Schülerin verletzt sich selbst

  • Hallo !


    Ich habe eine Schülerin in meiner Klasse, die mir in den letzten Wochen aufgefallen ist, eigentlich ist sie sehr offen, fröhlich und äußerst gut in der Schule!
    Doch jetzt ist sie sehr verschlossen, sie wirkt traurig und möchte in den Pausen immer alleine sein.
    Ich weiß, dass ihre Mutter vor einem Jahr an Leukämie erkrankt ist, aber eigentlich konnte sie damit relativ gut umgehen.
    Ich habe sie dann gestern auf ihr Verhalten angesprochen, weil sie auch sehr zickig zu meinen Kollegen und auch zu mir war.
    Ich habe gefragt was in letzter Zeit mit ihr los sei.
    Erst hat sie abgeblockt, doch dann hat sie erzählt, dass sie sich gar nicht mehr mit ihrer Mutter versteht, dass ihre Mutter jeden Tag weint, und ihr nur Vorwürfe mache.
    Ich habe von anderen Schülern schon Andeutungen bekommen, dass sie sich selbst verletzt.
    An unserer Schule ist das "ritzten" unter den Mädels sehr weit verbreitet.
    Ich habe sie darauf angesprochen, sie hat angefangen zu weinen, sie hat unter Tränen erzählt, dass sie sich nicht nur ritzt, sie schlägt sich, drückt Zigaretten auf ihrem Arm aus und kratzt sich ihre Hände auf.
    Ich war wirklich sehr geschockt. Sie sagte sie hasst sich, sie hasst ihre Eltern. Sie fühle sich von allen Verlassen, aber verließ auch gleichzeitig alle.
    Ihr Eltern wissen, dass sie sich geritzt hat, denken jedoch, dass sie aufgehört hat.
    Sie sagte, dass ihre Mutter völlig ausgerastet sei, als sie die Schnitte an ihrem Arm gesehen hat (das liegt jetzt schon ca. 2 Monate zurück), die Mutter meinte dass sie ja nur im Mittelpunkt stehen möchte etc.
    Jetzt bin ich ein wenig überfordert, ich denke nicht, dass sie Selbstmord gefährdet ist, kann es aber nicht zu hundert Prozent sagen.
    Sie war sofort dagegen, als ich den Vorschlag machte, dass wir gemeinsam mit ihren Eltern reden.
    Und gegen ihren Willen möchte ich erstmal nichts machen, weil sie dann eventuell das Vertrauen verliert.
    Habt ihr ein paar Ratschläge?


    Vielen Dank im Voraus!

  • Melanie S. :

    Zitat

    Und gegen ihren Willen möchte ich erstmal nichts machen, weil sie dann eventuell das Vertrauen verliert.

    Oder ihr Leben, wenn Du Dich nach dem Willen des Mädchen richtest !


    Geehrte Melanie S., es ist nicht Dein Job (Dafür bist du auch nicht qualifiziert) das Mädchen zu heilen, aber es ist Deine Pflicht Deine Wahrnehmungen zu melden !
    So wie Du es beschreibst, bedarf das Mädchen dringenst einer psychiatrischen Behandlung.


    Also, lehne Dich erstmals gefühlsmäßig zurück, melde es der Schulleitung sowie Schulsozialarbeit, wenn es bei Euch eine gibt, und mach da ordentlich Dampf mit dem Hinweis, dass Gefahr in Verzug ist ! Das andere ist dann nicht mehr Dein Job.


    Zitat

    Jetzt bin ich ein wenig überfordert, ich denke nicht, dass sie
    Selbstmord gefährdet ist, kann es aber nicht zu hundert Prozent sagen.

    Dafür bist Du ja auch nicht ausgebildet. Darum delegiere es an Personen und Stellen weiter, die dafür qualifiziert sind, und zwar lieber gestern als morgen ! Falls die Schulleitung zu lethargisch reagiert (Manche Schulleitungen in Deutschlands Schulen sind manchmal sehr tranfunzelig) würde ich sofort das Jugendamt einschalten.


    Zitat

    An unserer Schule ist das "ritzten" unter den Mädels sehr weit verbreitet.

    Bedenklich, dass da bei Euch niemand reagiert ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Erstmal ist es doch ein Vertrauensbeweis, dass die Schülerin sich Dir anvertraut.


    Die Eltern würde ich - wenn die Schülerin es nicht möchte - erstmal nicht einschalten. Häufig resultiert selbstverletzendes Verhalten aus der elterlichen/häuslichen Situation heraus.
    Abgesehen davon, reagieren Eltern häufig so wie von Dir beschrieben. In manchen Fällen aus Angst und Besorgnis um das eigene Kind, in manchen Fällen, weil solch ein Verhalten nicht zu einer "intakten" Familie passt.
    Selbstverletzendes Verhalten hat an sich nichts mit Selbstmordgedanken zu tun. Jedoch muss das eine das andere nicht ausschließen (z.B. bei einer zusätzlichen Depression).


    Deine Unsicherheit kann ich verstehen. Du kannst ja unterschiedlich damit umgehen: Terminvereinbarung bei einem Beratungslehrer der Schule, Adressweitergabe von Beratungsstellen, Adressweitergabe von Jugend- und Kinderpsychotherapeuten oder -psychiater, ...
    Hier mal ein Link für mögliche Beratungsstellen von einem Forum, das sich mit SVV beschäftigt: Rote Linien. Wenn Du ein wenig weiter schaust, siehst Du, dass es ganz viele dieser Foren gibt.


