Wortwörtlich abgeschrieben

    • Offizieller Beitrag

    Guten Morgen,


    ich hab es nun tatsächlich zum allerersten Mal, dass ein Grundschüler sehr dreist und Wort für Wort den Aufsatz des Nachbarn kopiert hat. Ich hab nichts gemerkt, das muss man ihm zugute halten, aber ich wurde schon stutzig, als ich den Aufsatz las. Als ich dann den des Nachbarn vor mir hatte, wurde mir schnell klar, dass ein Aufsatz ein Plagiat ist, denn alle Fehler, jedes Wort (auch ein sehr ungewöhnliches) stimmten überein. Nun bin ich mir ziemlich sicher, wer da von wem abgeschrieben hat, kann es aber natürlich nicht beweisen.
    Doof ist, dass beide Schüler nun eine 1- haben und nicht etwa ne 4 o.ä.


    Irgendwie ärgert mich das auch und ich möchte das nicht einfach so stehen lassen. Der eine Schüler übt immer sehr viel und hat die Note sicher auch verdient, während der andere eher durch Bequemlichkeit und nicht so glänzende Leistungen auffällt... Schon gar nicht beim Aufsatzschreiben


    Ich muss die Note jetzt woh aber beiden geben, oder?
    Wie geht ihr in solchen Fällen vor?
    Hab dem einen Schüler jetzt unter den Aufsatz geschrieben, dass er die Note unter Vorbehalt erhält und das entsprechend begründet, aber ich denke eigentlich nicht, dass das im Zweifel rechtens ist.
    So einen Mist braucht mal nicht auch noch, wenn man am Wochenende Aufsätze korrigiert. :cursing:


    LG
    Melo

  • Hallo Melosine,


    in einem solchen Fall mache ich es so, dass ich die beiden den Aufsatz noch mal schreiben lasse. Und dies in getrennten Räumen ohne Vorwarnung. Den Aufsatz würde ich dann zählen.

  • Das würde aber voraussetzen, dass derjenige, von dem abgeschrieben wurde, das auch bewusst zugelassen hat.

  • Das würde aber voraussetzen, dass derjenige, von dem abgeschrieben wurde, das auch bewusst zugelassen hat.


    Bei einem richtigen Aufsatz wortwörtlich, muss man denke ich davon ausgehen, dass man das mindestens bemerkt.


    Eine Parallelklasse schreibt nicht noch zufällig so einen Aufsatz? Oder gibts von Löwenzahn o.ä. so etwas auf Video?

    • Offizieller Beitrag

    Ok, ihr habt mir schon sehr geholfen! Werde die beiden also noch einmal schreiben lassen. Weiß nur noch nicht, wie ich das machen soll. Konnte das nicht bei einem anderen Aufsatz passieren!?

  • Günther Hoegg spricht in solchen Fällen von einem Anscheinsbeweis, irgendwo haben wir dazu auch was im Forum.


    http://www.google.de/url?sa=t&…JAHpGbk2Yq-rl8HKg&cad=rja


    http://www.eigenes-schulbuch.d…orumUnt/2007/18-Hoegg.pdf


    Ich hatte so einen Fall mit 100%iger Übereinstimmung bisher zweimal. Die Schüler habe ich zu mir gebeten, ihnen gesagt, dass ich davon ausgehe, dass sie die Arbeit gemeinsam angefertigt haben. Danach hatten sie bis zur nächsten Pause Zeit, sich zu überlegen, ob nicht vielleicht doch einer von beiden ohne Wissen des Nachbarn abgeschrieben hat. In beiden Fällen blieben sie bei der Aussage, dass das Zufall sein müsse, ich habe dann beide Arbeiten als Täuschungsversuch gewertet, so hatte ich es vorher angekündigt. Inhaltlich wären die Arbeiten allerdings 5 gewesen. Beschwert hat sich nie jemand, ich hatte mich im Vorfeld auf den Anscheinsbeweis berufen, es gab nur in einem Fall Rückmeldung auf einem Elternsprechtag, da hieß es, der Sohn wisse schon, weshalb er die 6 bekommen habe.

