Siliciums Meinung zu den Geisteswissenschaften (offtopic aus "Wozu Bachelor im Lehramt?")

  • Ich persönlich möchet mir eine Welt ohne funktionierende Naturwissenschaft nicht vorstellen, aber auch keine, in denen es nur die NWs gibt.

    Das ist vollkommen richtig. Ich habe auch nicht gesagt, dass man nur noch Physik oder Mathe braucht, oder dass Sprachen völlig unwichtig sind. Im Gegenteil, ich erachte Englisch z.B. als super super wichtiges Schulfach!
    Es geht mir nur allein darum, dass man aus meiner Sicht nicht sagen kann, dass ein Anglistik Studium intellektuell dieselbe Tiefe erreicht wie ein Mathestudium. So ist ein Mathestudium motorisch nicht so anspruchsvoll wie ein Sportstudium, auch wenn Mathematiker behaupten könnten, dass allein das Schreiben von Formeln feinmotorisch anspruchsvoll ist. Sicherlich! Aber der Schwerpunkt liegt sicher nicht auf Motorik im Mathestudium, wie der Anspruch auf intellektuell komplexen Modellen sicher nicht bei einem Sprachstudium liegt. Dort geht es eben auch um Dinge wie Landeskunde und um erlernen einer Sprache, Auslandsaufenthalte, die Ansammlung von (teilweise auch alltäglichem) Wissen zur Kultur.
    Allein durch die ganzen nicht komplizierten Fakten, die man über ein Land, deren Kultur lernt, die Zeit während man das Sprechen in der Sprache während eines Auslandssemesters lernt, während all dieser Zeit macht der Mathematik nur eines: Nachdenken und Knoblen.
    Der Chemiker denkt und knobelt auch nicht die ganze Zeit, der steht oft im Labor und kocht ;) Der Biologe stratzt durch Wald und Wiesen und fängt Insekten für den Ökologiekurs, während der Physiker ableitet und Fehlerrechnungen macht.
    Es ist einfach auch eine Frage der Anteile, wieviel Anteil meines Studiums ist hochkompliziert und wieviele Anteile des Studiums sind intellektuell nicht die Herausforderung, müssen aber auch erlernt werden und sind stundenmässig viel verteten.
    Selbst wenn es die ein oder andere wirklich hirnzermaternde Vorlesung oder Seminar im Deutschstudium gibt, sind alle so? Es gibt in Mathe nicht eine Vorlesung oder ein Seminar wo ich drinsitzen würde und sagen würde: Easy!
    In Physik ists genauso! In Chemie gibt es die ein oder andere Vorlesung, in der Stoffchemie behandelt wird, wo man Stoffe auswendig lernen muss und was intellektuell nicht so anspruchsvoll ist. Und eben auch viele praktische Teile, wo ich sage, das ist intellektuell nicht tiefgehen, da liegt der Fokus woanders.
    In Mathe ist eben jede Veranstaltungen intellektuell auf dem hohen Niveau, das man in Chemie nur in den theoretischen Veranstaltungen hat, weniger in den praktischen.
    In einem Pädagogikstudium, denn da war ich auch in Seminaren zwangsweise, gibt es selbst im Hauptstudium Seminare, wo ich drin sitze und es intellektuell eben gar nicht anspruchsvoll ist. Da wird ein Text gelesen, dessen Aussagen nachvollziehbar sind, vielleicht nicht unstrittig, und dann wird diskutiert darüber. Das ist mit Mathe nicht vergleichbar.

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  • Wie jeder, der ein wissenschaftliches Studium durchläuft, meiner Meinung nach eigentlich wissen sollte - es gibt immer mehr Seiten einer Sache als ich auf Anhieb sehen kann..

    Prinzipiell hast Du natürlich recht. Es wäre halt sinnvoll mal jemanden zu hören, der z.B. Deutsch und Mathe fürs Gymnasiallehramt studiert hat und wie er den intellektuellen Anspruch vergleichend sieht.


    Im Endeffekt könnte man das auch aufs Schulniveau herunterbrechen und fragen, welches Schulfach intellektuell anspruchsvoller für die Schüler ist, Physik oder Deutsch, Mathe oder Religion.


