollzeithob innerhalb der regulären ca. 1840 Jahresarbeitsstunden schaffen können muss, so wie andere Beamte auch. Und dass man dafür nicht auf Facharbeiterniveau bezahlt werden sollte. Aber diese Spezies nimmt im Zuge der natürlichen Selektion immer weiter ab, da der "Nachwuchs" fehlt, der studiert mittlerweile lieber etwas anderes. Insofern ist diese Gruppe langfristig nicht mehr relevant, was mittlerweile auch die Politik kapiert hat (Einheitsbesoldung nach A12 usw.).


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    7 Mal editiert, zuletzt von Mikael ()

  • Ein klein wenig getrickst wurde dabei schon:


    Man hat nicht die Berufsbezeichnungen Grundschullehrer und Gymnasiallehrer verwendet, sondern Grundschullehrer und Studienrat.
    Wer mag schon "Räte", noch dazu "Studien"-räte? Das klingt nach Staub, Hochnäsigkeit und Beamtentum.

  • WOW Mikael, bin beeindruckt... zähle mich mal zu letzterer Spezies dazu. Außer das mit den Stunden vielleicht. Aber ich bin je lernfähig *ggggg*


    Gibt es überhaupt noch "Studienräte" ??? Frägt man meine befreundeten Gym.-Lehrer was sie machen, betitelt sich jedenfalls keiner so.... mmmhhhh. ????

    "Du musst nur die Laufrichtung ändern..." sagte die Katze zur Maus, und fraß sie.

  • Zitat helmut64 :

    Zitat

    Wer mag schon "Räte", noch dazu "Studien"-räte? Das klingt nach Staub, Hochnäsigkeit und Beamtentum.

    Für mich nicht ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Ein klein wenig getrickst wurde dabei schon:


    Man hat nicht die Berufsbezeichnungen Grundschullehrer und Gymnasiallehrer verwendet, sondern Grundschullehrer und Studienrat.
    Wer mag schon "Räte", noch dazu "Studien"-räte? Das klingt nach Staub, Hochnäsigkeit und Beamtentum.



    Was ist daran getrickst? Studienräte sind in der Regel Lehrer an Gymnasien und Berufsschulen, während es für Grundschullehrer keine analoge Amtsbezeichnung gibt, oder irre ich?


    Und die Konnotation "staubig, hochnäsig etc." kommt doch nicht von der Terminologie, sondern andersherum: Das Wort wird derart konnotiert, weil man entsprechende Erfahrungen mit und Eindrücke von den entsprechenden Personen hat.


    Die Bezeichnung "Professor", wie sie in der Studie vorkommt, ist auch eine Amtsbezeichnung, und trotzdem sind die Professoren sehr gut bewertet worden. Aber bei den Studienräten soll es an der Bezeichnung liegen?


    Glaubst du tatsächlich, wenn stattdessen "Gymnasiallehrer" dort stünde, hätte die Berufsgruppe 'besser' abgeschnitten? Welchen Grund sollte es überhaupt geben, die Studie bewusst zu manipulieren?

  • Und die Konnotation "staubig, hochnäsig etc." kommt doch nicht von der Terminologie, sondern andersherum: Das Wort wird derart konnotiert, weil man entsprechende Erfahrungen mit und Eindrücke von den entsprechenden Personen hat.

    Und ich dachte Du bist so spezialisiert auf Sprache? Fällt das nicht auch in Sprachphilosophie?
    Weder geht es nur in eine, noch nur in die andere Richtung sondern in beide, Plattenspieler!
    Wie würdest Du das in Deinem Lieblingssatz ausdrücken: "Wenn man den Schwerpunkt Sprache studiert und das dann nicht weiß, finde ich das schon bedenklich". ;)
    Wenn in der Vergangenheit oder durch eine kleine Stichprobe die Menschen festgestellt haben, dass Studienräte hochnäsig sind, dann geht es freilich in die von Dir angesprochene Richtung. Man überträgt dann die Eigenschaften realer Personen auf ein Wort. Wenn diese Konnotation erstmal zustande gekommen ist, dann wirkt sie aber auch anders herum, nämlich auf Studienräte zurück. Das heißt, dass jemand, den man gar nicht kennt weil man mit der Person noch keine Erfahrungen gemacht hat, wird in ein bestimmtes Licht gerückt wird, sobald man über diese Person die Bezeichnung Studienrat äußert, wenn dieses Wort eine bestimmte Konnotation hat. Eigentlich doch logisch?



