hilfe! stelle an einer förderschule, aber kein plan von nichts

  • Hallo,
    das klingt ja mal auf absurde Weise spannend. Interessant wäre natürlich das Bundesland, dann kann man bessere Tipps geben. In Niedersachsen sind schuleigene Curricula verpflichtend, genau wie individuelle Förderpläne. Wichtig ist m.E. sich zunächst tatsächlich mit der z.T. sehr speziellen Schülerschaft vertaut zu machen, soll heißen die Lehrpläne stehen zunächst ein paar Tage im Hintergrund. Allerdings stehen ja auch bald die Zeugnisse an, gibt es Zeugnisvorschläge vom Vorgänger? Bekommst du eine eigene Klasse oder wirst du Fachlehrer sein? An Förderschulen muss man in der Regel alles unterrichten, was gerade anfällt, egal ob fachfremd oder nicht. Du wirst deine eignen Ansprüche an die Wissensvermittlung vermutlich deutlich herunterschrauben müssen, oftmals leider auch die Ansprüche an die Anstrengungsbereitschaft und Arbeitsmoral der SUS. Soviel fürs erste, wie gesagt wichtig wäre es das Bundesland zu erfahren.
    Gruß Cyan

  • Hallo!
    Das Bundesland fände ich auch wichtig zu wissen.
    So richtig weiterhelfen kann ich dir leider auch nicht, aber ich finde es gelinde gesagt seeehr merkwürdig, dass Gymnasiallehrer nun den Vertretungsunterricht an Förderschulen übernehmen, d.h. auch Schüler mit sehr speziellen Bedürfnissen... Ist das eine neue Form von Inklusion? :X:
    Noch befremdlicher finde ich allerdings das Verhalten der SL. Ich kann mir keinen plausiblen Grund vorstellen, einem zukünftigen Kollegen in deiner Situation vorheriges (freiwilliges und unbezahltes!) Hospitieren NICHT zu ermöglichen... ?(


    Ich wünsche dir trotzdem viel Glück und Erfolg für deine neue Aufgabe!

  • Hallo Tafelschwamm,


    ich habe diesen Schritt zu Schuljahresbeginn gewagt. Am letzten Schultag des letzten Schuljahres habe ich die Chance bekommen mich an einer Förderschule vorzustellen. Der Schulleiter nahm sich ganz viel Zeit für mich, hat mir alles gezeigt und versucht zu erklären was mich erwarten wird.
    Glücklicherweise werde ich als Co-Lehrer eingesetzt und habe bei voller Stelle nur 10 Stunden eigenverantwortlichen Unterricht. Das ist der Idealfall, tritt aber aufgrund von Krankheitsfällen kaum ein. Somit muss ich keine Förderpläne schreiben und viel Verantwortung entfällt.
    Mir macht es Spaß, bringt mich aber auch oft an meine Grenzen, da sehr viel Flexibilität und vor allem Umdenken gefordert wird.
    Bei uns ist der Markt an Sonderpädagogen leergefegt.


    Die Reaktion von deiner neuen SLin finde ich total unangemessen und kontraproduktiv.


    Viel Erfolg!

  • es geht nicht um reine wissensvermittlung, sondern sicherlich mehr um den ausbau von kompetenzen und angemessenen verhaltensweisen.


    Ich bin als ausgebildete Gymnasiallehrerin seit 10 Jahren am GYM und kann nur sagen: dort geht es ganz bestimmt nicht um "reine Wissensvermittlung", sondern immerm mehr um den "Ausbau von Kompetenzen" und noch viel viel mehr vom "angemessene Verhaltensweisen". Heute den zweiten Tag in Folge Elterngespräche wegen körperlicher Handgreiflichkeiten unter SuS geführt. Seit Wochen Vorgespräche mit SL, Schulsozialarbeiterin (Schulpsychologenstelle wurde vor Jahren gestrichen - braucht am GYM ja keiner). Wir hatten allein in den vergangenen 5 Jahren diverse Fälle von 5. bzw. 6. Klässlern mit schwersten psychologischen Störungen bishin zu mehrfachen Suizidversuchen (zum Glück außerhalb der Schule und noch mehr zum Glück erfolglose für die betroffenen SuS). Wohlgemerkt, es ist ein GYM im ländlichen Bereich.


