Erfahrungen mit schulinterner Hausaufgabenbetreuung

  • Hallo,


    ich habe z.Zt. mit Viertklässlern zu tun, die kognitiv recht fit sind, aber eine grauenhafte Arbeitshaltung an den Tag legen und sich auf diese Weise selbst im Weg stehen. Im Hinblick auf den Übertritt tendiere ich dazu, den Eltern zu (Ganztags-)Schulen zu raten, die die Hausaufgaben- und Lernzeit mit abdecken, da dort m.E. viel aufgefangen werden kann, was diese Eltern daheim eben nicht leisten können.


    ABER aus meinem persönlichen Umfeld sind mir zwei Kinder bekannt, die auf zwei verschiedenen Schulen recht negative Erfahrungen mit der Hausaufgabenbetreuung gemacht haben. Von Betreuung kann in beiden Fällen keine Rede sein, eher von Verwahrung. Eines der Kinder sitzt die Zeit quasi ab, während um ihn herum das pure Chaos tobt und erledigt die Hausaufgaben dann doch zu Hause, der Zweite fühlt sich während der HAB zwar pudelwohl, sitzt dort aber inmitten seiner Klassenkameraden und hat wahrscheinlich noch nicht einmal selbst nachdenken müssen, weil er einfach wartet, bis er bei irgendwem abschreiben kann. Wenn's so läuft, ist die HAB natürlich eher kontraproduktiv.


    Mich interessieren daher brennend Erfahrungsberichte, wie die Hausaufgabenbetreuung an jenen Schulen geregelt ist, bei denen diese
    verbindlich zum Schultag dazugehört. Wie kann ich mir das organisatorisch vorstellen? Auf wie viele Schüler kommt eine Aufsichtsperson? Welche Regeln gelten? Wird kontrolliert, ob und wie die HA angefertigt werden? Wird darauf geachtet, dass die aufsichtsführenden Lehrer in allen Fächern halbwegs fit sind, um ggf. auch helfen zu können? Klar kommt's auf die jeweilige Schule an, aber so ganz allgemein wüsste ich gern, ob eher die Positiv- oder die Negativbeispiele überwiegen...


    Beste Grüße,
    Paprika

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe vor einigen Jahren mal an einer Ganztagsschule (allerdings eine offene Ganztagsschule) unterrichtet, an der wir Lehrer die Hausaufgabenbetreuung betreut haben. Diese war freiwillig und es war nicht immer abzusehen, wie viele Schüler an welchem Tag dorthin kamen. Aber in der Regel waren wir 2 Leher und hatten viele Schüler unterschiedlichster zu betreuen (mindestens 30, eher deutlich mehr, teilweise 50 Schüler). Ein großer Teil unserer Zeit ging für Verwaltungstätigkeiten und Organisation drauf (in Listen erfassen, wer dort ist, wer abgemeldet ist, wer wo ist, wer noch nachkommt, wer nicht entschuldigt fehlt, zu organisieren, dass alle sitzen, alle sich ruhig verhalten und anfangen, teilweise mit Schülergruppen in einen anderen Raum umzuziehen, damit es nicht so unruhig wird, zu organisieren, was diejenigen machen, die keine Hausaufgaben aufhaben oder schon fertig sind. Die restliche Zeit gingen wir rum, halfen bei Bedarf, schauten, dass alle halbwegs arbeiten. Mehr ist in einem solchen Rahmen nicht möglich. Es ist möglich, dafür zu sorgen, dass alle Schüler halbwegs Ruhe zum Arbeiten haben und dass wir ihnen helfen können, wenn sie Fragen haben. Allerdings sind diese Möglichkeiten begrenzt, denn an der weiterführenden Schule unterrichten die Kollegen in der Regel ja nur 2 Fächer und es kann passieren, dass Schüler von Lehrern betreut werden, die z.B. kein Französisch können und ihnen bei den Französischhausaufgaben nicht helfen können. Es ist auch nicht möglich, sicherzustellen, dass die Schüler nicht voneinander abschreiben oder zu überprüfen, ob jeder Schüler alle Hausaufgaben gemacht hat (wir Lehrer wissen ja nicht, welche Hausaufgaben Schüler aller Klassen aufbekommen haben).


