Inklusion : Ich kann es nicht !

  • Ich habe für mich beschlossen, dass ich sehr genau beobachten werde, wie sich mein Berufsverband zur Inklusion stellt. Und zwar nicht nur mit Worten, sondern auch mit Taten.


    Notfalls spar ich mir die Beiträge und gehe davon lieber einmal im Monat Essen. Zum Stressabbau.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Hallo!
    Bei so viel Skepsis zum Themap "Inklusion" von denjenigen, die sie dann umsetzen sollen / müssen, kann es doch nicht sein, dass theoretisch erdachte Konzepte stillschweigend angenommen und umgesetzt werden. Wir sind doch diejenigen, die es "Ausbaden" müssen und vor allen Dingen die Schüler werden darunter leiden...


    Aber können wir etwas machen, damit unsere Position mehr Beachtung findet??



    Bei so viel Widerstand kann es doch nicht sein, dass sich alle LehrerInnen stillschweigend beugen!
    Was können wir denn machen, damit unsere Bedenken Angehört und "sogar" Ernst genommen werden???


    lisasil

    • Offizieller Beitrag

    Man kann sich internsiver an den von den Verbänden organisierten Aktionen beteiligen / sich über diese informieren. Die GEW hatte zB in den letzten Wochen in Frankfurt und Umgebung eine Postkartenaktion gestartet, für die abertausende von Poskarten, auf denen man vernünftge Rahmenbedingungen und ein tragbares Konzept für die Inklusion fordern konnte, an die Schulen geschickt - der Rücklauf war mäßig. Warum? Irgendwo versackt sowas. Manche Lehrer meinen, eine solche Poskarte uszufüllen sei schon zuviel. Da jammert man lieber stundenlang über Arbeitsbelastung. Andere bekamen die Postkarten nie zu Gesicht. Dann wieder gibt es Schulen, wo noch nach guter uralter Tradition das, was vom "Gegenverband" kommt, per se nicht unterschrieben wird, schon aus Prinzip, egal ob's Sinn macht oder nicht.
    Generell sind Lehrer träge beim Protest. Bei Demonstrationen in Wiesbaden zu Themen, gegen die alle im Gespräch protestierten und im Lehrerzimmer jammerten, wo man also eine quasi 100% Beteiligung hätte erwarten könne, kamen ein paar hundert. Was der Landesregierung vermitteltem alles sei in bester Ordnung, bis auf für ein paar hundert Querulanten. Das ist leider ein ganz typisches Phänomen. Und zementiert die Umgangsweise der Landesregierungen mit ihren Bediensteten. - Und dann wird auch oft und gern noch gefragt "Und was machen die Gewerkschaften??!" 8|:pinch:

  • Wenn in LK oder Steuerungsgruppe jemand seine Ängste oder Vorbehalte
    formuliert, wird abgewunken, nicht ernst genommen


    Willkommen im Klub! War bei uns ebenfalls so, wenn jemand wagte, realistische Bedenken zu äußern. Der Witz an der Sache: Die ehemals so verspotteten Bedenken sind in der Umsetzung der Inklusion bei uns alle auch real aufgetreten. Nun ja.


    Natürlich kann das mit der Wahl richtiger Medien und Methoden geschafft werden.


    Oh ja, auf jeden Fall! Habe ich schon im Referendariat gelernt. Wenn es nicht klappt, ist der Lehrer schuld. ;(


    Als effektiver als das Postkartengeschreibe würde ich es sehen, wenn man die hier vorgetragenen Bedenken, Sorgen, Nöte, Fähigkeiten und Praxiserfahrungen an die entsprechenden Entscheidungsträger weiter gibt.


    Grüße
    Raket-O-Katz

    • Offizieller Beitrag

    Als effektiver als das Postkartengeschreibe würde ich es sehen, wenn man die hier vorgetragenen Bedenken, Sorgen, Nöte, Fähigkeiten und Praxiserfahrungen an die entsprechenden Entscheidungsträger weiter gibt.

