Schüler wird gemobbt

  • Ein Schüler meiner Klasse wird im außerschulischen Bereich (v.a. Heimweg) gemobbt. Was sind sinnvolle Maßnahmen? Ich will verhindern, dass der/die Täter das Opfer bestrafen, für Aktionen gegen sie, will aber unbedingt etwas unternehmen.

    • Offizieller Beitrag

    Hilft in sehr vielen Fällen, wenn konsequent durchgeführt: http://www.konfliktbearbeitung…5?title=No_Blame_Approach http://www.no-blame-approach.de/noblameapproach.html - ist natürlich keine quickfix-Lösung. Die es bei dem Thema ja aber nunmal bekanntermaßen nicht gibt.

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    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Vielen Dank für den Link, Meike. Das Konzept klingt sehr interessant. Von der zeitlichen Komponente finde ich diesen Ansatz noch viel effektiver als andere,
    da hier auch die "Täter" mit ins Boot geholt werden. Ich habe so meine Zweifel, ob das auch bei den harten Fällen funktioniert, aber ausprobieren kann es ja nicht noch schlimmer machen.

    • Offizieller Beitrag

    Den Ansatz kann man auch modifizieren/anpassen. Muss man sogar - wie eigentlich immer in der Pädagogik: Rezepte für Kinder gibt es ja nicht. In dem Fall von irreversiblen "hardcore-Tätern" (selten!) könnte man statt der Täter andere "Leithammel" aus der Klasse / Gruppe in die Unterstützergruppe einbeziehen. Oder Freunde der Täter. Oder....


    Eigentlich funktioniert der Ansatz auch gerade bei krassem Mobbing recht gut. Im Prinzip sind ja die meisten mobbenden Kinder noch zu erreichen. Die komplett empathielosen, sozial völlig verkümmerten und pathologisch gestörten Dauertäter sind - zum Glück -eher selten. Aber natürlich gibt es die auch, meist mit entsprechender Hintergrundgeschichte. Dann kann man nur noch Schadensbegrenzung und vorrangig konsequenten Opferschutz durch räumliche Trennung von Opfer und Täter betreiben. Aber auch da ist eine Unterstützungstruppe für das Opfer unerlässlich.


    Zeitintensiv finde ich den Ansatz nicht - zeitintensiv sind eigentlich eher die halbgaren Schnellschüsse, die in der Schullandschaft üblich sind (mal eben bei den Eltern des Täters anrufen oder mal eben fix ne pädagogische Maßnahme verhängen..): die scheinen zwar zunächst schnell zu gehen, führen aber meist dazu, das das Mobbing immer und immer weder aufflammt, oft intensiviert, und das Klima so dauerhaft vergiftet. Und lehrer dauerhaft am Löschen ist. Was außerhalb der Schule ohnehin schlecht geht. Bei Mobbing gilt nunmal: schnell=langsam. :)


    Außerdem sind begleitende Maßnahmen zu empfehlen: Maßnahmen zur Stärkung des Opfers (fest zuständige Ansprechpartner unter den Lehrern (mit email/Telefonnummer), feste Ansprechpartner unter den älteren Schülern (Pause), klare Aussagen seitens der Lehrer, dass das Opfer NICHT mitschuldig ist ("du bist zu dies oder zu jenes"), ggf. Selbstbehauptungskurse empfehlen etc...) und Maßnahmen zur Verbesserung des Schulklimas an sich: Man kann zB Gruppen von Schülern als Ansprechpartner ausbilden, an diversen Mediationsprojekten teilnehmen (Lehrerfortbidungen oder Schülerfortbildungen, Projekttage, Experten einladen usw usf).


    Gesichert ist, dass Mobbing an Schulen mit regelmäßigen Anti-Mobbing Einheiten und einer klaren Anti-Mobbing policy seltener und kürzer aufflammt, als an Schulen, wo Mobbing kein reguläres Unterrichts/Projektthema ist oder mal so, mal so gehandhabt wird. Maßnahmen z.B.: http://arbeitsblaetter.stangl-…t/MOBBING/Programme.shtml http://www.schulsozialarbeit.l…er_Anti-Mobbing-Fibel.pdf .


    Abzuraten ist von den "alten" Antimobbing-Programmen (die rollenspielbasierten) der 80iger und 90iger, die haben sich als kontraproduktiv erwiesen, was sich leider noch nicht bei allen Anbietern und Kollegien herumgesprochen hat: http://www.teachersnews.de/art…hten/forschung/019324.php Man muss als Kolegium also kritisch auswählen.


    edits: xmal RSfehler raus (und neue rein :)) und links gesetzt.

  • Ich habe mir den no-blame Ansatz durchgelesen. Klingt effektiv, sprengt aber leider die zeitlichen Möglichkeiten und wirkt zumindest auf mich zu kompliziert - zu viele Variablen, die kontrolliert werden müssen.


    Gibt es auch einen einfacheren, weniger zeitintensiven aber dennoch potentiell effektiven Ansatz?


    Ich stimme Meike zu, weil sowohl der Ansatz erfolgreich sein kann und er sich modifizieren lässt. Ich war vorletztes Jahr mit meinem ersten Mobbingfall konfrontiert und wollte wie Masseurin auch tätig werden. Nachdem mir unser Sozialarbeiter nicht wirklich weiter geholfen hat, habe ich kurz hintereinander zwei Gespräche nach dem "no blame approach" geführt. Zum einen habe ich den gemobbten Schüler angesprochen, um das ganze aus seiner Sicht zu hören und ihm angeboten, mit einer Unterstützergruppe ein Gespräch zu führen. Nach dem Okay habe ich das getan und in einem dritten Gespräch vierzehn Tage später gab der Schüler an, dass für ihn die Situation zwar nicht perfekt, aber jetzt in Ordnung sei. Mit den Unterstützern habe ich nur kurz ein paarmal am Rande der Unterrichtsstunden noch einmal geredet.
    Drei Gespräche - schneller geht es wohl kaum. Ich sage es offen und ehrlich: Wenn du helfen willst, dann musst du das an Zeit investieren. Sonst verweis den Schüler an einen Ansprechpartner und verfolge die Sache passiv weiter. Ein irgendwas Dazwischen halt ich im schlimmsten Falle für schädlich.

    Erziehung ist die organisierte Verteidigung der Erwachsenen gegen die Jugend.

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Als Lehrer, der nicht dafür ausgebildet ist, habe ich deswegen Hemmungen überhaupt etwas zu unternehmen.


    Wir sind für fast nichts ausgebildet, was unser Job dann tatsächlich fordert. Das ist der Normalzustand. Diese Hemmungen müssen wir also überwinden - wenn wir in solchen Fällen nichts tun, befördern wir aktiv das Mobbing. Und dann können wir uns Ansagen im Unterricht zum Thema "Wer schweigt, macht mit" auch sparen...


    Trau dich. Es geht da um einen jungen Menschen. Das lohnt sich!

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