An die Sportkollegen: Seilspringen in einer Minute?

  • Hallo,


    ich möchte demnächst Seilspringen mit einer 10. Klasse im SU behandeln. Für die Benotung wollte ich u.a. gerne eine Überprüfung machen und die Anzahl der Durchschwünge in einer Minute zählen. Ich habe nur überhaupt keine Erfahrung, wie viele die Schüler da als Normalsterbliche so schaffen und wie ich meine Notenstaffelung ansetzen könnte. Hat das von Euch schon mal jemand im Unterricht gemacht und Erfahrungswerte?

  • Hallo,
    ich gebe zu, eigentlich keine direkte Antwort auf die Frage, aber ein Vorschlag. Du könntest als Bewertung auch eine Choreografie springen lassen. Alleine oder noch schöner in Gruppen. Da kann man meiner Meinung nach noch mehr dran sehen.


    Und wenn du aber eine Minute springen lassen möchtest - wie viele Sprünge schaffst du? "Laufen"? oder richtige Sprünge? Gilt auch ein Doppeldurchschlag (also als 2)?

  • Hi, eine Gruppen-Choreographie machen wir auch, aber ich wollte auch ein Fitnesselement bei der Benotung drin haben. Wie viele ich schaffe, muss ich selbst erst mal ausprobieren :) Ich meinte an der Stelle mit Einfachschwüngen.

  • Wenn ich mich recht erinnere, mussten wir damals 100 in einer Minute für eine 1 schaffen - war auch ganz gut machbar, wenn auch anstrengend. Aber gibt es da keine allgemeinen Vorgaben von der Schule? Hast du mal deine Kollegen gefragt, wie sie das händeln?

  • also, wenn ich mich recht erinnere gabs in meiner Schulzeit für sowas zentrale Vorgaben (wie auch für Hochsprung, Weitsprung, 100m, Klimmzüge, Liegestütze, ...)

  • An 100 für ne 1 hab ich auch gedacht, und dann immer in 10er Schritten runter.
    Für Hochsprung etc gibt es schon zentrale Vorgaben, aber Seilspringen ist ja kein Standard-Test, ich hatte nur einfach die Idee, dass man das mal machen könnte. Ich probier's mal aus...

  • Gibt's eigentlich auch Standardbewertungen im Sportunterricht für Handgranatenweitwurf, Kriechen unter Stacheldraht und Gepäckmarsch?


    *Kopfschüttel*


    Nele

  • Gibt's eigentlich auch Standardbewertungen im Sportunterricht für Handgranatenweitwurf, Kriechen unter Stacheldraht und Gepäckmarsch?


    *Kopfschüttel*


    Nele

    Nicht mehr.

  • Lese ich da ein leises Bedauern in der Stimme?


    Nele

    Nein, keinesfalls. Ich dachte nur, ich lese eine leichte Geringschätzung dem Fach Sport gegenüber in deiner Aussage. Was man doch so alles in schriftliche Kommunikation hineininterpretieren kann :)

    • Offizieller Beitrag

    Lieber m-fab,


    die Überlegung mit den 100 Sprüngen pro Minute und in 10er Schritten abwärts ist isoliert betrachtet zwar an andere Fächer und Punktetabellen angelehnt, berücksichtigt aber nicht die physische Konstitution der Schüler.


    Ein stark übergewichtiger Schüler wird aller Wahrscheinlichkeit nach diesem Raster zufolge eine schlechte Note bekommen, wohingegen der fittere automatisch die 1 oder 2 bekommt. Die Anstrengungsbereitschaft und die Möglichkeiten auf der Basis der individuellen physischen Voraussetzungen werden hier nicht berücksichtigt. Das entspricht in meinen Augen einem antiquierten und in Teilen diskriminierenden Bild von Leistung und Notengebung im Sportunterricht.


    Die Leistungsbewertung sollte so angelegt sein, dass auch physisch weniger fitte Schüler, wenn sie alles geben, zumindest auf eine drei kommen können. Alles andere halte ich für darwinistisch und demotivierend.


