Warum überhaupt Schüler- und Elternpartizipation ?

  • Einen wunderschönen guten Abend !
    Als einer der wenigen Nicht-Gutmenschen unter den Pädagogen möchte ich meine Ressentiments gegenüber der maßlosen Schüler- und Elternpartizipation, zumindest auf NRW-Schulen bezogen, kund tun.


    Es kann doch einfach nicht sein, dass jeder Hans und Franz, der atmen kann aber sonst vom Tuten und Blasen keine Ahnung hat, in wichtigen Schulbelangen mitreden und abstimmen darf.


    Ich ärgere mich jetzt aus einem konkreten Grund : Seit ca. 2 Jahren unterrichten wir in Lehrerräumen. Nun sollen bald Eltern, Schüler und Lehrer in einer Schulkonferenz darüber befinden, ob das Lehrerraumprinzip bestehen bleibt oder nicht. Die Schüler- und Elternvertretungen können mit einer 2-Drittelmehrheit darüber abstimmen.


    Da frage ich mich wirklich, wie weit es mittlerweile in Deutschlands Schulen gekommen ist, dass wir Lehrer uns von unbedarften Laien in die Arbeit hineinpfuschen lassen müssen, von Schülern, die sich nicht so sehr an die Unterrichtseffizienz und Leistung orientieren sowie von Eltern, die es mit ihrer Erziehungspflicht auch nicht so genau nehmen und unsere Arbeit im Alltag eher behindern und in egoistischer Weise konterkarieren.-Sie alle ernennen sich selbst zu Experten in Schulbelangen !


    Ich frage mich, ob ich als Bürger überhaupt die Möglichkeit habe, außerhalb der Schule irgendwo in wichtigen Institutionen und Einrichtungen mitreden und entscheiden zu dürfen.
    Warum darf ich z.B. bei den Belangen und Dienstausführung des Finanzamtes nicht mitreden und mitbestimmen ? Schließlich wird das Finanzamt durch uns Steuerzahler unterhalten. Ich möchte jetzt auch darüber befinden, ob die Finanzbeamten in einzelnen Büros oder in einem Großraumbüro arbeiten.


    Und wieso darf ich bei den Banken nicht mitbestimmen, wie hoch der Zinssatz eines Darlehens allerhöchstens ausfallen darf ? Ich frage ja nur deshalb, weil ich durch meine Steuergelder in den letzten Jahren einige Banken gerettet habe.


    Wieso darf ich als Bürger nicht mitbestimmen, welche Fahrzeugflotte der Polizei zusteht und wie oft und wann sie Streife zu fahren haben ?


    Und die Offiziere der Bundeswehr : Müssen die wirklich in den Kasernen jeweils ein Einzelzimmer haben ? Ich denke, wenn mein Sohn dort als Gefreiter tätig ist, habe ich als Vater natürlich ein Wörtchen mitzureden und zu bestimmen. Und bei der Strategie der Bundeswehr möchte ich auch mitbestimmen. Ich war ja früher als Wehrpflichtiger auch Soldat und bin deshalb auch ein Experte.



    Jetzt werden natürlich einige pädagogische Gutmenschen einwenden, dass die o.g. Institutionen ja nicht direkt etwas mit der Bildung und Erziehung von Kindern zu tun haben und die Eltern ihre noch unmündigen Kinder uns anvertrauen.


    Apropos Kinder und unmündig : Ist es nicht so, dass alte Menschen wieder oft zu Kindern werden ? Habe ich dann die gleichen Mitbestimmungsrechte wie Schülereltern wenn ich z.B. meine Eltern einem Altersheim/Pflegeheim anvertraue ? Habe ich, wenn ich mich für ein Heim entschieden habe, da etwas zu melden in puncto Pflegekonzept, Ausstattung, Raumnutzung etc. ?


    Ach ja, in den Krankhäusern möchte ich auch noch zu diesem und jenem laabern und mitbestimmen.


    Ich denke, wir können noch etliche Beispiele heranziehen. Wir werden zu dem Ergebnis kommen, dass die Schule die einzige Institution ist, die sich das Hereinreden und Mitbestimmen durch Unbedarfte bieten lässt.


    Und es wird der Tag kommen, an dem wir eines Tages vor unserer Schulstubentür stehen werden und um Einlass bitten müssen, wenn wir Unterricht (!) abhalten wollen ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    Einmal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Zitat

    Ich ärgere mich jetzt aus einem konkreten Grund : Seit ca. 2 Jahren unterrichten wir in Lehrerräumen. Nun sollen bald Eltern, Schüler und Lehrer in einer Schulkonferenz darüber befinden, ob das Lehrerraumprinzip bestehen bleibt oder nicht. Die Schüler- und Elternvertretungen können mit einer 2-Drittelmehrheit darüber abstimmen.


