Geschichten korrigieren --> Aufwand vs. Nutzen!?

  • Hallo,


    ich bin nun seit einigen Jahren Lehrerin und habe die Geschichten, die meine Schüler (Klasse 2 und 3) geschrieben haben, immer sehr gewissenhaft korrigiert und Tipps darunter geschrieben. Die Schüler sollten dann mithilfe der Tipps die Geschichte noch einmal neu schreiben und dabei auch die Rechtschreibfehler verbessern. Das war für mich immer sehr aufwändig und die Schüler hatten meiner Meinung nach auch nicht unbedingt einen allzu großen Nutzen, da sie zum Umsetzen ALLER Tipps meist die Hilfe der Eltern benötigt haben (falls dies HA war). Nun könnte ich natürlich auch bei jedem Kind nur 2-3 Verbesserungsvorschläge darunterschreiben. Trotzdem müsste ich dann alle 25 Geschichten auf Rechtschreibung, Sprache und Inhalt überprüfen. So einen Aufwand kann ich natürlich nicht alle Tage betreiben. Daher habe ich mir überlegt, dass ich ich Zukunft nur noch so vorgehen möchte:


    Jeder Schüler schreibt eine Bildergeschichte (also alle Kinder zu denselben Bildern) und ich sammle diese anschließend ein. Zu Hause tippe ich eine "Klassengeschichte", die aus den Sätzen möglichst aller Kinder der Klasse besteht. Dabei nehme ich evtl. kleine Änderungen vor oder baue Fehler (allerdings keine Rechtschreibfehler) ein, sodass ich selbst Schwerpunkte setzen kann. Darunter schreibe ich dann 2-3 Verbesserungsvorschläge.


    Ich denke, dass die Kinder auf diese Weise weniger frustiert sind als wenn sie ein "verkritzeltes" Blatt von mir bekommen, auf dem wild herumkorrigert wurde :-). Und ich spare mich natürlich auch den Korrekturaufwand.


    Die Geschichten der Schüler würde ich dann nur mit einem Smiley kommentiert zurückgeben.


    Was meint ihr dazu? Spricht irgendetwas gegen diese Vorgehensweise? Sollte ich dabei noch irgendetwas beachten?


    Dankeschön und herzliche Grüße
    Stillefuchs

    • Offizieller Beitrag

    Hallo,


    werden dann nur noch Bildergeschichten geschrieben? Versteh ich gerade nicht, es müssen doch die verschiedenen Aufsatzthemen "abgearbeitet" werden.
    Ich kann aber den Gedanken verstehen, dass man einen riesigen Korrekturaufwand hat, aber viele Kinder keinen Nutzen daraus ziehen. Wir verzichten deswegen auf Zweitschriften. Die Aufsätze sind intensiv geübt, die Übungen wurden nachgesehen und verbessert, dann der Aufsatz geschrieben. Anschließend noch ein Zweitschrift anzufertigen bringt eigentlich keinem was.
    Aber aus den Texten aller Kinder einen fehlerhaften Text zu basteln finde ich etwas merkwürdig. Mir ist auch unklar, was das bringen soll.


    Grüßle,
    Melo

  • Vor allem habe ich immer wieder Kinder dabei, die supertolle Aufsätze schreiben, an alle Tipps denken und bei denen inhaltlich eigentlich nichts zu verbessern ist.
    Warum sollte ich denen einen fehlerhaften Aufsatz zurückgeben und sagen,... so ist nunmal das Niveau der Klasse...
    Damit würde ich den leistungsstarken Kindern so gar nicht gerecht.
    Ich finde auch, dass Aufsatz schrecklich viel Arbeit ist... und ich zweifel auch den Nutzen ein bisschen an.
    Aber ich denke, deine Idee solltest du besser nicht durchziehen...

    Das Leben ist unberechenbar. Iss das Dessert zuerst!

  • Zitat Stillefuchs :

    Zitat

    So einen Aufwand kann ich natürlich nicht alle Tage betreiben.

    Also erstmal finde ich es sehr gut, dass Du Dich aufwändig und intensiv reinkniest, um die sprachliche Ausdrücksfähigkeit und Rechtschreibung der Schüler zu verbessern !
    Leider ist es ja heute so, dass die Schüler, wenn sie zu uns in Klasse 5 an die Realschule kommen, dass sie, trotz guter Noten, derartige Rechtschreibmängel und mangelnde sprachliche Ausdrucksfähigkeit mitbringen, die einfach nicht zumutbar sind. Bedingt durch die allgemeine Leistungsherunternivellierung, die in unserem Schulsystem zu einem sehr großen Problem geworden ist (Das Ausland lacht schon schallend über unsere Schüler) werden sie von den Deutschkolleginnen irgendwie durchgeschlürt, natürlich auch wieder mit (unverdient) guten Noten.


    Darum, um wieder zum Thema zurückzukommen, finde ich es toll, wenn Ihr Grundschullehrerinnen in puncto Spracherziehung richtig reinknechtet und die Schüler fordert.


