Abbruch wegen Ängsten im Seminar

  • Hallo zusammen,


    ich lese hier und auch in anderen Foren immer wieder von Leuten, die das Ref abbrechen weil sie mit den Schülern nicht klar kommen, weil sie insgesamt gestresst sind oder erkennen, dass sie eigentlich gar nicht Lehrer sein möchten. Aber niemand scheint das Problem zu haben, das ich habe. Ich habe einfach riesige Ängste mit körperlichen Symptomen vor dem Seminar! Ich fühl mich total alleine mit diesem Problem!!!
    Ich unterrichte sehr gerne, fühle mich wohl in der Schule und auch im Umgang mit den Kollegen. Es macht mir auch nichts aus, dassman mir im Unterricht zuschaut. Aber ich habe Angst davor, in die Seminare zu gehen. Ständig werden diverse Methoden ausprobiert, Rollenspiele veranstaltet und man muss sich mit allen super verstehen um bloß nicht negativ aufzufallen.. ich möchte mich nicht mit anderen Erwachsenen (die nicht meine Freunde oder Familie sind) über diverse Dinge austauschen und dämliche Spielchen mit ihnen spielen. ES BRINGT EINFACH NICHTS! Aber davon abgesehen, dass ich es ablehne, habe ich ernsthafte schwerwiegende Angstsymptome.. Ich kann einfach nicht locker flockig vor 20 anderen Erwachsenen reden und zig Stunden mit ihnen zusammen sitzen.
    Wer kennt das: erröten(oder besser gesagt Angst davor haben), nichts mehr essen können, sehr schlecht schlafen, absolut starke angespanntheit, magen-darm-probleme..
    Geht es noch irgendwem so?

  • Ich denke, dass du dir mit solchen Problemen professionelle psychische Hilfe holen solltest, denn das Seminar brauchst du nun einmal, um die Ausbildung zur Lehrerin abschließen zu können.

  • Kannst du mit deinem Seminarleiter darüber sprchen? Seit wann bist du im Seminar? Vielleicht wird es auch besser, wenn ihr euch alle besser kennt, du deine Rolle besser angenommen hast, ein wenig Zeit vertstrichen ist? Mein damaliger Seminarleiter ließ da gut mit sich reden und meinte, es ginge vielen anfangs so, aber bis Weihnachten dürfte keiner von uns abbrechen, da das eine "magische grenze" sei - seiner Erfahrung nach - wo es dann bei den meisten besser wird. War auch so! Die Rolle als Referendar ist auch wirklich komisch: Halb Lehrer, halb Schüler. Und die Methoden so mancher Seminarleiter wären auch nichts für mich... Kennst du solche Angszustände von dir, oder ist das komplett neu? Wünsch dir viel Kraft und schnelle Verbesserung deiner Situation!

  • Ich kann dich voll und ganz verstehen - ich hatte in einem Fachseminar ähnliche Probleme, zudem war mein Seminar immer sehr lang und in dem darauffolgenden Seminar war ich so müde, dass ich immer Angst hatte, einzuschlafen. und es ist ja nun mal so, wie du es beschreibst.... man muss sich mit jedem verstehen, alle dämlichen Spielchen mitmachen und immer präsent sein.
    Ich habe damals viel blau gemacht - in der Schule hab ich aber nie gefehlt.
    Ich kann dir nur sagen, dass das Leben nach dem Ref ein ganz anderes ist. Der Druck ist weg, es gibt kaum noch Leute, die eine derartige Macht über dich haben und du hast nur noch Unterricht und nebenunterrichtliche Verpflichtungen (wobei mich manchmal manche Konferenzen an die ersten Tage im Seminar erinnern:-)
    Die Devise heißt "Durchhalten", vielleicht psychologische Hilfe suchen, die Zähne zusammenbeißen, das Positive nutzen. So findest du vielleicht ein bisschen mehr Spaß an dem Tag.
    Viel Erfolg!

    • Offizieller Beitrag
    Zitat

    Ich kann einfach nicht locker flockig vor 20 anderen Erwachsenen reden und zig Stunden mit ihnen zusammen sitzen.