    Das finde ich auch ziemlich schräg. Könnt ihr nicht mit Hinweis auf die im GG garantierte pädagogische Freiheit dieses Lehrerraumprinzip beibehalten?


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Willkommen am Stammtisch.


    Stellt euch vor. Unbedarfte Laien, die Luft holen können, aber weder Politik noch Wirtschaft studiert haben, die dürfen bei uns in Deutschland


    WÄHLEN!


    Ist das nicht empörend? Und dann kommen da auch noch so schräge Vögel wie die Piraten daher, die wollen sogar noch ganz viel mehr Mitbestimmung.


    Und die werden dann auch noch von all diesen Dummköpfen gewählt!


    Wie soll das alles enden.


    Vielleicht so: Wenn das Lehrerraumprinzip sich bewährt hat, die Schüler gut damit fahren und die Eltern das auch so sehen, und wenn gegebenenfalls Bedenken durch kluge Argumentation durch die Lehrer ausgeräumt werden können, dann wird es keine Mehrheit geben, die dieses Prinzip abschafft.


    Und wenn nicht: Dann bedient das Konzept nur Lehrerinteressen und wird zu Recht abgewählt.

  • Vorneweg: ich bin kein Fan der Elternschreck'schen Provokationsthreads, aber hier machen es sich die Kritiker doch etwas zu einfach. Aus der Hypothese, dass Schule für Schüler da sei (die ich in dieser Verkürzung auch für falsch halte: Schule (als Institution) ist für die Gesellschaft da, nur in zweiter Instanz für Schüler), folgt nicht zwingend, dass die Schüler die Strukturen mitbestimmen müssten. Die Autobahnen sind auch für die Autofahrer da, trotzdem entscheiden wir nicht (unmittelbar) darüber, wie das Verkehrsnetz ausgestaltet wird.


    Der Kritikpunkt von Elternschreck scheint mir auch nicht so sehr zu sein, dass es Schüler- und Elternpartizipation gibt, sondern dass diese in NRW (wieder) so ausgestaltet wurde, dass Eltern und Schüler im Gremium der Schulkonferenz eine komfortable Mehrheit haben, d. h. wenn die Lehrer, wie Piksieben vorschlägt, gute Argumente vorbringen und für ihre Anliegen werben, dann können die Elternvertreter und Schülervertreter das kaltlächelnd ignorieren. Und das scheint mir in der Tat zuviel es Guten. Und zwar insbesondere wenn um es um die Ausgestaltung der Arbeitsbedingungen geht.


    Nota bene: die Elternvertreter, die ich bislang erlebt habe, waren sehr vernünftige und verantwortungsvolle Zeitgenossen, und auch die Schülervertreter hatten zumeist das große Ganze mit im Auge, aber das muss ja nicht zwingend so sein.

    • Offizieller Beitrag

    philosophus: meine Aussage bezog sich auf das Zitat zum Lehrerklassenzimmer. Wenn das Lehrerklassenzimmer primär die Lehrerinteressen bedient, aber nicht die Schülerinteressen (und evtl. auch nicht die pädagogischen Interessen), dann steht es berechtigterweise in der Kritik, da die Lehrer nicht der Dreh- und Angelpunkt der Schule sind.


    kl.gr. frosch

  • Danke für die Konkretisierung, allerdings ist das Argument immer noch so schwach wie zuvor. Wieso müssen Lehrer- und Schülerinteressen sich eigentlich diametral gegenüberstehen – zumal im Zusammenhang mit der Einrichtung eines Lernraums? Will mir partout nicht einleuchten.

  • Und wenn nicht: Dann bedient das Konzept nur Lehrerinteressen und wird zu Recht abgewählt.

    Ich stelle immer wieder fest, dass die Berufsgruppe der Lehrer anscheinend mehr oder minder die einzige ist, die sich liebend gerne selbst geißelt und fremdbestimmen lässt.
    Egal wie nachteilhaft die Arbeitsbedingungen werden, solange die Kinder und Eltern es wollen muss es gemacht werden!
    Man stelle sich das mal in auch nur irgendeinem anderen Beruf vor, der verehrte Kollege Elternschreck hat bereits ein paar angeführt.