    Geknechtet und (zu sehr) gefordert seid natürlich besonders Ihr Lehrerinnen. Und Du hast damit Recht, dass der zeitliche Aufwand, wie Du ihn betreibst, für die einzelnen Lehrerinnen viel zu groß ist.


    Meine Meinung ist die, dass Ihr eigentlich doppelt besetzt sein müsstet. So kommt Ihr mit der erforderlichen Arbeit nicht hinterher. Natürlich hat es gesellschaftliche Ursachen, dass die Schüler, gerade in Deutschland, konsumorientiert, faul und nicht leistungsorientiert sind. Die gesellschaftlichen Ursachen könnt Ihr nicht beseitigen, aber mich erzürnt es immer wieder, dass die Bildungspolitik nicht dementsprechend reagiert und auch keine zusätzlichen Lehrer einstellt.


    Ihr befindet Euch daher in einem sehr großen Dilemma. Daher möchte ich mal fragen, inwieweit Ihr Grundschullehrerinnen schon mal Aktionen bei der Bezirksregierung unternommen habt, um die personelle Misere in den Griff zu kriegen. Man muss da wirklich auf die Barrikaden gehen.
    Ist natürlich auch misslich, dass z.B. die liebe GEW, die in Wirklichkeit keine Gewerkschaft ist, sich einen Kehricht um die Belange des Lehrer schert.


    Daher, geehrte Stillefuchs, ist es zunächst einmal von der Sache her richtig, dass Du den o.g. Aufwand betreibst, auf der anderen Seite wirst Du es so kräftemäßig nicht lange durchhalten und wirst den Aufwand reduzieren müssen, was auf Kosten der Qualität geht.


    Aber auf der anderen Seite habe ich auch schon lange den Eindruck, dass es unserer dekadenten Gesellschaft und Bildungspolitikern nur dann an Qualität interessiert sind, wenn sie kostenlos auf dem Rücken der Lehrer erzielt werden kann. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • HI,
    ich bin mir auch noch nicht sicher, wie ich es nächstes Schuljahr machen will. DIeses Schuljahr habe ich alle Kinder ein Geschichtenheft anlegen lassen, wo einige Kinder von sich aus (also im Zuge der Wahlaufgaben im Wochenplan) ganz viele eigene Texte geschrieben haben und einige Kinder nur die, die wir gemeinsam gemacht haben. Da gab es verschiedene "Formate", also mal zu einer Bildergeschichte, mal Reizwort, mal eine Fortsetzungsgeschichte. Ich habe die Geschichten dieses Mal alle auf Rechtschreibung korrigiert, aber nur die Sachen, die für die Kinder schon bekannt waren (nach und nach wurden es dann mehr Fehler, die angestrichen wurden). Ansonsten habe ich meist nur kurze Kommentare hingeschrieben, sowas wie "tolle Geschichte" oder "wie geht es weiter?" oder sowas oder einen Stempel.


    Mit dem Inhalt finde ich es noch schwieriger. Da haben wir auch einiges besprochen, z.B. treffende Überschrift, Einleitung, passende Adjektive etc. Da habe ich die Kinder einmal eine ihrer Geschichte so richtig anhand einer Checkliste überarbeiten lassen. Und das ist für Zweitklässler einfach noch sehr schwierig, da an alles zu denken. Bei dieser ÜBerarbeitung haben einige Kinder echt dicht gemacht.


    Gerade im 2. Schuljahr finde ich es auch wichtig, die Kinder einfach schreiben zu lassen, so dass sie Freude am Schreiben haben. Wenn sie zu jeder freiwillig geschriebenen Geschichte noch eine Überarbeitung (die sie im übrigen ohne Hilfe von mir oder ihren Eltern größtenteils einfach nicht schaffen) machen würden, würde das sicher schnell aufhören, dass sie freiwillig so viel schreiben. Dennoch finde ich es wichtig, das Überarbeiten zu üben und fast noch wichtiger finde ich, dass die Kinder ihre eignen Rechtschreibfehler verbessern (also natürlich ab dem Punkt, ab dem sie die Regel dafür kennen, denn das bringt meines Erachtens nach mehr als jede isolierte Rechtschreibübung auf Arbeitsblättern). Ich finde das schwierig da die Balance zu finden und natürlich sind die Kinder da teilweise demotiviert, wenn ich in ihren Geschichten viele Rechtschreibfehler angestrichen habe.


    Also du siehst ich habe keine wirkliche Lösung, aber ich kann mir das von dir vorgeschlagene Verfahren nicht für "meine" Kinder vorstellen, zumindest nicht als alleinige Textkorrektur.

  • Also, meines Erachtens ist die Überarbeitung von Texten Teil des Lehrplans, muss also mit den Kindern geübt werden und auch irgendwie abgeprüft werden.


    Aufsätze korrigieren finde ich auch ätzend, aber es hilft halt nichts. Ich denke, dass man den Kindern Tipps zur Verbesserung ihrer Geschichten geben muss, nur in einem Umfang, den sie bewältigen können. Gerade bei Übungsaufsätzen finde ich diese Vorgehensweise wichtig. Wie soll man aus seinen Fehlern lernen, wenn man sie nicht verbessern kann?