    Eigentlich wollte ich gar nicht darüber diskutieren, sondern wollte darauf hinweisen, dass Schüler eben intellektuell schwierige Fächer an der Schule meiden aus schlechten Erfahrungen (dem Gefühl etwas nicht zu kapieren) und der Angst schlechte Noten zu bekommen ("In Deutsch kann ich mit Fleiß was tun, in Mathe kann mir unter Umständen passieren, dass ichs net checke und dann unterpunkte und dann ist mein Abischnitt kaputt").
    Leider sind wir immer noch dabei zu klären, dass ein Fach wie Religion oder Deutsch genauso schwierig zu begreifen ist für die Schüler wie Physik. Das hatte ich vorausgetzt.


    Wenn man so Umfragen an Schüler richtet, welches Fach sie schwierig zu verstehen finden, welche werden da dann genannt? Sowas muss doch mal erhoben worden sein.

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  • Aber gerade in Fächern wie Deutsch bringt doch Fleiß gar nichts. Entweder dein Stil gefällt deinem Lehrer oder nicht.


    Und ja, wie Katta schon gesagt hat. Recherchier Chomsky. Oder wahlweise Valenzgrammatik. Strukturalismus. Michel Foucault. Ich kenn übrigens einige Leute mit der Kombi Mathe-Englisch, die sagen, dass ihnen Mathe deutlich leichter fällt. Sieht man auch an den Noten. Und übrigens scheitern die Leute, die in Fremdsprachen von Gymnasial- auf Realschullehramt wechseln aus zwei Gründen: entweder sie schaffen das Latinum nicht oder sie kommen mit Sprachgeschichte nicht klar. "Ach so funktioniert das"-Momente hatte ich übrigens sehr häufig bei Sprachgeschichte, das ist nämlich fast mathematisch. Es passiert x, deswegen macht der Vokal y und der Konsonant z. Aber nur in bestimmten Wortmengen, in anderen hauts wieder gar nicht hin usw. usf.
    Intellektuell anspruchsvoll ist auch ein dehnbarer Begriff....

  • Zitat Silicium :

    Zitat

    Nur mal ein anderes Beispiel, nicht Sprache: Ein Instrument zu spielen
    ist auch nicht "einfach", aber intellektuell doch überschaubar. Man muss
    eben üben, üben, üben und das Gehör entwickeln. Aber ich bin überzeugt
    auch ein sehr unterdurchschnittlich intelligenter Mensch könnte ein
    richtig richtig guter Geiger werden, wenn er eben genug übt.

    Ich hoffe, hochgeschätzter Silicium, dass jetzt unsere geehrte Moderatorin Melosine meinen Beitrag nicht liest ! Sie würde sich wahrscheinlich die Hände reiben, dass jetzt sogar der bei den Moderatoren beliebte Elternschreck dem vernünftigen und klardenkenden Silicium widerspricht.


    Nein, so einfach ist das Erlernen eines Instruments nicht ! Es mag in einem gewissen Rahmen überschaubar sein, d.h. man weiß, wie es zu funktionieren hat, aber die eigentliche musikalische Sphäre, die wirklich die (!) Musik erlebbar macht, erreichen nicht einmal 10% derjenigen, die sich intensiv mit ihrem Instrument auseinandersetzen.


    Bei der Geige, um bei diesem Beispiel zu bleiben, sind die wenigsten Aspiranten in der Lage, intonationsmäßig sauber zu spielen. Man kann das Gehör trainieren so viel man will, es verbessert sich, aber bei vielen Menschen sind da irgendwo Grenzen gesetzt. Hör Die mal ein Amateurorchester mit Streichern an, dann weißt Du, was ich meine !


    Nun die Technik : Für die meisten niemals sicher beherrschbar, weil der Durchschschnitt der Menschen, gerade für die Geige, nicht genügend feinmotorische Fähigkeiten mitbringt.


    Die Interpretation, das Ausdeuten, was zwischen den Noten steht, das Annähern an die seelische Substanz der Musik bleibt eh nur den Wenigsten vorbehalten, schon deshalb weil die o.g. Voraussetzungen fehlen. Da scheitert es auch bei sehr vielen, trotz guten Gehörs und hervorragender Technik.


