Gymnasium nur etwas für Sprachgenies?

  • Nunja, Frankreich ist ja nur unser Nachbarland mit Deutschland durch Jahrhunderte wechselvoller Geschichte verbunden - da ist es natürlich kaum zu begründen, dass man die Sprache und damit auch die Kultur und Lebensart dieses Landes lernt...


    Abgesehen davon - "Sprachgenies", "Mathe- und Naturwissenschaftsbegabung"? Ich bitte euch, bei dem Niveau, auf dem man auf dem Gymnasium spielt, handelt es sich doch in allen Fächern gerade mal um relativ triviale Inhalte der vertieften Allgemeinbildung. Irgendwelche "Begabung" greift da noch lange nicht. Über das Fächercurriculum lässt sich sicherlich streiten (Altgriechisch!?!), aber doch nocht in DEM Bereich...


    Nele

  • Und das zweite trifft auf Französisch ja absolut nicht zu.


    Die französische Rechtschreibung ist aber, im Gegensatz zur englischen, wenigstens logisch aufgebaut (eine Buchstabenkombi - ein Laut). Wobei die Aussprache natürlich echt ausgefuchst ist - ist aber bei Spanisch genauso. Extrem viele Leute haben da einen fürchterlichen deutschen Akzent (auch unter den Lehramtsstudenten).


    Hier in Bayern gibt es auch in kleinen Städten ein größeres Sprachenangebot. Fast jedes Gymnasium hat einen sprachlichen Zweig, bietet also eine dritte Fremdsprache an. Da ist heute immer noch mit Abstand Französisch vorne, gefolgt von Spanisch und Italienisch. Als spätbeginnende Fremdsprache ab der 11. gibts Französisch, Spanisch und Italienisch, aber auch Türkisch, Chinesisch und Japanisch sind theoretisch erlaubt, kommen aber wirklich nur in großen Städten vor.

    • Offizieller Beitrag

    Nunja, Frankreich ist ja nur unser Nachbarland mit Deutschland durch Jahrhunderte wechselvoller Geschichte verbunden - da ist es natürlich kaum zu begründen, dass man die Sprache und damit auch die Kultur und Lebensart dieses Landes lernt...

    Danke! Ich wollte eben (inhaltlich) ähnlich antworten! Und je nachdem wo man in D wohnt, hat man Frankreich wirklich als unmittelbaren Nachbarn... oder Luxemburg, Belgien.


    Und was die Sprach- und Mathematikbegabung angeht, die sich angeblich oft entgegenstehen, so kann ich das in meinem Umfeld nicht beobachten. Mein Sohn besucht eine sog. Mintklasse (naturwissenschaftlich begabte Schüler). Die Kinder dieser Klasse halten den Schnitt in den zusammengewürfelten Fremdsprachenklassen hoch. Gleichermaßen sehr gute Noten hat mein Sohn in Mathe, Englisch, Französisch und Latein -aber wie gesagt, er ist ja anscheinend kein Einzelfall.

  • Zitat von »neleabels«




    Nunja, Frankreich ist ja nur unser Nachbarland mit Deutschland durch Jahrhunderte wechselvoller Geschichte verbunden - da ist es natürlich kaum zu begründen, dass man die Sprache und damit auch die Kultur und Lebensart dieses Landes lernt...

    Danke! Ich wollte eben (inhaltlich) ähnlich antworten! Und je nachdem wo man in D wohnt, hat man Frankreich wirklich als unmittelbaren Nachbarn... oder Luxemburg, Belgien.

    Dann müsste man in Brandenburg Polnisch und in Sachen Tschechisch lernen.

  • Dann müsste man in Brandenburg Polnisch und in Sachen Tschechisch lernen.


    Tut man ja auch: http://polskaweb.eu/polnisch-w…lfach-in-brandenburg.html


    Das Argument von Nele ist aber m.M.n. ein anderes: Frankreich und Deutschland waren sich über Jahrhunderte in inniger Feindschaft verbunden ("Erbfeind", "ennemi héréditaire"), erst im letzten Jahrhundert hat sich dieses Verhältnis zu einer Freundschaft gewandelt, die ihren Ausdruck unter anderem darin fand, dass man die Sprache des Anderen jeweils mit Wertschätzung behandelte. Und noch heute ist die dt.-frz. Freundschaft ein essenzieller Aspekt des europäischen Einigungsprozesses (Stichwort: "Merkozy").


    Schon jetzt darf man sich darüber gruseln, was längerfristig passiert, wenn das Verständnis der beiden Länder füreinander wieder schwindet, was sich in der Relevanz der jeweiligen Sprache im Nachbarland ja bereits andeutet.

