Schüler kippt um - medizinischer Notfall - "Dienstweg" einhalten?

  • Heute ist bei uns ein herzkranker Schüler kollabiert (Herzstillstand). Ein implantierter Defibrillator hat ihn aber sofort wieder zurückgeholt.


    Nachdem ich die Rettungsleitstelle alarmiert, die Mutter kontaktiert und zwei Schüler runter geschickt habe, um den Sanis den Weg zu zeigen, habe ich dann noch die restliche Zeit versucht vom Klassenzimmer aus die Schulleitung und das Sekretariat zu erreichen, ohne Erfolg, sie waren nicht im Büro.


    Nachdem die Sanis den Schüler mitgenommen hatten und ich schweißgebadet auf die Schulleitung stieß, wurde mir noch vorgeworfen, ich hätte die Schulleitung nicht informiert, dass ein Krankenwagen kommt. Dann kam noch die Aussage, dass ich ja, wenn ich telefonisch niemanden erreichen kann, noch einen dritten Schüler hätte schicken können, um die Schulleitung im Haus zu suchen und zu informieren (und das alles unter Stress innerhalb weniger Minuten).


    Ich war stinksauer wegen dieser Reaktion und wüsste jetzt gerne, ob es irgendein juristisches Schriftstück gibt, das man so weltfremden Leuten mal unter die Nase halten kann, indem klar aufgezeigt wird, dass die Priorität in solch einem Fall einzig um die notfallmedizinische Versorgung geht und nicht um die Eitelkeit von irgendwelchen weltfremden Vorgesetzten.


    Im Strafgesetzbuch findet sich ja was zur unterlassenen Hilfeleistung , aber ich hätte gerne mal noch was greifbareres.


    An unserer Schule würde ich nämlich jede Wette eingehen, dass mindestens die Hälfte der Lehrer, selbst bei einer lebensbedrohlichen Situation viel zu spät oder gar nicht den Rettungsdienst rufen würden, aus Angst, die Schulleitung könnte sich übergangen fühlen, weil man immer eingetrichtert bekommt, dass man jegliche Außenkontakte unbedingt mit allen Vorgesetzten absprechen muss.

  • Du hast in genau der richtigen Reihenfolge alles wichtige getan - wenn du die Schulleitung trotz angemessener Bemühungen nicht erreichen kannst, kannst du sie nicht erreichen. Da brauchst du auch kein "juristisches Schriftstück" für, ebensowenig dafür, einen Rettungswagen zu rufen, wenn du in einer Situation einschätzt, dass das notwendig ist.


    Es ist im Zweifelsfall ratsam, in solchen Konflikten mit der Schulleitung giftig zu reagieren - die Schulerfahrung lehrt, wer beißt, wird in Ruhe gelassen. ;)


    Nele

  • Ich war auch äußerst giftig und es nervt halt gewaltig, wenn man anstatt Anerkennung oder einfühlsamer Nachfrage immer so weltfremde Kommentare bekommt, insbesondere von den Leuten, die in jedem zweiten Satz Modevokabeln wie "Wertschätzung" einfließen lassen. Ich hab den ganzen Tag gebraucht, um wieder "runterzukommen", was normalerweise bei mir selten vorkommt.

  • Hey Anne,
    du hast super reagiert - und das Gefühl, alles (sinnvolle) koordiniert in die Wege geleitet und damit dem Schüler geholfen zu haben, kann dir keiner nehmen. Die Reaktion der Schulleitung ist albern, unangemessen - und leider auch mir bekannt.



    Damals rutschte ein Grundschüler nach dem Nachmittagsunterricht (nicht mein Unterricht) auf dem Heimweg auf Glatteis aus, saß weinend auf dem Gehweg. Ich kam als letzte aus der Schule, hab ihn eingesammelt und die paar Schritte zurück in die Schule gebracth. Die Eltern waren unterwegs und nicht erreichbar und wegen seiner starken Schmerzen ließ ich auch den Sani anrollen....die Schulleitung war auch gar nicht mehr im Haus...


    Am nächsten Tag hieß es "Man muss nicht gleich mit Kanonen auf Spatzen schießen!", als ich mir brav das Formular für die Unfallanzeige abholen wollte...wurde tagelang aufgrund meines "übertriebenen Vorgehens" mit Verachtung gestraft - bis dann die Mutter des Schülers mit einem riesigen Präsentkorb ins Lehrerzimmer kam - der Knabe hatte sich den Ellenbogen zweifach gebrochen und wurde noch am Unfalltag operiert.


