Die Potentialorientierung verstehe ich so, dass wir nicht mehr die tatsächlichen Defizite mitteilen, was wir meiner Meinung nach nicht machen, sondern durchaus durch "gute" Noten auch Leistungen honorieren, sondern uns anschauen, was dieses Kind für ein Potential hat und fortan das Potential des Schülers bewerten. "Ich bin aber sicher, der kann das. Dem gebe ich einen Einser!"
Das wäre natürlich katastrophal! Leider ist so ein Kuschelnoteninflation schon weit verbreitet und passt genau in den Trend der Pädagogik. Es gibt sogar ein paar Extremisten, die die Noten gänzlich abschaffen möchten.
Auch im Hochschulbereich lässt sich eine Abkehr von Defizitorientierung, objektiver Benotung und voller Ausschöpfung des Notenspektrums beobachten.
Lediglich bei den elitären Bayern scheint die Welt noch in Ordnung:
Zitat von Die Zeit
Wer ein »summa cum laude« für seine Dissertation erhalten möchte, sollte
sie nicht an der Münchner Uni einreichen; dort gab es unter 1236
Doktoranden 2009 nicht eine einzige solche Bestnote.
Den "modernen" Ansatz vertritt man hingegen in Konstanz:
Zitat von Die Zeit
In Konstanz hingegen bekamen 45 Prozent ein »summa cum laude«; diese
Uni, 1966 gegründet, versteht sich als Reformuniversität. Sie ist, was
die Noten anbelangt, die Gesamtschule unter den Universitäten.
http://www.zeit.de/2011/10/Deutschlandkarte-summa-cum-laude
Es ist an der Zeit die Noteninflation und Leistungsnivellierung in Deutschland zu stoppen.
Auch die drohende Inklusion ist einer weiterer Faktor, der die Leistung der Schüler insgesamt verschlechtern wird, da dem Lehrer überproportional viel Ressourcen zur Förderung einzelner entzogen werden, die er auf eine Erhöhung des Niveaus vieler anderer, nicht zu inkludierender Schüler hätte verwenden können, wobei in weniger Zeit größere Fortschritte erzielt werden könnten.
So viel individuelle Aufmerksamkeit bekommt der Klassenprimus z.B. nicht, obwohl man ihn vermutlich mit entsprechend viel Aufmerksamkeit zu einem Top Leistungsträger an der Uni und später in Forschung und Wirtschaft aufbauen könnte. Man verzichtet aber darauf ihn so individuell und stark zu fördern, denn er kommt ja mit dem Unterrichtsstoff mit, das reicht. Lieber mit viel Zeitaufwand die ganz extrem Schwachen fördern (bei denen Hopfen und Malz teilweise wirklich verloren ist) und natürlich die zu inkludierenden Schüler.
Es ist verrückt, in keiner Trainingsgruppe eines Sportvereins, eines Leistungskaders schon gar nicht, würde man auf die Idee kommen in eine leistungsstarke Mannschaft einen extrem schwachen Spieler zu inkludieren.
Versteht mich nicht falsch, es gibt schon durchaus Behinderte integriert in ganz normalen Sportvereinen, in einer anderen Sparte als Fußball (in der ich bin), gibt es sogar einen Rollstuhlfahrer (Tischtennis), der an regulären Punktspielen teilnimmt, in einer der unteren Mannschaften.
Aber er hat eben trotz Behinderung genau die Leistung um in diese Mannschaft hereinzupassen. Niemand würde ihn in die erste Mannschaft stellen, wo er leistungsmässig nicht mithalten kann und die ganze Mannschaft mit herunterzieht, weil er einfach nicht gut genug ist. (Das würde man auch mit Nichtbehinderten Tischtennisspielern nicht machen)
Warum sollte man Schüler, die intellektuell oder vom Lern- / Sozialverhalten nicht den Anspruch eines Gymnasiums, eines Leistungskaders für Bildung, gerecht werden, dort hineinstecken?
Mir ist klar, dass der Staat durch den Abbau von eigenen Förderschulen Geld sparen möchte. Das ist natürlich traurig, aber wenn man sieht, dass selbst an den angehenden Gymnasiallehrern gespart werden soll (3 Jahre lang Einstiegsgehalt um 5000 Euro pro Jahr kürzen), dann passt dieser Schritt ins Bild.
Es ist nur eben fraglich ob es sinnvoll ist das Bildungsniveau in Deutschland weiter zu senken. Beide Maßnahmen führen ja dazu. Die Inklusion raubt dem Lehrer weitere Ressourcen (Zeit), die er eh schon kaum auf seine normalen Schüler gerecht verteilen konnte, und die Gehaltskürzung führt bei angehendenen Lehrern (mir zumindest) zu einer "ist mir egal" Haltung und reduziertem Engagement, da es anstatt Wertschätzung der Arbeit einen Faustschlag ins Gesicht als Signal gibt.
Es ist für mich schon verständlich, dass die Förderung von Problemschülern oder behinderten Schülern enorm teuer ist. An einer Schule zur individuellen Lebensbewältigung, so habe ich mich informiert, sind die Klasse längst nicht so groß wie am Gymnasium oder einer Hautpschule. 30 Schüler in der Klasse wäre da die Ausnahme, teilweise gar 10-15 pro Klasse!
Wenn es für so eine kleine Klassenstärke dazu einen eigenen Lehrer, vielleicht sogar noch einen extra Kinderpfleger etc. gibt, ist das natürlich extremst teuer.
Es ist klar, dass gespart werden muss, da kommt man nicht drum herum. Wäre nicht ein Kompromiss zum Schließen der Förderschulen + Inkludierung, dass man einfach den Klassenteiler erhöht?
Klar macht es die Bedingungen dann schwieriger an den Förderschulen, ganz ohne Probleme geht so eine Lösung nicht. Aber immerhin würden dann die Regelschulen nicht belastet und die leistungswilligen Schüler und Lehrer nicht gestört oder zum Ressourcensplitting genötigt.