  • Das mag ja sein, dass die Intelligenzforschung das herausgefunden hat, in der Praxis sieht es nur leider häufig ein wenig anders aus. Die Schule kann natürlich auch nur marginal Wissen in einem Bereich abtesten. Es gab auch SUS, die nach einem Auslandaufenthalt in den USA trotzdem schlechte Noten in Englisch hatten, weil das System hier einfach völlig anders ist.
    Und wenn ein Kind schlechte Noten in Mathe hat, kann das natürlich auch mit Angst und Blockade zu tun haben (hat es ja meistens auch) - nur woher kommt das? Weil man mit dem Fach schlechte Erfahrungen gemacht hat, weil man es eben nicht so gut konnte. Ist bei Fremdsprachen ja ähnlich - weil du dich da, sobald du den Mund aufmachst, sofort outen musst - Aussprache, Intonation, Verständlichkeit - und viele Kinder dieses Risiko nicht eingehen möchten.
    Also ich z. B. war in Mathe nie besonders gut, weil mich das Fach mich nicht interessiert hat und ich die meisten Mathelehrer komisch fand. In der Oberstufe allerdings, wo es mehr um mathematisches Denken ging und wo man seinen Rechenweg verbal begründen konnte, hat es mir wieder Spaß gemacht - vielleicht lag es aber auch an meinem Mathelehrer, der gleichzeitig Philosophie unterrichtete.

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

  • Das Gymnasium hat nunmal den Anspruch, zur ALLGEMEINEN HOCHSCHULREIFE zu führen, die auf einer sehr breit angelegten Vorstellung von Allgemeinbildung in allen Bereichen (Sprachen UND Naturwissenschaften) aufbaut. Für diejenigen, deren Begabungen eher im einen oder im anderen Bereich liegen, hat sich in Bayern längst der Weg über Realschule und FOS als sehr gute Alternative etabliert:


    - für mehr technisch begabte Schüler: Realschule Zweig I: nur Englisch, dazu aber Mathe/Physik/Chemie/IT
    - für sprachlich begabte Schüler: Realschule Zweig IIIa: E/F, aber deutlich abgespeckte Inhalte in den technischen Fächern


    Dass es daneben dann noch einen kaufmännischen und meist auch noch einen künstlerisch/handwerklichen Zweig gibt, erweitert die Möglichkeiten. Später haben dann alle Schüler noch die Möglichkeit, in der FOS die zweite Fremdsprache nachzulernen und so über die FOS 13 die allg. Hochschulreife zu erwerben.


    Da fakto ist es so: Das Gymnasium ist hier die Wahl für Allround-Begabungen, die eigentlich überall gut sind (und fleißig und die Unterstützung der Eltern genießen). Für viele andere Schüler, die lt. GS-Zeugnis auch ins GY wechseln könnten, ist die Realschule der klar bessere Weg. In unserem letzten Übertrittsjahrgang hatten 45% der Schüler im Übertrittszeugnis eine GY-Eignung und die Eltern haben sich trotzdem für die RS entschieden (und zwar zu recht).


    Dieser hohe Anspruch der bayerischen Realschule lässt sich natürlich nur so lange aufrecht erhalten, so lange diejenigen Schüler, die etwas mehr Unterstützung und Förderung brauchen, die Möglichkeit haben, auf die Haupt-/Mittelschule zu wechseln. Wenn - wie zuletzt in BaWü geschehen - durch leichtfertige Veränderungen eines gut durchdachten, komplex ineinandergreifenden Systems wichtige Parameter verändert werden (hier: Freigabe des Elternwillens beim Übertritt), kommt die Sache schlagartig aus dem Gleichgewicht, die Realschulen werden Gesamtschulen, die Hauptschulen sterben aus, die Gymnasien werden überrannt und das Niveau insgesamt sinkt.


  • Dass es daneben dann noch einen kaufmännischen und meist auch noch einen künstlerisch/handwerklichen Zweig gibt, erweitert die Möglichkeiten. Später haben dann alle Schüler noch die Möglichkeit, in der FOS die zweite Fremdsprache nachzulernen und so über die FOS 13 die allg. Hochschulreife zu erwerben.


    Und interessanterweise werden die größten Sprachmuffel plötzlich "begabt", wenn sie die FOS13 machen wollen. Sie haben ein Ziel und knien sich dann halt rein - Fleiß wirkt doch manchmal Wunder.