    Fazit? Erste Hilfe ist Pflicht / Ehrensache - und wenn die Schulleitung da falsch tickt, ist das (eigentlich) deren Problem. Zum Glück bin ich heute an einer anderen Schule, da stimmt die menschliche Komponente. ;)

  • Ich werde ihr vorschlagen, Sie soll den Schüler auffordern, zukünftig Herzstillstände mindestens 1 Woche vorher anzukündigen, damit sie genug Zeit hat, eine Begrüßungsrede für den Notarzt zu schreiben und den Sanitätern einen Kaffee anbieten kann.
    Außendarstellung ist bei uns extrem wichtig.

  • Warum schafft sich die Schulleitung keinen Piepser oder ein Handy an, das er/sie immer mit sich trägt, wenn nicht sicher gestellt werden kann, dass man über das Sekretariat jederzeit jemanden erreicht? Oder er/sie muss permanent einen gut sichtbaren Plan hinterlassen, wo er sich gerade befindet.
    Hättest du einen Schüler durchs Gebäude geschickt, um ihn/sie zu suchen, hättest du deine Aufsichtspflicht verletzt.

  • Mein Gott, der Schüler hatte einen Herzstillstand, wie kann man dir da Vorwürfe machen! Ich würde das auf jeden Fall noch einmal ansprechen, viell. über den Personalrat. Die SL hat absolut unprofessionell gehandelt, dir da noch, bei diesem Schrecken, Vorwürfe zu machen. Wie soll das Signal sein? Dass zukünftig gewartet wird, bis die SL zu erreichen ist? Ich würde mein Kind von dieser Schule nehmen, die bei Notfällen den Dienstweg einhält.

  • :cursing:
    Hallo zusammen,
    ich habe innerlich gekoch, als ich die Schwachsinnsreaktion der Schulleitung gelesen habe.
    Zu meinem persönlichen Hintergrund: Neben der Schule bin ich seit 30 Jahren aktiver Rotkreuzler und Inhaber eines Lehrscheins für Erste Hilfe.
    In der Schule bilde ich meine Schulsanis und z.T. auch das Kollegium aus.
    Zunächst ein Lob an den Kollegen, der vorbildlich und Leitfadengemäß gehandelt hat!
    Als Argumentationshilfe für die Schulleitung:
    Für Dein Verhalten gibt es mehrere rechtliche Grundlagen:
    Zu einem wäre da in der Tat der § 323c StGB zu nennen, der unterlassene Hilfeleistung mit Freiheitsstrafe bedroht.
    Allerdings nur bis zu einem Jahr. Viel schlimmer ist in diesem Zusammenhang zu werten, dass Du als Lehrkraft gegenüber
    dem Schüler eine sogenannte Garantenstellung hast. Dies bedeutet, dass wenn Du bewusst gegen Erste Hilfe Linien handelst Du nicht
    nur wegen unterlassener Hilfeleitstung dran bist, sondern dies unmittelbar eine Ermittlung wegen fahrlässiger Körperverletzung ggf. sogar
    ein Ermittlungsverfahren (je nach Ausgang) wegen fahrlässiger Tötung im Amt nach sich ziehen könnte.
    Jetzt sind aber diese Regelungen nicht nur via Lehraussage der Hilfsorganisationen verbindlich, Du solltes zur Argimentation gegenüber der
    Schulleitung auch wissen, dass sämtlich Lehraussagen der Hilfsorganisationen 1:1 von dem zuständigen Unfallversicherungsträger übernommen
    wurden (Unfallverhütungsvorschrift: Erste Hilfe). So und jetzt kommt auch dienstrechtlich das hüpfende Komma oder der springende Punkt: Die Schulleitung ist dafür verantwortlich, dass diese UVVén in den Schulen auch umgesetzt werden. Im Falle lebensbedrohlicher Situationen, und da gibt es keine Diskussion, hat der Notruf unverzüglich (d.h. ohne schuldhaftes verzögern) zu erfolgen. Falls ihr einen engagierten Sicherheitsbeauftagten habt, vielleicht kann dieser oder dieser die Schulleitung
    ja mal unauffällig in dieser Hinsicht "beraten".

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • Wir haben die Order, lieber einmal zu viel den Notarzt zu rufen, als zu wenig. Die Schulleitung muss bei so einem Notfall, den ich bitte!!! niemals erleben möchte, bestimmt nicht als erste informiert werden. Dass man die Information so schnell wie möglich nachholt, ist ja wohl klar. Du hast absolut richtig reagiert!