    Und nun zu den Auserwählten, die die o.g. Voraussetzungen mitbringen : Das sind diejenigen Spieler, die sich im Profilager tummeln. Trotz der o.g. Voraussetzungen/Begabungen heißt es jeden Tag 6-8 Stunden Einzelüben, wenn keine Orchesterproben oder Konzerte stattfinden.


    Und die Musik selbst, muss immer wieder neu aufgebaut werden, da sie zu einer Kunst gehört, die in der Zeit zerfließt. Man kann ein erklingendes Musikstück nicht mit einem
    fertigen Bild vergleichen, das noch zudem nachbearbeitet werden kann.


    Das ist jetzt alles kein Geschwafel, geehrter Silicium ! Als (wahrscheinlich) unbedarfter Laie kannst Du in einem Live- Konzert spüren, ob die Musik "rüberkommt" oder nicht. Selbst wenn Du kein Klassik-Fan oder Fan von Violinenmusik bist,wirst Du wahrscheinlich dann doch berührt sein, wenn Du z.B. Julian Rachlin oder Itzhak Perlman hörst, die eine Ebene der Musik erreichen, die den meisten Musikbetreibenden vorenthalten bleiben.


    Das Beispiel mit dem Violinenspiel kann man natürlich auf andere Instrumente übertragen. 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • @ Silicium

    Zitat

    Ich wäre da selber nicht darauf gekommen, das gebe ich frei zu, dazu
    fehlt mir der Einblick in die Sprachen. Es ist jetzt aber auch nicht so,
    dass dies jetzt irgendwie so kompliziert nachzuvollziehen ist wie die
    Wechselwirkung von elektromagnetischer Strahlung mit Materie.

    Mit dieser Einlassung beantwortest Du selbst die von Dir aufgeworfenen Fragen. Es gibt sehr viele Wissensgebiete, für die Dir offensichtlich der Einblick fehlt. Von einem nicht näher begründeten Standpunkt – zu Deinen naiven erkenntnistheoretischen Grundansichten könnte man aus philosophischer Sicht noch viel mehr schreiben, aber da bist Du ja unter Physikern nicht allein – meinst Du aber, den Komplexitätsgrad dieser Gebiete abschätzen zu können. Dabei solltest Du – und da möchte ich die Einlassung von Brickinthewall unterstützen – aber berücksichtigen, dass Du diese Einschätzung nur abgeben könntest, wenn Du diese Gebiete ebenso gut kennen würdest wie die von Dir studierten (wobei ich mal unterstelle, dass Du da Kenntnisse besitzt). Da Du das aber nicht kannst, müsstest Du von derlei Bewertungen absehen. Wann immer Du von nicht-physikalischen Bereichen sprichst, nimmst Du Bezug auf Dinge, die Du offensichtlich nicht beurteilen kannst. Das Sprichwort vom Blinden und der Farbe drängt sich mir da auf.


    Aber das ist schon recht: Ich kann sehr gut damit leben, dass Du Dir da Dein Weltbild zusammengezimmert hast. Wenn Du Dich aber noch mit einem anderen Wissenschaftgebiet auseinandersetzen möchtest, das wahrscheinlich in Deinem Studium keine Rolle gespielt hat, empfehle ich Wissenschaftsgeschichte und Epistemologie. Gerade das 19. Jhr. (anfänglicher Siegeszug des Positivismus) kann einem auch für gegenwärtige Entwicklungen die Augen öffnen. Es ist nämlich naiv zu glauben, dass Wissenschaft im luftleeren Raum allein auf Argumente gebaut sei. Immer spielt auch der Zeitgeist eine Rolle – etwa dabei, was zu einer bestimmten Zeit überhaupt als valides Argument gilt.

  • Mein geehrter Kollege Elternschreck, ich glaube wir reden aneinander vorbei! Ich sehe eigentlich keine Widersprüche zu Deinem Beitrag!

    Nun die Technik : Für die meisten niemals sicher beherrschbar, weil der Durchschschnitt der Menschen, gerade für die Geige, nicht genügend feinmotorische Fähigkeiten mitbringt.

