Warum moderate Anhebungen der Unterrichtsverpflichtung zu dramatischen Einbußen bei der Unterrichtsqualität führen (Beispielrechnung)

  • Ich will das einmal an einer Überschlagsrechnung fest machen:


    Aus Erfahrung kann man sagen, dass 6 Unterrichtsstunden ca. sechs Zeitstunden Anwesenheit an der Schule erfordern, und zwar ohne "Pausen" im arbeitsrechtlichen Sinne, da die Schüler-Pausen mit diversen dienstlichen Tätigkeiten gefüllt sind (Aufsichten führen, Gespräche mit Schülern und pädagogische Gespräche mit Kollegen, mit der Schulleitung usw., Unterlagen kopieren, Klassenbücher/Kurshefte führen und auswerten, ...). Also pro Unterrichtsstunde eine Zeitstunde "Präsenz" an der Schule. Addieren wir pro Unterrichtstag noch konsvervativ eine Zeitstunde, die durch diverse andere außerunterrichtliche Tätigkeiten gefüllt wird, die eben außerhalb der Unterrichtszeit stattfinden (alle möglichen Arten Konferenzen, Arbeit an schulischen Curricula, Schulprogramm, Schulfeste und -Konzerte, Klassenfahrten usw.) Gehen wir im Folgenden von einer Arbeitszeit von 40 Wochenstunden aus, die bei Lehrern zu ca. 46,5 Stunden pro Unterrichtswoche führt, wenn man in allen Ferien absolut NICHTS macht.


    Rechnung (Beispiel Niedersachsen, Gymnasiallehrkraft, 23,5 Stunden U-Verpflichtung pro Woche):
    46,5 -23,5 - 5 = 18 Zeitstunden pro Woche, die für Korrekturen (Klausuren, Klassenarbeiten, Tests, Abitur, Facharbeiten), Unterrichtsvor- und -nachbereitung, Zensurenfindung, Fortbildung, Einarbeitung in neue Themen,...) bleibt, also pro Unterrichtsstunde (18*60/23,5) ca. 46 Minuten.


    Jetzt erhöhen wir die Unterrichtsverpflichtung um eine einzige Stunde (ca. 4,3%) und unterstellen, dass die Lehrkraft nicht zu unbezahlter Selbstausbeutung neigt:
    46,5 - 24,5 - 5 = 17 Zeitstunden pro Woche, also pro Unterrichtsstunde (17*60/24,5) ca. 42 Minuten.
    Von 46 auf 42 Minuten pro Unterrichtsstunde ist eine Abnahme von knapp 9%! Also das Doppelte der Erhöhung der Unterrichtszeit.


    Noch extremer wird es, wenn wir die Unterrichtsverpflichtung um 2 U-Stunden erhöhen (23,5 --> 25,5 Stunden, entspricht +8,5%).
    46,5 - 25,5 - 5 = 16 Zeitstunden pro Woche, also pro Unterrichtsstunde (16*60/25,5) ca. 38 Minuten.
    Von 46 auf 38 Minuten entspricht -17,4%.


    Das sollte klar machen, dass "ein oder zwei Unterrichtsstündchen mehr" massive Auswirkungen auf die Unterrichtsqualität haben, da sie die Zeit die pro U-Stunde zur Verfügung steht, massiv (= deutlich überproportional) reduzieren.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Man kann gar nicht oft genug nachrechen - kann natürlich sein, dass man sich auch mal verrechnet, aber dann dann man ja über die Rechnung diskutieren... Jedenfalls kann ich zu dem Thema nur wiederholen, dass ich über eine vollständige Präsenzpflicht an der Schule, auch in der unterrichtsfreien Zeit, ganz entsprechend den mit einer Stechuhr dokumentierten Arbeitszeiten nach dem Beamtenrecht sehr glücklich wäre. Inklusive natürlich des normalen Erholungsurlaubs für Beamte, den meinetwegen auch in der unterrichtsfreien Zeit.


    Was da alles für Probleme für den Lehrerarbeitnehmer wegfielen!l Was ich persönlich an privaten Kosten einsparen würde!


    Nele

  • Nele


    Was würden denn alles für Probleme wegfallen?
    Eines der Dinge, die ich als sehr positiv ansehe ist, dass ich einen Teil der Arbeit (Korrekturen, Unterrichtsvorbereitung) gemütlich zu hause machen kann. Was für einen Vorteil hätte eine Anwesenheitspflicht mit Stechuhr?
    Ich meine klar, wenn man nach hause kommt und nichts mehr tun muss für die Arbeit, dann ist das schon ein schönes Gefühl. Aber dafür immer in der Schule bleiben müssen?


