Hallo,
für die erfahrenen Lehrer unter den Mitgliedern hier werde ich wohl als kleines Küken durchgehen. Ich befinde mich jetzt im 5. Semester meines Studiums (Staatsexamen) für Deutsch und Philosophie. Mein Problem ist nicht, dass ich Lehrer werde oder werden will, mein Problem ist, wie der Status "Lehrer" in Deutschland angesehen wird - und das bereitet mir tierisch Kopfschmerzen.
Um es kurz zu machen, das ist meine eigentliche Frage, für alle, die den doch etwas lang geratenen Text darunter nicht lesen und gleich überspringen wollen:
Ich verlange nicht danach die Elite zu unterrichten (wobei ich auch nichts dagegen hätte), aber ich möchte irgendwo als Lehrer tätig sein, wo ich auch mit Respekt behandelt werde und meine Arbeit anerkannt wird.
Zum einen zeigen viele Statistiken, dass Eltern ihre Kinder in der Schule in die Obhut des Lehrers geben, um die Erziehung zu umgehen. Nicht Mathe, Englisch und Deutsch soll gelehrt werden, sondern viele Eltern erwarten, dass die Lehrer das Kind in Manieren, gesellschaftlichen Umgang, etc unterrichten.
Dann gibt es den Rahmenlehrplan: Eigentlich eine gute Idee, aber vollkommen an der Realität gescheitert. Ich weiß von vielen Lehrer, dass sie damit unzufrieden sind, denn es wird immer mehr zu lernen in zu kurzer Zeit (Turbo-Abitur in 12 Jahren - wirklich? Wir erzielen nicht mal in 13 Jahren einigermaßen gute Erfolge, wie soll ein Jahr weniger da helfen?!). Außerdem ist es nun nicht mehr möglich eigene Ideen oder mit der Klasse abgesprochene Vorschläge oder Themen zu behandeln, ganz einfach weil keine Zeit mehr ist.
Und dann kommen die Schüler: Ich bin in Berlin aufgewachsen und zur Schule gegangen - von Respekt und Anerkennung war dort nichts zu sehen. "Wir" (Lehrer) müssen sovieles durchmachen, sovieles überstehen, lernen soviel und geben unser bestes, um wirklich interessante Themen zur Diskussion freizugeben und zum Nachdenken anzuregen, wir ermutigen Schüler sich nicht hängen zu lassen, usw. und alles was wir ernten sind half-baked Ausreden, Hausaufgaben, usw. Wie kann das sein?
Und damit nicht genug ist, dann kommen die Eltern und sagen: Warum hat mein Kind keine Manieren? Und warum kann es immer noch nicht Kant von Kleist unterscheiden? (Dieses Beispiel dient nur zur Übertreibung. Sollte es wirklich soweit kommen, dass mir diese Frage gestellt wird, kann ich getrost meinen Lehrerschuh an den Nagel hängen )
Dann kommen die "gebildeten" Rahmenplanersteller und Politiker und sagen: Was? Unsere Kinder sind dümmer als in anderen Ländern? Wenn dort Geld in Bildung gesteckt wird, können wir nicht mithalten? Dann müssen wir aufrüsten! Another 60 Million wasted...
Und dann noch der eigene Anspruch: Kann das wirklich alles sein? Auf dem Plan steht nichts von Pamuk, aber ich möchte dennoch versuchen die Kinder heranzuführen - wie und wann?!
Ich weiß, es ist sehr lang und ziemlich detalliert, aber - was soll ich machen? Diese Bedenken geben mir arge Kopfschmerzen...
Jetzt ist mir bewusst, dass ich immer damit rechnen muss, wenn ich Kinder/ Jugendliche unterrichte, ich mich auch mit ihren sozialen Problemem auseinander setzen muss. Ich verlange nicht danach, die Elite zu unterrichten (wobei ich auch nichts dagegen hätte), aber ich möchte irgendwo als Lehrer tätig sein, wo ich auch mit Respekt behandelt werde und meine Arbeit anerkannt wird. Geht das in Deutschland überhaupt? Wie ist das in anderen Bundesländern? Gibt es Unterschiede zwischen Berufsschulen und Gymnasien? Sind die Schüler/ Lernenden dort vllt dankbarer?
Im Moment gebe ich Aushilfe in einer Schule in Schweden für Ausländer die Englisch lernen wollen. Diese Schule ist kostenlos, die Materialien ebenfalls, die Kosten trägt die Gemeinde. Diese Menschen geben sich die größte Mühe und auch wenn sie viele Fehler wiederholen, sie versuchen alles und sie respektieren mich. Nicht diese "Ich bin gezwungen zur Schule zu gehen"-, sondern die "Ich möchte, weil es mich interessiert/ Ich mache es von mir aus"-Mentalität vermisse ich arg.
Warum kann es sowas nicht in Deutschland geben?