    Ein jeder Betrieb (bzw. die Leitung eines Betriebs) kann selber darüber entscheiden, ob er Kundenwünsche berücksichtigt (um mehr Kunden zu binden z.B.) und dafür eine Verschlechterung der Arbeitsbedingungen seiner Mitarbeiter in Kauf nimmt oder, ob die Verschlechterung der Arbeitsbedingungen das größere Übel ist als die Unzufriedenheit der Kunden.
    Lehrer haben anscheinend nicht die Möglichkeit dieser Abwägung, dort gilt in jedem Fall Zufriedenheit der Kunden > Verschlechterung der Arbeitsbedingungen, denn 2/3 Stimmen sorgen dafür, dass sich immer der Kunde durchsetzen wird.


    Beispiel:


    Die Kunden eines Supermarkts hätten gerne aufgeräumte Regale anstatt, dass die Waren da ungeordnet drinstehen. Der Betrieb entscheidet sich dafür dem Kunden diese Leistung zu bieten und weist die Mitarbeiter an anstatt easy peasy die Waren ins Regal zu feuern, diese akribisch auszurichten, was natürlich anstrengender ist.
    Der Kundenwunsch, dass die Mitarbeiter doch bitte zur Verfügung stehen einem die Waren herumzutragen wird abgeschmettert und in Kauf genommen, dass Kunden verärgert sind, weil sie Einkaufswägen vor sich herschieben müssen.
    Lehrer müssten nach einer Abstimmung darüber ab sofort auch die Einkäufe tragen. (Wer entscheidet sich schon gegen so einen Service?!)


    Auch eine Schule muss um Schüler konkurrieren und könnte sich entscheiden anzubieten das Lehrerraumprinzip aufzugeben, wenn sie meint dieser Schritt sei unbedingt notwendig um genug Schüler zu bekommen. In jedem Fall sollte es aber eine Entscheidung der Schule und deren Leitung, nicht aber die des Kunden, sein. Die Eltern und Schüler können entscheiden, ob sie ihr Kind auf diese Schule schicken möchten oder doch besser die Schule wechseln. So wie man auch sonst überall die Möglichkeit hat eine gebotene Leistung in Anspruch zu nehmen, oder eben woanders hin zu gehen!


    Man stelle sich vor in irgendeinem anderen Beruf hätte der Kunde die Möglichkeit an Entscheidungen mitzuwirken, die die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter betreffen und hätte 2/3 Stimmen!
    Das wäre absolut undenkbar!


    Versucht mal einem Arzt vorzuschreiben, wie er zu arbeiten hat. Ich kann mich höchstens entscheiden, ob ich eine Behandlung in diesem Krankenhaus durchführen möchte oder nicht.
    Wäre schön, wenn mir die Krankenschwester die ganze Behandlung den Nacken krault, weil 2/3 der Kunden das so wünschen, aber dem ist nicht so.


    Bevor das Argument kommt, dass die Schule eine öffentliche Einrichtung ist und, dass deshalb andere Maßstäbe gelten: War jemand schon mal auf einem Bürgerbüro? Ich hatte bislang nicht den Eindruck, dass dort alles getan wird um meine Wünsche als Kunde zufrieden zu stellen und, dass ich auch nur irgendetwas mitentscheiden könnte. Ich würde alleine schon dafür abstimmen, dass die Mitarbeiter ihre Privatgespräche unterbrechen müssen, wenn ich als Kunde während der Geschäftszeiten seit 5 Minuten vor ihnen stehe und ein dringendes Anliegen habe. Aber selbst diese Verschlechterung der Arbeitsbedingungen / Verbesserung der Kundenbedingungen steht nicht zur Abstimmung. Warum nehmen sich die Mitarbeiter diese Freiheit? Weil sie es können und wollen!


    Warum wollen Lehrer unbedingt, dass man frei über sie entscheiden kann auch zu deren Nachteil? Wir wissen alle, dass Lehrer die unangesehensten Akademiker sind und viel Negatives in sie projiziert wird! Wie soll man dann davon ausgehen, dass die Eltern und Schülern dem Feindbild Lehrer (okay, nicht alle sind so, aber die Gefahr besteht bei Unzufriedenheit IMMER) so viel Abstand entgegen bringen, dass sie bei ihren Entscheidungen in fairer und angemessener Weise die Verschlechterung von Arbeitsbedingungen im Blick haben?
    Lehrer haben morgens recht und nachmittags frei, da kann man doch ein bisschen Mobilität während der Pause verlangen. Soll der Lehrer doch die Zeit der Pause nutzen um den Raum zu wechseln, er hat doch nachmittags genug frei.


