Notenerpressung funktioniert!

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    Alsoooo ... nehmen wir mal Englisch: Ich lasse wöchentlich einen Vokabeltest schreiben, d.h. im Halbjahr kommen da so 12 - 14 zusammen. Als Bonus für regelmäßge Teilnahme wird bei mindestens 10 Tests im Halbjahr der schlechtetste gestrichen. Insgesamt zählen bei mir die Vokabeltests 25% der Gesamtnote (hier können auch sehr schwache Schüler über Fleiß punkten). Die Berechnung erfolgt hier über eine ewig lange Wenn-Dann-Funktion.
    Dann lasse ich natürlich schriftliche Leistungsnachweise schreiben, normalerweise 2 pro Halbjahr. Da reicht eine einfache Mittelwertfunktion. Anteil an der Gesamtnote ist 50%. Zuletzt gibt es die Mitarbeitsnote (die ich ziemlich leistungsunabhängig gebe, ein schwacher Schüler, der sich bemüht bekommt von mir eine bessere Note als ein Schüler, der zwar alles kann, aber nicht mitmacht oder oft stört). Dies kommt als 25% der Note.
    Ich lasse mit hier dann eben eine mathematisch gerundete Note berechnen. Die Tabelle ist bei der Notenbesprechung geöffnet. Ich erläutere jedem Schüler die Einzelnoten und prüfe nochmal, ob es Übertragugsfehler gab. Da 80% meiner Schüler aus dem orientalischen Raum kommen, beginnen dann meistens die Verhandlungsversuche (die sehen Noten oft als erstes Angebot wie auf den Basar). Über die Tabelle zeige ich dann oft, dass dies sinnlos ist, z.B. wenn sie in der Mitarbeit auf eine -2 kommen müssten, um noch die gewünschte 1 zu erreichen ;) Außerdem zeige ich so, an welcher Stelle die einzelnen Schüler an ehesten ansetzen können, um ihre Note im nächsten Zeugns zu verbessern. Man kann da duchaus Szenarien durchspielen, wie z.B. "hättest Du bei der Arbeit am xx.xx.xx nicht unentschuldigt gefehlt, hättest Du da bestimmt eine 4 erreicht, dann wäre die Endnote auch die 3 gewesen"


    Im übrigen ist eine Besprechung bzw. Diskussion der Benotung mit der Möglichkeit der Selbsteinschätzung in Hessen vorgeschrieben.

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    Zitat

    Als Bonus für regelmäßge Teilnahme wird bei mindestens 10 Tests im Halbjahr der schlechtetste gestrichen.


    Ich finde es grenzwertig, dass eine Note gestrichen werden kann bei regelmäßiger Teilnahme. Letzteres ist für mich eine Selbstverständlichkeit und nichts, was man mit Bonus belohnen sollte.


    Im Übrigen werden in Bayern die Noten sehr wohl arithmetisch ermittelt, eine leichte pädagogische Freiheit gibt es nur bei x komma 50 bis x komma 55.
    Mag einem fragwürdig vorkommen, hat aber auch Vorteile ;)

    • Offizieller Beitrag

    Ich finde es grenzwertig, dass eine Note gestrichen werden kann bei regelmäßiger Teilnahme. Letzteres ist für mich eine Selbstverständlichkeit und nichts, was man mit Bonus belohnen sollte.


    Das liegt sicherlich auch an meinen Schulformen. Regelmäßige Unterrichtsteilnahme ist bei uns eher die Ausnahme, mir fallen spontan auch nur 5 - 6 Schüler aus meinen zur Zeit / Klassen ein, die wirklich regelmäßig kommen. Und genau genommen trickse ich hier ja: bei mindestens 10 Tests hat der eine gestrichene statistisch ja kaum eine Auswirkung, umso weniger, wenn die Noten nah beieinander liegen.

  • Kann Excel die Gesamtleistung würdigen? Wie? Oder wird da doch nur wieder gerechnet und Sie liefern denen, bei denen die Änderungen einer Teilleistungsnote rechnerisch die Änderung der Gesamtnote ergäben nur Munition?


    Noten werden nicht errechnet, sondern sind eine pädagogische Entscheidung. Excel sagt mir in der Gesamtrechnung, was die Note wäre - ICH entscheide aber anhand der Entwicklung des Schülers, was am Ende auf dem Zeugnis steht, d.h. hat sich Schüler X von Beginn der Bewertung an verbessert oder verschlechtert. Excel hilft allerdings ungemein, weil man den Notenstand an sich nicht mühevoll von Hand ausrechnen muss.