    Gruß
    Bolzbold

  • Nein, keinesfalls. Ich dachte nur, ich lese eine leichte Geringschätzung dem Fach Sport gegenüber in deiner Aussage. Was man doch so alles in schriftliche Kommunikation hineininterpretieren kann :)


    Ich schätze das Fach Sport überhaupt nicht gering - ganz im Gegenteil halte ich es für ein wichtiges Bildungsziel, wenn Schüler Freude an der sportlichen Bewegung und ein Gefühl für den eigenen Körper gewinnen; da ist der Sport als Schulfach unbestritten wichtig.


    Was ich allerdings geringschätze, ist die absurde Messerei von Geschwindigkeit, Sprungkraft, Körperkraft etc. zur "Bewertung" von körperlicher Leistungsfähigkeit anhand von "offiziellen Tabellen". Das sind offensichtlich noch verkrustete Überbleibsel der Anfänge des Sportunterrichts im 19. Jh. als Fach zur Wehrselektion und Wehrertüchtigung; dafür zeige ich ganz bestimmt keinen Respekt. Wenn in einer Diskussion nicht einmal der Sinn solcher "Bewertungen" reflektiert wird, finde ich das etwas bedenklich...


    Nele

  • Wenn ich mir das gerade so selber durchrechne, dann würde ich 12er Schritte wählen. So kann auch ein übergewichtiges Kind in meinen Augen noch eine gute Note bekommen.

  • Wie willst du die die Sprünge zählen? Hast du so einen "Klicker"? Ansonsten ist es ziemlich unmöglich.

  • Vielen Dank für die Meinungen. Und keine Angst, ich sehe das recht Ähnlich, ich habe sicher kein antiquiertes Bild von SU. Bei mir im Unterricht werden natürlich auch die Leistungsbereitschaft und die Leistungsverbesserungen berücksichtigt. Ich reflektiere schon auch den Sinn meiner Bewertungen. Diese Note mit den Wiederholungen in einer Minute wird nur einen ganz kleinen Teil der Gesamtnote ausmachen.



    Eines muss ich aber sagen: Nur weil ich in Sport auch schlechte Noten gebe und weil ich mit manchen Teilnoten die Fitness der S messe und bewerte, lasse ich mir sicher nicht den Vorwurf der Diskriminierung und schon gar nicht des abstrusen, antiquierten Sportunterrichts zur Wehrselektion machen. Aus folgenden Gründen:


    Viele sehen den SU insgeheim als Schonbereich für die Schülerinnen und Schüler. Es soll nach Möglichkeit ja nichts schlechter als 3 bewertet werden. Eine 4 wird oft schon als völlig absurd angesehen und alle schreien gleich "Diskriminierung!". Meine Meinung: Klar, werde ich die Leistungsbereitschaft, die Motivation, den individuellen Leistungsfortschritt etc. berücksichtigen, aber solange Sport ein ganz normales, versetzungsrelevantes Fach ist, werde ich den gesamten Notenbereich zur Anwendung bringen. Ich habe auch schon 5en im Zeugnis in Sport gegeben. Da waren eben weder Fitness, noch Talent, noch Leistungsbereitschaft zur Verbesserung, noch Fairness, noch eine angemessene Arbeitshaltung gegeben. Da geb' ich sicher keine 3 mehr.


    Eine weitere Sache: Das Argument der Diskriminierung wird immer angebracht. Wenn jemand kein Talent in Mathe hat und er auch bei größter Anstrengung die Aufgaben nicht lösen kann, wird er dann auch diskriminiert, wenn er eine 5 in der HÜ schreibt? Das Problem beim Sport ist, dass die körperlichen Nachteile für jeden sofort ersichtlich sind. Die mentalen Nachteile sieht man nicht. Manche sind einfach mathematisch begabter als andere. Und manche sind eben körperlich begabter als andere. Warum ist das eine Diskrimierung und das andere nicht? Klar, muss ich im Sport die physische Konstitution der S berücksichtigen, aber berücksichtigen andere Fächer die psychische Konstitution im gleichen Maße? Ich glaube nicht.


