Absolute Beginner-Blues?

  • Hallo alle zusammen,


    Hallelujah, ich habe das Ref mit gutem Abschluss überlebt und direkt im Anschluss eine feste Stelle an einer schönen Schule (Gym) bekommen, die ich nun angetreten habe (naja, eigentlich stundenweise schon vorher und bin ich wirklich direkt mittendrin).
    Und? Aber?
    Ich fühle mich ziemlich erschlagen von den vielen neuen Eindrücken, Gesichtern und Namen...und außerdem beschleicht mich offen gesagt irgendwie doch etwas Panik, da ich eine volle Stelle habe, viel Oberstufe unterrichten muss und dementsprechend auch viele Themen, über die ich mir selbst erst einmal einen Überblick verschaffen muss.
    Außerdem fühle ich mich plötzlich irgendwie unsicher...klar hat man im Ref schon viele Erfahrungen z.B. mit Blick auf Leistungsbewertung (Somi, Klausuren erstellen und korrigieren und Co.) sammeln können, aber ich merke (muss nämlich schon einen Satz einer erkrankten Kollegin schnell korrigieren), dass ich extrem lange brauche und eben sehr unsicher bin (bin ich zu streng? Zu nett?). Gerade in der Qualiphase hat man da ja doch einiges an Verantwortung (deswegen würde ich mich bei den nächsten Klausuren auch gerne mit Kollegen kurz schließen).
    Ja, ich habe fest einkalkuliert, dass es gerade in den ersten beiden Jahren wohl sehr stressig wird.
    Aber dennoch: wo kommt denn plötzlich diese frustrierende Unsicherheit und "Panik" her?? Immerhin ist es ja nicht so, dass man mich nicht darin ausgebildet hätte...
    Ich schiebe es auf den "Übergangsschock", denn in den 2 Jahren des Refs hat man sich ja schon Routinen und Sicherheit aufgebaut, irgendwann war man "drin", das ging allerdings auch nicht von heute auf morgen.
    Zumindest habe ich schon mal gemerkt, dass ich die Stunden nun nicht mehr so aufwändig vorbereiten kann, sonst geht zeitlich gar nichts mehr...aber ist irgendwie auch blöd, wenn man als Lehrer trotzdem den SuS manchmal nur eine Buchseite voraus ist (bildlich gesprochen). Irgendwie zieht mich das alles im Moment etwas runter, auch wenn die Schule und Kollegen einen tollen Eindruck machen und bisher alles läuft.
    Aber wem geht es noch so, ist das "normal"? Bzw. wer kann mir Tipps geben?


    Viele Grüße und einen schönen Wochenstart...

  • Das wird schon. Nach viel Theorie an der Uni und viel Schönwetter-Pädagogik am Studienseminar kommt halt jetzt die echte Praxis. Aber in ein paar Jahren bist du über den Berg und lächelst über die "alten Zeiten" :)


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    • Offizieller Beitrag

    Meine ersten zwei Jahre mit voller Stelle waren auch so. Es wird besser, man wird routinierter (wenn das KuMist nicht gerade neue lustige Regelungen (oder gar Schularten) erfindet, die alles vorherige über´n Haufen werfen...), hat viele Einheiten schonmal durch und weiß, wo man was ändern muss, kennt Abläufe von Prüfungen, kennt Schüler und Kollegen und weiß sie zu nehmen...
    Augen zu und durch. Mikael hat Recht: Das wird schon! :)

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • Das erste Jahr ist schlimm, vor allem, wenn man mit voller Stelle und dann noch viel Oberstufe beginnt.


    Es fehlt an Material, Routine, Kondition. Wie du schon schreibst erschlagen einen die vielen Eindrücke. Zudem ist man noch im Referendariatstrott gefangen und glaubt irgendwie, dass man alles nur Wunderstunden zaubern muss. Das geht aber nicht bei voller Stelle und schon gar nicht in den ersten Jahren!


    Was einigen Kollegen im ersten Dienstjahr (oder auch durchaus noch länger) fehlt ist außerden das fehlende Feedback. Kein Fachleiter, kein Mentor etc, der einem Rückmeldung gibt.