    Nunja, das bleibt dir erhalten: Konferenzen, Jahrgangsteams, Fachgruppen, Dienst/Mitarbeitergespräche, Fortbildungen .... ich denke schon, dass das ein Thema ist, dessen du dich mal professionell annehmen musst.

    WE are the music-makers, and we are the dreamers of dreams,
    World-losers and world-forsakers on whom the pale moon gleams
    yet we are the movers and shakers of the world for ever, it seems.

  • Oh weh, ich wünsche dir, dass es für dich einen Weg gibt, dass du das in den Griff bekommst.


    Denn ganz aufgeben würde ich nicht. Du schreibst ja selbst, dass dir das Unterrichten und die Arbeit mit den Kindern und in der Schule Spaß macht!


    Aber wie Meike schon schreibt: das bleibt dir alles erhalten! Ich selbst hatte schon einen wirklich schrecklichen Elternabend vor einigen Jahren (Klasse von Kollegin übernommen, die leider nicht wirklich viel mit den Kindern gemacht hat ...) - wenn ich dort Angst gehabt oder gezeigt hätte, wäre ich verloren gewesen...


    Ich denke, dass du mal mit deiner Seminarleitung darüber sprechen solltest. Sofern das möglich ist.
    Oder wirklich den Weg über professionelle Hilfe wählen.


    VIEL GLÜCK!

  • Ich hatte damals im Ref immer Angst vor einer Lehrbeauftragten und wollte auch schon abbrechen. Mit meinem Mann hab ich dann ausgemacht, dass ich das Ref so gut wie möglich zu Ende mache, damit ich was in der Tasche habe. Nebenher habe ich mir darüber Gedanken gemacht welche Ausbildung mir vielleicht noch Spaß machen könnte, war auf Ausbildungsmessen usw. Dann habe ich nach dem Ref meine erste KV-Stelle bekommen und siehe da: Alles war kein Problem! Also, nur nicht entmutigen lassen - vielleicht auch professionelle Hilfe in Anspruch nehmen und mal abwarten, ob es nach der Ref-Situation nicht besser wird.

  • Hallo annabella,
    ich kann dich da voll und ganz verstehen, Seminar fand ich auch immer total besch.... in einem Fach mehr, in dem anderen weniger.
    Am schlimmsten war dieses ständige Ausprobieren von irgendwelchen dämlichen Methoden. Das empfand ich als wenig sinnvoll.
    Und dann immer die spontanen Präsentationen von irgendwelchen Gruppenergebnissen. Da gab es diejenigen, die sowas problemlos und gerne machten. Respekt!
    Ich habe es gehasst. Aber ganz drumherum kommt man meistens doch nicht.
    Mit Elternabenden kann man das nicht vergleichen, das ist wiederum ne völlig andere Situation - meine Meinung. Das wird dir später nicht so viele Probleme bereiten.
    Mit dem Seminarleiter würde ich darüber nicht sprechen. Such dir lieber ein paar Gleichgesinnte unter den Reffis, da gibt es in der Regel einige!!
    Und dann zieh es irgendwie durch!
    LG

  • Leider ist das Problem nicht neu, bisher konnte ich mich aber immer gut damit arrangieren und habe gewisse unangenehme Seminare (in der Uni) einfach gemieden. Heute ist mir bewusst, dass mein Vermeidungsverhalten alles verstärkt hat. Bei einem Therapeuten war ich auch schon, nur leider hatte das keinen Erfolg. Bin nun auf der Suche nach jemandem, der mir wirlich helfen kann. Ich denke, dass ein "Training" mir gut helfen könnte (bei einer Selbsthilfegruppe, einem Verein oder ähnliches), kann da jemand Tipps geben? Ich stelle mir etwas vor, wo man ständig im Mittelpunkt steht und wirklich unangenehme und peinliche Dinge tun muss. Habe bisher vergebens nach so etwas im Internet gesucht. Wohne im Raum Brandenburg/Berlin. Freunde mit denen ich über mein Problem gesprochen habe empfehlen mir auch, "irgendwie" durchzuhalten, aber sag das mal meinem Körper und meiner Angst. Ich werde mich erstmal entlassen lassen, meine Probleme offensiv angehen und möchte aber hoffentlich später wieder eingestellt werden...