    Hieraus ergibt sich ein weiteres Problem: Man diskriminiert auch die guten S, wenn diese sehr gute Leistungen bringen, sich anstrengen, Leistungsbereitschaft zeigen etc. und diese dann aber sehen müssen, dass jemand, der offensichtlich Klassen schlechter ist, noch ne 3- bekommt, weil es ja sonst diskriminierend wäre. Dass der erstgenannte S aber in Mathe oder Englisch die 5 bekommt, während der zweitgenannte die 1 bekommt, findet niemand verwerflich. Die S wissen selbst sehr gut, auf welchem Niveau sie sich bewegen und können sich selbst sehr gut vergleichen. Gerade die Übergewichtigen (um die es bei dem Argument der Diskrimierung ja meistens geht) wissen oft sehr genau, dass die 3 für ihre absolute Leistung, die viele Sportlehrer im schlechtesten Fall geben, in keinerlei Verhältnis zu der 1 des fitten Vereinssportlers steht.


    Warum soll man also nicht auch mal die Fitness der S bewerten und den guten dafür auch eine gute Note geben? Das ist nun mal sehr gut machbar mit messen von Zeiten, Längen, Wiederholungen, Höhen, was auch immer. Vielen S macht auch gerade das Spaß und motiviert sie. Das wegzulassen würde viele bestrafen. Man hat ein Ziel vor Augen, kann darauf hinarbeiten und sieht vor allen Dingen ganz konkret die Verbesserungen (die man ja, wie gesagt, auch bewerten sollte). Das hat gar nichts, aber auch gar nichts, mit Wehrertüchtigung zu tun und ist auch keinesfalls absurd, wenn Teile der Note auch so festgestellt werden. Wenn jemand hart trainiert und dann 150 Durchschwünge in der Minute schafft, dann sage ich Bravo und gebe ihm gerne die 1. Wenn man für solche Noten (oder sogar für solche Leistungen) "ganz bestimmt keinen Respekt" hat und immer sofort mit dem uralten Handgranatenweitwurf-Vergleich kommt, dann finde ich das zumindest schade. Darf ich dann auch keine Vokabeltests in Englisch mehr schreiben und messen wie viele der 20 gelernten sich die S behalten konnten? Sonst laufe ich ja Gefahr, die zukünftigen Dolmetscher zu "selektieren."


    Spaß am Sport zu vermitteln ist mein übergeordnetes Ziel im SU. Aber Leistung und Anstrengung und hart für Verbesserungen arbeiten, bin ich nicht bereit komplett auszuklammern. Auch körperlich benachteiligte S haben bei mir eine faire Chance eine ordentliche Note zu bekommen. Sie sollen ja im besten Fall sogar lernen, dass Sport Spaß machen kann und zur Bewältigung ihrer körperlichen Probleme beitragen kann. Dazu müssen sie aber auch lernen, dass hierfür körperliche Anstrengung nötig ist. Wenn ich ihnen aber durch meine Notengebung sage, wenn Du mit 16 Jahren keinen einzigen Sit-Up und keinen einzigen Liegestütz schaffst, nur 30cm hochspringen kannst, für 100m 23s brauchst oder eben nur 40 Durchschwünge mit dem Seil in einer Minute schaffst, dann ist das vollkommen "befriedigend", dann gebe ich ihnen ein falsches Signal. Deswegen messe ich auch weiterhin im Sportunterricht.

  • Ich finde das runtergehen in 10er Schritten auch recht heftig. Dann hätte man ja schon mit einem Sprung pro Sekunde nur noch eine 5 wenn ich das richtig verstanden habe. Ich würde mir vielleicht nicht als erstes überlegen, was man für eine 1 leisten muss und dann runterrechnen, sondern eher überlegen was die Mindestanforderung für die 4 sein soll.
    Achja, und noch eine Frage aus Interesse und weil ich in dieser Hinsicht schlechten Sportunterricht hatte: Haben denn die Schüler durch deinen Sportunterricht auch die Chance ihre Fitness zu trainieren? Sonst könntest du die ja auch nicht bewerten....