    Ironisches Fazit: Die Einstellungspolitik in MV ist schon OK so. Jeder kann einfach alles und muss alles können. Die beste Vorrausstezung für die Gemeinschaftsschule inklusive Inklusion.


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • Hallo,
    schau mal beim matobe-Verlag! Da gibt es gutes Material gerade auch für Förderschulen. Zuerst würde ich mir natürlich den Fundus der Schule zeigen lassen, was die an Material haben. Und die Sache mit dem Hospitierverbot finde ich sehr merkwürdig... Hoffentlich darfst du dann wenigstens den Lehrmittelraum sehen ...


    Wichtig ist, dass du den Mut hast, die dortigen KollegInnen um hilfe zu bitten. Wenn sie erfahren, dass du für ein anderes Lehramt ausgebildet bist, werden sie deine Sorgen sicher verstehen und die viel Wichtiges sagen. Und wenn die dann auch komisch reagieren, würde ich mir eine andere Schule suchen. :huh:


    Alles Gute!
    venti :)

  • Hallo Tafelschwamm,
    da haben sie dich ja ganz schön ins kalte Wasser geworfen. Die Wissensvermittlung ist wahrlich nicht die Hauptaufgabe. An der Förderschule bist du ein "Allroundtalent". Falls du eine eigene Klasse bekommst, hast du sicherlich noch viele andere Aufgaben ( Elternarbeit, Gesprächstermine mit anderen Institutionen, Förderpläne schreiben usw.) Wenn du als Fachlehrer arbeitest, kommt es darauf an, wie die Schule organisiert ist. Bei uns wird in Teams gearbeitet. Diese Kollegen arbeiten sehr eng zusammen und tauschen sich entsprechend aus. Als Sonderschulleher musst du grundsätzlich alle Fächer unterrichten ( außer Reli und Englisch, dafür brauchst du eine Befähigung) , Das Niveau ist aber nicht so hoch, so dass man aus der eigenen Schulzeit schöpfen kann. In der Förderschule L hast du in der Regel eine sehr heterogene Gruppe. So dass in den Kernfächern sehr differenziert gearbeitet wird. In meiner 10-ten Klasse habe ich bei 16 SS in Mathe, 6 verschiedene Leistungsniveaus ( Von Grundrechenarten bis zu Gleichungen und Prozenten). Da kann ich nicht an einem Thema arbeiten. Ich habe für die Leistungsgruppe individuelle Arbeitsmaterialien vorbereitet ( immer mit Lösungen) an denen die SS selbstständig arbeiten. So hat man Zeit, sich einzelnen SS zuzuwenden, ein Thema einzuführen oder zu helfen. Bedeutet natürlich auch 6 verschiedene Leistungsabfragen usw. Natürlich schafft man das nicht in alleln Fächern. Mit Lehrwerken kann ich nur sehr begrenzt arbeiten, weil sie meist nur ein Thema anreißen und wir sehr lange an einem Thema bleiben und Arbeitsmaterialien oft individuell anpassen müssen. Eine sehr übersichtliche Struktur ist bei uns sehr wichtig, weil viele SS Wahrnehmungsprobleme haben. Das Arbeitsmaterial und er Unterricht muss sehr anschaulich sein. Es gäbe noch 1000 Sachen, die uns von anderen Schulen unterscheiden, die ich hier nicht alle ansprechen kann.
    Ansonsten kann ich von mir behaupten, dass mit das Arbeiten an einer Förderschule schon seit über 30 Jahren sehr viel Freude bereitet. Du hast nicht hunderte von Schülern in einem Schuljahr, die du unterrichten musst und zu den Kindern ein sehr intensives Verhältnis. Es ist zwar sehr anstrengend, aber auch sehr vielseitig. Du hast viel mehr Spielräume und kannst auch deine Stärken und Talente oft verwirlichen, was dir und den Kinder zu Gute kommt.
    An unserer Schule hättest du garantiert die Möglichkeit zu hospitieren. Schade, dass es dir dein Schulleitung nicht ermöglicht.
    Ich wünsche dir viel Kraft und Erfolg. Vielleicht kann du ein Aufbaustudium machen, was dich für diese Arbiet qualifiziert.
    :)

