Liebe Kollegen, vor allem: liebe Deutsch-Kollegen vom Gymnasium!
Heute habe ich zufällig eine Deutsch-Klausur aus einem nicht-bayerischen Bundesland in die Hand bekommen und hätte gern mal ein paar Meinungen von Fachkollegen. Ich kann die Arbeit natürlich nicht einscannen und hier einstellen, deshalb nur eine Beschreibung:
- Jgst. 11, Gymnasium, Deutsch-Grundkurs
- Aufgabenstellung: Inhaltsangabe und Interpretation der Kurzgeschichte "Im Spiegel" von Margaret Steenfatt
Schon an diesem Punkt musste ich heftig schlucken. Eine KG zu interpretieren ist ja OK - aber "Im Spiegel" ist doch schon für Zehntklässler zu leicht!
Interessant auch die Korrektur: Bis auf Rechtschreibfehler war NICHTS angestrichen. In der ganzen Arbeit findet sich keine einzige inhaltliche Anmerkung. Dafür sind akribisch die Wörter gezählt (müssen die Schüler selbst machen) und ein "Fehlerindex" ausgewiesen. Die Schlussbemerkung bestand aus zwei Sätzen, einem für die Inhaltsangabe und einem für die Interpretation. Beide Sätze eher lapidar-formelhaft. Dass die Bewertung der Arbeit mit 7 Punkten mindestens 4 Punkte über dem lag, was in meiner Deutsch-Fachschaft gegeben worden wäre, ist schon nicht mehr weiter erwähnenswert.
Hier in Bayern hätte ich mir für eine solche Korrektur (und Bewertung) zwei saubere Anschisse abholen können, vom Fachbetreuer ebenso wie vom Schulleiter. Wie soll denn ein Schüler aus einer solchen Korrektur irgendwas für zukünftige Arbeiten lernen? Immerhin geht es hier um Abiturvorbereitung! Eine durchschnittliche Arbeit (7-9 Punkte) wird bei uns üblicherweise mit einem Kommentar von 120 bis 150 Wörtern versehen.
Deshalb meine ernstgemeinte Frage: Sitze ich hier auf dem oft ungerechtfertigt hohen bayerischen Ross, oder liege ich mit meiner Einschätzung dieser Arbeit vielleicht doch nicht so daneben?
Gruß
Fossi74
PS. Wer errät, aus welchem Land die Arbeit war? (Ja, ich weiß, da gibt es mehrere mögliche Kandidaten)