    • Offizieller Beitrag

    Danke tiffy, das ist nämlich der zentrale Unterschied zu den anderen Fächern.


    Ein sehr guter Mathelehrer wird bei einer "normal begabten Klasse" sicherlich vielen Kindern Mathe beibringen können und entsprechend vielen Kindern je nach Level auch Erfolgserlebnisse bereiten können.


    Zitat


    Wenn ich ihnen aber durch meine Notengebung sage, wenn Du mit 16 Jahren keinen einzigen Sit-Up und keinen einzigen Liegestütz schaffst, nur 30cm hochspringen kannst, für 100m 23s brauchst oder eben nur 40 Durchschwünge mit dem Seil in einer Minute schaffst, dann ist das vollkommen "befriedigend", dann gebe ich ihnen ein falsches Signal. Deswegen messe ich auch weiterhin im Sportunterricht.


    Ich finde es wie erwähnt immer problematisch, mit Extrembeispielen zu argumentieren, um die Argumentation der Gegenseite zu kontern.


    Dieser Aussage zufolge wäre je nach physischer Disposition des Schülers zumindest in diesen Teilbereichen eine fünf vorprogrammiert.
    Ebenso verkehrt wäre es, jegliche Form der Leistungsmessung anhand festgelegter Kriterien außen vor zu lassen - das hat auch nie jemand gefordert.


    Wie kann man Deiner Ansicht nach einem "unsportlichen Schüler" nun ein Erfolgserlebnis bereiten?


    Gruß
    Bolzbold

    • Offizieller Beitrag

    vielleicht bekommt ein unsportlicher Schüler (und ich setzte das Adjektiv jetzt bewusst NICHT in Anführungszeichen)Spaß an der einen oder anderen Sportart, vll am Schwimmen, vll an Ballspielen, vll am Tanzen.


    Ganz sicher kann man einem Schüler nur ein Erfolgserlebnis "bereiten", wenn er mittut. Wenn er eines erlangen möchte. Nicht bereitet zu bekommen erwartet. In meinen Augen ist dies

    Zitat

    Wie kann man Deiner Ansicht nach einem "unsportlichen Schüler" nun ein Erfolgserlebnis bereiten?

    eine Formulierung, die suggeriert, dass der Lehrer der alleinige Macher ist und die Schüler keinerlei Eigenverantwortung haben.

    • Offizieller Beitrag

    Friesin


    Für gewöhnlich schaffen es auch schwache Schüler eine vier zu schreiben, wenn sie nachhaltig lernen. Das lehrt mich die Erfahrung der letzten Jahre.


    Ich spreche jetzt für NRW:
    Die meisten Klassenarbeiten sind doch so angelegt, dass man sie mit ein wenig Lernaufwand und Mitarbeit im Unterricht "schaffen" kann - im Sinne einer drei oder vier als Note.
    Selbst im Zentralabitur in NRW erhält die Transferleistung bzw. das tiefere Verständnis und die Auseinandersetzung mit der jeweiligen Materie im Verhältnis so wenig Punkte, dass man mit "Lernen" durchaus Erfolg hat.


    Das gilt in meinen Augen eben für den Sportunterricht nicht in demselben Maße.


    Im Musikunterricht, der ja gerne auch als sehr begabungsaffin bzw. als sehr durch außerschulische Vorbildung geprägt gesehen wird, schaffen diejenigen, die kein Instrument spielen, sogar eine eins im Test über Harmonielehre (oder Intervalle oder einfaches Notenlesen), weil sie nachhaltig gelernt haben. Diejenigen, die eine fünf oder sechs schreiben, sind nicht die Unbegabten sondern die Faulen und diejenigen, die ihre fehlende "Begabung" als Ausrede für fehlenden Einsatz vorschieben.


    Gruß
    Bolzbold

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