  • Heute habe ich dann von der ersten Schulleiterin auch noch was zu hören bekommen (gestern war das die stellvertretende). Die erste SL warf mir heute vor, ich hätte noch schneller den Notruf absetzen müssen und vor allem meinte auch Sie, es könne doch nicht sein, dass bei uns ein Rettungswagen einen Schüler mitnimmt, ohne dass sie was davon weiß.


    Das Argument, dass ich in der knappen Zeitspanne 3 mal versucht habe sie zu erreichen, ließ sie nicht gelten. Es wäre meine Pflicht gewesen einen anderen Lehrer oder Schüler zu schicken um sie zu informieren bzw. zu suchen. Dass ich der Mutter angerufen haben hielt sie wiederum für unwichtig.


    Ich hab die Sache an den PR weitergeleitet und gebs auf. Es gibt gerade in solchen Positionen zu oft Leute, die absolut auf ihrem Unrecht bestehen und zwar völlig egal, wie das auf andere wirkt.


    Was solls....

    • Offizieller Beitrag

    Es wäre grundsätzlich zu fragen, warum unangekündigt die gesamte Schulleitung außer Haus ist.


    Normalerweise soll immer jemand im Haus sein - wenn alle weg müssen, ist zumindestens der Dienstälteste dann der jeweilige Vertreter.


    Alles andere ist eine Frechheit.


    Und das sage ich auch als Mitglied einer Schulleitung.

  • und selbst, wenn die Damen und Herren im Hause sind gilt bei lebensbedrohlichen Situationen die Reihenfolge:
    1.) Lebensrettende Sofortmaßnahmen - gleichzeitig dazu den Notruf ohne zeitliche Verögerung veranlassen
    2.) Sicherstellen der weiteren Ertversorgung bis zum Eintreffen des RTW
    3.) Einweisung des RTW sicherstellen
    4.) Sollten trotz dieser ganzen Ma0nahmen noch freie Kapazitäten bestehen: Schüler zur Schulleitung losschicken um diese zu informieren; ansonsten
    erfolgt dies unverzüglich nach Übernahme aller Maßnahmen durch den Rettungsdienst

    An alle Deutschlehrer:
    Wer Rechtschreibfehler findet, darf sie behalten. :doc:

  • @ Anna: Ich verstehe deine SL auch nicht! Du hast doch richtig gehandelt: Rettungsdienst informiert (wie soll man ihn denn noch schneller informieren? Du kannst ihn ja schlecht morgens zu Schulbeginn ordern, da etwas passieren könnte.) Und dass du die Mutter informiert hast, war auch gut und richtig.
    Toll und wenn die SL nicht im Sekretariat ist und das Sekretariat nicht durch eine Sekretärin besetzt ist ... Kannst ja schlecht demnächst warten bis zum Abtransport bis du ein Mitglied der SL erwischt hast.


    Ich hoffe, dass der PR dir helfen kann.

  • Das Problem ist, dass der PR wenig machen kann, denn es gibt ja keinerlei negative Konsequenzen für mich, keinen Akteneintrag. Der PR kann höchstens darauf aufmerksam machen, das der menschliche Umgang nicht in Ordung ist, aber das prallt an ihr ab, wie Wasser an einer Teflonpfanne. Wenn sie wenigstens ihre weltfremde Reaktion schriftlich als Dienstanweisung formulieren könnte, dann könnte man das an höherer Stelle mal thematisieren. Ein Kollege war die ganze Zeit als Zeuge dabei, ebenso einige Schüler. Da wäre es sehr leicht nachzuweisen, dass keine Fehler begangen wurden. Aber sie würde sich niemals auf dieses Glatteis begeben und es auf eine richtige Auseinandersetzung ankommen lassen.




    Es reicht ihr, dir ein scheiß Gefühl zu vermitteln, wenn Sie der Meinung ist, irgendetwas an der Schule, was von Bedeutung ist, läuft ohne ihr Zutun oder Wissen ab. Sie hält sich für unersetzlich, schwebt über allem, für die banalen Probleme der Lehrer interessiert sie nicht, sie unterrichtet ja auch nicht selbst, obwohl sie eigentlich dazu verpflichtet wäre.