    Was ist, wenn ich besonders zeitökonomisch arbeite? Dann habe ich, wenn ich keine Rechenschaft über die Stunden ablegen muss beim Heimarbeitsmodell früher frei.
    Wenn ich beim Modell mit Stechuhr schnell (und gut) korrigiere zum Beispiel, dann komme ich vielleicht sogar nicht auf meine Stunden. Dann lohnt sich Trödeln ja auch ein Stück weit.


    Auch muss ich ganz ehrlich sagen, dass unter den Bedingungen (alle Lehrerzimmer, die ich bislang gesehen habe würden jedem Hühnermastbetrieb eine Klage wegen zu geringen Platzes einbringen, dazu der Lärm, kein eigener Computer usw.), die die Schule bietet, gar kein anständiges Korrigieren oder Vorbereiten drin ist.
    Das gute ist, dass ich als Chemielehrer zumindest in die halbwegs stille Chemievorbereitung gehen könnte. Aber im Lehrerzimmer ist, zumindest an der Schule an der ich war, ein ständiges Kommen und Gehen und Labern.


    Die Kosten beziehst Du auf das Hin- und Herfahren?


    Finde ich ein hochinteressantes Thema!

  • Eines der Dinge, die ich als sehr positiv ansehe ist, dass ich einen Teil der Arbeit (Korrekturen, Unterrichtsvorbereitung) gemütlich zu hause machen kann. Was für einen Vorteil hätte eine Anwesenheitspflicht mit Stechuhr?


    Es gibt Zeiten im Schulalltag, da gibt es kein "gemütliches Korrigieren". In der Didaktik würde man das "Fehlvorstellungen vom Lehrerberuf" nennen. Das wirst du auch noch merken. Da kannst du so effizient arbeiten wie du willst. Mit dem Modell "Stechuhr" wäre zumindest der Arbeitgeber (=Schule, Kultusministerium) gezwungen, sich Gedanken darüber zu machen die Arbeitsbelastung der Lehrkräfte gleichmäßiger über das Jahr zu verteilen. Das sollte der Gesundheit dienen. Dann wird's vielleicht auch etwas mit der Pension/Rente mit 67 Jahren.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Das sind aber komische Gegensätze, die hier aufgebaut werden. Es kann zu Hause gemütlich sein, auch wenn man korrigiert. Ich würde das durchaus auch "gemütliches Korrigieren" nennen, auch wenn es auf dem Sofa mit einem guten Buch noch gemütlicher wäre.


    Und es kann einen anständigen Arbeitsplatz in der Schule geben. Der könnte sogar auch gemütlich sein.


    Aber was hat das alles mit einer Stechuhr zu tun? Es gibt Leute, die mit einer Vertrauensarbeitzeit (also Gleitzeit ohne Stechuhr) arbeiten und dazu einen Telearbeitsplatz zu Hause haben, den der Arbeitgeber ausstattet. Mit einer Stechuhr ließe sich auch die ungleichmäßige Arbeitszeit nicht bewältigen. Wie soll das auch gehen. Vor den Zeugnissen wird es immer knubbelig. Und dies ist auch keineswegs eine Spezialität des Lehrerberufs. Ich sag nur: Weihnachtsgeschäft, Hochsaison, Jahresabschluss, ...


    Auch Präsenzpflicht und Arbeitsplatz gehören nicht zwingend zusammen. An der FH und der Uni beispielsweise kann man (als Prof) einen Tag in der Woche "zum gemütlichen Korrigieren" zu Hause bleiben.


    Ich schätze es sehr, mir einen großen Teil meiner Arbeitszeit selbst einteilen zu können. Ich kann nur so effizient arbeiten. Manchmal länger, manchmal kürzer. Je nach Bedarf.


    Davon ist die Rechnung über den Qualitätsverlust unberührt: Natürlich leidet die Qualität, wenn man keine Zeit hat.

  • Es kann zu Hause gemütlich sein, auch wenn man korrigiert. Ich würde das durchaus auch "gemütliches Korrigieren" nennen, auch wenn es auf dem Sofa mit einem guten Buch noch gemütlicher wäre.

    So - wenn ich mit 7 Korrekturgruppen und drei mal die Woche Nachmittagsunterricht bis 15h05 hätte, und nicht zu Hause vor 16h bin, ist das also dann "gemütlich" ?


    Leider wird das immer schlimmer mit dem Ausbau von Ganztagsunterricht...

  • Leider wird das immer schlimmer mit dem Ausbau von Ganztagsunterricht...