    Genau dazu waren sie ja gedacht: Adresse Frau Dorothea Henzler, Kultusministerin des Landes Hesen, Luisenplatz, Wiesbaden... Nebst x Aktionen auf dem besagten Luisenplatz oder Römer (schlecht besucht), Pressekonferenzen usw. Jeweils ohne große Beteiligung der Lehrerinnen und Lehrer, die entweder alle meinten, es beträfe sie nicht, oder gerade keine Zeit hatten, oder deren Leidensdruck noch nicht hoch genug ist, oder.... ich weiß es auch nicht. Wie verschafft man einer wichtigen Botschaft Gehör, wenn sich die Betroffenen so schlecht zum lauten Rufen oder sich sichtbar machen animieren lassen?

  • @ Meike:


    Alles klar. Ich hatte das mit den Postkarten so verstanden, dass da nur Forderungen drauf sollten. (Hatte mir im Geiste Vordrucke mit Forderungen zum Ankreuzen oder so vorgestellt.)


    Die geringe Beteiligung an solchen Aktionen ist aber nicht nur in Hessen der Fall. Auch hier in NDS, egal welche Vertretung da was in Rollen bringen will. Schade.


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • Was ist eigentlich der Unterschied zwischen Integration (die wir seit 18 Jahren praktizieren) und Inklusion?

    Inklusion ist besser - also wenn billiger=besser... Also eben das "Sparmodell", weil weniger Resourcen vorhanden sind.

  • Zitat Meike :

    Zitat

    Generell sind Lehrer träge beim Protest.

    Es kommt nicht vor, aber hier muss ich Meike absolut Recht geben !
    Ich glaube, die Trägheit kommt nicht dadurch zustande, dass wir von Natur "träge" sind, sondern tagtäglich von zig Pflichtfallen umgeben sind. Da müssen noch ein paar Klassenarbeiten unbedingt (!) in dieser Woche noch korrigiert werden, da wieder Konferenz, "dringende" Steuergruppenarbeit, an die Erprobungsstufenkonferenz denken, Klassenfahrt muss geplant werden...Protest ? Schön und gut, aber wann ? Können ja die Kollegen hingehen !


    Damit mich niemand missversteht : Ich bin durchaus für Disziplin und Preußische Pflichterfüllung, aber bitte nicht überpreußisch und gegen unsere eigene Interessen !
    Es müsste doch wirklich möglich sein, dass man die Dinge, die man eigentlich an demselben Tag erledigen müsste, einfach liegen lässt und geschlossen (!) zur Demo fährt.
    Es kann nicht sein, dass wir nur die Rolle von marionettenartigen LdB einnehmen ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    • Offizieller Beitrag

    Es müsste doch wirklich möglich sein, dass man die Dinge, die man eigentlich an demselben Tag erledigen müsste, einfach liegen lässt und geschlossen (!) zur Demo fährt.
    Es kann nicht sein, dass wir nur die Rolle von marionettenartigen LdB einnehmen ! 8)


    Elternschreck: :bussi: oder meinetwegen auch :prost: - jedenfalls bis wir uns morgen wieder wegen irgendwas kloppen ;) !

  • Eine sehr interessante Diskussion, auf die man die Medien vielleicht wirklich aufmerksam machen sollte.


    An unserer Schule haben wir ca. 10% Integrationskinder. In einer Klasse sind es sogar 20% + 20% Lrs-Kinder + 1 Dyskalkuliekind + 3 ADHS- Kinder. Plus diverse Kinder mit Auffälligkeiten, die wir nicht deuten können und die auf ausdrücklichen Wunsch der Eltern auch nicht näher beleuchtet werden sollen. Das ist ja dann eigentlich schon Inklusion auf Elternwunsch.
    Glücklicherweise sind in der klasse nur 17 Kinder. Das ist aber Zufall. Würde es Zuzüge oder Wegzüge (Zusammenlegung) geben, dürften auch hier 28 Schüler mehr oder minder erfolgreich gemeinsam lernen.
    Ist das denn nun schon Inklusion? Oder noch Integration? Wie auch immer ... Es fällt nicht leicht und ist nur mit starken Verlusten auf wirklich allen Seiten überhaupt zu stemmen.
    In meiner letzten klasse waren auch 3 Integrationskinder. 1x Hören und 2x Sprache. Das lief nicht immer optimal ... Aber es war für alle tragbar. Sobald aber Kinder mit (hohem) Förderbedarf im sozial-emotionalen Bereich "ins Spiel" kommen, wird es zur Qual für alle.


