Freie Arbeit im Förderunterricht

  • So, nach einer weiteren Nacht mit vielen Gedanken, die mich fast die halbe Nacht wachgehalten haben, habe ich mich entschlossen nun doch hier einmal laut zu denken, um mir so vielleicht den einen oder anderen Tipp zu erschleichen und womögliche Denkfehler aufzudecken.


    Ich werde nach den Ferien in einem vierten Schuljahr (nicht meines, ich bin dort nur Fachlehrerin mit insgesamt vier Stunden) zwei Unterrichtsstunden zur Verfügung haben, die ich nach Rücksprache mit der Klassenlehrerin zum Fördern und Fordern nutzen soll. Nun mache ich mir schon eine ganze Weile Gedanken wie ich das handhaben kann und schlief letzte Nacht nach langem Wachliegen mit folgenden Gedanken ein (ich hoffe, ich bekomme alles verständlich zusammen):


    Ich würde die Schülerinnen und Schüler gerne frei arbeiten lassen, um individueller auf die einzelnen Kinder eingehen zu können. Vorgestellt hatte ich mir dabei als Grundlage ein Blanko-DINA4-Heft. Ich habe da noch kein festes Konzept, bzw. versuche mir gerade über eines klarer zu werden.


    Auf Seite 0 (also auf dem Umschlag, den Umschlag außen dürfen sie selbst gestalten) finden die Kinder eine Liste mit Möglichkeiten, die sie während der Stunde tun können, vielleicht nach Fächern gelistet. Z.B. Deutsch: lesen (Buch oder Text nach Wahl) und anschließend einen kurzen Text darüber ins Heft schreiben (was habe ich gelesen, was hat mir an dem Text (nicht) gefallen); freie Texte schreiben (evtl. rechtschriftlich überprüfen), Texte abschreiben; Mathe: Wahl von Aufgaben im Mathebuch (je nach persönlicher Einschätzung bekannte oder unbekannte Aufgaben), offene Aufgaben (die sie dann von mir bekommen würden) usw.
    In der ersten Stunde würde ich die Kinder dann auf die erste Seite schreiben lassen: Meine Stärken (ich kann besonders gut, interessiere mich besonders für), Meine Schwächen (daran möchte ich gerne arbeiten, dazu brauche ich mehr Übungen), so dass man einen Ansatzpunkt hat, wo das einzelne Kind evtl zu fordern oder zu fördern ist.
    Dann würde ich mit den Kindern die oben genannte Möglichkeiten-Liste besprechen, woraufhin sie sich für eine erste Aufgabe entscheiden sollen.


    Das Heft soll ab da gleichzeitig als Dokumentation ihrer freien Arbeit wie auch als Kommunikationsmittel zwischen den Schülern und mir dienen. Dabei dachte ich zunächst daran, dass die Schülerinnen und Schüler jeweils die linke Seite zur Dokumentation und die rechte Seite des Heftes zur Kommunikation mit mir nutzen. Auf diese Seite kann ich ihre Arbeiten dann kommentieren, Tipps geben, Fragen beantworten, Texte korrigieren oder die Kinder teilen mir mit, wenn sie spezielle Übungen zu einem Thema haben, was sie gelernt haben oder noch lernen möchten.


    Des Weiteren würde ich mir auch die Freiheit nehmen und hin und wieder, wenn mir bei der Arbeit der Schülerinnen und Schüler etwas auffällt (wenn mir z.B. in einem freien Text auffällt, dass ein bestimmtes Rechtschreibphänomen scheinbar noch nicht verinnerlicht worden ist), gezielt Aufgaben in die Hefte zu kleben, um die Kinder so gezielt in einem bestimmten Bereich zu fördern oder zu fordern.


    Ich hoffe, ich konnte meine noch etwas wirren Gedanken zu dem Vorhaben ausdrücken. Allerdings kann ich noch überhaupt nicht einschätzen, ob das Ganze so funktionieren würde, wie ich es mir vorstelle, ob der Ansatz an sich vernünftig ist.


    Es wäre toll, wenn der eine oder andere hier vielleicht seine Überlegungen, Bedenken oder Tipps kundtun würde, falls ich etwas übersehen habe oder vielleicht bestimmte Vorgänge vereinfachen könnte etc.


    LG Nenenra

  • Weiß nicht, wie sehr die Kinder freies Arbeiten gewohnt sind, so zum grundsätzlichen Nachdenken kann ich dir aber meine Erfahrungen berichten:


    Ich (die sehr freien Unterricht in der eigenen Klasse halte) habe zweimal zwei Förderstunden in einer dritten und einer anderen ersten Klasse, jeweils vier Kinder kommen immer zu mir. Diese Kinder sind kein freies Arbeiten gewohnt - und ich habe schnell meinen Unterricht in diesen beiden Stunden auf einen gelenkten Unterricht umgestellt. Die Kinder waren es einfach nicht gewohnt, freie Wahl zu haben, konnten sich nicht entscheiden und haben sich alleine in der Auswahlphase dreimal umentschieden; sie waren nicht gewohnt, Arbeiten zu beenden (wenn die große Auswahl da ist), kannten es nicht, dass der Nachbar etwas anderes arbeitet als man selbst ("will ich jetzt auch" oder bewusstes Stören des Nachbarn, wenn ich dazu anhielt, erstmal eine Arbeit fertig zu machen). Hatte teilweise das Gefühl, die Kinder denken, meine Stunden sind "Spielstunden", nehmen die Arbeit nicht wirklich ernst - ist es doch keine Arbeit, so wie sie sie kennen. Habe mich immer wieder gefragt, wie ich es mit 24 Kindern schaffe, die freien Arbeitsstunden ganz entspannt zu sehen - wo ich mir mit vier Kindern schon so vorkam, als würde ich wirklich überall gebraucht werden.


    Wir haben dann erstmal ne zeitlang zum "und-jetzt-üben-wir-auf-diesem-Arbeitsblatt"-Unterricht über gegangen, mittlerweile dürfen Kinder, die fertig sind, sich eine eigene Arbeit nehmen (das kennen sie anscheinend).


    Mein Tipp daher (vor allem, wenn die Kinder freies Arbeiten noch nicht kennen): nicht zu viel auf einmal anbieten (und erwarten), lieber ganz kleinschrittig freie Entscheidungen ermöglichen; Förderstunden sind - zumindest bei uns an der Schule - oft die letzten Stunden am Tag, und es sind nicht unbedingt "die fitten Kinder", die den Förderunterricht besuchen.


    Mein Tipp daher:

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