    Aber "nur", weil die Bedingungen an der Schule nicht dem Ganztagesbetrieb angepasst werden.


    Es steht und fällt mit einem Arbeitsplatz an der Schule, wie oben schon erwähnt, eigener Computer, Arbeitsraum. Ein Großraumbüro würde ja schon reichen mit Schreibtisch, Schreibtischstuhl (!), Computer und Schrank/Billyregal für jeden und einem Drucker für alle.


    Ich denke, das ist bei den meisten der Grund dafür, die Arbeit von zu Hause zu erledigen.


    Gruß
    Anna

  • Das gemütliche Korrigieren möchte ich nicht so verstanden wissen, dass die Tätigkeit dadurch gemütlich wird. Das war vielleicht ungünstig ausgedrückt. Ich meine einfach, dass ich gerne zuhause arbeite.


    Es geht mir persönlich so, dass ich zuhause einfach die Möglichkeit habe in Intervallen zu arbeiten und die Pausen dazwischen für mich entspannend zu gestalten (was am Computer spielen, eine Runde durch den Garten spazieren gehen). Die besten Einfälle (was Physik oder Chemie angeht z.B.) habe ich oftmals spät abends oder gar nachts, vielleicht ja auch die zündenden Ideen für den Unterricht?.
    Vielleicht gehe ich nachmittags lieber Fußball spielen bei gutem Wetter und schlafe danach eine Runde und fange dann gegen Abend an den Unterricht vorzubereiten. Die Arbeitszeit bleibt gleich, aber ich kann das viel besser mit meiner Burnout-Prävention abstimmen. Diese Freiheit ist für mich ein großer Teil Lebensqualität, der für mich verloren ginge, wenn ich immer, wie der "normale Arbeitnehmer" bei gutem Wetter drinnen hocken müsste und abends, wenn ich fertig bin mit dem Job, keine Sonne mehr abkriege, weil es draußen schon dunkel ist.


    Gerade diese freie Zeiteinteilung ist das, was ich mit "gemütlich" meine, auch wenn die Arbeit trotzdem viel ist! Ich korrigiere später einfach sicher lieber auf der Dachterrasse im Sonnenschein bei einem kühlen Drink, als in einem kleinen stickigen Büroraum oder gar im Lehrerzimmer. Mir liegt das sehr, ich schaffe mich eigentlich gut selber zu organisieren, dass die Arbeit trotzdem zufriedenstellend erledigt wird.
    Das hat nicht nur mit dem Lehrerberuf zutun, auch an der Uni finde ich es oftmals unpraktisch etwas zu arbeiten und auch bei Bosch wünschte ich mir manchmal ein paar Datensätze mit nach Hause nehmen zu können (kann ich, aber das wird nicht bezahlt!) um da in Ruhe nachts dran zu tüfteln.

    Auch Präsenzpflicht und Arbeitsplatz gehören nicht zwingend zusammen. An der FH und der Uni beispielsweise kann man (als Prof) einen Tag in der Woche "zum gemütlichen Korrigieren" zu Hause bleiben.

    Präsenzpflicht ist für mich ein totaler Graus! Nachweis, dass ich was geleistet habe (sprich Korrekturen müssen zeitnah erfolgen und alles was ich als Lehrer nachzuweisen habe) ist klar, den bringe ich gerne. Aber wann, wie und wo ich das gemacht habe, das möchte ich nicht nachweisen müssen.

    Ein Großraumbüro würde ja schon reichen mit Schreibtisch, Schreibtischstuhl (!), Computer und Schrank/Billyregal für jeden und einem Drucker für alle.




    Ich denke, das ist bei den meisten der Grund dafür, die Arbeit von zu Hause zu erledigen.

    Ich würde dennoch lieber zuhause arbeiten. So angenehm wie meine jetzige Wohnung, respektive das Haus später, kann kein Arbeitsplatz sein! Vielleicht ist das auch einfach typabhängig. Ich habe nun auch keine Kinder, die einen ablenken könnten usw. und habe es schon in der Uni gehandhabt, dass ich anstatt einer Vorlesung viel zuhause aus den Büchern erarbeitet habe und nur für den Austausch mit anderen reingefahren bin. So konnte ich mir dann etwas erarbeiten, wenn mein Biorhytmus dazu ideal war, nicht, wenn die Vorlesung zufällig gerade war.


    Leider wird das immer schlimmer mit dem Ausbau von Ganztagsunterricht...

