Später auf Lehramt umsteigen?!

  • Hallo zusammen,


    ich begann im Sommersemester mein Studium im Fach Chemie, hatte jedoch ursprünglich vor auf Lehramt zu studieren. Da ich mir jedoch noch nicht sicher war, ob ich wirklich Lehrer werden will oder doch einen industriellen Beruf ausüben, habe ich mich zunächst dagegen entschieden.
    Bereits jetzt bin ich aber schon am zweifeln, ob ich nicht doch lieber den Lehramtsweg hätte wählen sollen... Meine Frage ist nun, wie ich am besten einen Umstieg gestalten sollte und könnte, wenn ich mich nun wirklich dazu entschließe. An sich gefällt mir das Chemiestudium zwar gut, jedoch liegt mir viel am Umgang mit vielen individuellen Personen - besonders Jugendlichen. Reich würde ich zwar als Lehrer vermutlich eher nicht, dafür aber wohl glücklicher im Job. Mir reichts sowieso, sobald ich genug verdiene, um mal ein eigenes Auto besitzen und selbst fahren zu können. ;)


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    Edit vom Mod: Werbelink entfernt. Sorry Leute, ihr seid leider einem Hochstapler aufgesessen...

  • Auf der sicheren Seite bist Du auf jeden Fall, wenn Du im Studium auf Lehramt umsattelst. Das würde bedeuten, du benötigst ein zweites Fach.
    Sehr gut ergänzen würde sich Chemie mit Physik oder Biologie, da jeweils ein Fach von dem anderen inhaltlich direkt und intensiv profitiert. Alle anderen Fächer kannst Du natürlich auch wählen, die wären aber mehr oder minder unabhängig voneinander. Wir haben sogar Latein / Chemie Leute, falls es Dir danach gelüstet. Mathe / Chemie scheint noch recht beliebt zu sein und ist mehr oder minder eine Jobgarantie.


    Im Moment ist es in BW noch so, dass Diplom-Chemiker direkt ins Referendariat gehen können ohne explizit ein zweites Fach studiert zu haben. Wie lange dies möglich ist, weiß ich allerdings nicht.
    Wir haben im Fachdidakik Kurs einen Diplomchemiker, der seine Diplomarbeit als Zulassungsarbeit angerechnet bekommt und als 2. Fach an der Schule, ohne es zu studieren (!), Physik unterrichten darf.
    Er geht direkt nach dem Diplom ins Referendariat, lediglich einen Kurs, besagten Fachdidaktikkurs, musste er nachholen. Pädagogik usw. hat er so umgangen, aber das ist beim Gymnasiallehramt eh nahezu sinnbefreit.
    Aber als Diplomchemiker direkt ins Ref. gehen zu dürfen wird vermutlich nicht ewig möglich sein und ich würde mich nicht darauf verlassen.
    Wenn Du das Lehramt möchtest, am besten frühzeitig die Studienberatung aufsuchen und 2. Fach wählen.
    Aber zu bedenken geben möchte ich noch, dass es prinzipiell leichter ist sein Diplom als Staatsexamen anrechnen zu lassen als umgekehrt. Du kannst als Diplomchemiker leichter ins Lehramt reinrutschen als anders herum. Habe mich dahingehend informiert, trotz nahezu nur einsen in den Kursen werden mir die Praktika und Klausuren nicht für den Bachelor oder Master angerechnet! Anders herum kannst Du fast alle Scheine des Bachelor-Studiums im Lehramtsstudiengang anerkennen lassen.

  • Es gibt auch Unis (Ich weiß z.B. von Hannover) an denen man im Lehramtsstudium 1. erst auf die fachwissenschaftlichen Punkte und dann am Ende auf die Didaktik und Pädagogik eingeht und 2. ein Fach Schwerpunktmäßig studieren kann. Damit könntest du in Chemie mehr Leistungen erbringen als in deinem Zweitfach (Mathe und Physik bieten sich auch an, da du dir das im Falle eines Wechsels sicher auch für dein Chemiestudiuem anrechnen lassen kannst. Im Lehramtsstudium muss man nämlich im Gegensatz zum "normalen" Studium meist kein Physik und Chemie mitstudieren!) und der Wechsel zum 1-Fach-Studiengang würde dir leichter fallen.
    Auf jeden Fall würde ich ein Praktikum in der Schule machen. Ich war mir auch nicht sicher, ob ich lieber Lehramt oder Geographie oder Geologie studieren soll. Nach meinem Praktikum, in dem ich auch selber vorbereitet und unterrichtet habe war ich mir viel sicherer, dass ich den Beruf Lehrer ausüben will. Ich habe auch extra eine Uni (Bochum) gewählt, an der man erst fast nur Fach- und später Erzeihungswissenschaften und Didaktik studiert.