    Ob das Wort jetzt sehr negativ konnotiert ist sei mal dahingestellt, das kann schon gut sein. Mich würde auch mal interessieren wieviel % der Befragten bei der Studie überhaupt wussten, was ein Studienrat ist. Frag da mal z.B. Jugendliche auf der Straße in Stuttgart. Ich wäre mir nicht so sicher, dass allen klar war, was sich dahinter verbirgt. Man wird dann ja auch kaum den Studienrat wählen als Beruf, vor dem man Respekt hat, wenn man gar nicht genau weiß, was der eigentlich macht.


    Glaubst du tatsächlich, wenn stattdessen "Gymnasiallehrer" dort stünde, hätte die Berufsgruppe 'besser' abgeschnitten? Welchen Grund sollte es überhaupt geben, die Studie bewusst zu manipulieren?

    Ich gebe Dir da insofern recht, als dass ich auch nicht glaube, dass die Verwendung von "Gymnasiallehrer" als Begriff die Umfrageergebnisse sehr stark verändert hätte.
    Anders wäre das Ergebnis, logischerweise, bei entsprechend anderer Fragestellung. So wäre ich mir nicht sicher, ob Primarstufenlehrer immer noch vor den Gymnasiallehrern landen in einer Umfrage, in der man danach fragt, welchen Beruf der Umfrageteilnehmer selber gerne ergriffen hätte, wenn er frei wählen dürfte.
    Ich möchte den Primarstufenlehrer jetzt weiß Gott nicht mit dem Müllmann oder dem Altenpfleger vergleichen, aber auch bei diesen Berufen erwarte ich, dass sie z.B. bei einer Frage danach, ob man Respekt vor dieser Arbeit hat beziehungsweise wie es hieß die Arbeit "achtet", deutlich höher abschneiden, als zum Beispiel ein Investmentbanker. Einfach, weil man denkt, dass die Vertreter erstgenannter Berufe eine harte, moralisch gute Arbeit unter schlimmen Bedingungen machen. (Und von Gymnasialschülern denkt man nämlich landläufig sie seien ja schon so brav und gut erzogen, da sein unterrichten dann ja total einfach...)
    Fragt man aber, welchen der Berufe ein Umfrageteilnehmer ergreifen wollte, wenn sie selber die freie Wahl haben, glaube ich nicht, dass die Leute Müllmann würden anstatt Geld als Investmentbanker zu scheffeln.


    Ich will damit sagen, so eine Umfrage die danach fragt welche Berufe man "achtet" ganz viele Dinge vermischt. Achtung vor einem Beruf zu haben (z.B. vor Menschen die sich nicht zu fein sind den Hausmüller anderer zu entsorgen) heißt noch lange nicht, dass man glaubt die Personen dieses Berufsstands seien hoch gebildet, sehr intelligent oder würden ihre Arbeit überdurchschnittlich gut erledigen. Es kann genausogut die Äußerung dahinter stecken: "Respekt, ich könnte es nicht den ganzen Tag mit den nervigen kleinen Kindern aushalten, deshalb wähle ich Grundschullehrer" oder "Respekt, um Professor an der Uni zu sein muss man sooooo verdammt klug sein, ich wähle den Professor als Beruf, vor dem ich am meisten Achtung habe".
    Auch beim Arzt könnte man sich denken, dass die Achtung so groß ist, weil die eine so große Verantwortung tragen. Würde man Achtung damit übersetzen, mit welcher Berufsgruppe man am zufriedensten ist, würden Ärzte z.B. meiner Meinung nach nicht so gut abschneiden, da es auch sehr viele unzufriedene Patienten gibt.


    "Achtung vor etwas haben" oder wie es in der Umfrage auch heißt kann je nach Beruf den man da auf der Liste betrachtet ganz unterschiedlich interpretiert werden, eben auch von den ganzen Umfrageteilnehmern.

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

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