    Ganztagesunterricht klingt für mich als angehenden Lehrer grausam. Es sei denn, man hat dann entsprechend einen Tag in der Woche ganz frei.
    Auch hier wieder frei im Sinne von, man kann den ganzen Tag zuhause bleiben und dort nach belieben korrigieren und den nächsten Schultag (der dann eben nicht bis mittags, sondern bis abends geht) vorbereiten.


    Aber eigentlich hatte ich die Hoffnung möglichst früh zuhause zu sein und dort einen Großteil der Arbeitszeit (arbeitend) zu verbringen. Verstehe auch gar nicht, warum Konferenzen und so weiter oft so nach hinten geschoben werden. Da geht viel Zeit fürs Hin- und Herfahren aus der Schule bei drauf, oder man bleibt so lange da und schafft auch nicht wirklich was, weil man angesprochen wird oder keinen PC zur Verfügung hat oder es zu laut ist oder oder.


    Gefällt mir persönlich gar nicht. Diese ganzen Verpflichtungen zu vielen Dingen, die einfach zeitraubend und ineffizient sind.
    Manchmal denke ich mir, auch bei meinem "Nebenjob", Leute, redet doch nicht so viel, sagt kurz was Sache ist, am besten teilt mir per mail mit was von mir verlangt wird, ich mache das dann schon zufriedenstellend, aber bitte zwingt mich nicht 2 Stunden mir sinnfreies Gerede anzuhören, bei dem am Ende etwas rauskommt, was man auch in 10 Minuten hätte klären können.
    Ist nicht nur auf Schule bezogen, so unproduktive "meetings" sind quer durch die Wirtschaft verbreitet und kosten imho viel Zeit und Nerven.

    5 Mal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Es steht und fällt mit einem Arbeitsplatz an der Schule, wie oben schon erwähnt, eigener Computer, Arbeitsraum. Ein Großraumbüro würde ja schon reichen mit Schreibtisch, Schreibtischstuhl (!), Computer und Schrank/Billyregal für jeden und einem Drucker für alle.


    Ich denke, das ist bei den meisten der Grund dafür, die Arbeit von zu Hause zu erledigen.


    Richtig, sehe ich auch so.


    Bei uns ist ein Lehrerarbeitsraum vorhanden und auch recht ordentlich ausgestattet, aber: Es gibt mehrere Kolleginnen, die nach dem eigentlichen Unterricht fast alle anfallenden Arbeiten (Korrekturen, Nach- und Vorbereitung, Recherchen, Klassenlisten etc.) in diesem Arbeitsraum erledigen. Soweit so gut und auch OK, auch wenn 7 Arbeitsplätze für ca. 120 Kollegen ist nicht gerade die Wucht. Was mich persönlich aber davon abhält sowohl in Freistunden als auch nach dem Unterricht dort auch nur irgendetwas zu tun ist, dass
    - die Damen die Gänge mit ihren Rollkoffern zu stellen und noch mindestnens 2 Taschen extra den Weg versperren (unter Methoden-Circus-Maximus geht es nicht)
    -ihren Krempel zudem über die Arbeitsplätze ausbreiten und dort liegen lassen
    - ständig das Telefon geht, weil die Gatten der Kolleginnen anrufen, weil das Kind nicht in der Marienkäfergruppe des Kindergartens sein möchte und Mutti das sofort mit dem Kind ausdiskutieren muss oder der Ballettunterricht ausfällt oder man wissen will was es zum Abendessen gibt oder man mitteilen muss, dass die Autoreparatur X Euro kosten wird
    - und ohnehin gesabbelt wird ohne Ende


    Wer soll da bitte arbeiten?!?!?!?


    Wären mehr Plätze da und würde die Kollegen/-innen den Arbeitsplatz nicht als Kaffestübchen und Verlängerung des Wohnzimmers mißbrauchen, dann würde ich auch sofort (!) für Präsenz sein und meine Arbeiten in der Schule erledigen. Vorrausgesetzt, ich hätte dann auch wirklich frei, wenn ich nach einem für Beamte (und ich meine hier *nicht* Lehrer) normal langen Arbeitstag nach Hause gehen dürfte ohne noch bis 22 Uhr oder länger vorzubereiten, korrigieren etc.


    Grüße vom
    Raket-O-Katz, das so doch lieber zuhause arbeitet

  • Armer Mikael, da macht er so schöne Rechnungen und wir sind alle off topic. Deshalb mal zu seinen Überlgungen:


    Was bei den Rechnungen aus meiner Sicht deutlich wird ist, dass man sich einmal fragen muss, ob nicht mal eine Lehrergewerkschaft darauf hinwirken könnte an der Zahl der zu haltenden Unterrichtsstunden nach unten zu schrauben. Dadurch würde die Arbeitsbelastung enorm sinken und überproportional viel Zeit pro Unterrichtsstunde zur Verfügung (Vorbereitung) stehen.