    Das gilt für tausende Entscheidungen, bei denen man Eltern und Schüler beteiligt. Lehrer sollen in Zukunft zuhause vorbeischauen, wenn es Probleme bei den Hausaufgaben gibt? 2/3 finden den Service klasse!
    Wo sind die Grenzen? Sprich, welche Themen kommen bei solchen Entscheidungen unter Lehrer- und Schülerbeteiligung auf den Tisch?
    Ich sehe diese ganze Mitbestimmerei durch Kundenseite auch sehr sehr kritisch.


    Nicht ohne Grund entscheiden Experten, was ein Krankenhaus zu leisten haben muss (auch rechtlich!) und nicht der Patient mit einer lapidaren Abstimmung mit 2/3 Mehrheit.


    Wir sind Experten für die Lehre, aber lassen uns bereitwillig alle Arbeitsbedingungen diktieren?


    Dass das bislang anscheinend funktioniert liegt vor allem am Gutmenschentum des Großteils der Lehrerschaft! Die Schüler und Eltern entscheiden sich dafür die Arbeitsbedingungen der Lehrer zu verschlechtern, die Lehrer arbeiten nicht weniger engagiert, murren nicht (oder werden aus den eigenen Reihen beschossen), denn zum Wohle des Kindes muss man ja trotzdem vollen Einsatz bringen und jede Entscheidung mittragen.

  • Ein großes Problem sehe ich auch in der Begriffswahrnehmung. Das merkt man finde ich auch bei Piksiebens Beitrag.
    Wenn man allein hört, dass es ein Mitbestimmungsrecht geben sollte, dann ist das dem Klang nach per se schon einmal gutzuheißen. Mitbestimmungsrecht ist an sich immer eine tolle Sache.
    Von dieser Illusion muss man aber Abstand gewinnen!
    Man überlege sich nur mal, man wollte mitbestimmen welche Scheine man überhaupt für einen Studienabschluss braucht. Wäre doch auch toll als Student des betroffenen Studiengangs da mitbestimmen zu können?
    Natürlich wird das dazu führen, dass die Mehrheit dafür stimmt, dass weniger Scheine nötig sind.
    Nicht jede Mitbestimmung ist also sinnvoll!

    Ich halte es auch nicht für absolut indiskutabel, ob es sinnvoll ist, dass jeder Hans und Franz ohne Ahnung von irgendetwas abstimmen kann. Ist eine andere Baustelle. Aber man stelle sich vor JEDE Entscheidung der Politiker, zum Thema Haushalt, Außenpolitik usw. wäre ein Volksabstimmung auf total demokratischer Basis. Ob das so toll wäre Piksieben?
    Ich denke das Konzept, dass in manchen Bereichen Experten Entscheidungen treffen und nicht die reine Mehrheit ist oftmals schon gar nicht so schlecht.
    Warum in der Schule den Laien so viel Macht einräumen?

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Und wenn nicht: Dann bedient das Konzept nur Lehrerinteressen und wird zu Recht abgewählt.


    Wieso dürfen Lehrer kein Interesse an ordentlichen Arbeitsbedingungen haben? Und dienen ordentlich Arbeitsbedingungen für Lehrer nicht auch dazu, dass sie ihre Arbeit ordentlich machen können, also letztlich Schülern?


    @Silicium
    Wer ist an einer Schule Kunde? Derjenige, der für die Dienstleistung zahlt (also das Land, welches die Lehrer bezahlt, der Kreis, der die "Produktionsmittel" bereitstellt)? Derjenige, der per Gesetz zwangsverdonnert wird, dahin zu gehen (Schüler)? Die Eltern?


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.

  • Dem hervorragenden Beitrag unseres geehrten Siliciums schließe ich mich voll an !


    Zitat Silicium :

    Zitat

    Ich stelle immer wieder fest, dass die Berufsgruppe der Lehrer
    anscheinend mehr oder minder die einzige ist, die sich liebend gerne
    selbst geißelt und fremdbestimmen lässt.

    Ja, so ist es !


    Zitat kleiner gruener frosch :

    Zitat

    ... weil im Mittelpunkt der Schule nicht die Lehrer, sondern die Schüler stehen sollen.