    Diese Hausaufgabenbetreuung ist für Schüler sinnvoll, die keine helfenden Eltern zu Hause haben oder deren Eltern nicht zu Hause sind und die betreut werden sollen, wenn diese Schüler gleichzeitig fleißige Schüler sind, die sich selbst darum kümmern, DASS sie alle Hausaufgaben bearbeiten. In solchen Fällen kann die Hausaufgabenbetreuung sehr hilfreich sein, da wir Fragen beantworten und Hilfestellungen geben können, die deren Eltern nicht geben können. Nicht möglich ist aber, zu überschauen, dass jeder Schüler alle Hausaufgaben gemacht hat (was manche Eltern erwarten) und schwierig wird es auch bei sehr unorganisierten oder ummotivierten Schülern, die eine Eins-zu-Eins-Betreuung bräuchten.


    Hausaufgabenbetreuung durch freiwillige Eltern habe ich auch schon erlebt, aber da sind meine Erfahrungen noch schlechter. Die Schüler beschwerten sich durchweg, dass sich diese Eltern nicht so gut durchsetzen könnten und es da drüber und drunter ginge. Allerdings sind das keine primären Erfahrungen, sondern nur die Aussagen meiner Schüler.


    Besser könnte vielleicht ein System sein, bei dem die Klassenlehrer mit den Schülern ihrer Klassen Hausaufgaben machen.


    Als Mutter würde ich von einer Hausaufgabenbetreuung nicht zu viel erwarten (eben v.a. eine Betreuungsmöglichkeit und die Möglichkeit, mal was nachzufragen) und mich nicht ausschließlich darauf verlassen. Wenn das Kind nicht nachmittags betreut werden müsste, würde ich es für sinnvoller halten, wenn es zu Hause Hausaufgaben macht.

  • Bei uns läuft es so:
    Nach dem Unterricht gehen die Kinder zum Mittagessen. Danach haben sie ca. 1 Stunde Freispiel auf dem Sportplatz, Aufsicht machen die Hortbetreuer. Um 14 Uhr gehen die Kinder in ihr Klassenzimmer. Dort hat jede Klasse ein bis zwei Betreuer, je nach angemeldeten Hortkindern. Die Hausaufgabenzeit geht bis 15.30 Uhr. Während dieser Zeit ist Stille. Dir Betreuer beantworten Fragen, korrigieren die Ha, diktieren auch mal ein Diktat. Danach gibt es eine Teepause, dann Angbote in Mottozimmern oder Kurse. Bis 18 Uhr müssen die Kinder abgeholt werden.
    Ich finds so echt gut!

  • Bei uns sind die Ganztagskinder in der Hausaufgabenbetreuung. Ab kommender Woche läuft unser neues Hausaufgabenkonzept an (bzw. das der neuen Schulleitung, die die Lehrer mehr mit ins Boot holen will).