    Grüße vom ebenfalls sehr gerne mit Excel arbeitenden
    Raket-O-Katz

  • Noten sind doch eine pädagogische Entscheidung - na gut, in der Oberstufe wird es scheinbar durch Erwartungshorizonte und die 50/50 Mittelung für Klausuren und Somi-Note etwas transparenter - in der Mittel- und Unterstufe kann ich doch theoretisch jemandem, der 3 KA 3 geschrieben hat, trotzdem eine 2 geben, weil er mündl. super mitmacht, Referate gemacht hat, sich sehr ins Zeug legt etc. pp. und jmd. anderem mit den gleichen Noten eine 4, weil er gar nix macht. Insofern gibt es doch soviel Ermessensspielraum, dass wir auf der sicheren Seite sind.
    Ich habe den Fall mit den 14 Punkten meiner Ärztin geschildert und die meinte, da sind die Eltern ganz klar schon dabei, den NC fürs spätere Studium auszurechnen, und wenn das evtl. nicht hinkommt, muss man den entsprechenden Lehrer dann erpressen. Tja, da liegt der Fehler wohl im System.

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

  • Wenn ich das Ganze mal von Elternseite sehe, muss ich allerdings sagen, dass ich die Notengebung mancher Lehrer auch absolut nicht nachvollziehen kann. Kinder, die ständig nachfragen und schleimen, bekommen da öfter mal was Besseres. Meine Tochter fragt nie nach, und gibt sich mit allem zufrieden - wirkt sich natürlich nicht positiv aus. Und wie ich aus eigener Erfahrung weiß, gibt man bei Eltern, die ständig Terror machen, als Lehrkraft gerne mal die bessere Note, einfach weil man keinen Bock auf Theater hat.

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

    • Offizieller Beitrag

    Noten werden nicht errechnet, sondern sind eine pädagogische Entscheidung.


    Und es ist meine pädagogische Entscheidung, sie zu berechnen. Die pädagogische Komponente ist ja in allen Teilnoten schon drin, und wenn man am Ende da noch mal pädagogisch umentscheidet, wird es beliebig. Just my two cents ... ;)

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    Zitat

    in der Mittel- und Unterstufe kann ich doch theoretisch jemandem, der 3 KA 3 geschrieben hat, trotzdem eine 2 geben, weil er mündl. super mitmacht, Referate gemacht hat, sich sehr ins Zeug legt etc. pp. und jmd. anderem mit den gleichen Noten eine 4, weil er gar nix macht. Insofern gibt es doch soviel Ermessensspielraum, dass wir auf der sicheren Seite sind.



    Geht in Bayern nicht "einfach so": das Schriftliche zählt in jedem Fall 2:1 zum Mündlichen (zumindest in den Hauptfächern).
    Bin kein Mathematiker, aber zu solchen Notenunterschieden müsste schon eine massiv bessere oder schlechtere mündliche Note gehören, wenn schriftlich = glatt 3 ist. Zumal Komma 5 auf die bessere Note gerundet wird.(oder ist das nicht überall in BY so?)
    Die mündlichen Noten müssen natürlich belegbar sein (Datum, Art der Notenerteilung usw.)

    • Offizieller Beitrag

    In Hessen zählt das mündliche mindestens 1/3 (zumnindest in meinen Schulformen), nach oben theoretisch keine Grenze. Wobei ich das Drittel bei mir wie gezeigt umgehe, da ich offiziel Vokabeltests und Mitarbeit zusammen als mündlich werte, so dass dann 50% rauskommen.

  • In Hessen zählt das mündliche mindestens 1/3 (zumnindest in meinen Schulformen), nach oben theoretisch keine Grenze. Wobei ich das Drittel bei mir wie gezeigt umgehe, da ich offiziel Vokabeltests und Mitarbeit zusammen als mündlich werte, so dass dann 50% rauskommen.

    Ist das nicht sogar so geregelt? Eigentlich gibt es doch bei uns in Hessen in den Hauptfächern nur die "schriftlichen Leistungen" und die "sonstigen Leistungen". In die schriftlichen fallen die Klassenarbeiten und in die sonstigen alles andere (mündliche Mitarbeit, Hausaufgaben, Vokabeltests, Referate, Mappen, Wochendiktate usw.).