  • Wenn - wie zuletzt in BaWü geschehen - durch leichtfertige Veränderungen eines gut durchdachten, komplex ineinandergreifenden Systems wichtige Parameter verändert werden (hier: Freigabe des Elternwillens beim Übertritt), kommt die Sache schlagartig aus dem Gleichgewicht, die Realschulen werden Gesamtschulen, die Hauptschulen sterben aus, die Gymnasien werden überrannt und das Niveau insgesamt sinkt.


    Na ja, noch gibt es dahingehend gar keine Erfahrungen. Die Grundschulempfehlung wird ja erst in diesem Schuljahr abgeschafft und über die Folgen dieser Entscheidung sprechen wir in 10 Jahren noch einmal! ...ich bin da ganz zuversichtlich :)
    Und eine Schulart, die sowohl von Eltern als auch von Schülern abgelehnt wird, sollte auch abgeschafft werden! Dann wird es halt in Zukunft Gymnasien, REalschulen und Gesamtschulen geben. Ich sehe da gar kein Problem.


    Grüße
    Luka

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

    Einmal editiert, zuletzt von mara77 ()

  • schon immer die Eltern beim Übertritt entschieden - sonst würden nicht plötzlich mind. 60 % eines Jahrgangs die Gymnasialempfehlung haben. Auch die hehren Gymnasien sind also de facto schon längst Gesamtschulen.
    Wobei es längst überfällig war, die Hauptschulen abzuschaffen - nach und nach wird sich vermutl. die Gemeinschaftsschule oder ein ähnl. Modell durchsetzen.

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

  • Dann wird es halt in Zukunft Gymnasien, REalschulen und Gesamtschulen geben. Ich sehe da gar kein Problem.


    Das heißt, du traust es dir problemlos zu, anstelle deiner Realschüler wie sie jetzt vor dir sitzen, eine gemischte Gruppe aus Real- und Hauptschülern zu unterrichten und alle zum gleichen Erfolg zu führen, wie es hoffentlich jetzt der Fall ist? Ohne Niveauverlust? Da verdienst du meinen vollen Respekt, ich könnte das nicht.


    Und über den Erfolg der jeweiligen Modelle geben uns die Bildungsvergleiche Aufschluss, die die verschiedenen Systeme seit Jahren gut vergleichen; ein erster Anfang findet sich hier: http://www.initiative-pro-realschule.de --> Fakten

  • Das heißt, du traust es dir problemlos zu, anstelle deiner Realschüler wie sie jetzt vor dir sitzen, eine gemischte Gruppe aus Real- und Hauptschülern zu unterrichten und alle zum gleichen Erfolg zu führen, wie es hoffentlich jetzt der Fall ist? Ohne Niveauverlust? Da verdienst du meinen vollen Respekt, ich könnte das nicht.


    Das ist mein Alltagsbrot in den ersten beiden Semestern des Weiterbildungskollegs. So dramatisch ist das nicht.


    Übrigens empfehle ich das Schreckgespenst "Niveauverlust" mal in etwas kleinere Brötchen einzubacken. Das mit dem intellektuellen Niveau wird schon alles gut - es braucht alles einfach nur seine Zeit...


    Nele

  • Das heißt, du traust es dir problemlos zu, anstelle deiner Realschüler wie sie jetzt vor dir sitzen, eine gemischte Gruppe aus Real- und Hauptschülern zu unterrichten und alle zum gleichen Erfolg zu führen, wie es hoffentlich jetzt der Fall ist? Ohne Niveauverlust? Da verdienst du meinen vollen Respekt, ich könnte das nicht.


    Ja natürlich traue ich mir das zu! Nichts anderes habe ich bisher gemacht. In meinem Unterricht sitzen Schüler, die in unterschiedlichen Fächern völlig unterschiedliche Begabungen und Interessen haben. In jedem Fach gibt es die ganze Notenpalette von 1-6. Die Vorstellung durch irgendwelche Kriterien eine leistungenshomogene Gruppe herzustellen, ist absolut utopisch. Was sich allerdings ändern wird, ist das Verhalten der Schüler. An unserer Schule herrscht die reine Idylle. Ich hoffe ich trete niemandem zu Nahe, wenn ich behaupte, dass Hauptschulen hauptsächlich von Kindern besucht werden, die aus sozial schwächerem Millieu stammen. DAVOR habe ich wirklich Angst und sehe mich schon in einem dieser Horrorreportagen bei RTL. Im Hintergrund Schüler, die das Klassenzimmer zerlegen und mich mit dem Messer bedrohen 8) . Sicher war es bisher angenehm in VERHALTENShomogenen Klassen zu unterrichten. Auch war es angenehm Schüler, die sich längerfristig daneben benommen zu haben, nach "unten" durchreichen zu können. Nur war/ ist es richtig?


    Grüße
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

Werbung