    Äußert sie jedoch wirkliche Selbstmordgedanken und kann sich davon nicht distanzieren, gibt es nur die Zwangseinweisung in eine psychiatrische Klinik (je nach Bundesland und Uhrzeit über die Polizei, Notarzt, Ordnungsamt, ...).


    Gleichzeitig geb ich Elternschreck recht: Du wirst sie nicht heilen können. Aber aufgrund des vorhandenen Vertrauens, kannst Du sie (evtl. mit Unterstützung Deiner Schule) in die richtigen therapeutischen Hände weiterleiten.
    Und den Appell von ihr, die Eltern nicht zu involvieren, würde ich so auch akzeptieren, wenn sie bereit ist, andere Schritte in die richtige Richtung zu gehen.


    Zitat

    Jetzt bin ich ein wenig überfordert, ich denke nicht, dass sie
    Selbstmord gefährdet ist, kann es aber nicht zu hundert Prozent sagen


    Das kann ich gut verstehen. Selbst nach zehn Jahren Arbeit in der ambulanten Psychiatrie fällt mir solch eine Einschätzung immer noch schwer und ich traue sie mir nicht zu und deshalb ist es so wichtig, die Schülerin an andere Stellen weiterzuleiten. Das könnte ja auch bedeuten, dass Du sie dabei unterstützt, ermutigst und ihr einfach das Gefühl gibst, da ist jemand, der sie ernst nimmt.

  • Ich denke auch, dass du schnellstens den Schulpsychologischen Dienst einschalten solltest und ihnen zu verstehen gibst, dass sie schnell reagieren müssen.
    Sowohl Kind als auch Mutter brauchen beide Betreuung.


    Du selbst kannst der Schülerin, sofern du das möchtest, ja anbieten, sich auch jederzeit an dich zu wenden. Gib ihr zu verstehen, dass du dir Sorgen machst und dass die Schülerin dir wichtig ist. Vielleicht hilft es ja, wenn sie das von dir hört?

  • Bedenklich, dass da bei Euch niemand reagiert ! 8)

    Das tun wir! Ich bin da jedoch nicht wirklich eingebunden.
    Leider ritzen sich viele Mädchen, um Aufmerksamkeit von der Masse zu bekommen, was natürlich auch ein großes Problem ist!

  • Schulpsychlogen aufsuchen.
    Das kann schlimmer werden, und wenn die anderen Schüler sie auch noch schlecht behandeln, kann es schnell ernst werden.


    Vorsorgen und alles unterbinden.

  • Leider ritzen sich viele Mädchen, um Aufmerksamkeit von der Masse zu bekommen, was natürlich auch ein großes Problem ist!


    Selbstverletzendes Verhalten ist nur in seltenen Fällen eine Modeerscheinung. Da steckt immer mehr dahinter und das können wir nicht beurteilen, da uns dafür schlichtweg die Ausbildung fehlt.

  • Na gut, man weiß nicht immer, welche Geschichte ein Schüler hat und deshalb ist es wirklich schwierig, zu beurteilen, warum er/sie das macht. Aber um überhaupt damit umzugehen, muss man nicht unbedingt eine spezielle Ausbildung haben. Man sollte natürlich nicht versuchen, ohne Ausbildung an einem anderen Menschen herumzudoktern. Aber man darf dieses Thema auch nicht einfach wegschieben, nur weil man eben Erziehungswissenschaft und nicht Psychologie studiert hat. Teenager haben Probleme und mit Teenagern müssen wir uns in unserem Beruf nun einmal auseinandersetzen. Dazu gehören auch seelische Probleme, die (nicht nur) Teenager haben können.
    Klar können wir nicht immer alles lösen und unser Job macht aus uns noch lange keine Psychologen. Aber um jemandem zuzuhören und zu versuchen, anhand der familiären Situation - soweit man denn darüber bescheid weiß - einzuschätzen, wie die Lage "ungefähr" aussieht, muss man nicht im Trainingslager gewesen sein.


    Ich möchte hier nicht behaupten, dass wir universalqualifiziert sind - ich möchte nur darauf hinweisen, dass man für schwierige Themen vielleicht nicht immer sofort eine Lösung parat hat, dass man sie aber nicht einfach weiterreichen darf. Keine Angst, ich ging nicht davon aus, dass das so gemeint war ;)

  • Hallo,


    Ich würde immer das Jugendamt als erste Kontaktstelle vorschlagen. Dort kann der Bedarf geanz genau untersucht werden. Vor allem kann die Familie dort insgesamt Unterstützung erhalten, die den Mutter-Tochter Konflikt direkt vor Ort in der Familie aufarbeitet und alle mit einbezieht. Eine Familienhilfe bezieht auch die Schule mit ein und hat so einen besseren Eindruck. Das Jugendamt kann dann auch entschieden werden ob eine psychologische Behandlung notwendig ist.


    Ich schreibe dazu gerade meine Bachelorarbeit und führe eine Umfrage durch, die ihr hier findet: Selbstverletzungen und Essstörungen bei Schüler_innen - eine Umfrage

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