Lehrer einseitig taub

  • Ich bin ein wenig verzwiefelt, da meine Freundin z. Zt. aufgrund eines Hörsturzes auf einem Ohr taub ist. Inwiefern sich dies in den kommenden Wochen/Monaten noch erholen kann, ist schwer zu sagen, jedoch stehen die Chancen nicht sehr gut. Sie arbeitet bereits als Lehrerin und hat jetzt natürlich Zukunftsängste, inwiefern sie noch als Lehrerin tätig sein kann. Hat jemand vielleicht selber Erfahrungen mit einseitiger Taubheit im Unterricht oder hat Kollegen, welche mit der einseitigen Taubheit dennoch Ihrem Job nachgehen?


    Über Efahrungsberichte wäre ich sehr dankbar, da ich meiner Freundin gerne die Angst nehmen möchte bzw. ihr aufzeigen möchte, dass Unterricht weiterhin möglich ist. Eine gewisse Eingewöhnungszeit lässt sich zwar vermutlich nicht vermeiden, aber sie ist noch unter 30 und kann hoffentlich noch ein wenig in Ihrem Job arbeiten.


    Zudem wären derartige Erfahrungen gut für Ihr Gemüt, was die geringen Heilungschancen vielleicht ein wenig erhöhen könnte.


    Danke

  • Erstmal gute Besserung an deine Freundin. Ich kann dir nur von meinem Mann berichten, der auf einem Ohr taub ist (seit Geburt oder frühester Kindheit - so genau weiß man das nicht). Ihm merkt man das im Alltag kaum an und er ist zwar kein Lehrer, aber arbeitet ganz normal und könnte das sicher auch als Lehrer (fast) problemlos.
    Das einzige, was für meinen Mann ein Problem darstellt ist, wenn er von der Seite (also in sein taubes Ohr) angesprochen wird. Das bekommt er dann unter Umständen nicht mit und kann dann nicht reagieren (das würde ich den KIndern in der Klasse dann eben mitteilen - ist doch nicht schlimm, da gewöhnen die sich schnell dran). Also mein Mann muss vor allem, wenn wir unter vielen Leuten z.B. in einer Kneipe oder im Restaurand sind schauen, dass er möglichst am Rand sitzt und zwar so, dass er mit seinem gesunden Ohr in Richtung der anderen Leute sitzt sonst kann er den Gesprächen nicht folgen.
    Ansonsten merkt man keinen Unterschied - er hört genauso gut wie ich, wenn irgendwo im Raum ein Geräusch ist oder so.

  • Ich habe eine Kollegin, die nach einem Hörsturz einseitig nichts mehr hört. Hätte sie es nicht gesagt, hätte ich nichts gemerkt. Diese Kollegin ist - das nur am Rande - bekannt für guten Unterricht, gutes pädagogisches Arbeiten und übernimmt auch gerne sowie erfolgreich unsere Grusel-Klassen mit den echt schlimmen Schülern. Siehst du - geht auch halbseitig taub. :)


    Gute Besserung an die Freundin
    Raket-O-Katz

  • Vielen Dank für die beiden mutmachenden Kommentare. Vielleicht hilft dieses positive Feedback ja sogar beim Heilungsprozeß. Zumindest nimmt es ja evtl. ein wenig die Zukunftsängste.


    Über weitere Erfahrungsberichte würde ich mich natürlich weiterhin freuen.

  • Nochmal ich. :)


    In unserem Kollegium gibt es erschreckend viele Kollegen von Anfang 50 mit Hörgerät. Auch sind mir mehrere Fälle von Hörtsturz bekannt, wobei aber nur in dem o.g. Fall ein Ohr taub blieb. Grund für die Hörstürze war einfach Überarbeitung, zu viel Engagement bzw. der Einsatz in fürchterlichen Klassen mit sehr fordernden und uneinsichtigen Eltern. Bis auf die halbseitig taube Kollegin habe allen anderen Betroffene entsprechende Konsenquenzen gezogen wie z.B. Abgabe der Leitung besagter Klasse, keine Klassenfahrten mehr, Posten niederlegen, Engangement einschränken und vor allem mehr Leben für sich selber haben.


    Die erschreckende Zahl an Kollegen mit Hörgerät schon in doch recht jungem Alter macht mich persönlich doch sehr betroffen. Ich habe immer sehr auf mein Gehör geachtet (und tue das immer noch). Allerdings erreichen unsere Schüler im Unterricht oder auch in der Pause etc. Laustärken, bei denen in anderen Berufen bereits Gehörschutz angesagt wäre. Zwei Fachräume, in denen ich arbeite sind zudem akustisch so ungünstigt, dass es da nicht richtig leise sein wird. Alles in allem ein weiterer Aspekt, der zumindest mich an Alternativen zum Lehrerberuf denken lässt.