    Ich würde mir wünschen, dass all die, die für inklusion sind und vielleicht sogar noch entscheidungsträger, ihre eigenen Kinder/Enkel einige Zeit in einer klasse mit mehreren eh- Kindern beschulen lassen. Und sich dann am Nachmittag erzählen lassen, wie der Peter Lucis Brot im Klo versenkt hat und aus Wut über die Folgen des Handelns dann mit dem Stuhl nach der Lehrerin warf, die dann die Eltern anrief und den Peter abholen ließ. Mathestunde musste deswegen ausfallen. Dabei sollte doch für die Arbeit am Mittwoch geübt werden ... Oder von den Prügeleien oder dem Zirkel, den der Paul der Susi in den Rücken gepiekst hat. Immer wieder. Während er laut kreischend die Kunststunde (Lieblingsfach der Enkelin) über den Haufen warf. So stellt man sich doch Unterricht für sein Kind vor. Oder doch nicht?


    Grau ist alle Theorie. Aber wo sind sie, die Entscheider, die sich erst ein Bild von der Praxis machen, ehe sie das System allen überhelfen?


    Lg
    Sunny

  • Ich würde mir wünschen, dass all die, die für inklusion sind und vielleicht sogar noch entscheidungsträger, ihre eigenen Kinder/Enkel einige Zeit in einer klasse mit mehreren eh- Kindern beschulen lassen.


    Ach wo, so ein echter "Entscheider" oder so eine echte "Entscheiderin" findet für das eigene Kind sicherlich eine ganz individuelle Lösung...


    "Natürlich wollte ich mein Kind auf die öffentliche Schule schicken. Aber alle seine Freunde gehen auch auf (Ersatz-) Schule XYZ. Da konnte ich nicht anders. Sie verstehen schon. Aber wir haben auf (Ersatz-)Schule XYZ natürlich auch ein Inklusionskind... Und es klappt alles ganz wunderbar."


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Hallo,


    Schule kann sich nur gemeinsam mit den Lehrkräften verändern!
    Schade, dass sowenige dazu bereit sind. Ich frage mich eher, warum wir versuchen zu inkludieren bzw. neue Wege gehen, wenn die weiterführenden Schulen immer noch auf dem gleichen Zug sind wie 1987!


    Trichterlernen führte oftmals zu "gehorsamen" Kindern...doch ist das, das ihr wollt?
    Inklusion, d.h. gemeinsames lernen kann sehr wohl funktionieren, wenn man auf die individuellen Persönlichkeiten eingeht! Wenn ich dreißig Kindern zur selben Zeit das Gleiche beibringen will, dann KANN dies sicherlich nicht funktionieren... aber wenn ich individuelle Lernschritte ermögliche, dann ist es machbar und eine Bereicherung für alle! Selbst Kinder, die emotional aufällig sind, können in solche Lerngruppen Fortschritte erzielen, ohne die Gemeinschaft am lernen zu hindern.
    Mein Gott, es sind KINDER!!! Wenn ihr diese nicht händeln könnt, dann ist meines erachtens in der Ausbildung etwas falsch gelaufen!


    Sorry, musste ich jetzt mal loswerden!


    Ich kann einen GB Kind, einem ES Kind und eine "normalen" Knd etwas beibringen...und sie können zu einer tollen Klasse zusammenfinden... wie und ob das geschieht liegt zu einem großen Anteil an meiner Profession...