    Und genau deswegen (!) haben wir uns aus pädagogischen Gründen für das Lehrerraumprinzip entschieden !
    Angefangen von der besseren materiellen Ausstattung (optimale Medien, die sich die Kollegen selbst besorgt haben,bereitliegende Unterrichtsmaterialien), zügigeren und effizienteren Unterrichtsverlauf, da die Lehrer nicht wandern müssen und im Raum schon auf die nächste Klasse vorbereitet sind, kein Vandalismus und Mobbing mehr in den kleinen Pausen etc. Summarum das Lehrerraumprinzip als Optimierung der Unterrichtseffizienz. Um Unterrichtseffizienz muss es doch in der Schule gehen, oder bin ich da auf einem falschen Dampfer ?


    Und die Gegenargumente unserer lieben Schüler und deren Eltern ? Die Schüler wollen einfach nur nicht mehr ein paar Meter gehen ! Es würde sie zu sehr anstrengen. Ich bezeichne es als Nicht-Gutmensch ganz einfach als Faulheit !


    Daher frage ich mich immer mehr, in was wir für einem Land wir eigentlich leben, in denen es Schülern und (vor allem) Eltern eher um die Bedienung der (körperlichen) Bequemlichkeit als um die Qualität des Unterrichts geht.


    Ich meinerseits werde, falls es zur erwartenden Abschaffung des Lehrerraumprinzips kommt, aus organisatorischen Gründen auch keinen besonders abwechslungsreichen Unterricht mehr machen können.-Dann machen wir halt eben nur DNF (Dienst nach Forschrift).


    Mir geht es jetzt in diesem Thread weniger um das Diskutieren über die Vor- und Nachteile des Lehrerraumprinzips sondern um die Frage, ob es wirklich sinnvoll ist, Schüler und Eltern entscheiden zu lassen, unter welchen Rahmenbedingungen wir Lehrer zu arbeiten haben. Dass etlichen Schülern und Eltern die eigentliche Unterrichtsqualität in Wirklichkeit völlig piepenhagen ist, ist mir in den letzten Wochen noch einmal vor Augen geführt worden.


    Die Schüler stehen im Mittelpunkt unseres Bestreben ! Einzig wir (professionellen) Lehrer können entscheiden, was für die Schüler sinnvoll ist und wie wir die größtmögliche Unterrichtseffizienz herstellen.


    Von daher plädiere ich für eine zukünftige Nichteinmischung von Schülern und Eltern in entscheidenden schulischen Belangen ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Wer ist an einer Schule Kunde? Derjenige, der für die Dienstleistung zahlt (also das Land, welches die Lehrer bezahlt, der Kreis, der die "Produktionsmittel" bereitstellt)? Derjenige, der per Gesetz zwangsverdonnert wird, dahin zu gehen (Schüler)? Die Eltern?

    Kunde sind natürlich die Eltern, die Steuern zahlen und damit finanzieren, dass ihre Kinder die Dienstleistung "Schulbildung" erhalten. Mittelbar sind also auch die Kinder die Kunden, da sie lediglich noch nicht selber Steuern zahlen. Wenn ein Kind mit dem Geld der Eltern in einen Laden geht ist es dort ja schließlich auch Kunde.
    Dass es eine Schulpflicht gibt hat damit zutun, dass der Staat keinen Sinn darin sieht Leute durchzufüttern mit Sozialleistungen, welche keine Lust auf Schulbildung haben und sich somit fast zwangsläufig in die soziale Hängematte begeben.


    Klar sind es sozusagen Zwangskunden. Ich bin auch Zwangskunde, wenn ich aufs Bürgeramt muss weil mein Perso abgelaufen ist, da ich verpflichtend einen gültigen brauche. Aber kann ich daraus das Recht ableiten, dass ich aus diesem Zwang deshalb mit über die Arbeitsbedingungen der Mitarbeiter da entscheiden kann? Wohl kaum. Warum an der Schule?

  • . Dass etlichen Schülern und Eltern die eigentliche Unterrichtsqualität in Wirklichkeit völlig piepenhagen ist, ist mir in den letzten Wochen noch einmal vor Augen geführt worden.

    Genauso ist es!


    Ein Beispiel:
    Den meisten Eltern, die ich kennengelernt habe ist es z.B. gar nicht so wichtig, ob die Kinder inhaltlich genug lernen, sondern, dass nur ob sie gute Noten und Zeugnisse bekommen. Wofür ist dann ziemlich egal. Von Chemie und Physik verstehen die meisten Eltern inhaltlich eh nichts, aber wenn das Kind ne 2 hat ist alles paletti.
    Sie würden es lieber haben, dass das Kind eine gute Note hat und nichts dabei gelernt hat, als dass ein Kind mit schlechter Note nach Hause kommt aber viel gelernt hat. Sind nicht alle so, aber doch sehr viele denken so! Auch auf Schüler trifft das großteils zu. Kann ihnen eigentlich auch niemand verdenken, aber deshalb ist eine Beteiligung an Entscheidungen sehr gefährlich:


    Entscheidungen, die die Unterrichtsqualität senken und das Niveau nivellieren könnten (sofern sie dadurch leichter gute Noten erzielen würden oder sich weniger anstrengen müssten) würden von diesen Beispiel mit ziemlicher Sicherheit begrüßt und schnell mal von einer 2/3 Mehrheit abgesegnet.