    Das glaube ich sofort, allerdings ist feinmotorische Fähigkeit nicht die intellektuelle Fähigkeit, die ich meine, die für Mathematik und theoretische Physik nötig ist.


    Auch da widerspreche ich nicht. Können wir es so formulieren, zu den Top Violinisten zu gehören benötigt man ein unvergleichliches Talent, das nur sehr sehr wenigen vorbehalten ist?


    Mein Punkt ist gewesen, dass man dafür aber keinen IQ von 160 benötigt, sondern andere Gaben als den puren Intellekt. Der IQ von 160 nützt einem als Violinist vermutlich gar nicht viel, sondern es sind die anderen von Dir angesprochenen, nur bei gaaaanz wenigen Menschen vorkommenden Talente, die entscheidend sind. Jemand mit einem IQ von 100 kann, wenn er zu den Seltenen zählt, die die von Dir angesprochenen, seltenen musikalischen Begabungen haben, mit der Musik verschmelzen können, durchaus zu so einem Star werden. Jemand mit IQ von 100 wird aber kein brillanter Mathematiker oder Physiker höchstens Kalibers, denn die in der Musik benötigten, seltenen Talente für das absolute Elitepotential, das ist bei Mathematik schlicht und ergreifend Intelligenz.
    Bei Sprachen und Literatur usw. ist es auch wie bei der Musik, da ist ein hoher IQ sicherlich hilfreich, aber nicht das entscheidende Kriterium für Erfolg.
    Das heißt natürlich auch nicht im Umkehrschluss, dass man nicht auch mit IQ 160 Sprachen studieren kann. Man kann es aber eben auch mit weniger und die Grenze nach unten, ab wann man noch ein Mathestudium besteht, ist für diese Fähigkeit imho deutlich höher, als bei Sprachen.
    (So wie man ein Mathestudium im Gegenzug mit geringerer Sprachbegabung besteht, als ein Sprachstudium).

  • Wenn man so Umfragen an Schüler richtet, welches Fach sie schwierig zu verstehen finden, welche werden da dann genannt? Sowas muss doch mal erhoben worden sein.

    Also meinen Oberstufenschülern zufolge gehört für einige Deutsch und Englisch einfach dazu - und zwar wegen der Textarbeit, die verdammt schwierig ist, wenn man nicht wirklich verstanden hat, wie das geht. Das wird dann nur gerne formuliert als "Ich muss ja nur die Interpretation treffen, die der Lehrer auch gefunden hat" oder "Mein Stil gefällt dem Lehrer nicht", während Schwierigkeiten in Mathe gerne damit erklärt werden, dass man das halt einfach nicht versteht (gerade Mädchen: Ich kann das halt einfach nicht, bin ja auch ein Mädchen... :whistling: ) - ist jetzt natürlich keine empirische Studie (aber das sind deine Behauptungen ja auch nicht :P :D ). Die Noten in den Grundkursen Englisch (bei Deutsch tendenziell weniger) sprechen da übrigens Bände... und das liegt nicht nur an mangelnden Sprachvermögen, sondern weil sie schlicht intellektuell nicht in der Lage sind, einen Text vernünftig zu lesen, die Informationen auch zwischen den Zeilen herauszulesen und vor allem am Text zu bleiben.
    Fleiß hilft einem hier nur soweit weiter, dass man das immer wieder macht - aber letztendlich muss man das zugrunde liegende Prinzip auch einmal wirklich verstanden haben, um es übertragen zu können und daran scheitern verdammt viele.


    Nachtrag: Ich glaub, ich halte einfach die Klappe und lasse Philosophus reden, der macht das so viel besser als ich! (Kein Wunder, so als Philosoph - da spielte doch auch die Logik eine große Rolle, wenn ich mich nicht irre... :D )

    "Et steht übrijens alles im Buch, wat ich saje. ... Nur nit so schön." - Feuerzangenbowle

  • Du sagst:

    Wann immer Du von nicht-physikalischen Bereichen sprichst, nimmst Du Bezug auf Dinge, die Du offensichtlich nicht beurteilen kannst. Das Sprichwort vom Blinden und der Farbe drängt sich mir da auf.

    und dann sagst Du:


    Es ist nämlich naiv zu glauben, dass Wissenschaft im luftleeren Raum allein auf Argumente gebaut sei.