  • Eine Möglichkeit wäre, erst einmal den Bacherlor in Chemie zu machen. Dann hättest du wesentliche, vielleicht sogar alle fachwissenschaftlichen Chemie-Anteile abgedeckt. Wenn du im Rahmen des Chemie-Studiums ein Nebenfach wählen kannst, richte es lehramts-affin aus, d.h. als potenzielles Zweitfach für das Lehramt. Generell wird es einfacher sein, wie Silicium schon gesagt hat, das Chemie-Studium auf ein Lehramt-Studium anrechnen zu lassen als anders herum.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Du könntest auch einen Ein-Fach-Bachelor in Chemie und einen 2-Fach-Bachelor in deinem 2. Unterrichtsfach und einem Platzhalterfach belegen. Das ist möglich. Dann kannst du deine Chemieleistungen für den 2-Fach-Bachelor umschreiben und das Platzhalterfach gegen Chemie ersetzen, wenn du später Lehrer werden willst. Ist zwar am Studienanfang etwas mehr Arbeit, aber wie ich das momentan sehe möglich (Ich habe in den ersten beiden Semestern auch schon mehr studiert, als erforderlich.). So kannst du dir so lange wie du willst, bede Optionen offen halten. Aber es ist wichtig, sich irgendwann zu entscheiden.

  • Ich denke, dass Du dir darüber im Klaren werden musst, was Du willst (ich weiss, das ist ein sehr toller Satz.... :( ) Wenn Du Spaß an deinem Chemie-Studium hast, dann mach es weiter! Auch mit einem Bachelor in der Tasche kannst Du immer noch Lehrer werden! Ich nehme einfach mal an, dass Du noch relativ jung bist (Anfang 20?). Keiner kann von dir erwarten, dass Du schon weisst, was Du später einmal machen willst. Ich denke, es ist auch gar nicht verkehrt, erst später in den Lehrerberuf einzusteigen Mal ehrlich: man kann heute schon mit 23 Jahren Lehrer werden: Ich will nicht, dass mein Kind eines Tages selbst noch von einem "Kind" unterrichtet wird! Was ich sagen will: Es ist nicht schlimm, erst mit möglicherweise Mitte/Ende 20 zu realisieren, dass man doch umsatteln will - wichtig ist, dass man sich mit der Entscheidung wohl fühlt. Es gibt genug Quereinsteiger im Lehrerberuf.

  • Reich würde ich zwar als Lehrer vermutlich eher nicht, dafür aber wohl glücklicher im Job.

    Ich habe zwar nur mit zwei promovierten Chemikern regelmässig Umgang, aber die sind sehr zufrieden mit ihrem Job. Der eine, kinderlos, hat sogar eine Lehrerin als Frau, die mit zwei Korrekturfächern mehr arbeitet als er (sagt er zumindest) und die dabei nur Hälfte verdient. (Wobei, so wie ich ihn kenne, der Haushalt sicher auch der Frau zu Lasten fallen wird, also mit vorsicht genießen diese Aussage von wegen mehr Arbeit :D )
    Sowohl was das Finanzielle, als auch was das Wohlbefinden im Beruf angeht sind die beiden Docs auf jeden Fall sehr zufrieden. Die stecken halt auch richtig drin noch in der Chemie, das merkt man. Das kann man von Chemielehrern nicht sagen, da, so mein Eindruck, flacht das Wissen enorm ab durch die fachliche Unterforderung. Das ist etwas, was mich auch ärgert, weil es mir auch so gehen wird. Was man eben nie anwendet, weil man fachlich nur Pille Palle unterrichtet, geht einfach irgendwann aus dem Wissensschatz verloren.