  • Du kannst ja auch mal deinen Hausarzt drauf ansprechen.
    die kennen meist gute Therapeuten, da ja auch immer mehr Menschen mit burnout oder anderen psychischen Belastungen zu ihnen kommen.
    Oder mal bei der Krankenkasse nachfragen.

  • Bitte brich nicht ab deswegen. Schau der Lehrerberuf gefällt dir doch und das klappt alles gut. Das ist doch die Hauptsache, das ist deine Zukunft und nicht die Tage am Seminar. :!:
    Ich glaube auch, dass du dich um diese Ängste kümmern solltest und mal herausfinden wieso du sie hast. In der Zwischenzeit kannst du vielleicht versuchen, dich dadurch zu entlasten, dass du dich so annimmst wie du bist. Du magst solche "Spielchen" nunmal nicht, du möchtest nicht mit jedem am Seminar befreundet sein, so what? Das bist eben einfach du und du solltest dich davon frei machen zu denken, dass von dir erwartet wird, dass du mit jedem gut auskommst und alles toll findest. Es ist nicht so wichtig, was andere von dir erwarten, das sag ich so, weil ich da auch noch an mir arbeiten und das lernen muss. Und es wird auch sicher nicht erwartet, dass du jeden magst, aber ein freundlicher Umgang ist natürlich von Vorteil und die Methoden auszuprobieren soll dich ja nicht belasten sondern dir eine Hilfestellung geben, vielleicht kannst du es auch so sehen. Ich mach mich auch nicht so gern zum Affen und halte mich dann oft zurück bei solchen "Spielchen", aber da beschwert sich auch keiner deswegen. Nichtsdestotrotz machen mir deine körperlichen Symptome und die Angstzustände Sorgen, da liegt sicher was im Argen und du solltest dir Hilfe suchen, um herauszufinden was es ist. Dafür wünsch ich dir alles Gute und auch für deine berufliche Zukunft.

    • Offizieller Beitrag

    Ich habe zwar keine Angstzustände bei solchen Gruppen, aber ich habe vor ein paar Monate (gegen meine Überzeugung und als "Selbsttherapieversuch") mit dem Improvisationstheater angefangen. Ich habe das Theater schon immer gemieden, nix für mich in der Mitte stehen und so.
    Ich habe in den ersten Wochen "gelitten" (aber die Stimmung war echt gut), weil ich bei einigen Übungen nichts konnte (und zum Teil immer noch Probleme habe), aber ich habe vor ein paar Wochen zufällig gemerkt, wie ich in anderen Situation mittlerweile ganz anders agiere und mich viel besser fühle und so.
    Vielleicht was für dich?


    Chili

  • Willst du wirklich wegen etwas deine Berufsausbildung abbrechen, was du noch nicht mal 18 Monate einmal pro Woche über dich ergehen lassen musst?! Wenn der Beruf dir doch Spaß macht, du gerne in die Schule gehst und merkst dass es das Richtige für dich ist, kannst du nicht "beide A***backen zusammenkneifen" und die Zeit absitzen? Das Meiste ist doch wirklich Kopfsache! Nach dem Ref hast du diese blöden Sitzungen ja nicht mehr und ich finde Konferenzen, Elternabende usw. kann man damit gar nicht vergleichen, denn da hat man nicht diesen Notendruck etc. und man hat quasi selber die Kontrolle und die Wahl, was man (mit)machen möchte und was nicht...
    Wenn du jetzt aufhörst und nachher wieder einsteigst musst du alles nochmal von vorn machen und einfacherer wird es dann denke ich auch nicht! Also ich würde mir das an deiner Stelle wirklich nochmal überlegen!

  • Willst du wirklich wegen etwas deine Berufsausbildung abbrechen, was du noch nicht mal 18 Monate einmal pro Woche über dich ergehen lassen musst?! Wenn der Beruf dir doch Spaß macht, du gerne in die Schule gehst und merkst dass es das Richtige für dich ist, kannst du nicht "beide A***backen zusammenkneifen" und die Zeit absitzen? Das Meiste ist doch wirklich Kopfsache! Nach dem Ref hast du diese blöden Sitzungen ja nicht mehr und ich finde Konferenzen, Elternabende usw. kann man damit gar nicht vergleichen, denn da hat man nicht diesen Notendruck etc. und man hat quasi selber die Kontrolle und die Wahl, was man (mit)machen möchte und was nicht...
    Wenn du jetzt aufhörst und nachher wieder einsteigst musst du alles nochmal von vorn machen und einfacherer wird es dann denke ich auch nicht! Also ich würde mir das an deiner Stelle wirklich nochmal überlegen!