    Du hast doch selber gar keine Mathematik studiert und triffst dann eine Aussage? Ist schon fast philosophisch, aber zeige mir mal wo der Zeitgeist in der Mathematik steckt? Dazu könnte man doch wieder dein 1. Zitat heranziehen vom Blinden und den Farben.

  • Der Lehrerberuf ist doch eigentlich ideal um mit Einblick aus "beiden Welten" Stellung zu nehmen. Nämlich diejenigen, die sowohl Sprache (oder von mir aus Geschichte etc.) studiert haben und als 2. Fach Mathematik oder Physik haben.
    Da könnte man dann doch fundierte Aussagen zur Vergleichbarkeit von intellektuellem Anspruch treffen, oder nicht? Am besten natürlich eine große Stichprobe. Tja, wo sind die entsprechenden Kollegen?

  • Wenn man so Umfragen an Schüler richtet, welches Fach sie schwierig zu verstehen finden, welche werden da dann genannt? Sowas muss doch mal erhoben worden sein.

    Die erhobenen Daten müssten dann aber auch noch interpretiert werden. Nehmen wir mal an, der Großteil der Schüler erklärte, Mathematik und Physik seien mit Abstand die schwersten Fächer, so würde das noch nicht zwangsläufig für den Komplexitätsgrad der Fächer sprechen.


    Eine andere mögliche Hypothese – die ich ausdrücklich nicht vertete! –: Mathematik und Physik werden deshalb als schwere Fächer eingestuft, weil die unterrichtenden Lehrkräfte statistisch gesehen die schlechtesten Pädagogen sind, weil sie z. B. die Relevanz der Pädagogik in ihrer Ausbildung unterschätzen. (Soll ja vorkommen: "Der kann einfach nicht erklären ...")


    Andere mögliche Hypothese – auch die vertrete ich nicht –: Die guten Mathematiker und Physiker gehen nicht in die Schule, weil sie in der Wirtschaft ("beim Bosch") mehr verdienen; also gehen nur die in die Schule, die in der Wirtschaft keine Chancen hätten. (Im Umkehrschluss würde das für die Orchideenfächer heißen, dass die Crème de la crème in die Schule strebt, weil da die grünen Wiesen locken ...)


    Insofern: Dein oft angeführtes Komplexitätsargument ist nicht nur deshalb schwach, weil Dir der Vergleich zu anderen Wissensgebieten fehlt (s. o.), sondern auch weil Du starke Annahmen machst, die Du empirisch nicht belegen kannst, weil Du die jeweils zugrunde liegenden Faktoren nicht kennst ("Mathe und Physik sind inhärent schwer.").

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  • Zitat

    Katta: Also meinen Oberstufenschülern zufolge gehört für einige Deutsch und
    Englisch einfach dazu - und zwar wegen der Textarbeit, die verdammt
    schwierig ist, wenn man nicht wirklich verstanden hat, wie das geht.

    Wenn man nicht wirklich verstanden hat, wie etwas geht, ist allerdings alles schwierig. Selbst das Schuhezubinden ;)
    Die Frage ist halt, wie leicht man diese Textarbeit versteht im Verhältnis zu entsprechenden Inhalten in Physik des selben Jahrgangs.


    Kommt man irgendwie auch online an den Text hiervon hernan?:


    http://www.fachportal-paedagog…e/fis_set.html?FId=929617


    Das hatten wir mal in Physikdidaktik gelesen und da (oder es war woanders) wurde glaube ich erhoben, dass Physik unter Schülern als schwierigstes Fach gilt. Auf jeden Fall deutlich vor Englisch oder Deutsch.

  • Insofern: Dein oft angeführtes Komplexitätsargument ist nicht nur deshalb schwach, weil Dir der Vergleich zu anderen Wissensgebieten fehlt (s. o.), sondern auch weil Du starke Annahmen machst, die Du empirisch nicht belegen kannst, weil Du die jeweils zugrunde liegenden Faktoren nicht kennst ("Mathe und Physik sind inhärent schwer.").