    Hingegen ist ein Großteil der Lehrer, die ich kenne, tendenziell eher am fluchen über die Arbeitsbedingungen, den Streß und die wenige Zeit zur Erholung.
    Ist natürlich subjektiv, aber das würde auch mit den Burnout-Quoten für die Berufe übereinstimmen.
    Klar kann man auch als Lehrer im Job glücklich werden, gibt viele Beispiele, aber es ist nicht gerade der Beruf, der von einem hohen Prozentsatz wieder gewählt werden würde. Insofern wäre ich mit der Aussage

    dafür aber wohl glücklicher im Job

    etwas vorsichtig.


    Ich selber studiere Physik und Chemie auf Lehramt, empfand meiner ersten Praxiserfahrungen als durchweg positiv, aber wenn ich noch einmal die Wahl hätte beziehungsweise die ganzen Praktika angerechnet bekäme, würde ich mich sicherlich für die industrielle Laufbahn entscheiden.


    Es ist auch deutlich leichter von der Industrie in den Lehrerberuf zu kommen als anders herum, weil man die Qualifikation, die man in der Industrie braucht, eben nicht mal so eben nachmachen kann, anders herum schon! Im Zweifel also Industrielaufbahn und dann, wenn es wider Erwarten doch nichts ist, schnell noch Lehrer werden.

  • Zitat Silicium :

    Zitat

    Hingegen ist ein Großteil der Lehrer, die ich kenne, tendenziell eher am
    fluchen über die Arbeitsbedingungen, den Streß und die wenige Zeit zur
    Erholung.


    Ist natürlich subjektiv, aber das würde auch mit den Burnout-Quoten für die Berufe übereinstimmen.

    Sehr gut wahrgenommen, geehrter Silicium !


    Der heftige mentale Stress bei Lehrern entsteht als Folge des Nicht-Erziehungs-Konsens in unserer Gesellschaft. Wie sich das in unseren Schulstuben auswirken kann, brauche ich nicht näher zu erläutern.
    Darüberhinaus werden die Folgen des Nicht-Erziehungs-Konsens verstärkt durch die z.T. verordnete Kuschelpädagogik, die nicht mehr das Leitbild des leistungsorientierten und disziplinierten Schüler als Maß nimmt. Dazu kehrt in unsere Schullandschaft immer mehr, wenn man von Bayern absieht, der (historisch gescheiterte) Sozialismus auf kaltem Wege ein, dessen Ideologie das Prinzip der Gleichmacherei und Herunternivellierung des Anforderungsniveaus verfolgt. Man beachte, wie die gescheiterte Schulart Gesamtschule in der pädagogischen Hofberichterstattung wieder für salonfähig erklärt wird.


    Im Rahmen der realen Desinvestitionen seitens der Bundesländer in puncto Schulpolitik werden die Lehrer strikt angehalten, mit dem pädagogischen Zauberstab (individuelle Förderung, Binnendifferenzierung) bildungsmäßige Disparitäten und Erziehungsdefizite innerhalb unserer Gesellschaft zum Nulltarif wieder aufzufangen.


    Jaja, von den Lehrern wird einfach zu viel erwartet. Der Arbeitsplatz Schulstube wird immer anstrengender, und Kollege Burn-Out erscheint deswegen immer häufiger in den Lehrerzimmern.


    Aber wir haben ja noch die Gewerkschaft, wie z.B. die GEW, die sich aber eher für sozialträumerische Veränderungen in unserer Gesellschaft/Schule ereifert, die zwangsläufig belastungsmäßig auf dem Rücken der Lehrer ausgetragen werden, als um die Arbeitsentlastung, Arbeitsplatzverbesserung sowie Verbesserung der finanziellen Verhältnisse ihrer eigentlichen Klientel.


    Ja, geehrter Silicium, es wird vom heutigen Lehrer nun mal eine gewisse Aufopferungsmentalität erwartet ! 8)

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

  • Man muss aber auch sehen,


    gerade Lehrer jammern gern. Vielleicht auch, weil nicht jeder diesen Beruf mit 100%iger Überzeugung ausgewählt hat.
    Zum Burnout: Das trifft meist die, die weniger Engagement zeigen. Demnach ist die Zahl derer, die irgendwie
    in den Beruf geraten sind nicht gerade gering.