  • An meiner Schule gibt es eine Empfehlung im Lehrplan für Erdkunde, die aber je nach dem, was man im Unterricht macht, abändern kann (man macht ja nicht jedes mal Referate oder schreibt Tests).


    Das ist aber unfair in Bayern, wenn das Schriftliche doppelt zählt. Im Mündlichen leisten SuS doch viel mehr (jede Stunde) und bei Klausuren kann man einen schlechten Tag haben oder ein anderes Problem, was dann direkt sehr stark benotet wird. Bei schriftlichen Fächern zählt das Mündliche ja zum Glück auch mindestens die Hälfte in NRW.


  • Das ist aber unfair in Bayern, wenn das Schriftliche doppelt zählt. Im Mündlichen leisten SuS doch viel mehr (jede Stunde) und bei Klausuren kann man einen schlechten Tag haben oder ein anderes Problem, was dann direkt sehr stark benotet wird. Bei schriftlichen Fächern zählt das Mündliche ja zum Glück auch mindestens die Hälfte in NRW.


    Leisten sie da wirklich mehr? In Englisch z.B. hat die DESI-Studie ergeben, dass ein Kind pro Unterrichtsstunde ca. 30 Sekunden spricht und der Großteil davon Satzfragmente sind. Ich find das schon okay, dass das Schriftliche doppelt zählt. Das Mündliche drückt die Note meistens ohnehin noch nach oben. In der neuen Oberstufe zählt das Ganze jetzt 1:1 - politischer Kunstgriff....

    • Offizieller Beitrag


    Das ist aber unfair in Bayern, wenn das Schriftliche doppelt zählt. Im Mündlichen leisten SuS doch viel mehr (jede Stunde) und bei Klausuren kann man einen schlechten Tag haben oder ein anderes Problem, was dann direkt sehr stark benotet wird. Bei schriftlichen Fächern zählt das Mündliche ja zum Glück auch mindestens die Hälfte in NRW.


    Das ist ein wenig kurzsichtig. Es wird IMMER Gründe geben, warum Schüler im schriftlichen wie im mündlichen Bereich Minderleistungen erbringen. Im schriftlichen Bereich ist es der berühmte schlechte Tag mit dem Blackout, im mündlichen die Schüchternheit oder die Angst, etwas Falsches zu sagen.
    Deiner Logik zufolge müssten ja auch die Abiturklausuren unfair sein, weil hier drei Klausuren über Wohl und Wehe eines Schülers entscheiden.


    Am Gymnasium sind laut Kernlehrplan mündlichen wie schriftlichen Leistungen derselbe Stellenwert einzuräumen.
    http://www.standardsicherung.s…lisch/leistungsbewertung/


    Gruß
    Bolzbold

  • Und es ist meine pädagogische Entscheidung, sie zu berechnen. Die pädagogische Komponente ist ja in allen Teilnoten schon drin, und wenn man am Ende da noch mal pädagogisch umentscheidet, wird es beliebig. Just my two cents ... ;)


    Nein, wird es nicht, wenn ich nur in sehr wenigen, einzelnen Fällen diese pädagogische Erwägung mit einbeziehe. Wenn ich jede Excel-Note anzweifele jedesmal noch was weiß ich mit einbeziehe (Hamster gestorben etc.), dann brauche ich Excel nicht.


    Will sagen: Schüler X und Y bekämen laut Excel einen Unterkurs (4.4 Punkte, abgerundet auf 4). X schwänzt, Eltern decken das aber mit Entschuldigung, X macht kaum Hausaufgaben und hat Material nicht immer dabei. Y hingegen fehlte wegen schwerer Erkrankung einige Zeit, hat deshalb Stoff verpasst und es daher schwerer, ansonsten ist X immer anwesend, macht die HA, hat Material und bemüht sich redlich. X würde ich unter Berücksichtigung der Umstände noch 5 Punkte geben.


    Grüße
    Raket-O-Katz

    • Offizieller Beitrag

    Nein, wird es nicht, wenn ich nur in sehr wenigen, einzelnen Fällen diese pädagogische Erwägung mit einbeziehe. Wenn ich jede Excel-Note anzweifele jedesmal noch was weiß ich mit einbeziehe (Hamster gestorben etc.), dann brauche ich Excel nicht.