    Das sehe ich ganz genau so, wie MelS hier schreibt.


    Ich glaube,annabella, du musst von dem Gedanken los kommen, dass man als Lehrer gezwungenermaßen ein Typ sein muss, der ständig und gerne im Mittelpunkt steht. Das muss man keineswegs!!

  • ich weiß nicht, ob ich es überlesen habe
    aber wie lange bist du schon im seminar und wie lange musst du noch?

    Wenn das Leben einfach wäre, wäre es ja langweilig!
    Oder nicht?

  • Ja, mir ging es so. Allerdings erreichte das Ganze seinen Höhepunkt kurz vor dem 1. STaatsexamen. Schon während des Studiums habe ich es wie die Pest gehasst, vor anderen Mitstudenten ein Referat zu halten. Ich bin jedes Mal vorher fast vom Stuhl gekippt und hatte nur noch Fluchtgedanken. Der absolute Höhepunkt war dann kurz vor den ersten Prüfungen zum 1. Staatsexamen: Ich war mehr als perfekt vorbereitet. Meine Zusammenfassungen hätte ich im großen STil verkaufen können. Meine ganze Literatur hatte ich bereits schriftlich am PC zusammengefasst, alles akribisch sortiert. Ca. 3 Wochen vor der Prüfung ging es mir immer schlechter. Ich konnte nichts mehr Essen auch kaum was bei mir behalten, bekam nachts Zitteranfälle, mir war nur noch eiskalt. Ich sah aus wie ein Schatten meiner selbst, total abemagert. Schließlich hat mein Mann gesagt, dass das nicht mehr so weitergeht. Ich wollte alle Bücher und Ordner am allerliebsten wegschmeißen. Ich wollte nur weg, konnte den Anblick der Ordner und Bücher einfach nicht ertragen. Schließlich hatte ich mich dazu entschlossen, das erste Staatsexamen nicht zu machen. Am schlimmsten war für mich die Vorstellung in der mündlichen Prüfung etwas nicht zu wissen. Das wäre mir unendlich peinlich gewesen. Die zweite große Angst hatte ich vor einem Blackout. Ich muss auch sagen, dass wir alle zur damaligen Zeit extrem unter Druck standen. Damals gab es während des ganzen Studiums keine einzige Note. Alle Hausarbeiten hatte ich sehr gut gemacht, nur zählte das alles nicht. Es zählten (außer im Hauptfach) einzig und allein die 30min der mündlichen Prüfung. Lange Rede kurzer Sinn: Ich schmiss alle Bücher und Ordner 2 Wochen vor Prüfungsbeginn in die Ecke, nie und nimmer wollte ich die Prüfung machen. Keiner auf der Welt hätte mich dazu überreden können. Ich informierte mich, was ich mit meinem nicht abgeschlossenen Studium machen könnte. Das war leider herzlich wenig bzw. gar nicht! Ich kann dir sagen, dass diese Zeit die schlimmste in meinem Leben war. Die letzten 8 Semester, die ganze Vorbereitung - alles für die Katz! So und dann passierte etwas, das Gott sei Dank mein Schicksal besiegelte: 2 Tage vor Beginn der Prüfung bekam ich einen Anruf vom Prüfungsamt, wonach mein ärztliches Attest nicht gültig war. Ich hätte eine Bescheinigung vom Amtsarzt gebraucht. Dafür war aber keine Zeit mehr! Damals verfluchte ich den Sachbearbeiter, heute würde ich ihm eine 3stöckige Torte backen. Denn dann hat es irgendwie Klick gemacht. Ohne Attest nicht zur Prüfung zu erscheinen hätte bedeutet, dass meine wissenschaftliche Hausarbeit verfallen wäre - und das wollte ich auch nicht, schließlich war ich ewig daran gesessen! Ganz urplötzlich waren meine übergroßen Ängste weg und ich weiß auch warum: ich hatte die ganzen Wochen - ja Monate - zuvor nicht mehr gelebt, sondern nur noch gelernt. Ich sah nur noch, was ich alles machen muss, ich hing immer hinter meinem Lernplan, sah nur die Lücken. Die 2 Wochen Pause vor der Prüfung, in denen ich NICHTS gemacht hatte (Gott sei Dank hatte ich die Ordner nicht verbrannt ;) ), haben mich körperlich und psychisch wieder gestärkt. Ich habe dann meine Ordner rausgezogen, meine Vorbereitung noch einmal angeschaut und bin locker flockig zur 1. Prüfung gegangen. Während die anderen mit schwarzen Augenrändern dastanden und glaubten ich hätte bei meiner guten Laune Drogen genommen. Eine Hürde war dann die erste mündliche Prüfung, die ich aber sehr gut bestanden habe. Mit jeder Prüfung habe ich Selbstsicherheit und Vertrauen in mein Können gewonnen.
    Es hätte einen enorme Zäsur in meinem Leben bedeutet, wenn ich diese Prüfung nicht gemacht hätte. Ich bin mir sicher, dass es mich ein ganzes Leben begleitet hätte. Außerdem wäre ich in jeder anderen Ausbildung immer in dieselbe Prüfungssituation gekommen, Flucht hätte also im Prinzio nichts gebracht. Ich möchte dir wirklich ans Herz legen durchzuhalten und dich diesen Situationen auszusetzen. Flucht ist zur Zeit dein einziger Impuls, aber natürlich bringt es dir nicht viel. In jedem anderen Beruf und in jeder Ausbildung gibt es die vor dir beschriebenen Situationen. Vielleicht hilft dir auch eine Gesprächstherapie? Wenn dir der Beruf Spaß macht, solltest du auf jeden Fall durchhalten! Ich für meinen Teil hatte nie Schwierigkeiten damit, vor einer Klasse zu stehen. Das beschränkte sich immer nur auf Menschen, die auf gleicher Augenhöhe waren. Heute ist das auch nicht mehr der Fall. Diese ganze ERfahrung, das Durchhalten und das Aushalten der Ängste hat mich sehr reifen lassen. Heutzutage habe ich mit alledem keine Probleme mehr! Das einzige, was mir von damals geblieben ist: bis heute muss ich mich auf jeden Vortrag/ Elternabend extrem gut vorbereiten. Dann fühle ich mich erst sicher.