  • das würde ich verneinen - soviel steine sind mir noch nie in den weg geworfen worden! in der wirtschaft war das wesentlich einfacher, weil es dort ja keinen genau geregelten zugang gibt - während bei den lehrern alles verbürokratisiert ist.


    sonnenkönigin

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

  • Vielleicht auch, weil nicht jeder diesen Beruf mit 100%iger Überzeugung ausgewählt hat.

    Das impliziert für mich ein bisschen die Vermutung, dass im Gegenzug andere (studierte) Berufe als der Lehrerberuf aus 100%iger Überzeugung ausgewählt werden oder zumindest der Prozentsatz derer höher ist, die vollüberzeugt ihren Beruf ergriffen haben und, dass deshalb die Zufriedenheit größer ist. Es muss nicht zwangsläufig so sein, dass in Nichtlehrerberufen die Berufswahl aus stärkerer Überzeugung getroffen wurde, oder wurde das wohl mal so erhoben?
    Es gibt doch auch sehr viele die aus Verlegenheit BWL, Jura , "was mit Medien" oder gar Medizin (!) studieren. Klar gibt es auch welche, die erstmal nichts besseres Wissen und dann im Lehrerberuf stranden.


    Ich kenne aber auch viele studierte Menschen, gerade auch in meiner Familie, die in einem anderen wirtschaftlichen Beruf arbeiten, als sie eigentlich ursprünglich wollten. Da kann man auch nicht von 100%iger Überzeugung sprechen.
    Wer landet heute denn eigentlich noch in der Wirtschaft in genau dem Beruf, den er mal im Auge hatte?
    Aber trotz kleiner Unzufriedenheiten ist das Jammern bei diesen, nicht 100% von ihren Wirtschaftsberufen Überzeugten, deutlich geringer als bei den meisten Lehrern die ich kenne. (Kenne auch zufriedene Lehrer, aber der Anteil der Unzufriedenen ist deutlich höher als bei den Wirtschaftsberuflern in meinem Umfeld!)


    Meine Vermutung ist, dass der Lehrer an sich nicht besonders zum Jammern neigt, sondern die Lehrerschaft auch in "Jammerbereitschaft" einen Querschnitt der Gesellschaft abbildet. Ich sehe zumindest keine Gründe, warum die große Gruppe aus Leuten, aus denen sich Lehrer rekurtieren, besonders anfällig fürs Jammern sein sollte.


    Der Grund für das nicht bestritten überproportionale Jammern muss irgendwie schon mit den Bedigungen des Berufs zusammen hängen und nicht mit der Personengruppe, die diesen Beruf ergreift. Und je mehr ich in dem Forum lese über die Bedigungen, angefangen vom Gehalt über Arbeitszeiten, die karge Arbeitsplatzaustattung bis hin zu den fehlenden Rechten (renitente Schüler rausschicken etc.), wird das Bild deutlicher.


    Das trifft meist die, die weniger Engagement zeigen. Demnach ist die Zahl derer, die irgendwie


    in den Beruf geraten sind nicht gerade gering.

    Ich glaube Du beziehst Dich auf Studien, in denen nahe gelegt wurde, dass diejenigen, die im Studium bereits Schwierigkeiten hatten und dort wenig Engagement zeigten, auch später als Lehrer Burnout gefährdet sind. Meinst Du diese Studien?

    3 Mal editiert, zuletzt von Silicium ()

  • Zitat

    Das impliziert für mich ein bisschen die Vermutung, dass im Gegenzug andere (studierte) Berufe als der Lehrerberuf aus 100%iger Überzeugung ausgewählt werden oder zumindest der Prozentsatz derer höher ist, die vollüberzeugt ihren Beruf ergriffen haben und, dass deshalb die Zufriedenheit größer ist. Es muss nicht zwangsläufig so sein, dass in Nichtlehrerberufen die Berufswahl aus stärkerer Überzeugung getroffen wurde, oder wurde das wohl mal so erhoben?
    Es gibt doch auch sehr viele die aus Verlegenheit BWL, Jura , "was mit Medien" oder gar Medizin (!) studieren. Klar gibt es auch welche, die erstmal nichts besseres Wissen und dann im Lehrerberuf stranden.