    LG
    Mama Muh

    Träume nicht dein Leben, sondern lebe deinen Traum!

  • Ok - dann haben wir Inklusion, aber mit 2 Lehrern


    So sollte es ja auch mit "besseren" Rahmenbedingungen sein, denn mit nur einem Lehrer dauerhaft wird das nicht stemmbar sein!


    Danke Mama Muh, schön geschrieben!


    SunnyGS: Dafür brauche ich weder Inklusion, noch Integration, so sieht hier an vielen "normalen" Schulen schon seit Jahren der Unterricht aus.

  • Hallo Mama Muh,
    ich lese immer wieder mit Interesse deine Beiträge. Allerdings schreibst du auch von pädagogischen Mitarbeitern und anderen personellen Ressourcen, wenn ici mich recht erinnere. Vielleicht magst du ja die personelle Situation und die methodische Ausrichtung an deiner Schule mal genauer beschreiben. Ich suche noch immer nach funktionierenden Inklusionskonzepten. Allerdings haben wir an unseren Schulen wirklich nur zwei Stunden Doppelsteckung und ansonsten keine Unterstützung, bei einer Bandbreite von förderbedürftigen Kindern. Die sächliche Ausstattung ist ebenfalls ...na,ja ... suboptional!
    Gruß Cyan

  • Mama Muh, in unserer Ausbildung ist nichts falsch gelaufen. Wir haben schlichtweg keine Ausbildung im Umgang mit solchen Kindern! Wir sind alle ganz normale Grundschullehrer ohne jegliche Ausbildung im Bereich EH. Und da es ja Lehrer gibt, die diese Ausbildung haben und dann diese Kinder sicher so gut händeln können wie du, sollten im Sinne aller diese Kinder von so gut ausgebildeten Lehrern beschult werden. Da sind wir also ganz nah beieinander. Es liegt an der mangelnden Ausbildung, an den mangelnden Ressourcen.


    Die Kinder, von denen ich spreche, sind zum grössten Teil in psychologischer/psychiatrischer behandlung. Haben lange klinikaufenthalte hinter sich, sind irgendwann als austherapiert entlassen worden. Und sitzen dann bei uns, werden von (dafür) völlig unausgebildeten kräften beschult und das, wo es doch so gut geschulte Lehrer wie dich gibt. Ist das wirklich sinnvoll?


    Lg
    Sunny

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Schule kann sich nur gemeinsam mit den Lehrkräften verändern!
    Schade, dass sowenige dazu bereit sind. Ich frage mich eher, warum wir versuchen zu inkludieren bzw. neue Wege gehen, wenn die weiterführenden Schulen immer noch auf dem gleichen Zug sind wie 1987!


    Trichterlernen führte oftmals zu "gehorsamen" Kindern...doch ist das, das ihr wollt?

    Solche Verallgemeinerungen finde ich schade und nicht konstruktiv. Die hier schreibenden Lehrer haben alle oder fast alle betont, dass sie eine sinnvoll ausgestaltete Inklusion befürworten, aber nicht mit dem derzeitigen Ausbildungsstand, ohne Ressourcen und völlig ohne Konzept. Was daran nicht nachvollziehbar ist, kann ich nicht verstehen. Ihnen allen zu unterstellen, sie wollen via Trichterlernen gehorsame Kinder erziehen ist unangemessen und unwahr.

  • Ich kann einen GB Kind, einem ES Kind und eine "normalen" Knd etwas beibringen...und sie können zu einer tollen Klasse zusammenfinden...

    OK, das ist dann eine Klasse mit drei Schülern. Was machst du aber mit zehnmal so vielen?


    Wenn ich dreißig Kindern zur selben Zeit das Gleiche beibringen will, dann KANN dies sicherlich nicht funktionieren..

    Natürlich kann das funktionieren! Es funktioniert sogar meistens. Jedenfalls ist das meine Erfahrung aus 36 Jahren Unterricht.

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