    Ich wünsche dir alles Gute.
    Mara

    "Die beste Methode das Gute im Menschen zu wecken ist, ihn so zu behandeln, als wäre er schon gut." (Gustav Radbruch) :troest:

    3 Mal editiert, zuletzt von mara77 ()

  • Ich für meinen Teil hatte nie Schwierigkeiten damit, vor einer Klasse zu stehen. Das beschränkte sich immer nur auf Menschen, die auf gleicher Augenhöhe waren.

    Das finde ich in dem Zusammenhang einen wichtigen Satz. Entschuldige, Mara, wenn ich ihn aus Deinem Zusammenhang löse.
    Mich hat das Seminar auch oft sehr belastet. Denn die Situation in der Ausbildung war (damals?) einfach verlogen. Denn es ging bei uns eben nicht um Entwicklung, sondern um Konkurrenz und Selektion. Eigene Schwächen sollten eben nicht thematisiert werden, um daran zu arbeiten und sich weiter zu entwickeln.
    Insofern ist deine Abwehr möglicherweise ein sehr gesunder Reflex auf eine widersprüchliche Situation. Dann müsstest Du Dir nur klar darüber werden, wie Du damit umgehst, wie Du z.B. eine angenemessene Distanz findest. Ich habe mich eben nur noch sehr selektiv geöffnet und den Rest über mich ergehen lassen.
    Vielleicht gibt es jemanden in Deinem Seminar, zu dem Du engeren Kontakt
    hast, um im Gespräch herauszufinden, ob andere ähnliche Empfindungen
    haben, die sie vielleicht nicht zeigen? Oder Dir noch eine andere
    Perspektive vermitteln können?