    Das würde auch den, so wird mir immer wieder gesagt, gegenüber "frühereren Zeiten" gestiegenen Stundenzahlen an zusätzlichen (also nicht Unterrichtsstunden) Belastungen des Lehrerberufs gerecht werden.
    Natürlich kostet das den Staat Geld.
    Schafft aber auch neue Arbeitsplätze, da dementsprechend mehr Lehrer eingesetzt werden müssten.
    Ist sowas total abwegig, dass in diese Richtung etwas passiert? Der Unterrichtsqualität würde es sicher gut tun. Besser als vielleicht sogar als genauso teure, andere Maßnahmen, zur Qualitätssicherung. Denn "besseren" Unterricht wollen alle, vielleicht kann man das als Zugpferd nehmen. Wirkt vielleicht besser als sich für Gehaltssteigerungen einzusetzen, da dort der Zusammenhang zur Unterrichtsqualität nicht so deutlich ist.

    Einmal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • ob nicht mal eine Lehrergewerkschaft darauf hinwirken könnte an der Zahl der zu haltenden Unterrichtsstunden nach unten zu schrauben. Dadurch würde die Arbeitsbelastung enorm sinken und überproportional viel Zeit pro Unterrichtsstunde zur Verfügung (Vorbereitung) stehen.


    Darauf weisen viele Gewerkschaften natürlich hin; aber halt nicht primär für die ach so armen Gymnasiallehrer, die sowieso schon die geringste Deputatsstundenzahl pro Woche haben (und das, obwohl sie oft - ich weiß, ich pauschalisiere und gleich kommt wieder das Argument mit den Korrekturen ... - den am wenigsten differenzierten und vorbereiteten Unterricht bieten). Versetze dich doch einmal in einen Fachlehrer hinein, der in BW 31 oder 32 Deputatsstunden leistet - und das für A 9.


    Oh, verdammt, ich bin auch wieder off topic und fange wieder eine ganz andere Diskussion an, die mal schon halbwegs abgeschlossen war. Verzeiht mir, es ist spät ... :(

  • Nele
    Eines der Dinge, die ich als sehr positiv ansehe ist, dass ich einen Teil der Arbeit (Korrekturen, Unterrichtsvorbereitung) gemütlich zu hause machen kann. Was für einen Vorteil hätte eine Anwesenheitspflicht mit Stechuhr?
    Ich meine klar, wenn man nach hause kommt und nichts mehr tun muss für die Arbeit, dann ist das schon ein schönes Gefühl. Aber dafür immer in der Schule bleiben müssen?


    Was das "gemütlich machen" angeht, ist das ein ziemlich teuerer Spaß. Ich stelle einen nicht unerheblichen Quadratmeteranteil meiner Wohnung aus Privatkosten für dienstliche Zwecke bereit, die ich auf eigene Kosten mit vernünftigen Büromöbeln und mit Bürotechnik ausgestattet habe, wobei ich die laufenden Verbrauchs-, Energie- und Reinigungskosten auch trage. Dass muss ich nicht unbedingt haben, mit der Wohnfläche und dem Geld wüsste ich auch anderes anzustellen. Die Absetzbarkeit des Arbeitszimmers ist da nichts als eine symbolische Rückzahlung.


    "Für immer in der Schule zu bleiben", ist kein Problem für mich. Ich bin Arbeitnehmer und arbeite deshalb an einem mir zugewiesenen Arbeitsplatz, auch wenn er nicht zu Hause ist. Dieses Schicksal teile ich vermutlich mit der übergroßen Mehrheit der Berufstätigen.


    Zitat

    Was ist, wenn ich besonders zeitökonomisch arbeite? Dann habe ich, wenn ich keine Rechenschaft über die Stunden ablegen muss beim Heimarbeitsmodell früher frei.
    Wenn ich beim Modell mit Stechuhr schnell (und gut) korrigiere zum Beispiel, dann komme ich vielleicht sogar nicht auf meine Stunden. Dann lohnt sich Trödeln ja auch ein Stück weit.


    Mach das mal in der Realität. Es wird nicht funktionieren! Alle Dienstpflichten zusammen erfordern mehr Zeit als die 41 Wochenstunden bereitstellen, auch wenn man Ferien, Feiertage und Urlaubstage verrechnet. :) Das wirst du feststellen, wenn du im Job bist, vor allem in den ersten Anfängerjahren, wenn man als Lehrer noch nicht so schnell und routiniert ist.