    Bisher lief es so:
    Die Kinder (in verschiedenen Gruppen je nach Schulschluss eingeteilt) gehen zum Mittagessen und anschließend in die für die Hausaufgabenbetreuung vorgesehenen Klassenräume (zwei an der Zahl). Pro Klassenraum betreuen 1-2 Lehrkräfte, Erzieher oder Honorarkräfte ja nach Tag und Uhrzeit 10-30 Kinder. Wir haben einen Hausaufgabenwochenplan. Montags müssen die Kinder etwa 2-3 Aufgaben erledigen (je nachdem wie viele insgesamt auf dem Wochenplan sind). In den folgenden Tagen dann mindestens 2, wenn noch was zu erledigen ist (einige Kinder sind mittwochs dann fertig, einige müssen donnerstags den Rest erledigen). Dementsprechend werden die Kinder zum Ende der Woche auch weniger. Die Kinder haben dafür bis spätestens 15.30 Uhr Zeit (Beginn ist unterschiedlich je nach Schulschluss, frühestens ab ca. 12.00 Uhr).
    Je nachdem wie viele Kinder dort sind und welche Kinder (selbstständig arbeitend oder nur in Einzelbetreuung arbeitend), kontrolliere ich die Hausaufgaben auf (lediglich) Vollständigkeit oder kontrolliere Rechtschreibung/Grammatik bei Texten oder rechne (stichprobenhaft) Aufgaben nach. Zwischendurch gehe ich rum, helfe bei Verständnisschwierigkeiten oder Problemen beim Lösen von Aufgaben. Die Effektivität ist unterschiedlich. Einige Kinder brauchen regelrechte Einzelbetreuung, weil sie es entweder einfach nicht alleine schaffen oder alleine nicht arbeiten und einfach nur ihre Zeit absitzen bis man sich neben sie setzt (und selbst dann nicht arbeiten). Natürlich wird auch mal ab und an beim Nachbarn geschaut, manche entwickeln zusammen regelrechte Strategien (du fängst oben an zu rechnen, ich unten, der Rest wird dann abgeschrieben). Einige Kinder lassen sich auch schnell und gerne ablenken, was sich bei vielen Kindern aus verschiedenen Klassen kaum vermeiden lässt. Die Lautstärke ist abhängig von Anzahl und Tagesform der Kinder. Wir versuchen natürlich die Kinder immer ruhig zu halten, aber schon alleine durch das ständige Kommen und Gehen herrscht oft eine gewisse Grundunruhe. Wer gut und leise arbeitet bekommt einen Stempel und bei voller Stempelkarte gibts im Ganztag eine Belohnung.


    Ab kommenden Montag soll es so umgesetzt werden:
    Jede Lehrkraft ist mit (mindestens) einer Stunde in der Hausaufgabenbetreuung vertreten und macht diese in der eigenen Klasse. Das heißt alle Erstklässler werden im Klassenraum der 1a oder 1b von dem jeweiligen Klassenlehrer betreut, alle Zweitklässer in den Klassenräumen der 2. Klasse von den jeweiligen Klassenlehrern usw. Ist an dem Tag kein Klassenlehrer der jeweiligen Stufe da, übernimmt die Aufgabe eine andere Lehrkraft (z.b. Vertretungskraft ohne Klasse), Erzieherin oder Honorarkraft. Den Kindern steht dann "nur" noch eine Stunde Hausaufgabenzeit zur Verfügung, in der sie ihre Aufgaben erledigen müssen. Wer fertig ist, darf auch den Raum nicht verlassen, sondern muss die Stunde im Klassenraum mit z.B. dem Freiarbeitsmaterial verbringen. Sprich: Die Gruppe kommt geschlossen und geht geschlossen. Betreut wird von jeweils zwei Personen. Wie das ganze in der Praxis ablaufen wird, kann ich nocht nicht sagen (problematisch war es erst einmal dies in den Stundenplan unterzubringen). Allerdings kann ich mir vorstellen, dass es für die Kidner, die sehr langsam arbeiten oder sich viel ablenken lassen mit dieser einen Zeitstunde viel zu eng wird (manche sitzen bisher 20-40min rum ohne zu arbeiten (aus unterschiedlichen Gründen).

  • Lieben Dank für Eure ausführlichen Antworten! Die Unterschiede sind ja wirklich enorm.

    Diese Hausaufgabenbetreuung ist für Schüler sinnvoll, die keine helfenden Eltern zu Hause haben oder deren Eltern nicht zu Hause sind und die betreut werden sollen, wenn diese Schüler gleichzeitig fleißige Schüler sind, die sich selbst darum kümmern, DASS sie alle Hausaufgaben bearbeiten. In solchen Fällen kann die Hausaufgabenbetreuung sehr hilfreich sein, da wir Fragen beantworten und Hilfestellungen geben können, die deren Eltern nicht geben können. Nicht möglich ist aber, zu überschauen, dass jeder Schüler alle Hausaufgaben gemacht hat (was manche Eltern erwarten) und schwierig wird es auch bei sehr unorganisierten oder ummotivierten Schülern, die eine Eins-zu-Eins-Betreuung bräuchten.

    Wenn ich das lese, weiß ich schon, dass meine Kandidaten in so einem System nicht gut aufgehoben wären... Und die Positivbeispiele kommen alle von Grundschullehrern :) Gibt es solche funktionierenden Konzepte auch in der Sekundarstufe??

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