    Wenn es aber eher das Thema mit der gleichen Augenhöhe ist, dann würde ich mir andere Gedanken machen.
    Ich beobachte, dass es bei Lehrern nicht so selten ist, dass sie sich in asymmetrischen Kommununikationssituationen wohler fühlen. Übrigens auch, wenn sie die "Schwachen" sind, aber in symmetrischen Situationen schneller eher starr und unflexibel reagieren. (manchmal auch hier im Forum zu sehen ;) Ich glaube, dass es in diesem Punkt sehr wichtig ist, sich selbst zu prüfen und kennen zu lernen. (Umgang mit Macht?). Vor allem halte ich es für extrem wichtig, sich als Lehrer immer wieder in die Situation zu begeben, sich mit Erwachsenen auseinanderzusetzen - beruflich wie privat. Allerdings solltest Du selbst bestimmen dürfen, wann und wem Du dich öffnest. Viel Erfolg!

  • Ich will das mal so sagen, geehrte annabella84 : Dein Unwohlsein in den Seminarveranstaltungen ist für mich ein Hinweis darauf, dass Du mit sehr ausgeprägten Antennen wahrnimmst, dass die o.g. Methoden und (unehrlichen) Verhaltensrituale im Seminar hinterfragungswürdig und für eine Übertragung in die Schulstube wahrscheinlich ungeeignet sind. Die Schüler würden sich bei dem Rollengekasper etc. wahrscheinlich noch unwohler fühlen als Du im Seminar.-Nur, aussprechen darf man so etwas im Seminar nicht ! Man könnte lange darüber diskutieren, warum kritisches Denken, Offenheit und Ehrlichkeit im Seminar nicht so angesagt sind, aber helfen würde es Dir jetzt nicht.


    Für Deinen zukünftigen Unterricht profitierst Du insofern, dass Du an Dir selbst erfährst, wie Du den Unterricht oder auch den Umgang mit den Schülern nicht (!) handhaben würdest. Und damit hast Du die große Chance, Dein eigenes (!) Lehrer-Profil nach (!) dem Referendariat authentisch und überzeugend aufzubauen. Ich wäre da sehr optimistisch, da Du in der Lage bist, Dich von manchem Seminargedöns zu distanzieren. Das Letztere will nicht jedem Referendaren gelingen.


    Daher sehe ich Deinen weiteren Werdegang nicht so kritisch wie meine Vorschreiber. Ich glaube, Du brauchst weder einen Arzt noch einen Psychologen. Steh einfach zu Deinem Unwohlsein und analysiere mal für Dich selbst aus einer Distanz was und warum Du manches schrecklich findest. Freu Dich einfach, dass Du in der Lage bist, manches kritisch zu sehen und Dich innerlich ab und zu distanzieren kannst ! Du gehst gerne in die Schule, unterrichtest gerne, kommst mit den Schülern klar, nicht einmal Unterrichtsbesuche irritieren Dich.-Herzlichen Glückwunsch !


    Nur für die Seminarveranstaltungen müsstest Du Dir ein dickes Fell anlegen und immer lieb lächeln bis die Prüfungen vorüber sind. Betrachte das Ganze wie eine Art Doku-Soap. Das (Schul-) Leben findet nicht im Seminar sondern in der Schulstube statt. :thumbup:

    Ihr kommuniziert mit dem künftigen Bildungsminister !

    2 Mal editiert, zuletzt von Elternschreck ()

    • Offizieller Beitrag

    Ja, war sie. Wenn auch nicht antwortend/schreiend. Vielleicht hilft ihr das Lesen hier.


    Zitat

    Wenn es aber eher das Thema mit der gleichen Augenhöhe ist, dann würde ich mir andere Gedanken machen.
    Ich beobachte, dass es bei Lehrern nicht so selten ist, dass sie sich in asymmetrischen Kommununikationssituationen wohler fühlen. Übrigens auch, wenn sie die "Schwachen" sind, aber in symmetrischen Situationen schneller eher starr und unflexibel reagieren. (manchmal auch hier im Forum zu sehen ;) Ich glaube, dass es in diesem Punkt sehr wichtig ist, sich selbst zu prüfen und kennen zu lernen. (Umgang mit Macht?).


    Das sehe ich genau so.

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