Zum Schulniveau: Da fand ich es immer einfacher, in Mathe oder Physik eine Note zu bekommen, die nicht im Defizit-Bereich liegt, indem ich einfach irgendwas auswendig lerne, als in Sprachen - nicht, dass ich dort Gefahr gelaufen wäre, in diesen Bereicht abzurutschen. Aber durch bloßes Auswendiglernen wär ich in Deutsch nicht weit gekommen. In Mathe hingegen - und auch Physik - habe ich es immerhin geschafft, durch bloßes Formel-Lernen ohne auch nur den geringsten Anspruch des Verstehens an mich selbst zu stellen, auf einer 2/2+ zu landen. Ohnehin ist das, was man so als "Mathe" bezeichnet, doch oftmals eher nur "Rechnen" - in die Gefilde der wahren Mathematik wagten wir uns zumindest eher selten; und da gebe ich zu, war auch ich dann oftmals mit meinem Latein am Ende (vielleicht, weil ich es gar nicht in der Schule hatte?!).
In Deutsch hingegen - und das gilt ebenso für die Textarbeits-Phasen in den Fremdsprachen - fühlte ich mich nie so sicher, zumindest was die Notengebung betraf - hier konnte ich mir durchaus vorstellen, einmal vollends daneben zu liegen. Das blieb glücklicherweise aus, doch empfand ich den Versuch, eine annährend niveauvolle Interpretation eines Textes zu verfassen nie als weniger intellektuell anspruchsvoll als zu verstehen, wieso verdammt sich Parallele angeblich irgendwann mal im Unendlichen treffen - oder wieso sie es eben nicht tun. Egal was ich gehört habe, ich habe den Sprechenden, so sie denn einigermaßen vertrauenswürdig aussahen, geglaubt - da ich mich außer Stande sah, ihnen fachlich zu folgen geschweigedenn zu widersprechen.
Zusammengefasst: Auf Schulniveau empfand ich die naturwissenschaftlichen Fächer keinesfalls als weniger anspruchsvoll - nur als weniger interessant.
An der Uni trifft einen dann ein wenig der Schlag, wenn man auf einmal hört, dass das, was so ein netter Dichter zu seinem Werk sagt, eigentlich gar nicht so interessant ist - weil es ja weniger um die Autorintention als vielmehr um die Textintention gehe. Da kämst du mit deinen Interpretationshilfen wohl auch nicht mehr allzu weit - sie mögen es zwar für dich zusammenfassen, aber ob du zu einer eigenständigen Leistung - vor allem in einer Diskussion über Interpretationsgedanken - fähig wärst, ist dadurch noch lange nicht sicher. Gerade wenn man das weite Feld der Interpretation betritt, muss man verstehen, dass man im Prinzip alles und nichts sagen kann - aber eben nicht einfach so, sondern begründet. Man muss ein logisches Konstrukt aufbauen. Man kann nicht einfach ins Blaue hinein raten, sondern muss eben sichtbar machen, was ggf. nicht sofort verstanden wird. Da liegt ja genau die Gefahr - viele Schüler glauben eben, man könne ja sowieso immer irgendwas zu den ganzen Texten sagen - das stimmt ja auch, nur ist das leider oft totaler Unsinn. Oder vielleicht ja sogar intellektuelle Höchstleistung, die nur leider keinen Rahmen erhält?! Hier dann auch auf verschiedenen Ebenen zu bleiben (die Autorintention nicht vollkommen wegzuschmeißen ist legitim, aber wenn man sich einmal von ihr verabschiedet, sollte man sich hüten, sie drei Sätze später wieder aus dem Hut zu zaubern) ist glaube ich gar nicht so einfach.
Ich bin da jetzt mal fatalistisch - es gibt jene, die in den Geisteswissenschaften intellektuelle Höchstleistungen vollbringen können und andere, die dies in den Naturwissenschaften schaffen. Vielleicht sogar ein paar, die es in beiden Bereichen können. Durch bloßen Fleiß wird man in beiden Bereichen nicht in die oberste Liga kommen. Entweder man hat's, oder eben nicht. Es mag ja sein - und da wurden hier ja schon schöne Begründungen geliefert - dass SuS die geisteswissenschaftlichen Fächer lieber mögen, aber das heißt ja dann noch lange nicht, dass die intellektuellen Möglichkeiten innerhalb dieser Fächer sich daher unterscheiden müssen.