    Nun, diese "Erkenntnis" beruht auf subjektiven Erfahrungen meinerseits. Nicht wenige Kommilitonen studierten Lehramt verbunden mit Aussagen wie "da lässt sich Famille gut vereinbaren", "viel Freizeit" usw. usf. ohne eine Ahnung von diesem Berufsfeld zu haben (abgesehen aus der Sicht als Schüler). Natürlich gehen auch in andere akademische Berufe Leute hinein, die es einfach taten, weil es ihnen irgendwie zusagte. Ich denke aber (subjektiv!) dass dies im Lehrberuf deutlich höher ist. Andererseits: Ich habe in diesem Berufsfeld auch nicht wenige Menschen getroffen, die deutlich hohes Engagement aufzeigen, was ich in meinem früheren Beruf so nicht antraf.


    Zitat

    Der Grund für das nicht bestritten überproportionale Jammern muss irgendwie schon mit den Bedigungen des Berufs zusammen hängen und nicht mit der Personengruppe, die diesen Beruf ergreift. Und je mehr ich in dem Forum lese über die Bedigungen, angefangen vom Gehalt über Arbeitszeiten, die karge Arbeitsplatzaustattung bis hin zu den fehlenden Rechten (renitente Schüler rausschicken etc.), wird das Bild deutlicher.


    Würde ich auch so sehen. Denn gerade diejenigen, die in diesen Beruf aus obigen Gründen hineinschlitterten, haben damit wohl die meisten Probleme.


    Zitat

    Ich glaube Du beziehst Dich auf Studien, in denen nahe gelegt wurde, dass diejenigen, die im Studium bereits Schwierigkeiten hatten und dort wenig Engagement zeigten, auch später als Lehrer Burnout gefährdet sind. Meinst Du diese Studien?


    Die Rauinstudie

  • Elternschreck:
    :thumbup::thumbup::thumbup:


    Mit diesen Feststellungen wirst du aber nicht viele Freunde gewinnen: Leider zieht unser Beruf (zu?) viele Idealisten und Sozialromantiker an. Und je länger Entwicklungen wie Folgende andauern (Vergleich Q3 2011 zu Q3 2010):

    Zitat

    Die Löhne der Vollzeitbeschäftigten im Verarbeitenden Gewerbe stiegen am stärksten – nämlich um 4,3 Prozent.
    In anderen Berufsgruppen blieb die Lohnentwicklung hingegen deutlich hinter der Preissteigerung zurück, wie die Statistiker mitteilten.
    Am stärksten gesunken sind die Reallöhne der Lehrer und Beschäftigten in der öffentlichen Verwaltung.

    Vorsicht B**D
    desto weniger "Realisten" werden noch Lehrer werden wollen.


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Nicht wenige Kommilitonen studierten Lehramt verbunden mit Aussagen wie "da lässt sich Famille gut vereinbaren", "viel Freizeit" usw. usf. ohne eine Ahnung von diesem Berufsfeld zu haben (abgesehen aus der Sicht als Schüler).

    Ja, aber das sind doch wohl sehr gute Gründe für die Studienentscheidung. Auch die Arbeitsplatzsicherheit ist imho eines der besten pro Argumente für diese Berufswahl. Ich meine wenn diese Gründe nicht gut und legitim sind, welche denn dann?


    Vielleicht verstehe ich Dich gerade auch falsch und Du meinst eher, dass diese Erwartungen dann enttäuscht werden, also, dass der Beruf wider Erwarten doch nicht so gut vereinbar mit der Familie ist und man doch nicht mehr Freizeit hat als ein vergleichbarer (studierter) Arbeitnehmer?


    Würde ich auch so sehen. Denn gerade diejenigen, die in diesen Beruf aus obigen Gründen hineinschlitterten, haben damit wohl die meisten Probleme.

    Das kann ich mir durchaus vorstellen. Einfach weil diejenigen in erster Linie Realisten sind und nicht aus ideologischen Gründen den Beruf ergriffen.
    Eine These die mir so kommt ist, dass die Bedingungen für Lehrer vllt. unter anderem deshalb so schlecht sind, beziehungsweise werden konnten, weil es in dem Beruf vllt. wirklich verbreitet und üblich ist aus eher ideologischen Gründen den Beruf zu wählen. Zumindest deutlich verbreiteter als beim Bänker oder Versicherungsangestellten.