    • Offizieller Beitrag

    Ich machs jetzt so, das sich sie einen Aufsatz übers Zähneputzen schreiben lasse. Habe dazu Fotos ausgedruckt und sie erhalten hilfreiche Wörter (wie bei dem ersten Aufsatz auch). Vormachen muss man das ja wohl nicht, weil ja (hoffentlich) jeder täglich Zähne putzt.
    Die Eltern bekommen einen kurzen Brief darüber, dass ich den Jungen die Chance gegeben habe, einen neuen Aufsatz zu schreiben und dass sie mit ihrem Kind darüber sprechen sollen, dass abschreiben und abschreiben lassen normalerweise (und insbesondere in der weiterführenden Schule) mit 6 bewertet wird.


    Danke an euch!

  • Das ist die beste Lösung für das Problem. Halt uns auf dem Laufenden :)

  • Die Eltern bekommen einen kurzen Brief darüber, dass ich den Jungen die Chance gegeben habe, einen neuen Aufsatz zu schreiben und dass sie mit ihrem Kind darüber sprechen sollen, dass abschreiben und abschreiben lassen normalerweise (und insbesondere in der weiterführenden Schule) mit 6 bewertet wird.

    Ich muss dir sagen, dass ich dieses Vorgehen als Mutter nicht gut finden würde. Was soll man denn als Schüler tun, wenn der Nebensitzer so pentrant abschreibt? Da steht man wirklich dumm da, vor allem, wenn es noch ein Freund ist. Verpfeifen oder die eigene Haut retten?
    Du weißt DASS abgeschrieben wurde und bist dir auch ziemlich sicher, wer von wem abgeschrieben hat. Dann gilt in Baden-Württemberg der "Anscheinsbeweis". Der Schüler muss dann nachweisen, dass keine Täuschung vorlag und die Leistung ggf. noch einmal erbringen.
    Ich würde also, wenn, dann nur den Abschreiber nachschreiben lassen. Am sicheresten fährst du, wenn du die beiden einfach fragst. Im Gespräch kommt ziemlich schnell die Wahrheit ans Licht und du kannst es dir dann ersparen einen Schüler zu bestrafen, der für die ganze Sache nichts kann.
    Ich würde mich als Mutter auf jeden Fall bedanken, wenn die super Note meines Sohnes nicht gewertet würde, weil ein anderer von ihm abgeschrieben hat.


    Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

  • § 55 übergreifende Schulordnung (Rheinland-Pfalz):


    (1) ...


    (2)
    Leisten Schülerinnen oder Schüler Beihilfe zu einem Täuschungsversuch, können sie von dem aufsichtsführenden Lehrer in einem schweren Fall von der weiteren Teilnahme am Leistungsnachweis ausgeschlossen werden. Die Fachlehrkraft entscheidet, ob der Leistungsnachweis in diesem Fall zu benoten oder zu wiederholen ist. Die Fachlehrkraft kann die Wiederholung auch dann anordnen, wenn die Beihilfe erst nach Beendigung des Leistungsnachweises festgestellt wird.


    (3) ...

    Zitat

    Was soll man denn als Schüler tun, wenn der Nebensitzer so pentrant abschreibt?

    Sich so positionieren, dass er nicht abschreiben kann.

    • Offizieller Beitrag

    Der Anscheinsbeweis wird hier nicht richtig angewendet. Im Beispiel von Hoegg geht es darum, dass der Anscheinsbeweis herangezogen wird, um bei zwei identischen Arbeiten den schlechteren Schüler als Täuschenden sanktionieren zu können, weil allem Anschein alles dafür spricht, dass er abgeschrieben hat.


    Melo, Deine Vorgehensweise ist in meinen Augen problematisch, weil im Normalfall nur ein Schüler sich falsch verhalten hat - nämlich der, der abschreibt.
    Würde man den Anscheinsbeweis nun so anlegen, wie von den Vorrednern angedeutet, müssten beide Schüler ihre Unschuld beweisen. Das geht anhand der Konstellation aber nicht - ganz gleich, wer abgeschrieben hat und ob der andere dieses Abschreiben zugelassen hat.