    Man müsste mal eine große Befragung von Gymnasiallehrern mit den studierten Fächern Deutsch / Mathe durchführen. Welches Fach sie intellektuell schwieriger zu begreifen fanden z.B.


  • Man müsste mal eine große Befragung von Gymnasiallehrern mit den studierten Fächern Deutsch / Mathe durchführen. Welches Fach sie intellektuell schwieriger zu begreifen fanden z.B.


    Entnahme von Information aus Texten, PISA-Kompetenzstufe 1. Silicium durchgefallen. Dazu hab ich oben schon was geschrieben.

  • Du hast doch selber gar keine Mathematik studiert und triffst dann eine Aussage? Ist schon fast philosophisch, aber zeige mir mal wo der Zeitgeist in der Mathematik steckt? Dazu könnte man doch wieder dein 1. Zitat heranziehen vom Blinden und den Farben.

    Das wäre ja beinahe ein valides Argument geworden. Du verwechselst aber zwei Ebenen: Um zu sehen, dass Mathematik eine Geschichte hat, muss man selbst nicht Mathematik studiert haben. Man kann auch die Geschichte des Autos studieren, ohne einen Führerschein zu besitzen. Logik ist jedenfalls Bestandteil jedes gescheiten Philosophiestudiums und da finden sich ja doch ein paar Berührungspunkte zur Mathematik.


    Ich belasse es mal bei ein paar Schlagworten (und den entsprechenden Wikipedia-Artikeln): Psychologismus versus Logizismus in der Mathematik; es ist eben kein bloßer Zufall, dass bestimmte Positionen zu einer bestimmten Zeit auftreten. Die empirische Psychologie war eben zu einer bestimmten Zeit das dominante wissenschaftliche Paradigma. (Deshalb verwies ich ja auf den Positivismus.) Diese Modelle werden ggf. dann wieder korrigiert. Die Vorstellung, dass Mathematik aber allem anderen enthoben sei, ist aber eben eine Festsetzung.


    Ein anderes Beispiel: Wärst Du ein Physiker des 17. Jahrhunderts, würdest Du hier vielleicht auf die Bedeutung der Phlogistontheorie insistieren und sie als Nonplusultra theoretischer Errungenschaften preisen. Aber schon ein paar Jahrzehnte später, hätte sich dann das Paradigma geändert, und die Theorie wäre nur noch eine interessante Fußnote. Was ich sagen wollte: Wissenschaft hat Geschichte, wie eben alles andere auch. Und wer das ignoriert, ist eben naiv.

    Einmal editiert, zuletzt von philosophus ()

  • "..., dass Physik unter Schülern als schwierigstes Fach gilt. Auf jeden Fall deutlich vor Englisch oder Deutsch."


    Und genau hier liegt das Problem, das ich immer wieder sehe: Englisch und Deutsch werden als Leistungskurse belegt, weil die Schüler davon ausgehen, dass die beiden Fächer ja nicht so schwer sind und dass es mit "ein wenig Geschwafel" ja hinkommen müsste. Leider eine falsche Annahme, was sich immer wieder in Klausuren herausstellt (siehe Beiterag von katta).

  • Und genau hier liegt das Problem, das ich immer wieder sehe: Englisch und Deutsch werden als Leistungskurse belegt, weil die Schüler davon ausgehen, dass die beiden Fächer ja nicht so schwer sind und dass es mit "ein wenig Geschwafel" ja hinkommen müsste. Leider eine falsche Annahme, was sich immer wieder in Klausuren herausstellt (siehe Beiterag von katta).

    Die Frage ist nur, ob diese von Dir angesprochenen Schüler nicht in Physik noch schlechtere Punkte einfahren würden. Kann man nicht beantworten.




    Und eben genau zu dem dick gedruckten Teil des Zitats von Dir: Um auszuschalten, dass man keinen Vergleich zu anderen Wissensgebieten hat, sollte man eben Leute befragen, die eben genau diesen Vergleich zu anderen Wissensgebieten haben. Ich habe mich auf den ersten Teil (dick markiert) bezogen und verstehe nicht, was ich daran falsch verstanden habe. Das sagt doch aus, dass ich die Komplexität nur dann bewerten kann, wenn ich beide Wissensgebiete kenne, was ich ja nicht tue. Da wäre doch ein Mathe / Deutsch Lehrer dazu in der Lage? Ich sehe meinen Fehler gerade nicht, aber ich höre mir gerne eine Erklärung meines Fehlers an.