    Das geht von "Ich bin für Eltern jeder Zeit telefonisch erreichbar" über "Ich mache ausführlichste Stundenvorbereitung und komme damit über die vorgesehenen 42 Stunden die Woche, weil sonst mein Unterricht nicht gut genug ist für die Schüler" über "Ich renoviere den Klassenraum selbst, weil es ja sonst keiner macht" bis zu "Ich zahl meine Klassenfahrt selber, weil die armen Kinder ja sonst keine Fahrt machen können".


    Es liegt doch irgendwie auf der Hand, dass sich die übergeordnete Instanz sehr freut, wenn die Lehrer diese Bedigungen mittragen. Und solange genug Menschen den Beruf als Berufung sehen und nicht nur als Job, kann man sogar auch weiter an den Bedingungen nach unten schrauben? (These)
    Es ist dann auch imho auch nicht verwunderlich, wenn manch einer, der den Beruf aus pragmatischen Gründen (wie jeder durchschnittliche, also nicht ideologisch motivierte Mensch in anderen Berufen) gewählt hat, unzufrieden ist und diese Unzufriedenheit nicht durch ideologischen Eifer kompensieren kann, wie es anscheinend sehr viele tun und dann auch indirekt und manchmal sogar sehr direkt von Kollegen einfordern.

  • Zitat

    Ja, aber das sind doch wohl sehr gute Gründe für die Studienentscheidung. Auch die Arbeitsplatzsicherheit ist imho eines der besten pro Argumente für diese Berufswahl. Ich meine wenn diese Gründe nicht gut und legitim sind, welche denn dann?


    Vielleicht verstehe ich Dich gerade auch falsch und Du meinst eher, dass diese Erwartungen dann enttäuscht werden, also, dass der Beruf wider Erwarten doch nicht so gut vereinbar mit der Familie ist und man doch nicht mehr Freizeit hat als ein vergleichbarer (studierter) Arbeitnehmer?


    Selbstredend sind solche Berufswünsche legitim! Nur, wie du ja im letzten Absatz schreibst sind diese Wünsche meist verklärt. Und ein Großteil an Frustration erfahre ich bei Kollegen darin, dass diese sich zu wenig mit dem Berufsbild auseinandergesetzt haben. Das fängt im Referendariat z.B. schon damit an, dass Leute bereits eine Immobilie kaufen und sich dann ärgern, wenn sie in an ihrem Wunschort keine Stelle angeboten bekommen.


    Zitat

    Das kann ich mir durchaus vorstellen. Einfach weil diejenigen in erster Linie Realisten sind und nicht aus ideologischen Gründen den Beruf ergriffen.
    Eine These die mir so kommt ist, dass die Bedingungen für Lehrer vllt. unter anderem deshalb so schlecht sind, beziehungsweise werden konnten, weil es in dem Beruf vllt. wirklich verbreitet und üblich ist aus eher ideologischen Gründen den Beruf zu wählen. Zumindest deutlich verbreiteter als beim Bänker oder Versicherungsangestellten.


    Das geht von "Ich bin für Eltern jeder Zeit telefonisch erreichbar" über "Ich mache ausführlichste Stundenvorbereitung und komme damit über die vorgesehenen 42 Stunden die Woche, weil sonst mein Unterricht nicht gut genug ist für die Schüler" über "Ich renoviere den Klassenraum selbst, weil es ja sonst keiner macht" bis zu "Ich zahl meine Klassenfahrt selber, weil die armen Kinder ja sonst keine Fahrt machen können".