    Ferner: Wie wäre denn das "perfekte" Verhalten desjenigen Schülers, der die Arbeit ohne Täuschung verfasst? Soll er alle paar Minuten zu seinem Nachbarn schielen um sicherzustellen, dass dieser nicht abschreibt? Wenn wir diese Maßstäbe anlegen würden, dann würden wir eine Atmosphäre des Misstrauens schaffen, was pädagogisch wie zwischenmenschlich alles andere als sinnvoll ist.


    Wenn beide Schüler neu schreiben müssen, würde das rechtsstaatliche Prinzip der Unschuldsvermutung (Anscheinsbeweis hin oder her) faktisch nicht beachtet und ein wahrscheinlich unschuldiger Schüler aufgrund des Verhaltens eines anderen Schülers nur wegen unseres unbedingten Willens, möglichst hart zu sanktionieren, mit "kriminalisiert".


    DAS kann es in meinen Augen nun wirklich nicht sein.
    Als Kollege würde ich Dir davon unbedingt abraten. Als Vater des unschuldigen Schülers würde ich aus oben genannten Gründen vorstellig werden.


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag


    (3) ...[/i]

    Sich so positionieren, dass er nicht abschreiben kann.


    Dann ist derjenige, der das Abschreiben verhindern soll, mittelbar vom Verhalten des Abschreibenden abhängig. Demzufolge müsste ich mich also in einer Klassenarbeit oder einer Klausur auch noch darum kümmern, dass niemand von mir abschreibt?


    Ich denke, wir müssen hier zwischen aktiver Beihilfe (ich schiebe mein Heft bewusst so, dass jemand abschreiben kann) und passiver Beihilfe bzw. Unwissenheit differenzieren.
    Man darf wohl davon ausgehen, dass jeder Kollege selbstgerecht aufschreien würde, wenn man mit ihm in welcher Situation auch immer so umgehen würde.


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag

    Nur WEIß ich ja nicht, wer unschuldig ist. Ich vermute es. Da könnten dann auch die Eltern des vermeintlich schuldigen Jungen kommen und sich beschweren, weil es ja theoretisch auch umgekehrt sein könnte.
    Ich werde natürlich heute versuchen, mit beiden zu sprechen und eine Erklärung zu erhalten, wer abgeschrieben hat. Gelingt das nicht, schreiben beide nach. Der Junge, der hat abschrieben lassen, muss dem anderen auch gezielt geholfen haben,d enn der hat wirklich Wort für Wort, Fehler für Fehler kopiert. Also ist er auch nicht ganz unschuldig.
    Mir gehts aber nicht in erster Linie darum, den Betrugsversuch zu bestrafen, sondern darum, eine reelle Leistung zu sehen. Und einer von beiden hat eben bisher nur 4en oder mal ne 3- in Deutsch geschrieben. Die 1 hätte auch Einfluss auf die Zeugnisnote.


    Habe jetzt von einer sehr netten Kollegin aus dem Forum einen ähnlichen Aufsatz über ein Rezept bekommen. Das können sie heute ggf. nachschreiben. Da kann dann auch niemand sagen, dass die Arbeit komplett anders oder schwerer war. Eher etwas leichter, weil sie die ganze Zeit die Bilder angucken können, während ich der Klasse das Rezept nur einmal vorgemacht habe.

  • Das können sie heute ggf. nachschreiben. Da kann dann auch niemand sagen, dass die Arbeit komplett anders oder schwerer war. Eher etwas leichter, weil sie die ganze Zeit die Bilder angucken können, während ich der Klasse das Rezept nur einmal vorgemacht habe.

    Die Nachschreibeklausur ist einfacher als die orginale Klausur, habe ich das richtig verstanden? Warum nur habe ich das Gefühl, dass anstatt Fehlverhalten (Täuschungsversuch) konsequent zu bestrafen dieses hier jetzt sogar noch belohnt wird in der Form einer einfacheren Klausur zum Nachschreiben?
    Oder ist die Nachschreibeklausur schwieriger? Das würde natürlich Sinn machen ;)

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