    Das Beispiel von Elternschreck mit den faulen Schülern, die einfach keine Lust haben durchs Schulgebäude zu laufen und dafür in Kauf nehmen, dass im Gegenzug der Unterricht methodenärmer wird ist dafür bezeichnend.





    Einzig wir (professionellen) Lehrer können entscheiden, was für die Schüler sinnvoll ist und wie wir die größtmögliche Unterrichtseffizienz herstellen.

    Genau!
    Ich gebe zu, dass ich als Schüler damals trotz meines durchaus starken Interesses an manchen Fächern durchaus nicht abgeneigt gewesen wäre die Unterrichtseffizienz insgesamt gering zu halten. Und ich gehörte noch zur Minderheit der Schüler, die wirklich Lernen wollten und Schule nicht als reinen Ort der Pflege von Sozialkontakten und Bühne für Selbstdarstellung, das andere Geschlecht und Mode sahen.
    Lernen ist in der Regel anstrengend und je effizienter der Unterricht, desto mehr lernt man und desto anstrengender ist er. Ein Bruchteil der Schüler möchte das überhaupt, die meisten wollen es möglichst seicht!
    Schließlich hat man (zurecht) auch anderes im Kopf als Schule und wenn man schon selber mitbestimmen darf, wird man recht sicher Entscheidungen treffen, die den Unterricht weniger anstrengend machen oder den Lehrer mehr in die Verantwortung für Notenerfolge nehmen um nicht selber verantwortlich zu sein.

  • Einfache Antwort:


    die Schule erwartet von mir als Mutter auch Mitarbeit, die ich tatsächlich gerne erfülle. Im Gegenzug erwarte ich die Möglichkeit der Partizipation. Mein Ziel ist es ja nicht den Lehrplan zu ändern (ich als selber Lehrerin weiß das auch), trotzdem bin ich schon froh, wenn man mich auch mal nach meiner Meinung fragt... und das nur, weil ich mündiger Bürger bin...und im Übrigen: ich erwarte von der Schule meines Sohnes auch, dass sie daran mitarbeiten, dass er ein mündiger Bürger wird (steht auch so im Schulgesetz)...


    Warum mich dieses Thema gerade berührt: Kindergarten von Kleinsohn hat vor einiger ZEit den Träger gewechselt. Ich war immer eine superengagierte Mama, auf die man auch gerne mal zurückgegriffen hat Geld und Arbeit wurde immer gerne genommen. Ich habe das immer sehr gerne gemacht. Es geht schließlich um MEIN Kind (ich denke auch, dass ist er Antrieb aller Eltern mit seltsamen Meinungen). Nach Trägerwechsel läuft die Kommunikation leider nicht mehr so großartig, dadurch hat sich eigentlich mein freiwilliges Engagement sehr verringert. Gewünscht wird es trotzdem...

  • Zitat

    die
    Schule erwartet von mir als Mutter auch Mitarbeit, die ich tatsächlich
    gerne erfülle. Im Gegenzug erwarte ich die Möglichkeit der
    Partizipation.

    Huch? Ich wusste gar nicht, dass ich Mitarbeit der Eltern erwarte.
    Wenn tatsächlich mal eine Mutter bereit wäre mir nach dem Schulvormittag beim Spülen der Reagenzgläser oder dem Putzen der Gerätschaften zu helfen oder mir zwischendurch mal Schnittchen gebracht würden, wäre das sicher toll.


    Aber selbst wenn dem so wäre, würde ich glaube ich immer noch liebend gern auf die Mitarbeit verzichten, wenn die Gegenleistung ist, dass über meine Arbeitsbedingungen abgestimmt werden kann.
    Im Moment ist es aber so, dass ich vermutlich keine Mutter als freiwillige Mitarbeiterin haben werde, und im Ausgleich dafür aber trotzdem solche Abstimmungen stattfinden werden, in denen die Mutter dann schön die Hand hebt, wenn abgestimmt wird, ob Lehrer ab jetzt öfter Übungsklausuren anbieten sollen vor jeder Klausur, damit die Kinder besser vorbereitet sind. Doof. Ich mag doch gar nicht noch mehr korrigieren.
    Reicht ja schon, wenn wie im obigen Fall Elternschreck gezwungen wird ständig die Räume zu wechseln, nur, weil die Schüler zu faul dazu sind. Wehret den Anfängen.

    trotzdem bin ich schon froh, wenn man mich auch mal nach meiner Meinung fragt...