    Es gilt zu klären, was wir als ideologisch erachten. Häufig werden pädagogische Bestandteile des Berufs gern gemieden (gerade von Lehrern, die sich lediglich als Fachlehrer sehen). Aber bereits ein Blick ins GG zeigt, dass zu dem Beruf Lehrer neben Bildung auch ein Erziehungsauftrag gehört. Sieht man in die Bildungspläne, so zeigt sich, dass Werteerziehung grundlegende Aufgabe ist. Nun bliebe zu Fragen, ob Demokratieerziehung und politische Bildung per se als ideologisch zu erachten seien. Wenn ja, so muss man als Lehrer jedoch einsehen, dass diese Bestandteile nun mal zu seinem Beruf gehören. Damit ich hier nicht missverstanden werde: Es geht hier nicht um Modelle wie demokratische Schulgemeinschaft (Kohlberg) sondern lediglich dem Anspruch, dass Lehrer die Aufgabe haben, demokratische Werte vorzuleben. Das geht m. E. auch, wenn man kein idealistischer Eiferer ist. Allerdings erlebt man es leider oft, dass es manchen Lehrern hier an einem soliden Fundament mangelt. Ich denke da z.B. an Kollegen, die sich mit der Aussage "Prügelstrafe hat auch etwas Gutes gehabt" anfreunden können. Die für mich deutlich gestresstesten Lehrer sind nicht engagierte Lehrer, sondern jene, die schlicht mit dem Erziehungsauftrag überfordert sind. Da kommt dann, wenn die Illusion, ein Anrecht auf liebe Schüler zu haben, zerbricht, das häufig vernehmbare Argument, Eltern seien hier alleine verantwortlich. Ich habe es gerade im Grundschulbereich oft gesehen, dass Frustration durch die diskrepanz entsteht, dass eben auch kleine Schüler nicht zwingend einfach sind. Und wenn dann die Lehrerpersönlichkeit selbst eher schwach ausgeprägt ist (nicht selten gerade bei sog. Pragmatiker), dann entsteht eine Grundlage für tiefe Unzufriedenheit.


    Wohlgemerkt, ich beziehe mich hier auf meine persönlichen Erfahrungen, nicht auf Fallstudien und quantitative Erhebungen!


    Zitat

    Es liegt doch irgendwie auf der Hand, dass sich die übergeordnete Instanz sehr freut, wenn die Lehrer diese Bedigungen mittragen. Und solange genug Menschen den Beruf als Berufung sehen und nicht nur als Job, kann man sogar auch weiter an den Bedingungen nach unten schrauben? (These)
    Es ist dann auch imho auch nicht verwunderlich, wenn manch einer, der den Beruf aus pragmatischen Gründen (wie jeder durchschnittliche, also nicht ideologisch motivierte Mensch in anderen Berufen) gewählt hat, unzufrieden ist und diese Unzufriedenheit nicht durch ideologischen Eifer kompensieren kann, wie es anscheinend sehr viele tun und dann auch indirekt und manchmal sogar sehr direkt von Kollegen einfordern.


    Das ist wie in jedem Beruf mit übergeordneter Instanz 8)
    Aber gerade in Bezug zu meinen obigen Beobachtungen: Wenn du als Lehrer mit Menschen arbeitest und du zu hohem Anteil über deren späteren Lebensweg zu entscheiden hast, dann musst du deinen Job sehr ernst nehmen. Nicht zuletzt deshalb finden sich in den Beamtengesetzen Klauseln wie "Beruf mit voller Hingabe ausführen". Ob das Erfüllen dieses Anspruchs mit ideologischem Eifern gleichgesetzt werden kann, ist Ansichtssache. Allerdings: Wer wie oben die Vorteile des Lehrerberufs hinsichtlich Beamtenstatus in Anspruch nehmen möchte, der muss auch die Nachteile und besonderen Ansprüche in Kauf nehmen.


    Um das ganze aber mal auf den Berufsalltag exemplarisch herunterzubrechen, ein paar Beispiele, welche ich persönlich für diesen Beruf als unabdingbar sehe:

    • Grundsätzlich ein positives Bild von Schülern haben (Jedoch ungleich: "Alle lieb haben müssen!" Es geht hier darum, auch bei nervtötenden Schülern immer den Blick darauf zu richten, wie diese optimal die Lernziele erreichen können und wo diese gefördert werden müssen)
    • Authentisch sein! Im Beruf keine Rolle spielen ala strenger Lehrer oder Kumpellehrer spielen, wenn man dies nicht ist!
    • Die Erwartungshaltung ablegen, dass man von Schülern geliebt/gemocht werden muss. Stattdessen professioneller: Respekt und Akzeptanz anstreben.
    • Heterogenität anerkennen! Ganz wichtig, da hier häufig von "schwierigen Klassen" gesprochen wird. Wenn man nicht alle "gleich" machen versucht, so reuziert sich auch der berufliche Stress für die Lehrkraft
    • Echte Regeln erarbeiten und leben. Dazu gehört, dass die Lehrkraft bereit ist, Regeln auch einzufordern.
    • Unterrichtsvorbereitung und Elternarbeit ernst nehmen und reflektieren (= Wissen, dass Arbeitszeit an zwei Orten stattfindet: Schule und Zuhause)
    • Bejahung der Demokratie und demokratischem Handeln (Eigene Vorurteile kennen, angemessener Umgang bei Konflikten, Konfliktlösung vorleben können)
    • Sich seiner Subjektivität bewusst sein (Notenvergabe wenn möglich an sachlichen Kriterien festmachen)
    • Bereitschaft zur Fortbildung
    • Kenntnis über Vor- und Nachteile des Beamtenstatus haben
    • Wissen, welchen privaten Ausgleich man zum Beruf benötigt und wie man in der Freizeit Abstand von der Schule nehmen kann