  • Tafelschwamm, du fragst nach den Vorbereitungen im Vorfeld. Hmm, ich muss sagen, dass ich mich in den Sommerferien sehr unvorbereitet gefühlt habe. Kein schönes Gefühl. Ich hatte mir bei einem weiteren Termin mit dem Schulleiter einfach mal alle Schulbücher für die verschiedenen Jahrgangsstufen geben lassen, hatte versucht die neuen Kollegen zu erreichen und habe mich quer durchs Internet gelesen und auf allen interessanten Seiten Lesezeichen gesetzt.
    Der Schulalltag ist sehr fordernd. Deshalb bin ich für diese Lesezeichen sehr dankbar, da ich so schnell mal etwas für den Unterricht am nächsten Tag finde.
    Ich rate dir auch noch im Vorfeld abzuklären wieviel Zeit für Konferenzen, Gespräche mit Kollegen, etc. wöchentlich anfallen. Da du im Förderbereich ja kein Einzelkämpfer bist, falllen ständig Gespräche, Fallbesprechungen, Konferenzen an, die sehr zeitintensiv sind.


    Was mir wirklich geholfen hat, war ein Buch, dass ich vor Jahren einmal gelesen hatte. Auf Deutsch heißt es "Mäusestrategie für Manager" von Spencer Johnson (Engl. Original: "Who moved my cheese?"). In einer Fabel wird erzählt, wie man sich an ständige Veränderungen gewöhnt und positiv damit umgeht. Jeder Schultag erinnert mich mehrfach an das Buch, denn das Lehren im Förderschulbereich fordert ein ständiges Umdenken und Flexibilität. Auch ich unterrichte komplett fachfremd, wachse aber jeden Tag mehr hinein.
    Es hilft auch die Einstellung, dass jeder Tag ein Neustart ist, sowohl für die Schüler als auch die Lehrer.


    Am ersten Schultag und auch den ersten Wochen war ich komplett überfordert, da ich erst Strukturen verstehen und Schüler und Kollegium kennenlernen musste. Nach den ersten Schulstunden war ich fast nicht mehr aufnahmefähig, weil ich eben sehr unvorbereitet eingestiegen bin. Lese dich schlau über die Schule, damit du zu Beginn diesen Teil schon nicht mehr lernen musst.


    Interessant und befreiend empfand ich, dass wir nach dem LP unterrichten, aber nur eben einen Teil erfüllen können. Das nimmt enorm viel Druck.

    • Offizieller Beitrag

    Jo, stand in ihrem 2. Post: MV


    Tafelschwamm, könntest du bitte den BL einfach noch mit ins Profil schreiben, dann wird es nicht so schnell überlesen. Danke :)

    Bolzbold #5

    Gutmensch und Spaß dabei (= das GG und der Diensteid sind schon 'ne gute Sache 😉)

    "Und hast du die Ausrufezeichen bemerkt? Es sind fünf. Ein sicheres Zeichen dafür, dass jemand die Unterhose auf dem Kopf trägt." (T. Pratchett)

  • Hat der Schulleiter begründet, warum du nicht hospitieren darfst? Das ist schon sehr merkwürdig...

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