    Es ist schlicht und einfach diese Eitelkeit und Egozentrik, die leider viele Schulleiter haben, vielleicht weil diese Eigenschaften die Hauptantriebsfedern waren, um sich überhaupt auf eine Funktionsstelle zu bewerben, mit allen negativen Konsequenzen für die Kollegien.


    Ohne dies verallgemeinern zu wollen, aber genau solche Charaktere sind mir in meiner Laufbahn schon häufig als SL begegnet.


    Ich wäre dafür, dass das Kollegium, ähnlich wie in der Schweiz, seine Schulleitung selbst wählt und immer wieder bestätigen muss.

  • Mein Güte, nicht zu fassen, wie manche Vorgesetzte oder Kollegen reagieren. Das erinnert mich an eine Begebenheit, als ein Schüler unserer Schule in der Nähe der Schule einen Unfall hatte. Ihm war aus einer brökligen Mauer ein Ziegelstein auf den Kopf gefallen und er blutete ziemlich. Er kam mit Hilfe von Freunden an die Schule zurück und brauchte offensichtlich Hilfe. Auch ich rief den Notarzt und er wurde mitgenommen. Die Reaktion der Sl war auch, ein Pflaster hätte es auch getan, ich hätte um Erlaubnis fragen müssen und wenn da eine REchnung !!! kommt für den Einsatz, dann müsse ich das übernehmen. So was herzloses und unverfrorendes, so was weltfremdes, ich war damals auch erschüttert. Ach so, dazu kam noch, dass ich ja gar nicht mehr zuständig gewesen wäre, schließlich war es ja nach Schulschluss und er war schon außerhalb des Schulgeländes ... Dazu fällt einem nichts mehr ein ...
    Der Junge lag mit Gehirnerschütterung eine Woche oder länger im KH und die Mutter bedankte sich 1000. mal bei mir. Von der SL keine Worte der Entschuldigung oder ähnliches.

  • Wenn dein SL die Situation live miterlebt hätte, und er die versucht hätte, dienstlich zu verbieten, dass du erste Hilfe leistest, dann hätte man wenigstens was juristisch in der Hand gehabt.
    Aber wenn nur im Nachhinein solche unmöglichen Kommentare kommen, was kann man dann tun?Gibt es irgendeine Möglichkeit solchen SL auf die Füße zu treten. Kann man eine Dienstaufsichtsbeschwerde wegen Unfähigkeit bei bem Führen von Personal anstreben?
    Man kann ja leider solches Verhalten nicht wirklich juristisch beschreiben. Aber irgendeine Möglichkeit muss man doch haben, sich zu wehren.

  • Man kann ja leider solches Verhalten nicht wirklich juristisch beschreiben. Aber irgendeine Möglichkeit muss man doch haben, sich zu wehren.

    Und was würde ein weiteres "sich wehren" dann als Konsequenz bringen?
    Klar war es von der Schulleitung totaler Mist so zu reagieren, keine Frage. Ich würde trotzdem empfehlen die Sache auf sich beruhen zu lassen. Man lässt sehr viel Kraft in dieser Auseinandersetzung. Jeder normale Mensch wird weiterhin so handeln wie Du (@TE) es getan hast. Man wird Dir wegen Deines Handelns keinen Nachteil erwachsen lassen können und Deine Schulleitung wird, so wie es einem hier erscheint, bestimmt demnächst den nächsten Grund zum Ärgern liefern. Solche Menschen wie die Vorgesetzte muss man einfach ignorieren.

  • Ich werde ihr vorschlagen, Sie soll den Schüler auffordern, zukünftig Herzstillstände mindestens 1 Woche vorher anzukündigen, damit sie genug Zeit hat, eine Begrüßungsrede für den Notarzt zu schreiben und den Sanitätern einen Kaffee anbieten kann.
    Außendarstellung ist bei uns extrem wichtig.

    der Amtsschimmel lässt grüßen - ist ja gruselig - hast du ihr auch gesagt, was sie für einen ärger bekommen hätte, wenn du den dienstweg eingehalten hättest und der schüler verstorben wäre? unglaublich, was sich manche leisten. aber es ist ähnlich wie in der wirtschaft - nicht die fähigsten leute komme an die spitze, sondern die, die sich am besten durchgebissen haben - manchmal im wahrsten sinne des wortes.
    ich hätte mich auch tierisch darüber aufgeregt - vor allen dingen, weil du ja super besonnen reagiert hast - wie du selber schon sagst, hätten viele das sicher nicht hinbekommen.

    Unser Kopf ist rund, damit das Denken die Richtung wechseln kann.

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