    Diese Liste ließe sich vermutlich noch erweitern, sie enthält aber die für mich wesentlichen Aspekte für diesen Beruf, um diesen zufrieden ausüben zu können. Die Liste fällt aber vermutlich von Kollege zu Kollege immer wieder anders aus. Interessant wäre vielleicht zu erheben, was Lehrern, die in ihrem Beruf zufrieden sind, wichtig ist

  • Aber bereits ein Blick ins GG zeigt, dass zu dem Beruf Lehrer neben Bildung auch ein Erziehungsauftrag gehört.


    Sorry. Das ist Unsinn. Im GG sind zwei Artikel relevant:
    Art.6 Abs 2.

    Zitat

    Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.


    und
    Art. 7 Abs 1

    Zitat

    Das gesamte Schulwesen steht unter der Aufsicht des Staates.


    Im GG steht NICHTS davon, dass die Schule speziell die Lehrkräfte die Kinder "erziehen" sollen. Das steht NUR in den Schulgesetzen (einfaches Landesrecht). Und da steht auch nur sinngemäß drinnen, dass die Lehrkräfte im SCHULISCHEN Bereich in Erziehungsfragen GLEICHBERECHTIGT neben die Erziehungsberechtigten treten.


    Folgerung: Für die Erziehung sind und bleiben die Eltern zuständig, für den außerschulischen Bereich sogar ausschließlich. Im schulischen Bereich wirken die Lehrkräfte an der Erziehung mit, sind aber keine "Ersatzerzieher" oder "Ersatzeltern". Die primäre Aufgabe der Lehrkräfte ist und bleibt das Unterrichten.


    Gruß und frohe Weihnachten an alle!

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

  • Hallo Klausie! Willkommen im Forum!


    Fakt ist doch: Je mehr sich Lehrkräfte für Erziehungsaufgaben "missbrauchen" lassen, desto weniger Anreiz besteht für die Länder Fachleute wie Sozialpädagogen, Schulpsychologen und Jugendamtsmitarbeiter einzustellen. Warum für etwa Geld ausgeben, wenn man es auch umsonst (= in Form von LEHRkräften) haben kann?


    Und warum sollte man noch Geld in außerschulische Jugendtreffs, Streetworker u.ä. investieren, wenn man die "Rund um sorglos"-Betreuung auch in Form der Ganztagsschule haben kann? Die Lehrkräfte machen das schon. Notfalls behauptet man einfach "Erziehung" war schon immer DAS Kennzeichen des Berufsbildes von LEHRkräften. Wen interessieren da schon die ursprüngliche Intention des Gesetzgebers...


    Ergänzung:
    Übrigens dieselbe Geschichte mit der Inklusion und den Sonderpädagogen. Man wird sehr schnell und "überraschend" feststellen, dass Sonderpädagogen, die zwischen den Schulen und Klassen hin- und herpendeln und in einer Klasse vielleicht 2-3 Stunden pro Woche anwesend sind, kaum eine Wirkung haben. Also wird man jeden künftigen Lehrer verpflichten, während des Studiums ein Seminar "Sonderpädagogik" zu besuchen: Problem gelöst, Sonderpädagogen eingespart (gibt's bald auch bestimmt ein schönes Wort für: "Inklusionsrendite"), und in 10 Jahren wird es heißen: Sonderpädagogische Förderung war schon immer Aufgabe der Lehrkräfte...


    Gruß !

    Mikael - Experte für das Lehren und Lernen

    Einmal editiert, zuletzt von Mikael () aus folgendem Grund: Ergänzung

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