    Von mir aus kann man ja die Mütter ja gerne nach ihrer Meinung fragen. Und dann eben trotzdem das machen, was man aus profesioneller Sicht für sinnvoll hält.


    Ich war immer eine superengagierte Mama, auf die man auch gerne mal zurückgegriffen hat Geld und Arbeit wurde immer gerne genommen.

    Sieh es doch mal so, jetzt bist Du nicht nur Mama, sondern auch eine superengagierte Lehrerin, auf deren Zusatzarbeit und Geld nun auch die Eltern Deiner Schüler gerne zurückgreifen, wenn es um die Anschaffung von Lernmaterial und um zusätzliche Leistungen für deren Kinder geht.


    Nach Trägerwechsel läuft die Kommunikation leider nicht mehr so großartig, dadurch hat sich eigentlich mein freiwilliges Engagement sehr verringert. Gewünscht wird es trotzdem...

    Gewünscht wird vieles. Das Stichwort ist tatsächlich "freiwilliges Engagement". Ich halte die Mitarbeit von Eltern an der Schule auch für freiwillig (ich persönlich würde die gar nicht wollen!) und daraus dann wie Du schreibst, im Gegenzug die Möglichkeit der Partizipation als Recht abzuleiten ist eben falsch.
    Ich kann nicht etwas freiwillig machen und dann erwarten, dass ich dafür Rechte bekomme. Wenn das so läuft, dann muss derjenige, der die freiwillige Hilfe in Anspruch nimmt die Entscheidungsmöglichkeit bekommen, ob er die Hilfe überhaupt noch will, wenn da solche Bedingungen dran gebunden sind.




    Kleiner Nachtrag:
    Superengagierte Eltern mit Verbesserungsvorschlägen sind mir persönlich so lieb wie einem Arzt Patienten, die schon mal in vorbildlicher und engagierter Weise einige passende Krankheitsbilder im Internet recherchiert haben und diese dann ausgedruckt mit zur Sprechstunde bringen, um "die Diagnosestellung zu verbessern". Dementsprechend verhält es sich eben mit "Unterrichts- und Schulverbesserungsideen" von Eltern bei mir.

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Huch? Ich wusste gar nicht, dass ich Mitarbeit der Eltern erwarte.


    Huch? Ich wusste gar nicht, dass du jetzt schon im Schuldienst bist. Oder sogar schon "die Schule" als Institution personalisierst?
    Es geht bei der Mitarbeit der Eltern auch gar nicht darum, den Lehrern als Leibeigene zur Verfügung zu stehen, sondern um Beteiligung am Schulleben, das ohne Eltern oft gar nicht stattfinden kann (bzw. ohne Eltern auch nicht immer sinnvoll ist), aber durchaus pädagogische Bedeutung hat.


    Davon aber mal abgesehen hat Silicium zumindest damit recht, dass Eltern gerne ihre Meinung einbringen können, aber eine 2/3 Mehrheit für Schüler und Eltern gegen eine 1/3 Minderheit der pädagogischen Fachleute ist IMHO Schwachsinn!

  • Zitat jole :

    Zitat

    die Schule erwartet von mir als Mutter auch Mitarbeit

    Häh ? Welche Mitarbeit ?


    Als sogenannte Mitarbeit erwarte ich als Lehrer lediglich, dass die Eltern ihre Kinder vernünftig erziehen, sie pünktlich in die Schule schicken und mich bitte (!) in Ruhe lassen. Na gut, auch das könnte man unter Mitarbeit verstehen.


    Wenn Eltern z.B. für irgendeine Schulveranstaltung Kuchen backen etc. leitet es für mich noch nicht ab, dass sie in pädagogischen Dingen mitzubestimmen haben.


    Meine Mutter z.B. hat in unserer Katholischen Kirchengemeinde sehr vieles ehrenamtlich geleistet. Trotzdem durfte sie nicht in Belangen des Bischofs und des Priesters irgendwo mitbestimmen. In der evangelischen Kirche sieht es da auch nicht besser aus.