    Zitat

    Auch muss ich ganz ehrlich sagen, dass unter den Bedingungen (alle Lehrerzimmer, die ich bislang gesehen habe würden jedem Hühnermastbetrieb eine Klage wegen zu geringen Platzes einbringen, dazu der Lärm, kein eigener Computer usw.), die die Schule bietet, gar kein anständiges Korrigieren oder Vorbereiten drin ist.


    In dem Augenblick, in dem die öffentliche Hand die Anwesenheit am Arbeitsplatz vorsieht und Arbeitsplätze bereitsstellt, müssen die natürlich auch den DIN-Vorschriften entsprechen und das wäre im Gegensatz zu den jetzigen "semioffiziellen" Schularbeitsplätzen rechtlich verbindlich und einklagbar geregelt: Vorschriften zu einer Mindestarbeitsplatzgröße, zur Beleuchtung, zur Durchlüftung, zum Lärmpegel, zur Ergonomie von Bestuhlung, Arbeitstischen, Computerarbeitsplätzen. Das Zusammenrücken von irgendwelchen Zwergenmöbeln an Grundschulen als "Lehrerarbeitsplatz" wäre schlicht und einfach rechtswidrig, genauso wie die "Alternative" mit von Lehrern beschafften Sperrmüllmöbeln. Übrigens könnten auch andere Arbeitsschutzbestimmungen sehr viel schlechter umgangen werden, z.B. die Regelungen von Pausenzeiten, eben weil die gesamte Arbeitszeit sicht- und messbar ist.


    Meiner Meinung nach ist das der Hauptgrund, warum es keine Präsenzpflicht an Schulen gibt. Mit den jetzigen Schulgebäuden und der jetzigen Infrastruktur könnten unmöglich adäquate Arbeitsplätze hergestellt werden. Es müsste eine Unmenge von Geld in die Hand genommen werden, selbst mit Provisorien wie z.B. Containermodulen auf dem Schulgelände als Arbeitstrakt. Das können und wollen die Landesregierungen nicht leisten.


    Nele

    3 Mal editiert, zuletzt von neleabels ()

  • Aber was hat das alles mit einer Stechuhr zu tun? Es gibt Leute, die mit einer Vertrauensarbeitzeit (also Gleitzeit ohne Stechuhr) arbeiten und dazu einen Telearbeitsplatz zu Hause haben, den der Arbeitgeber ausstattet. Mit einer Stechuhr ließe sich auch die ungleichmäßige Arbeitszeit nicht bewältigen. Wie soll das auch gehen. Vor den Zeugnissen wird es immer knubbelig. Und dies ist auch keineswegs eine Spezialität des Lehrerberufs. Ich sag nur: Weihnachtsgeschäft, Hochsaison, Jahresabschluss, ...


    Ein Zeiterfassungssystem, also eine Stechuhr im traditionellen Sinne, hat nicht unbedingt etwas mit festgelegten Anfangs- und Endzeiten der Arbeit zu tun. Es geht darum, die Arbeitszeit verbindlich zu messen. Gleitzeitregelungen lassen sich damit völlig problemlos durchführen, genauso wie Arbeitszeiten, die saisonalen Notwendigkeiten angepasst sind. Das ist alles nur eine Organisationsfrage. Für mich als Arbeitnehmer wäre es von extremen Interesse, wenn die von mir geleisteten Arbeitstunden verbindlich und GENAU gemessen werden. Für Arbeitnehmer ist es bei Auseinandersetzungen mit dem Arbeitgeber immer besser, die eigene Leistung schwarz und weiß auf Papier ausgewiesen zu haben.


    Unsere Arbeit zu Hause hat mit Telearbeit wenig zu tun; Telearbeit ist nicht ungeregelt, es gibt normalerweise klare Zielvorgaben und Vereinbarungen über Arbeits- und Präsenzzeiten (eben zu Hause), die oft auch durch Zeiterfassungssysteme oder aber durch kontinuierliche Onlinepräsenz gemessen werden. Für Lehrer hört die Arbeit bekanntermaßen irgendwie nie auf und ist im Normalfall zeitlich unstrukturiert.