    Will sagen: Schüler X und Y bekämen laut Excel einen Unterkurs (4.4 Punkte, abgerundet auf 4). X schwänzt, Eltern decken das aber mit Entschuldigung, X macht kaum Hausaufgaben und hat Material nicht immer dabei. Y hingegen fehlte wegen schwerer Erkrankung einige Zeit, hat deshalb Stoff verpasst und es daher schwerer, ansonsten ist X immer anwesend, macht die HA, hat Material und bemüht sich redlich. X würde ich unter Berücksichtigung der Umstände noch 5 Punkte geben.


    Grüße
    Raket-O-Katz


    Das ist ja in der Mitarbeitsnote drin, in den Bildungsgängen zur Berufsvorbereitung zusätzlich noch in der Note für Arbeitsverhalten.

  • Aber ein schlechter Klausurtag kann viel mehr an der Note verändern, als ein schlechter Schultag, an dem sich SuS nicht melden. Daher finde ich die Abiturprfungen, auch die mündlche, viel zu stark gewichtet. Ist es wirklich die gleiche Leistung eine GK-Abi-Klausur über 3 Std. zu schreiben oder sich 2 Jahre zu beteiligen und 7 Klausuren zu schreiben? Ich finde nicht. Natürlich ist es an der Uni noch extremer, wenn eine Klausur den Stoff von ein oder zwei Semestern abfragt und das die einzge Prüfung bleibt.

  • Suiram:


    Absolut nachvollziehbar. Allerdings ist es nun einmal im Leben so, dass es oft darauf ankommt "zum richtigen Zeitpunkt unter Druck Leistung zu zeigen". Sei es im Bewerbungsgespräch oder tausend anderen Dingen.
    So funktioniert die Welt, auch wenn, und da gebe ich Dir recht, solche Momentaufnahmen einem Menschen nicht immer gerecht werden.

  • Aber ein schlechter Klausurtag kann viel mehr an der Note verändern, als ein schlechter Schultag, an dem sich SuS nicht melden. Daher finde ich die Abiturprfungen, auch die mündlche, viel zu stark gewichtet.


    Das ist doch lächerlich. Abiturprüfungen zählen im Verhältnis zu den Vorleistungen fast gar nichts.

    Ist es wirklich die gleiche Leistung eine GK-Abi-Klausur über 3 Std. zu schreiben oder sich 2 Jahre zu beteiligen und 7 Klausuren zu schreiben? Ich finde nicht. Natürlich ist es an der Uni noch extremer, wenn eine Klausur den Stoff von ein oder zwei Semestern abfragt und das die einzge Prüfung bleibt.


    Es ist auf jeden Fall eine größere Leistung, sich an alles zu erinnern, was innerhalb von zwei Jahren behandelt wurde, als sich an alles zu erinnern, was letzte Stunde behandelt wurde oder vor zwei Minuten. Außerdem hat ja im Abitur die Vorleistung noch deutlich gezählt. In meinem Staatsexamen hat meine Vorleistung der vorangegangenen 9 Semester GAR NICHTS gezählt. Das ist besonders dann ärgerlich, wenn die Aufgaben mal wieder fast unlösbar sind und die Hälfte des Jahrgangs mit einer 4 oder schlechter aus der Sache rausgeht....
    Und in anderen Ländern ist das schon in der Schule so.

  • In meinem Staatsexamen hat meine Vorleistung der vorangegangenen 9 Semester GAR NICHTS gezählt. Das ist besonders dann ärgerlich, wenn die Aufgaben mal wieder fast unlösbar sind und die Hälfte des Jahrgangs mit einer 4 oder schlechter aus der Sache rausgeht....


    Na dann hat der Master ja einen Vorteil. Die Masterarbeit zählt nur 60% des 1. Staatsexamens. Also geht der Trend in die richtige Richtung.


    Aber ist es ein Grund, dass die Abiprüfungen so viel zählen, weil es im Studium oder in anderen Ländern so ist? Im Unterricht soll man sich nicht nur an das aus den letzten Minuten oder Stunden erinnern, sondern auch Hypothesen aufstellen und gedanklich verknüpfen, Experimente nach Anleitung richtig durchführen, Aufgaben bearbeiten und vorstellen oder eine fremde Sprache sprechen (Das ist ja wohl auch sehr wichtig, dass man spricht und nicht nur schreibt in Fremdsprachen.). Eine Matheaufgabe, die man im Unterricht ausrechnet und vorstellt, kann doch vom Umfang und der Schwierigkeit genau so viel sein, wie eine Aufgabe in der Klausur.

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