    Zitat jole :

    Zitat

    trotzdem bin ich schon froh, wenn man mich auch mal nach meiner Meinung
    fragt

    In meinem konkreten Fall wäre ich auch durchaus bereit, mir Kritikpunkte und Verbesserungsmöglichkeiten hinsichtlich des Lehrerraumprinzips anzuhören oder auch ggf. konstruktive Vorschläge seitens der Schüler und Eltern zu prüfen. Aber ist es wirklich sinnvoll, dass Eltern und Schüler den Daumen drauf haben, wie wir zu arbeiten haben ?

    Zitat

    ... und das nur, weil ich mündiger Bürger bin...

    Eltern und Schüler sind in Bezug auf pädagogische Entscheidungen nun mal nicht mündig und können es auch gar nicht sein. Wären sie es, hätten wir uns unser Lehramtsstudium komplett sparen können. Als "mündiger" Patient darf ich auch nicht entscheiden, wie der Chirurgiesaal eingerichtet zu sein hat.


    Etliche "mündige" Schüler und Eltern, die darüber befinden, ob wir unseren Lehrerraum behalten dürfen oder nicht, habe ich am Christi Himmelfahrt und Fronleichnamstag auf dem Sportplatz volltrunken betrachten dürfen. Abgestürzte Siebtklässler im Beisein ihrer Eltern, pöbelnde und randalierende Jugendliche (etliche von unserer Schule) auch mit Wissen der Eltern, die sich selbst einen ordentlich in die Lampe gegossen und sich nicht gerade fein benommen gehaben (Einige haben auch ordentlich Müll außerhalb der Mülltonnen hinterlassen)...Gut dass man in unserer Kleinstadt und umliegenden Dörfern alles (!) mitkriegt und jeden kennt. Auch diese "mündigen" Bürger befinden über Sein- und Nichtsein unserer Arbeitsumgebung.-Noch Fragen ? 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    Einmal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • seit gestern lese ich hier eifrig mit und muss zugeben: ich wusste gar nicht, dass die schüler der sek 1 auch stimmrecht haben in der schuko. in der primarstufe ist das verhältnis 1/2 eltern, 1/2 lehrer, wenn man es passend begründet, bekommt man eigentlich alles durch, bei dem sich das kollegium weitgehend einig ist. die argumente, die "von außen" kommen - z.b. durch eltern, die in der freien wirtschaft tätig sind, finde ich immer sehr fruchtbar - denkanstöße, die oft weiterhelfen oder bestätigen.


    für mich persönlich hat es einen komischen beigeschmack, wenn 13-jährige über etwas mit abstimmen dürfen, das für alle schüler und lehrer und über jahre hinweg gültigkeit hat. die schülermeinungen zu hören, fände ich sinnvoll, aber abstimmen... ?


    nach längerer zeit mal wieder meine bitte @silicium: DU bist nicht DIE institution schule und du schwebst anscheinend gerade zwischen deiner eigenen schülerperspektive und der sich anbahnenden lehrerperspektive. ich weiß, das hört man als student nicht gern, aber: komm' erst mal in der praxis an und in 15 jahren liest du einige deiner beiträge aus 2012 dann vielleicht hochroten kopfes....

  • Zitat Linna :

    Zitat

    nach längerer zeit mal wieder meine bitte @silicium: DU bist nicht DIE
    institution schule und du schwebst anscheinend gerade zwischen deiner
    eigenen schülerperspektive und der sich anbahnenden lehrerperspektive.
    ich weiß, das hört man als student nicht gern, aber: komm' erst mal in
    der praxis an und in 15 jahren liest du einige deiner beiträge aus 2012
    dann vielleicht hochroten kopfes....

    Trotzdem sind seine Beiträge gut !


    Und in 15 Jahren werden wir alle hochroten Kopfes wahrnehmen, wohin uns die Kuschelpädagogik und wirkungsvolle Einmischung durch Schüler und Eltern geführt hat.


    Ich denke, unser geehrter Silicium wird sich dabei auf die Schulter klopfen dürfen, dass er schon 15 Jahre vorher als Nur-Student die Schwachstellen in unserem Schulsystem erkannt und sich darüber frank und frei, ohne Schere im Kopf, geäußert hat.-Und ich werde stolz darauf sein, ihn gekannt zu haben ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    Einmal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

  • Irgendwo in diesem Forum stand ein schöner Satz, den ich gerne in entsprechendem Kontext zitiere: Es gibt nur 2 Experten für die Schule: Hinz und Kunz.


    Wird in meinem arbeitgebenden Institut von Kollegen wachen Verstandes verstanden.


    Grüße
    Raket-O-Katz

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