    Grüße vom
    Raket-O-Katz

  • Es ist nicht nur in den Klassen laut. Im Lehrerzimmer auch. Wenn ich aus der Schule komme, ist mein größtest Bedürfnis: Ruhe. Ohrgeräusche haben viele Lehrer. Damit kann man irgendwie leben, aber die Lärmbelastung ist trotzdem eigentlich untragbar. Dabei würde schon eine vernünftige Akustik in den Schulräumen sehr helfen. Aber das würde ja echtes Geld kosten X(


    Ich weiß von einer Grundschullehrerin mit nur einem Ohr - ja, das gibt es. Aber eigentlich kann man das mit dem hier geschilderten Fall nicht vergleichen. Man kann mit nur einem Ohr auch als Lehrerin zurecht kommen, aber wenn ich nach einem Hörsturz einseitig taub geworden wäre, würde ich fürchten, dass es beim nächsten Mal das andere Ohr erwischt. Und bei jemand unter 30 dürfte die Gefahr recht hoch sein, wenn nicht wirklich die Ursachen beseitigt werden. Was genau man da machen kann, weiß ich nicht, weil ich nicht vom Fach bin, aber weitermachen wie bisher würde ich ihr keinesfalls raten.

  • Ich bin seit früher Kindheit einseitig taub, nunmehr 38 Jahre alt und unterrichte an einem Gymnasium (unterrichte da auch in allen Klassenstufen). Ein Hörgerät brauche ich noch nicht (Hörvermögen auf dem anderen Ohr ist normal). Wenn deine Freundin Fragen hat, kann sie mich gerne per Boardnachricht anschreiben und man könnte auch mal telefonieren. Ein Bekannter, der auch einseitig taub ist und ebenfalls als Lehrer an einem hiesigen Gymnasium arbeitet, hat eine Bi-Cross-Versorgung, d.h., er trägt auf beiden Seiten ein Hörgerät und die Signale, die auf der tauben Seite aufgenommen werden, werden an das Gerät auf der gesunden Seite weitergeleitet.
    Probleme kann es da höchstens geben, wenn es um die Verbeamtung geht. Meinem Bekannten wurde damals gesagt, dass er so nicht verbeamtet wird. Da die Schulleitung ihn unbedingt wollte, hat die bei der Behörde Druck gemacht und er wurde als Beamter übernommen (das geht aber nicht in jedem Bundesland. Bei uns sind die "Wege" da sehr kurz. Die Schulleiter haben alle einen Draht zur Behörde). Ich selbst bin noch gar nicht so lange im SChuldienst, bin aber als Beamter eingestellt worden.


    Meine Kollegen wissen es zum Teil, meinen SChülern sage ich es nicht, weil ich befürchte, dass das in den schwierigen Jahrgängen ausgenutzt werden könnte. Man hat halt kein räumliches Hören und es ist dann halt manchmal schwer zu erkennen, wer da gerade gestört hat (geht nur, wenn man die Stimme erkennt). Wenn ich mal so schlecht höre, dass ich ne Crossversorgung brauche, kriegen die SChüler es natürlich mit.


    Ich würde mich allerdings fragen, warum sie den Hörsturz hatte. Wenn das stressbedingt ist, dann muss sie halt schauen, dass sie nicht nochmal in eine Situation kommt, die sie dann möglicherweise auch noch das Hörvermögen auf dem anderen Ohr kostet. Aber selbst dann ist das nicht notwendig das AUs. Denkbar wäre z.B. eine beidseitige CI-Versorgung. Ich habe lange mit SChwerhörigen gearbeitet (während meiner Studienzeit) und mir ist ein Fall bekannt, bei dem die Ausgangssituation ähnlich wie bei mir war. Der Mann hat dann während seines Studiums auch noch das Hörvermögen auf dem anderen Ohr verloren. Er hat dann eine beidseitige CI Versorgung durchgesetzt (musste gegen die GKV Klagen, die nur die einseitige Versorgung übernehmen wollte, aber die Aussichten sind da gegen die GKV mittlerweile sehr gut, gibt gute Anwälte und mittlerweile einige erfolgreiche Klagen) und man konnte sich mit ihm sehr gut unterhalten. Ob man so dann noch unterrichten kann, weiß ich aber nicht sicher. Angeblich ist es ein ganz anderes Hören.


    Ach ja: Ci = Cochleaimplantat (http://de.wikipedia.org/wiki/Cochleaimplantat)


    Liebe Grüße

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