    Deine Idee mit dem Mustertext mit Fehlern finde ich nicht schlecht, wenn du auf bestimmte Fehler aufmerksam machen möchtest und die Kinder gezielt die Verbesserung üben lassen möchtest.


    Ansonsten kommst du meiner Meinung nach um eine ausführliche Korrektur aber nicht herum!


    :)

  • Danke für eure Rückmeldungen. Ich sehe es halt so: Wenn ich jede einzelne Geschichte korrigiere und Tipps gebe, sollten die Geschichten dann auch noch einmal überarbeitet werden, was wiederum die Schreibfreude bremst.
    Wenn die Geschichten nicht überarbeiten werden sollen, dann könnte ich sie ja einfach nur kurz kommetieren, indem ich ein paar Tipps darunterschreibe, die beim nächsten Mal beachten werden sollen. Fände es dann aber komisch, den Schülern einen Text mit vielen Fehler zurückzugeben, da viele Eltern "erwarten", dass korrigiert wird....


    @ Strubbelsuse: Ja, das meine ich ernst. Wieso auch nicht? Es geht ja nicht um benotete Aufsätze. Außerdem denke ich, dass die Schüler auch den Eindruck haben, dass ihre Geschichten wertgeschätzt werden, wenn eine "Klassengeschichte" daraus geschrieben wird. Was ist also so abwegig?


    @ caliope: Natürlich gibt es Kinder, die schon supertolle Geschichten schreiben. Aber es gibt auch Kinder, die schon super rechnen können und die müssen dann halt (trotz Differenzierungsbemühungen) auch mal Rechenaufgaben lösen, die für sie babyleicht sind ;-).


    Mit "Fehlern" einbauen meinte ich z.B., dass die Geschichte immer ähnliche Satzanfänge enthält oder dass ein Bild nicht vollständig beschrieben wurde.


    Auf diese Weise würden wir halt gemeinsam an typischen Fehlerschwerpunkten arbeiten und es wurstelt nicht jeder alleine vor sich hin...

  • Ich habe kombiniert gearbeitet.
    Also an vorgebenen Textbeispielen gemeinsam Geschichten verbessert und ausgewählte Texte inhaltlich überarbeiten lassen nach meinen Tipps.
    Wichtig: ausgewählte Texte, immer ist das nicht leistbar.
    Ggf. würde ich mit den Eltern am Elternabend dieses Thema besprechen und begründen, warum dann die Rechtschreibung nicht auch noch korrigiert wird. Das lässt sich ja leicht machen. Der chwerpunkt liegt dann auf dem Textschreiben und man will nicht gleichzeitig noch mit einem anderen Bereich (Rechtschreibung) frustrieren.


    Elternschreck:
    Danke!

    • Offizieller Beitrag

    Hallo!


    Es ist womöglich gar nicht vergleichbar, aber hier meine Erfahrung:


    ich bin Fremdsprachenlehrerin in der Sekundarstufe. Meine SchülerInnen sollen auch Texte schreiben. Da ich Teilzeit habe und mich ausprobieren wollte (noch vor dem Ref) habe ich sehr viele Texte von den Kids eingesammelt (also Hausaufgaben).
    Nach ein paar Texten bin ich dazu übergekommen, so vorzugehen:
    Jedes Kind hat eine Mappe / Heftstreifen. Jeder neue Text kommt in die Mappe.
    Als erstes Blatt oben steht ein Rückmeldebogen, der immer da bleiben muss.
    Ich korrigiere selbstverständlich jeden einzelnen Text, obwohl ich einigen SchülerInnen auch klar gemacht habe, dass ich mich aufs Gröbste konzentriert habe (SchülerInnen im 3. Lernjahr, die offensichtlich keinen Satz auf Deutsch schreiben könnten).
    Unter jedem Text schreibe ich Tips zur Verbesserung.
    Im Rückmeldebogen schreibe ich EINEN oder ZWEI Punkte (die wichtigsten), die ab jetzt besonders wichtig sind. Das ist für jeden SchülerIn unterschiedlich. Bei einigen SchülerInnen sind wir also wochen- bis monatelang auf dem Niveau "Verben konjugieren", "Jeder Satz hat ein Verb", "Verb nach Subjekt". Wenn ein Kommentar 3 mal auftaucht, gibt es Zusatzaufgaben zum Üben (ist natürlich für reines Aufsatzschreiben nicht sehr einfach, aber zum Beispiel einen falschen Text korrigieren / verbessern).
    Währenddessen sind meine besten SchülerInnen schon dabei, Texte mit Einleitung/Schluss, Subjonctif und vielen Relativsätzen zu schreiben.


    Durch den Rückmeldebogen sind sie gezwungen, beim nächsten Mal besser aufzupassen, weil sonst Zusatzarbeiten drohen.
    Zweitschrift lasse ich nicht schreiben. aber Hinweise auf Übungen, die wiederholt werden können.


    Chili

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