Hallo Mitstreiter!
Ich habe derzeit einen Schüler in einer 8. Klasse, der mir das Leben schwer macht. Kurz zur Vorgeschichte: Der Schüler wurde von seiner alten Realschule geschmissen, weil er eine Schlägerei angezettelt hat. Bei uns hat er die 8. Klasse wiederholt und sitzt nun mit fast 16 in der 8. Klasse. Die Mutter zieht ihn alleine groß und ist wohl auch überfordert.
Seit Beginn des Schuljahres gibt es mit diesem Schüler Ärger. Er ist sicher nicht dumm und könnte von der Leistung her die 8. Klasse locker schaffen, wenn sein Verhalten ein anderes wäre. Er ist verbal ausfallend, beleidigt Mitschüler und hat grundsätzlich eine sehr niedrige Frustrationsgrenze. Er fühlt sich schon durch einen "komischen" Blick oder das Lachen eines Mitschülers provoziert und reagiert dann völlig unverhältnismäßig. So auch heute.
Unsere Schulleitung ist in solchen Fällen konsequent und reagiert eher zu schnell als zu langsam. Aufgrund vieler Einträge ins Tagebuch hat er nun vor den Faschingsferien einen 4tägigen Unterrichtsausschluss gehabt. Nach unserem STufenmodell stünde als nächstes ein 5tägiger Unterrichtsausschluss an und schließlich der Schulausschluss. Nun zu meinem Problem:
Ich sehe es als meine pädagogische Pflicht an, jedem Schüler eine Chance zu geben. Auch zwei oder drei. Ich bin ihm von der ersten STunde an stets freundlich gegenübergetreten und hatte zu Beginn des Schuljahres kaum Probleme mit dem Schüler. Im Gegenteil. In den ersten Klassenkonferenzen habe ich ihn auch noch in Schutz genommen und die Kollegen gebeten ihm doch Zeit zu geben und ihn nicht sofort hart ranzunehmen. Nun, wir ihr euch denken könnt - ansonsten würde ich diesen Post wohl nicht verfassen - ist mein Ansatz es im Guten zu versuchen, gescheitert. So sehe ich es zumindest. Heute z.B. hat er aus einer harmlosen Diskussionssituation heraus plötzlich einen Mitschüler angeschrieen: "Wenn du mir das draußen (also außerhalb des Unterrichts) sagen würdest, würde ich dir jetzt die Fresse polieren!" Ich habe sofort reagiert und ihm gesagt, dass so eine Aussage eine Drohung ist, die inakzeptabel ist. Daraufhin hat er sich erst Recht in Rage geredet, denn xy habe ihn ja provoziert und nun sei er wieder derjenige, der die Strafe abbekomme. Ich habe ihm daraufhin gesagt, dass keine Provokation so eine aggressive Reaktion rechtfertigen würde. Gleichzeitig habe ich auch den Provokateur zur REde gestellt. Es kam heraus, dass der Provokateur ihn wohl (Zitat) "hässlich angegrinst" hätte. Dass also seine Reaktion völlig unverhältnismäßig war, hat er nicht im Geringsten eingesehen.
Er fühlt sich jede Stunde als Opfer - die anderen provozieren ihn - nicht als derjenige, der sich selber in ausweglose Situationen hineinmanövriert. Auch wir Lehrer reagierten ja nur auf IHN. Es kommt noch hinzu, dass er Armenier ist und es wird uns Lehrern von seiner Seite vorgeworfen ausländerfeindlich zu sein, was völlig absurd ist. Es macht einfach keinen Sinn sich mit ihm über sein Verhalten zu unterhalten.
Ich weiß einfach nicht, was ich noch tun kann. Ich möchte ihn nicht abschreiben, schließlich steht hier seine ganze Zukunft auf dem Spiel. Fliegt er auch von unserer Schule, so weiß niemand, wie es schulisch mit ihm weitergehen soll. Das ist auch der Grund, warum ich mich sträube diese Ausfälle ins Tagebuch einzutragen! Aber gerade so ein völlig überflüssiger Ausfall wie heute, lässt einem keine andere Wahl. Ich weiß, dass nicht ich, sondern ER es ist, der sich die Zukunft verbaut, aber ich komme mir gerade vor wie das Zünglein an der Waage und das ist ein saublödes Gefühl. Was mir einfach nicht in den Kopf geht: Der Schüler ist alles andere als dumm und versaut sich wegen nichts und wieder nichts das ganze Leben.
Grüße
Mara