    Mit dem 5. Jahr ist aber ein Plateau erreicht, das deutlich zu merken ist. Man hat die meisten Jahrgänge durch, hat Material etc.. Bin jetzt im 10. vollen Dienstjahr und mir wird desöfteren langweilig. *g*


    Liebe Grüße
    Raket-O-Katz

  • Mir geht es genau wie dir. Ich stehe auch vor meinen ersten Schritten in die weiter Welt ohne Referendariatsgedöns. Richt blöd finde ich die Übernahme der Klassen mitten im Halbjahr. Die Kollegen stecken in ihren Reihen, haben sich etwas dabei gedacht und nun komme ich an und steige mittendrin ein ohne zu wissen was vorher gewesen ist (die Angaben der Kollegen waren sehr grob bisher wie "Ja, wir machen gerade die Sinnesorgane" und viel mehr war auch nicht hervorzulocken hinter dem Altlehrerofen) oder was nun als nächstes ansteht. Man kennt niemanden an der neuen Schule, hat weder Fach noch Platz im ohnehin überbelegten Lehrerzimmer und irgendwie will man gleich wieder rausrennen zurück in das eingezäunte Naturschutz-Gehege des Referendariats.
    Und dann hat man keine Ahnung, wie denn effizientes Unterrichten funktioniert! Man kennt doch nur den Ref-Standard... woher soll ich denn wissen, wie ich zeitökonomisch vernünftigen Unterricht vorbereite?! Die eigene Schulzeit ist bei mir ewig her und hospitiert hat man auch schon seit 1,5 Jahren nicht mehr... wie zum Teufel sieht denn der ökonomisch geplante Unterricht aus, fragt man sich da. Und ganz plötzlich fühlt man sich allein, blöd und unwissend ... dabei hat man ja schon zwei Jahre lang unterrichtet und es ist irgendwie irrational. Trotzdem fühle ich mich gerade ähnlich wie du und weiß auch noch nicht wie es nun weiter funktionieren soll. Sprich: du bist nicht allein mit diesem Gefühl, es wird wohl vielen von uns gerade ähnlich gehen. Eine Freundin von mir muss sogar noch Fachfremd unterrichten... *brr*

  • DAAANKE!
    Irgendwie beruhigt mich das schon mal und muss wohl so sein. Tatsächlich der nächste "Praxisschock" :-). Aber das haben ja auch viele andere vor uns er- und überlebt...wenn ich zurückdenke, auch im Ref hats ja erst mal einige Zeit gedauert, bis man wirklich angekommen war...was mich rückblickend nur ein bisschen ärgert ist eben, dass auf so oft (zu Recht!) beklagt wird, dass die Uni so wenig auf das Ref vorbereitet...nun, irgendwie fühle ich mich durch das Ref eben beinahe genauso wenig auf den Unterrichtsalltag vorbereitet - ist ja fast schon frustrierend...aber damit werd ich mich wohl auch arrangieren (müssen).
    Na denn, allen Neulingen einen guten Start!

  • Unterrichtest du denn wenigstens Geschichte?
    Ich habe momentan nur Englisch und selbst, wenn ich Geschichte bekommen sollte in den kommenden Jahren, werde ich nur bili Geschichte bekommen (und da kann ich mich über ne 8 oder 9 freuen, da in der Sek 2 jeder bili Schüler schreiben muss). Momentan habe ich alleine 4 Oberstufen Kurse und mich graut es schon vor den Korrekturen ;) Aber aller Anfang ist schwer und später lachen wir- hoffentlich- darüber ;)

    "If you never try, then you'll never know" - Coldplay

  • Ja, bei mir hält es sich mit den Fächern in Waage, wobei ich auch eine Klasse in GE bilingual unterrichten darf. Und: 5 Oberstufenkurse mit Korrekturen (Jackpot :-). Ich nehme es sportlich, so bekomm ich hoffentlich wenigstens Routine und überleg (gerade in GE) nicht fünf mal, ob ich den Kandidat xy jetzt dafür doch noch nen halben Punkt geben soll, weil Kandidat yy...ich hoffe also, Ökonomie bei allem zu lernen. So, habe fertig ...

    • Offizieller Beitrag

    Den Blues hatte ich nie so richtig, weil ich sooo froh war, aus dem Ref weg zu sein und endlich richtig beginnen zu können. j
    Die innere Unruhe habe ich jetzt aber nach den Sommerferien auch und beim Wiedereinstieg nach der Babypause war es extrem: Kann ich es noch? Stimmt das noch, was ich da mache? Und ich blicke jetzt immerhin auf fast neun Jahre Berufserfahrung zurück... Mein SL meinte neulich, das sei gut so, weil man sich dann ständig hinterfrage und das zur persönlichen Entwicklung gehöre.
    Aber- es wird wirklich besser. Und im Gegensatz zum Ref hat man jetzt den Vorteil, dass man ausprobieren kann, ohne ständig von den SL eins übergebraten zu bekommen.
    Ökonomie zu lernen ist wirklich eine gute Sache.
    Es wird!
    Liebe Grüße
    Hermine

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