    Es wäre naiv, die vermeintliche Flexibilität der Lehrerarbeitszeit zu Hause mit einem wie auch immer gearteten Vertrauensvorschuss durch den Dienstherren zu erklären. Dass die Fülle der anzufallenden Arbeit nicht in der Wochenarbeitszeit erledigt werden kann, ist schon lange bekannt, natürlich auch in den Kultusministerien. Das zeigt sich am allerbesten am Hamburger Arbeitszeitmodell, bei dem die Kolleginnen und Kollegen mehr oder weniger über den Tisch gezogen worden sind, indem völlig fiktive Zeitveranschlagungen für verschiedenste Tätigkeiten vorgenommen wurden. Wenn als Endresultat nur gemessen wird, ob ich meine Arbeit erledigt habe, und es in meiner privaten Verantwortung bleibt, in welchem Zeitrahmen ich das tue, ist das für mich als Arbeitnehmer nicht gut. Meine Überstunden versickern dann unsichtbar in meinem heimatlichen Arbeitszimmer. Wenn meine Grundleistung als Lehrer dagegen die ist, dass ich meine geregelten Stunden an meinem Arbeitsplatz pflichtgemäß und gewissenhaft arbeitend verbringe und wenn Feierabend ist, ist Feierabend, dann bräche sicher auch nicht das Paradies aus, aber die Überstunden wären sichtbar. Die Polizei schiebt riesige Überstundenberge vor sich her aber darüber kann zumindst eine öffentliche Diskussion stattfinden. Bei uns Lehrern zuckt der Dienstherr die Schultern und schiebt uns den schwarzen Peter zu, weil wir eben zu langsam und zu unorganisiert seien, um unseren Kram in der verfügbaren Zeit zu regeln...


    Übrigens bänden festgelegte und gemessene Arbeitszeiten dem Dienstherren noch in einer anderen Hinsicht die Hände. Momentan ist es so, dass alle dienstherrlichen Ansätze zu Schulreformen und auch die Schulentwicklung an den allermeisten Schulen ausschließlich nach inhaltlichen Kriterien getroffen werden, die an die Messlatte des Wünschenswerten angelegt sind. In den Haushaltstiteln der Ministerien steht dann immer "Kosten: keine", weil unsichtbare Arbeitszeit kein Kostenfaktor ist. Wenn Arbeitszeit zu einem begrenzten Gut, also zu einem Kostenfaktor wird, kann man sich da nicht mehr so rummogeln - die Pläne und Ideen würden dann eher an die Messlatte des Machbaren angelegt. ich fände das gut so. Zum Glück arbeite ich auch an einer Schule, an der die Schulentwicklung so betrieben wird!


    Nele

  • Wenn man so denkt ...

    . Für Lehrer hört die Arbeit bekanntermaßen irgendwie nie auf und ist im Normalfall zeitlich unstrukturiert.


    ... muss man sich nicht wundern, dass so gedacht wird:

    .Bei uns Lehrern zuckt der Dienstherr die Schultern und schiebt uns den schwarzen Peter zu, weil wir eben zu langsam und zu unorganisiert seien, um unseren Kram in der verfügbaren Zeit zu regeln...


    Lehrer lassen in punkto Arbeitsplatz und -zeit viel zu viel protestlos über sich ergehen. Da widerspreche ich nicht. Natürlich haben wir keine Telearbeitsplätze. Es ist irgendwie Gewohnheit, dass wir eigene Räumlichkeiten zur Verfügung stellen.


    Aber ich erwarte schon, dass ein Lehrer in der Lage ist, seine Arbeitszeit zu strukturieren und sowohl Anfang als auch Ende zu definieren.

  • Aber ich erwarte schon, dass ein Lehrer in der Lage ist, seine Arbeitszeit zu strukturieren und sowohl Anfang als auch Ende zu definieren.



    Und v.a. nicht zu selbstlos sein.
    Gerade z.B. im Grundschulbereich. Ich bin schon Stunden durch die Stadt gelaufen und habe Bastelgeschäfte abgeklappert. Die Zeit ersetzt mir natürlich keiner, Fahrtkosten und Parkgebühren in der Steuererklärung abrechnen ist müßig.
    Mittlerweile bestelle ich die meisten Bastelsachen online und rechne die Versandkosten ebenfalls über die Klassenkasse, etc. ab.
    Zeit ist Geld. Statt ca. 2 Stunden nur noch 5 Minuten, da man zumindest die Kataloge ja auch gerne in ner Stillarbeitsphase blättern kann. Was es nicht zu bestellen gibt wird dann eben nicht gebastelt.
    Da ich inzwischen sehr zeiteffektiv arbeite, bezweifle ich, dass ich viel durch ein Stechuhrmodell gewinnen würde.
    Wie will man aber z.B. Schulleben abrechnen (Laternenumzüge, Lesenächte, etc.)

  • Zitat

    Was würden denn alles für Probleme wegfallen?