  • Vielleicht kann man ja auch die beiden Bereiche (Natur- und Geisteswissenschaften) nicht wirklich miteinander vergleichen, da jeweils ganz andere Fertigkeiten gefordert sind und somit auch die Frage nach dem "schwerer und leichter" ganz einfach nicht gestellt werden darf.
    Man kann doch nicht einem Super-Geisteswissenschaftler unterstellen, dass er niedrigere intellektuellen Fähigkeiten besitzt, nur weil er auf dem Gebiet der Naturwissenschaften nicht auf der Höhe ist. Umgekehrt genauso wenig: Wieso sollte ein Physiker, um bei Deinem beliebten Beispiel zu bleiben, der in Sprachen eine Null ist (was durchaus häufig vorkommt), höhere intellektuelle Fähigkeiten als der Sprachler haben? Wenn dem so wäre, müsste er ja die Sprachen mit links beherrschen.
    Ich denke, hier werden Äpfel mit Birnen verglichen.

  • Die Noten in den Grundkursen Englisch (bei Deutsch tendenziell weniger) sprechen da übrigens Bände... und das liegt nicht nur an mangelnden Sprachvermögen, sondern weil sie schlicht intellektuell nicht in der Lage sind, einen Text vernünftig zu lesen, die Informationen auch zwischen den Zeilen herauszulesen und vor allem am Text zu bleiben.

    Glaube ich schon, nur bezweifle ich, dass genau diese Schüler dafür Physik verstehen. Die sind, so meine natürlich nicht belegbare Theorie, auch dazu nicht in der Lage.
    Wir haben beide keine Studien, ist schon klar. Aber was sagt unsere eigene Erfahrung?


    Bei mir war es z.B. so, dass ich, der ja nun mit Sicherheit nicht so sprachbegabt ist, mit 13 Punkten und Deutsch, 14 Punkten in Englisch durchs Abitur gegangen ist. Dazu muss ich sagen, dass ich da viel mit Fleiß gemacht habe, weil mir ein guter Schnitt wichtig war. Es fiel mir nicht so schwer mit Fleiß in diesen Fächern, trotz mangelnder Begabung (ihr kennt meine Interpunktion ;)) hohe Punkte zu erzielen.
    Wir hatte zwei "Superstreberinnen im Jahrgang", beide super Noten in Deutsch, Geschichte, Französisch aber unterpunktet in Mathe (von Physik, Chemie weiß ich nicht, wie die da waren). Es war oft Gesprächstheme, wie diese beiden wohl in Mathe ständig nachgefragt haben, totalen Einsatz gezeigt haben, aber in den Klausuren und so weiter dann wohl doch nichts verstanden hatten. Meine Einschätzung dieser beiden Personen sagt mir, die werden gebüffelt haben wie verrückt, haben die nämlich für ALLE Fächer.


    Jetzt gibt es zwei Möglichkeiten, entweder ich bin doch sehr sprachbegabt. Oder es ist in Deutsch relativ einfach durch Fleiß was zu erreichen. (In Englisch war ich objektiv echt ganz gut).


    Ich glaube der Fall, dass jemand in Deutsch gut sein möchte, es aber trotz Fleiß nicht schafft und gleichzeitig aber Topnoten in Mathe hat, ist seltener als jemand, der Topnoten in Deutsch hat, es aber trotz Fleiß in Mathe einfach nicht packt. Vom letzteren Schlag kannte ich einige im Jahrgang, vom ersteren eigentlich nur einen. Und bei dem wars eher Faulheit in Deutsch. Ist nur ein Bauchgefühl aus Beobachtungen.

  • Mal eine Frage, auf die ich gerne mal von den Mitdiskutierenden eine Antwort haben möchte:


    Gibt es überhaupt ein Fach, das intellektuell weniger anspruchsvoll ist als Mathematik oder Physik? Welches Fach wäre das? Oder sind per se alle Fächer automatisch gleich anspruchsvoll?

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