    @Silicium
    An vielen Schulen gibt es keine Lehrererbeitsplätze, keinen Platz für eigene Materialien dgl. mehr.


    Mir schwebt an Schule etwa folgendes vor:
    Auf den zwei unteren Etagen befinden sich Unterrichtsräume, Aufenthaltsbereiche für Schüler, Schülertoiletten...
    In der dritten Etage Lehrerbüros, Konferenzräume, Lehretoiletten, Kaffeebars etc..
    Die Lehrerbüros sind für zwei bis drei Lehrer ausgestattet mit einem normalen Büroarbeitsplatz (Schreibtisch, Bürostuhl, PC, Schränke, Drucker...).
    Es gibt eine IT-Abteilung (Fulltime und an der Schule), die für eine funktionierende IT-Ausstattung sorgt, PCs mit Standardsoftware, für die Kollegen, die spezielle Software brauchen auch PCs damit, Netzwerk, Server, Speicherplatz...
    Es gibt ein Büro für die Schülerangelegenheiten, und eins für die Unterstützung der Lehrer, Schülerakten werden digital geführt, sonstige Bürokratie auch, auch Klassenbücher u.dgl. mehr.
    Es gibt Grünpflanzen in den Unterrichtsräumen, Schüler übernehmen Verantwortung für ihre Räume, auch für die Sauberkeit, Ordnung und die Grünpflanzen dort.
    ...


    Das läßt sich sicher noch ein Stück fortsetzen.


    Grüße
    Steffen

    Planung ersetzt Zufall durch Irrtum. :P

    8) Politische Korrektheit ist das scheindemokratische Deckmäntelchen um Selbstzensur und vorauseilenden Gehorsam. :whistling:

    Moralische Entrüstung ist der Heiligenschein der Scheinheiligen.


  • Da ich inzwischen sehr zeiteffektiv arbeite, bezweifle ich, dass ich viel durch ein Stechuhrmodell gewinnen würde.
    Wie will man aber z.B. Schulleben abrechnen (Laternenumzüge, Lesenächte, etc.)


    Das ist ein schönes Beispiel einer contradictio in adiecto also eines Widerspruchs in sich. Durch eine genaue Zeiterfassung würden doch diese Leistungen überhaupt erst als Arbeitszeit sichtbar und du würdest unmittelbar dadurch gewinnen, dass du sie als gegebenenfalls zusätzliche Arbeitszeit geltend machen könntest.


    Eine Lesenacht oder ein Laternenumzug sind ganz einfach als so viele Arbeitsstunden abzurechnen, wie sie eben dauern. Das Argument, dass das Schulleben und solche Veranstaltungen wie Klassenfahrten "irgendwie anders" und deswegen natürlich nicht als ganz normale Arbeitszeit zu betrachten seien, höre ich immer wieder; warum das so sein soll, konnte mir bislang aber noch keiner erklären.


    Nele

  • als Überstunden ?????



    Mit Nacht und Wochenendzuschlag so wie in anderen Sparten? Gälte das auch für Elternsprechtage, etc.?
    Derzeit gilt für Lehrerinnen ja nicht mal konsequent das Mutterschutzgesetz (z.B. Abendarbeit). Elternabende muss man ja dennoch halten und bislang habe ich noch keinen SL erlebt, der Eltern"abende" am Nachmittag erlaubt hätte.

  • Aber ich erwarte schon, dass ein Lehrer in der Lage ist, seine Arbeitszeit zu strukturieren und sowohl Anfang als auch Ende zu definieren.


    Ich hatte mir erlaubt, in etwas klischeehafter Ausdrucksweise das Problem auf den Punkt zu bringen, dem man realiter sehr oft begegnet: ich kann gar nicht mehr zählen, wie oft ich von Kolleginnen und Kollegen den Satz "die Arbeit hört nie auf" gehört oder gelesen habe, bzw. dass man als Lehrer explizit lernen muss, den Schreibtisch bewusst zu verlassen, und mit der Arbeit aufzuhören, ohne ein schlechtes Gewissen in den Feierabend zu tragen. Man könnte hier im Forum schon viele Berichte finden, in denen Lehrer schreiben, dass sie eigentlich überhaupt kein Wochenende haben.


    Natürlich kann eine strenge Selbstdisziplin und -strukturierung vor Überlastung schützen. Das ändert meiner Meinung nach aber nichts daran, das tradierte Mischmasch von Privat und Dienst bei Lehrern aufhören muss. Ausgerechnet den Lehrern die Schuld für ihre permanente Mehrarbeit in die Schuhe zu schieben, finde ich überhaupt nicht angeraten.


    Nele

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